Illegale Manipulationen von Motoren zur Reduzierung von Abgasen waren nicht nachweisbar. Das machten mehrere Sachverständige vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestages deutlich. Dass der immer noch aktuelle Neue Europäische Fahrzyklus (NEFZ) als Testverfahren im Labor realitätsfern ist, war unter Fachleuten hingegen seit der Jahrtausendwende klar, sagte Prof. Dr. Stefan Hausberger von der Technischen Universität Graz.
Der NEFZ soll 2017 durch das realistischere Verfahren World Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedere (WLTP) ersetzt werden. Hinzu kommen sollen Straßentests (Real Driving Emissions, RDE), die sich derzeit in der Monitoring-Phase befinden. RDE sei noch nicht ausgereift, sagte Prof. Dr. Christian Beidl von der Technischen Universität Darmstadt. Der ADAC nutze mobile Messtechnik für seine eigenen Tests seit gut sechs Monaten, wie der Technik-Leiter des Automobilclubs, Dr.-Ing. Reinhard Kolke, erläuterte. Seit 2010 wurde auf europäischer Ebene an den RDE-Regelungen gearbeitet. Hausberger bemängelte, dass die Staaten zu wenige Ressourcen dafür bereitstellten.
Hausberger plädierte dafür, künftig auch unabhängige Nachmessungen vorzusehen. Das gäbe der Industrie „ausreichend Sorge“, dass Unregelmäßigkeiten entdeckt würden. Auch Kolke sprach sich dafür aus, regelmäßige Felduntersuchungen durchzuführen und diese von den gesetzlichen Zulassungsbehörden abzukoppeln. Auch sollte Software gegenüber den Behörden offengelegt werden. Aus Sicht von Hausberger sind die Sanktionen bei Emissionsüberschreitungen zu schwach. Die Hersteller bekämen Monate bis Jahre Zeit zur Nachbesserung. Das sei nicht „akut abschreckend.“
„Reales Fahren“ als solches kann es nicht geben
Seit mehr als 20 Jahren werden die Autos nach dem Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) auf dem Prüfstand getestet. Dieser dauert knapp 20 Minuten und simuliert zunächst vier Kilometer Stadtverkehr und anschließend sieben Kilometer Autobahn mit maximal 120 km/h. Seit Jahren monieren Kritiker, dass das reale Fahrverhalten mit diesem Test nur unzureichend simuliert wird, so Beidl.
Um künftig realitätsnahe Verbrauchswerte zu ermitteln, sollen in der EU Testfahrten auf der Straße (RDE) durchgeführt werden. „Reales Fahren“ als solches könne es aber nicht geben, sagte Beidl: Dafür seien die Umstände zu verschieden: „Es kann ja aus technischer Sicht nicht erwartet werden, dass ein Kfz voll beladen mit Anhänger und aggressiver Fahrweise und vielen Berganteilen gleich niedrige Emissionen hat wie ohne Zuladung auf ebener Strecke mit gemäßigter Fahrweise.“
Regierung vorerst entlastet
Alle drei Experten für Abgasmessung waren sich einig, dass der Bundesregierung von dem millionenfachen Abgasbetrug bei VW-Dieseln durch Motorsteuerungs-Software tatsächlich nichts bekannt war. Hausberger sagte, es sei „nicht augenscheinlich gewesen, dass es Abschalteinrichtungen gab. Vielleicht haben die Hersteller uns belächelt, aber sie haben es auch clever gemacht.“ Kolke sagte, dass die „Idee, in die Steuerungs-Software zu schauen, bislang niemand gehabt“ hätte.
Damit ist die Bundesregierung beim wichtigsten Vorwurf vorerst entlastet. Ausschuss-Chef Herbert Behrens (Die Linke) hatte vor der Sitzung gesagt: „Die Ministerien hätten früher Bescheid wissen müssen. Die Frage ist, ob Informationen bewusst verschwiegen oder nur für nicht wichtig erachtet wurden.“
Hans-Peter meint
In Anlehnung an ein Grenzmauer-Zitat:
Niemand hat die Absicht Abgase zu produzieren.
Kirei meint
Es wäre sehr interessant zu wissen, welche Gesetzesinterpretation die Sachverständigen Ihrer Aussage zu Grunde gelegt haben. Nach meinem Verständnis erlaubt doch die gesetzliche Regelung nur eine Abgasnachbehandlung in besonderen Situationen auszuschalten. Eine besondere Situation ist jedoch z.B. nicht eine normale, übliche Temperatur, die zu 60% in Deutschland herrscht. Leider ist das Urteil der Sachverständigen damit nicht nachvollziehbar und wohl auch biased.
Ich würde mir wünschen, das einmal die rechtliche Basis vernünftig interpretiert wird und nicht immer nur bekannte Tatsachen wiederholt werden.
McGybrush meint
Reales fahrprofil verlangt ja keiner. Aber ist ja nicht zuviel verlangt die Spiegel dran zu lassen und die Türspalten nicht ab zu kleben.
Ebenso müsste der Luftdruck verwendet werden mit dem auch das Esp und der Bremsweg geprüft wird. Nicht das für den einen Test aufgepummt und für den anderen abgelassen wird.
Ebenso muss die Bereifung der mitleren Austattung entsprechen. Klima ein (die meisten kann man in wahrheit auch nicht mehr wirklich dauerhaft ausschalten). Tank halb voll.
Niemand kam jemals in die Werkstatt weil der verbrauch mit Hänger und Bergauf zu hoch ist. Geht ja auch nicht. Dafür gibt es ja keine vergleichsangaben. Ist auch nicht schlimm. Aber das andere kann man ja hinbekommen.
Hans-Peter meint
Den NormVerbrauch schaffe ich mit jedem Fahrzeug, das man mir zur Probefahrt hinstellt. Nur suche ich mir dann einen Landstraßenverkehr aus, der flüssig zu fahren ist. Also Dauergeschwindigkeiten von 50 bis max. 80 kmh, sprich die üblichen 70er Fahrbahnen. Die paar Ampeln muss man mit Gehirn anfahren. Dann sind Normwerte möglich.
Klar, wer nur STadt fährt und dann als ob der Teufel hinter einem her ist, wird diese Werte nicht schaffen. Auch nicht die Hirn-aus-Typen auf der Autobahn, die einem bei 170 kmh mit 8 meter Abstand an der Stossstange hinten dran kleben.
Fakt ist aber, wenn bei all genannten einsätzen die Abgasanlage nicht oder nur zum Teil funktioniert, gehört das Fahrzeug die Betriebserlaubnis entzogen.
Kindergeld bekommt man auch erst, wenn man Kinder hat – und nicht nur wenn man das Geschlechtsteil vorzeigen kann…
KingArtus meint
Naja, ich denke mal es wird kaum nachweisbar sein, was, wer, wann wusste.
es sollte nur jetrzt eoin Anderer Ton zwischen regierung und automobielindustrie wehen.
Es hat sich gezeigt, das die Autobranche mit vertrauen nicht umgehen kann.
Jetzt müssen Regeln und Kontrolle her. inkl. schmertzhafter strafen.
Dazu kommt, das jegliche Subventionen im Bereich der elekromobilität, die der Automobielbranche zu Gute kommt sofort beendet werden sollte.
Theo meint
Clever wäre für wohl ein eigenes digitales Fahrer Profil zu haben. Dann kann man mit diesem bei einem Neu Fahrzeug seinen persönlichen Verbrauch oder Reichweite sehr genau vorab berechnen lassen.
Dann steht da nicht 160 km Reichweite nach EU Norm, sondern 134 km bei ihrer persönlichen Fahrweise.