Zu schnelles Laden von Lithium-Ionen-Akkus kann die Akkukapazität dauerhaft herabsetzen, weil dabei Teile der Struktur des Energiespeichers zerstört und deaktiviert werden. Diese Strukturveränderungen hat Deutsches Elektronen-Synchrotron (DESY) Forscherin Dr. Ulrike Bösenberg mit ihrem Team an der Röntgenstrahlungsquelle PETRA III jetzt erstmals abgelichtet. In ihren Fluoreszenzuntersuchungen, die im aktuellen Heft des Fachblatts Chemistry of Materials erscheinen, zeigen sich bereits nach wenigen Ladezyklen deutliche Schäden an der inneren Struktur des Akkumaterials, die bei langsamer Ladung nicht auftraten.
Lithium-Ionen-Akkus sind sehr gebräuchlich, weil sie eine hohe Ladungsdichte haben. Typischerweise lässt nach 1000 Ladungen und Entladungen die Speicherkapazität deutlich nach. Ein vielversprechender Kandidat für eine neue Generation dieser Energiespeicher, vor allem wegen ihrer hohen Spannung von 4,7 Volt, sind sogenannte Lithium-Nickel-Manganoxid- oder LNMO-Spinell-Materialien. Die Elektroden bestehen aus Minikristallen, sogenannten Kristalliten, die mit Bindermaterial und leitendem Kohlenstoff zu dünnen Schichten verbunden werden.
Das Team um Bösenberg, zu dem auch Forscher der Universität Gießen, der Universität Hamburg und von der australischen Forschungsorganisation CSIRO gehören, untersuchte die negativen Elektroden dieser LNMO-Verbindung mit der Röntgenquelle PETRA III bei DESY. Mit Hilfe eines neuartigen Röntgen-Fluoreszenzdetektors konnten sie auf einen halben Mikrometer (millionstel Meter) genau die Verteilung von Nickel und Mangan über große Bereiche auf der Elektrode bestimmen. Aus Atomen dieser Übergangsmetalle ist das molekulare Trägergerüst der Akkuelektrode aufgebaut – ein relativ starres Kristallgitter, in das sich die Lithium-Ionen dann als bewegliche Ladungsträger ein- oder ausklinken können.
Schnelles Laden kann den Elektroden schaden
Bei ihren Untersuchungen setzten die Forscher verschiedene Akkuelektroden jeweils 25 Lade- und Entladezyklen mit drei verschiedenen Geschwindigkeiten aus und vermaßen die elementare Verteilung der Bestandteile in den Elektroden. Dabei stellten die Forscher fest, dass sich bei schneller Ladung die Mangan- und Nickel-Atome aus der Kristallstruktur lösen können. Sie beobachteten sogar richtige Löcher in der Elektrode mit bis zu 100 Mikrometern (0,1 Millimeter) Durchmesser. Die zerstörten Bereiche stehen dann nicht mehr für die Lithium-Speicherung zur Verfügung.
In ihren Untersuchungen machten sich die Forscher zunutze, dass Röntgenlicht chemische Elemente zur Fluoreszenz anregen kann, der kurzzeitigen Aussendung von Strahlung. Die Wellenlänge oder Energie der Fluoreszenzstrahlung liefert dabei einen charakteristischen Fingerabdruck des jeweils ausstrahlenden chemischen Elements. So lässt sich die Verteilung der einzelnen Stoffe in der Elektrode genau ermitteln.
„Wir hoffen, die Grundlage für bessere Energiespeicher zu schaffen“
Durch den feinen und hochintensiven Röntgenstrahl von PETRA III konnte die rund 2×2 Quadratmillimeter große Probenfläche auf einen halben Mikrometer genau abgetastet werden. Die Untersuchung jedes Punktes dauerte dabei lediglich eine tausendstel Sekunde. „Es ist das erste Mal, dass wir diese Inhomogenitäten mit so einer hohen Ortsauflösung über einen so großen Bereich lokalisieren konnten“, sagt Bösenberg. „Wir hoffen, die Effekte so besser zu verstehen und die Grundlage für bessere Energiespeicher zu schaffen.“
Rätselhaft ist noch, wo die herausgelösten Nickel- und Mangan-Atome bleiben – das wollen die Wissenschaftler in Folgeuntersuchungen herausfinden. „Es gibt deutliche Hinweise darauf, dass sich das herausgelöste Material zumindest teilweise an der Anode ablagert und so die Akkueigenschaften doppelt schädigt“, resümiert Bösenberg.
Alois Ganglberger meint
Ich möchte gerne näheres wissen, welche C-Raten für Ladung bzw. Entladung bei aktuellen E-Fahrzeugen angegeben sind.
ecomento.de meint
Wir warten noch auf Feedback diesbezüglich, die Fachveröffentlichung in „Chemistry of Materials“ ist zwar mittlerweile verfügbar, allerdings kostenpflichtig.
VG
TL | ecomento.de
Tom meint
Was mir hier unklar ist, vielleicht weiß das ja jemand: Was genau ist mit „Schneller Ladung“ gemeint? Am besten grob umgerechnet auf eine nachvollziehbare Situation – z.B. die Aufladung eines im Nissan Leaf mit den verschiedenen verfügbaren Geschwindigkeiten. Ist 50kW Chademo im Kontext dieser Studie „schnell“?
ecomento.de meint
Wir haben dies bereits bei dem Institut angefragt. Bei der Quelle handelt sich um eine Online-Vorabveröffentlichung eines Beitrags im Fachblatt „Chemistry of Materials“…
VG
TL | ecomento.de
ecomento.de meint
Folgendes Feedback bzw. Zitat haben wir eben erhalten, die zuständigen Forscher selbst konnte man aber bisher diesbezüglich wohl noch nicht erreichen:
„Electrodes [were] cycled with (a) C/4, (b) C/2, and (c) 5 C for approximately 25 cycles.“ Dabei ist: „C/n rate, defined as the current density required to achieve full theoretical capacity (Ctheor. = 147 mAh/g) in n hours“.
VG
TL | ecomento.de
Andreas Müller meint
Als Besitzer eines schnellladefähigen BMW i3 frage ich mich natürlich, welche Ladeleistunge wird denn in dem Artikel mit „Schnellladung“ gemeint? 1C, 2C, 5C?? Danke für ein Nachfassen und Aufklären – erst damit ergibt der Artikel einen Nutzwert.
ecomento.de meint
Wir haben dies bereits bei dem Institut angefragt. Bei der Quelle handelt sich um eine Online-Vorabveröffentlichung eines Beitrags im Fachblatt „Chemistry of Materials“…
VG
TL | ecomento.de
ecomento.de meint
Folgendes Feedback bzw. Zitat haben wir eben erhalten, die zuständigen Forscher selbst konnte man aber bisher diesbezüglich wohl noch nicht erreichen:
„Electrodes [were] cycled with (a) C/4, (b) C/2, and (c) 5 C for approximately 25 cycles.“ Dabei ist: „C/n rate, defined as the current density required to achieve full theoretical capacity (Ctheor. = 147 mAh/g) in n hours“.
VG
TL | ecomento.de