Wasserkraftwerke liefern zwar sauberen Ökostrom, sind aber Tierschützern ein Dorn im Auge: Denn sie sind Todesfallen für Fische, die in den Turbinen ums Leben kommen. Forscher der TU München haben in den letzten Jahren unter dem Namen „Schachtkraftwerk“ ein Konzept entwickelt, bei dem Fische an den unheilvollen Turbinen vorbeigeführt werden. Spiegel Online hat den Forschern einen Besuch abgestattet und stellt das Konzept genauer vor.
Anders als bei herkömmlichen Kraftwerken liegen Turbine und Generator bei einem Schachtkraftwerk nicht mitten im Flussbett, sondern unterhalb der Flusssohle – in einem Schacht, wie es der Name dieses Typs bereits verrät. In diesen strömt Wasser hinein, es wird durch die Turbine gelenkt und danach wieder in den Fluss geleitet. Doch es stürzt nicht die gesamte Wassermenge in den Schacht. Über den Teil, der darüber hinwegfließt, können Fische sicher an der tödlichen Turbine vorbeischwimmen. Ein Rechen am Schachteingang bietet zusätzlichen Schutz.
In den Praxistests der vergangenen Jahre mit einem Kraftwerks-Modell funktioniere das gut, erklärt Projektleiter Albert Sepp. „Unsere Versuche haben gezeigt, dass die Fische der horizontalen Strömung folgen und so die Anlage gefahrlos passieren“, sagt der Forscher von der TU München Spiegel Online zufolge.
Das System „Schachtkraftwerk“ hat einige andere entscheidende Vorteile: Da der Generator unter Wasser arbeitet, braucht man am Ufer kein Maschinenhaus, Hochwasser können bei dieser Bauweise keinen Schaden anrichten. Die Technik ist quasi lautlos und muss kaum gewartet werden. Zudem kostet ein solches Kraftwerk etwa 30 bis 50 Prozent weniger als eine traditionelle Konstruktion. Und der Fluss selbst muss weder eingedämmt, begradigt, umgeleitet oder aufgestaut werden.
Bislang spielt die Wasserkraft bei der deutschen Energiewende mit knapp drei Prozent Anteil an der Stromerzeugung nur eine kleine Rolle. Das Bundesumweltamt schätzte ihr Potential aus ökologischen Gründen bislang auch bereits als weitestgehend ausgeschöpft ein. Das könnte sich mit dem neuen Kraftswerktypus aber ändern – da sich Neubauten nun womöglich leichter durchsetzen lassen. Passende Stellen an Flüssen gäbe es mehr als genug: Allein in Bayern seien es laut Landesumweltministerium fast 1200 Schwellen mit einer Fallhöhe von insgesamt mehr als drei Metern, wo Schachtkraftwerke installiert werden könnten.