„Hat sich bemüht“ steht in Arbeitszeugnissen meist beschönigend anstelle der Schulnote 5 und steht in diesem Zusammenhang für „hat seine Arbeit nicht zufriedenstellend (bzw. gar nicht) erledigt“. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte im Juni auf der Konferenz der „Nationalen Plattform Elektromobilität“ angekündigt, die Regierung „werde sich Mühe geben“ und wolle bis Jahresende über staatliche Anreize für Elektroautos entscheiden. Es sieht nun einiges danach aus, als ob im Regierungs-Jahreszeugnis für 2015 im Fach Elektromobilität eine glatte 5 auftaucht – mangelhaft.
Denn die Bundesregierung hat sich bisher trotz der Ankündigung auf Deutschlands wichtigstem Fachkongress nicht auf eine staatliche Förderung für Elektroautos einigen können. „Aus Regierungskreisen“ habe die Stuttgarter Zeitung erfahren, dass in diesem Jahr „wohl keine Beschlüsse mehr“ zu erwarten seien.
Grund sei ein Veto aus dem Finanz- und dem Verkehrsministerium. Beide verweisen, so die Zeitung, „auf Erfahrungen in anderen Ländern und ziehen daraus den Schluss, dass Kaufprämien allenfalls kurzfristig zu höherer Nachfrage führen“ und nur „Strohfeuer“ entfachen.
Nichtmal die Sonderabschreibung für Firmenwagen, die eigentlich als sicher galt, ist über den Antragsstatus hinaus gekommen – allerdings nicht wegen des Vetos eines Ministeriums: Der Unionsfraktionsvorsitzende Volker Kauder lehnte in den internen Verhandlungen die Sonderabschreibung mit „Verweis auf die Haushaltslage“ ab, so die Stuttgarter Zeitung. Er wies demnach darauf hin, dass auch viele andere Wünsche aus den Koalitionsfraktionen abgewiesen worden seien.
In Berlin prüfte man nun die Möglichkeit, möglichen Elektroauto-Käufern und der Automobilindustrie „auf anderem Weg entgegenzukommen“. Es bleibt also allem Anschein nach auch 2016 dabei: Man gibt sich Mühe.
Mike meint
Wenn schon keine Kaufprämie, was meiner Meinung auch nicht so sinnvoll wäre….und von diesen Lakaien unserer Autoindustrie, a la Merkel,,Dobrindt und Co,auch nicht zu erwarten ist.
Dann doch wenigstens eine deftige Steuererhöhung bei den Verbrennungsmotoren!
Dies wäre doch ein guter Anfang!
Das ist doch ein Witz ,…für ein 2 Liter Euro 6 Diesel 190.-Euro im Jahr, …rauf damit auf 690.Euro!
Ok diese Vorstellung das sowas kommt, ist ebenso naiv wie die Kaufprämie!
Solange die Stinker hohe Gewinne abwerfen, wird sich bei dieser Regierung,und diesem Einfluss unserer Autoindustrie, nix tun …außer Busspuren und kostenlosen Parken!
Stefan Krüger meint
Also diese Leistung noch mit der Note „5 – mangelhaft“ zu bewerten, hieße ja, dass überhaupt eine diskussionswürdige Leistung vorläge. Handelt es sich nicht vielmehr um eine klare Arbeitsverweigerung, also die Abgabe eines leeren Blattes? In allen Beurteilungen, die mir bekannt sind, bekommt man dafür „setzen – sechs“.
Es ist aber auch ganz vertrackt: ohne Förderung kann man die wenigen deutschen Kisten nicht losschlagen, mit Förderungen bekommen vor allem die Käufer japanischer, französischer und – ganz schlimm – amerikanischer Fahrzeuge eine Förderung. Das widerspricht den geübten Gepflogenheiten des deutschen Industrie-Protektionismus.
Das gute an der Situation: man kann nochmal nachdenken. Worum geht es bei der Förderung eigentlich? Wollen wir Hersteller und ihre Produkte fördern, oder soll mit einer Förderung ein Umdenken bei den Käufern bewirkt und noch bestehende Nachteile ausgeglichen werden, um einen Markt zu mobilisieren?
Wer an letzterem ernsthaft interessiert ist, kann sich mal das Konzept von Electrify-BW durchlesen. Ein Modell einer „Bipolaren-Förderung“, bei der sowohl die Förderung wie auch die Gegenfinanzierung von energetischen Zielen und Umweltaspekten abhängen. Das Ganze auch noch völlig technologieneutral. https://goo.gl/V3AqnS
Tesla-Fan meint
Wenn man die Förderung nicht den ausländischen Herstellern hinterherwerfen will, dann könnte man ja auch die alte Technik (insbes. den Diesel) endlich ehrlich besteuern, dann würde der Absatz von Elektroautos von ganz alleine besser werden.
Aber mit Besteuerung wie derzeit und den bewußt kastrierten Compliance-Cars, wie sie die meisten Hersteller anbieten, wird das für die Masse nichts…
CZ meint
Das Förderungskonzept hört sich gut an. Es setzt auf jeden Fall nicht die falschen Anreize wie z.B. in den Niederlanden, wo insbesondere teure und damit meist auch schwere Premiumfahrzeuge gefördert werden.
Letztendlich ist dies leider genau das Problem an dem Konzept. Die deutschen Premiumhersteller profitieren davon nicht und die Regierung würde nie etwas umsetzen ohne Erlaubnis der deutschen Autoindustrie.
Die Umrechnung in kWh/100km macht das Konzept übrigens unnötig kompliziert und setzt Fehlanreize. Diesel hat einen höheren Energiehalt als Benzin. Ein Diesel-PHEV wird also im Vergleich zu einem Benzin-PHEV stärker gefördert. Autogas kann gar nicht gefördert werden, da es viel leichter als Benzin oder Diesel ist, und Erdgas wird nicht berücksichtigt, da es in kg abgerechnet wird. Außerdem wird nicht berücksichtigt, dass sich die CO2-Emissionen unterschiedlicher Brennstoffe bei gleicher Energiemenge unterscheiden.
Es wäre also einfacher und gerechter einen einzigen Umrechnungsfaktor von kWh/100km auf gCO2/km für elektrische Fahrzeuge zu erfinden als alle fossilen Energieträger umzurechnen.
Amperist meint
Es hat doch nicht ernsthaft jemand etwas Anderes erwartet?!