Die Energiewende funktioniert am besten, wenn sie in möglichst vielen Ländern stattfindet. Dem Ausbau der Erneuerbaren Energien kommt deshalb nicht nur in Deutschland, sondern auch in anderen Staaten der Europäischen Union besondere Bedeutung zu. Bis 2020 hat sich die EU das Ziel gesetzt, den Anteil Erneuerbarer Energien am Brutto-Endenergieverbrauch auf 20 Prozent zu erhöhen, und ist auf gutem Wege dieses Ziel zu erreichen.
Hingegen hinkt die Staatengemeinschaft bei ihrem Ziel erheblich hinterher, den Anteil der Erneuerbaren im Verkehrssektor auf zehn Prozent zu erhöhen. „Die meisten EU-Mitgliedstaaten haben große Fortschritte beim Ausbau der Erneuerbaren Energien gemacht. Für effektiven Klimaschutz sind aber noch deutlich mehr Anstrengungen im Mobilitätsbereich nötig“, erklärt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien (AEE).
Im Verkehrssektor fehlt der Energiewende in Europa das Tempo, obwohl auf ihn rund 30 Prozent des Energiebedarfs entfallen. Nicht einmal sechs Prozent erreichte der Anteil der Erneuerbaren Energien hier im Jahr 2014, wie Eurostat Mitte Februar mitteilte. Das Gros der Menge stellen Biokraftstoffe. Der reale, am Energiegehalt gemessene Anteil fällt sogar noch geringer aus, denn für das Zehn-Prozent-Erneuerbaren-Ziel im Jahr 2020 dürfen zum Beispiel Biokraftstoffe aus Abfällen doppelt angerechnet werden. Für im Transportbereich eingesetzten Strom aus Erneuerbaren Energien gibt es ebenfalls einen Quoten-Bonus.
Potential wäre vorhanden
„Zwar ist der Anteil der Erneuerbaren im Verkehrssektor in den vergangenen Jahren ausgehend von niedrigem Niveau stetig gestiegen. Beim aktuellen Ausbautempo werden wir jedoch selbst das bescheidene Zehn-Prozent-Ziel verfehlen. Zudem fehlt es an klaren Zielvorgaben für das nächste Jahrzehnt“, konstatiert Vohrer und verweist auf düstere Prognosen zum Klimaschutz. So warnt etwa das International Council on Clean Transportation (ICCT) global vor einem Anstieg der transportbedingten Klimagasemissionen um rund zwei Drittel auf etwa 15 Milliarden Tonnen bis 2030.
Das schleppende Ausbautempo im Verkehrssektor liegt darin begründet, dass verfügbare Technologien schlicht zu wenig genutzt werden. So wäre genug Potenzial vorhanden, um das Zehn-Prozent-Ziel der EU allein mit Biokraftstoffen zu erreichen. Zudem hat die Elektromobilität als wichtige Komponente einer Erneuerbaren Transportstrategie noch zu wenig Zulauf. Mit gut 146.000 neu zugelassenen Elektroautos erreichten diese laut Angaben des Automobilverbandes Acea 2015 EU-weit nur einen Marktanteil von rund einem Prozent. Den Schnitt nach oben zogen die Niederlande als einsamer Spitzenreiter mit mehr als 43.000 zugelassenen E-Autos. Sie brachten es, begleitet von Steuererleichterungen für die Stromer, auf einen Marktanteil von zehn Prozent.
Zielvorgaben notwendig
„Auch in Zeiten niedriger Ölpreise müssen wir das Wachstum der Erneuerbaren im Verkehrssektor vorantreiben. Einzelne Staaten zeigen vorbildlich, wie das möglich ist“, betont Vohrer. In vielen Staaten, so auch in Deutschland, werden die umweltfreundlichen Antriebe derzeit allerdings von Spritfressern in den Schatten gestellt. In Deutschland stiegen die Neuzulassungen der besonders durstigen SUV im Januar 2016 gegenüber dem Vorjahresmonat um 22 Prozent. Auf europäischer Ebene wird im SUV-Sektor bis 2018 laut einer Analyse von pwc Autofacts ein Zuwachs von 37 Prozent vorausgesagt. „Die niedrigen Ölpreise setzen hier völlig falsche Anreize“, kritisiert Vohrer.
Der Bahnverkehr als umweltfreundlichste Form der Elektromobilität hat es indes schwer, was in Europa an fehlenden Investitionen, mangelnder grenzüberschreitender Kooperation und der Infrastruktur liegt. So ist das Schienennetz der EU in den vergangenen 20 Jahren um mehr als sechs Prozent geschrumpft. Hingegen erhöhte sich die Länge der Autobahnen um mehr als 50 Prozent auf über 73.000 km. „Die Megatrends im Verkehrssektor zeigen, dass auch künftig klare Zielvorgaben für den Ausbau Erneuerbarer Energien in diesem Sektor notwendig sind. Sonst fällt der Transportsektor bei der Energiewende hinten runter und damit auch der Klimaschutz“, warnt Vohrer.
Starkstrompilot meint
Was ist denn an Biokraftstoffen umweltfreundlich? Dass sie CO2-neutral sind, vielleicht. Aber zu welchem Preis? Biokraftstoffe, meist Methan, sind extrem klimaaktiv. Die Einsparung durch CO2-Neutralität wird bereits durch geringste Verluste bei Herstellung und Transport zunichte gemacht.
Außerdem benötigen sie Ackerflächen. Mit miesen Wirkungsgraden inVerbrennern in Bewegung umgesetzt werden sie jedoch nicht reichen, denn so viel Platz hat die Erde nicht für alle Autos. Kaputt gedüngte Flächen kommen noch dazu. Biokraftstoffe sind eine Sackgasse. Sofort aufhören damit.
Die Bahn ist auch elektrisch kein umweltfreundliches Verkehrsmittel. Das ist nicht neu, sondern seit langem bekannt. Pro Fahrgast müssen 4 to Eisenbahn bewegt werden. Das ist ökologischer Unsinn. Der Energieverbrauch pro Passagier entspricht im Schnitt dem eines Verbrennerkleinwagens. Die Stromquelle ist nicht umweltfreundlich, sondern liegt im besten Fall auf dem Niveau des Strommixes, eher schlechter. Neben dem Straßennetz muss extra eine weitere Verkehrstrasse betrieben werden, also völlig unnötiger Landschaftsverbrauch.
Nur der elektrische Antrieb bei individueller Nutzung hat irgendeine Chance den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Ist aber bisher nur in homöpathischer Dosis vertreten.
Der Zustand der Energiewende im Verkehrssektor ist also noch viel katastrophaler als hier beschrieben. Sie ist praktisch gleich null.
Andilectric meint
Das Problem mit den hohen Gewichten, die bewegt werden müssen sehe ich auch schon lange. Hier könnte man meiner Meinung nach nur etwas bessern, indem enorm viel Leichtbaumaterialien (vlt. sogar Carbon) beim Bau der Waggons zum Einsatz kommen. Fürchte dass das aber aus Kostengründen nicht so sehr in Frage kommt. Ausserdem sind die Dinger oft jahrzehntelang im Betrieb. Aber nur so könnte das Verhältnis Passagier zu bewegter Masse effizienter gestaltet werden.
Die Bahn könnte aber an vielen andren Stellen noch etwas tun. Warum sind nicht – wenigstens kleine – Teile der Waggondächer mit PV-Modulen ausgestattet, um den Betrieb der Klimaanlagen an heißen – und dann ja auch sonnigen – Tagen energiesparend zu gewährleisten. Die Waggons fahren zudem fast ausschließlich unter freiem Himmel.
Fazit: Es gibt noch unendlich viele Schrauben an denen gedrehte werden kann – aber VM Dobrindt fängt nun damit an, die Bremsen der Güterwaggons leiser zu machen…. naja, man muss Prioritäten setzen:)
kritGeist meint
„Warum sind nicht – wenigstens kleine – Teile der Waggondächer mit PV-Modulen ausgestattet, “ = ein großartige Idee & das ohne Ironie ! :-)
Es werden z.B. auch keine PVs für Bahnhöfe eingesetzt, die Dachfläche sind meistens jetzt schon so designed: lang & flach.
Auch die DB-E-Bikes könnte man damit aufladen, da bereits am BHF vorhanden sind.
Weite Möglichkeiten sind in diesem Bereich, den Einsatz von leichten Cargo innerhalb der Städte, mit Hilfe von E-Technik.
Die ICEs fahren ja schon lange elektrisch, das Problem ist tatsächlich die Energie- Erzeugung. Würde man die Herstellung noch weiter kombinieren & verstärken: Sonne-Wind-Wasser, dann hätten wir locker ein Überschuß (im Sommer hatten wir das bereits), der ausreichen würde für solche Ideen.
Dobrindt ist eine korrumpierter kleiner Politiker, der keine Ahnung von der Materie hat & nur das nachpappelt, was ihm Lobbisten zuflüstern.
Man wird nicht Haupt-Minister wegen Kompetenz, sondern wegen der Fähigkeit, die Schleimspur auszunutzen, um sich zu profilieren! ;-)
GhostRiderLion meint
„…denn für das Zehn-Prozent-Erneuerbaren-Ziel im Jahr 2020 dürfen zum Beispiel Biokraftstoffe aus Abfällen doppelt angerechnet werden…“
Jeder der solche „Schlupflöcher“ billigt gehört bestraft!!!
Jede Zielvorgabe, Vereinbarung oder auch Gesetze werden durch zig Unterparagraphen, Ausnahmen und Sondervereinbarungen (Schlupflöcher) wieder aufgehoben!
Unter der Bevölkerung wird immer nur das „brutto“ groß „posaunt“, aber nicht was im Detail dahinter steckt und somit als „netto“ herauskommt!!!
Kein Wunder ändert sich definitiv nichts!!!!!!!!!!!
Ich wünsche mir mehr Aufklärung und Öffentlichkeitsarbeit!!!!