2028 könnten in der EU erstmals mehr elektrifizierte Autos als konventionelle Verbrenner verkauft werden. Und im Jahr 2030 dürfte es sich bei jedem dritten in Europa zugelassenen Neuwagen um ein Elektroauto handeln. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Untersuchung von Pricewaterhouse Coopers (PwC) Autofacts. Dem Szenario zufolge werden Elektroautos im Jahr 2028 mit einem Marktanteil von rund 30 Prozent erstmals vor Autos mit konventionellen Verbrennungsmotoren (28 Prozent) liegen – die übrigen gut 40 Prozent sind Hybride unterschiedlicher Bauarten. Momentan werden noch gut 97 Prozent aller Neufahrzeuge in der EU ausschließlich von einem konventionellen Verbrennungsmotor angetrieben.
Auf den ersten Blick scheint dieses Szenario gewagt. Jedoch gibt es zu dieser Entwicklung kaum eine Alternative, denn das im vergangenen Jahr in Paris für 2050 festgelegte Ziel einer globalen CO2-Neutralität (COP21) trifft die Autobranche so unmittelbar wie alle anderen Industrien. Der Grund: Die momentan geltenden Emissionsvorgaben beziehen sich lediglich auf Neufahrzeuge, die Vorgaben von Paris jedoch auf den gesamten Fahrzeugbestand – und das sind im Jahr 2015 immerhin mehr als 900 Millionen PKW gewesen. Bei einem durchschnittlichen Verkaufsvolumen von knapp 67 Millionen Einheiten ergibt sich – ohne weiteren Bestandsaufbau – mindestens eine Zeitspanne von rund 14 Jahren, um alle CO2-intensiven Pkw gegen saubere Pendants auszutauschen, realistisch sind eher 20 Jahre.
„Das bedeutet, dass die Automobilindustrie schon ab 2030 in der Lage sein sollte, überwiegend CO2-neutrale Autos anzubieten. Bei einem durchschnittlichen Modelllebenszyklus von sechs Jahren sprechen wir also von der übernächsten Produktgeneration“, konstatiert Christoph Stürmer, Global Lead Analyst von PwC Autofacts.
Mild-Hybride treiben die E-Evolution
Laut den Prognosen vollzieht sich der Durchbruch alternativer Antriebstechnologien in zwei Etappen. Für die nächsten Jahre sind zunächst kleinere Technologieschritte zu erwarten wie der stärkere Einsatz des 48-Volt-Bordnetzes, was den kosteneffizienten Einsatz von Hybridtechnologie ermöglicht, die ohne teure Hochvolttechnik auskommt. Diese Technologie ermöglicht den effizienten Einsatz von elektrischen Motoren von bis zu 15 kW Leistung als Mild-Hybrid. Als Starter sorgt der E-Antrieb für zusätzliches Drehmoment, als Generator sorgt er für die Rückgewinnung von Energie (Rekuperation) und hilft damit, den Kraftstoffverbrauch zu senken.
„Schon zum Erreichen der Flottenverbrauchsziele für 2020 werden viele neue Fahrzeugmodelle mit Mild-Hybrid-Technologie ausgestattet sein und der Elektrifizierung der globalen Neuwagenflotte erheblichen Vorschub leisten“, sagt Felix Kuhnert, Leiter Automotive bei PwC in Europa. Momentan handelt es sich zwar nur bei etwa jedem hundertsten Neufahrzeug in der EU um einen Mild-Hybrid. Doch schon 2020 könnte sich dieser Anteil dem Szenario zufolge auf fast acht Prozent vervielfachen. Bis 2025 sind es dann schon fast 25 Prozent, bevor sich das Wachstum danach allmählich abschwächt. „Das liegt in erster Linie daran, dass bis dahin bereits die zweite Etappe in vollem Gange ist – nämlich der Siegeszug der E-Fahrzeuge“, so Kuhnert.
Regierungen forcieren die Elektromobilität
Eine entscheidende Rolle beim Durchbruch der E-Mobilität kommt demnach der Politik zu. „Ein Beispiel ist der neue globalen Testzyklus WLTP (Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure), der in der EU schon 2017 den klassischen Normzyklus ersetzen wird“, sagt Kuhnert. Auch darüber hinaus sei der staatliche Einfluss auf die Veränderung des Motoren-Mix enorm. So reiche das Spektrum politischer Maßnahmen von einer reinen Förderung (ein Beispiel ist der deutsche Umweltbonus) über einen Mix aus Fördern und Fordern (ein typischer Fall sind die New Energy Vehicles in China) bis hin zu einem lokal begrenzten Verbot von Verbrennungsmotoren.
„Dabei beschränkt sich die Debatte nicht nur auf den Klimaaspekt. Der chinesischen Regierung etwa geht es in erster Linie darum, die Luftqualität in den Metropolen zu verbessern“, sagt Stürmer. Und auch Brüssel plant zusätzlich zum WLTP die Einführung des sogenannten Real Driving Emissions Tests (RDE). Er soll den Ausstoß von Schadstoffen bei reellen Testfahrten auf der Straße überprüfen.
Kein Entweder-Oder, sondern ein Sowohl-als-Auch
Analog zur Prognose für den europäischen Automarkt hat PwC Autofacts auch Szenarien für China und Nordamerika (Nafta-Raum) erstellt. „Für den chinesischen Markt gehen wir davon aus, dass reine E-Autos schneller auf signifikante Volumen kommen. Schon 2020 dürften die Elektrofahrzeuge einen Marktanteil von fünf Prozent erreichen“, sagt Kuhnert. Bis 2030 dürfte ihr Markanteil bei mehr als 40 Prozent liegen, während Autos mit konventionellem Verbrennungsmotor ähnlich wie in der EU nur noch auf rund 15 Prozent kommen könnten.
Für den Nafta-Raum erwartet PwC Autofacts eine noch klarere Polarisierung des Marktes als in Europa. Ende zum des nächsten Jahrzehnts sinkt der Benziner-Anteil dem Szenario zufolge auf eine niedrige zweistellige Prozentzahl, während Elektroautos bis dahin auf mehr als 35 Prozent kommen. In Summe wird auch 2030 die Mehrheit aller Neufahrzeuge noch mit Verbrennungstechnologie ausgeliefert – allerdings werden die meisten dieser Motoren dann mit Hybridtechnologie kombiniert.
„Wir sind der Meinung, dass der Übergang zur Mobilität der Zukunft nicht als ein plötzliches Entweder-Oder erfolgt, sondern als ein zunehmendes Sowohl-als-Auch“, resümiert Stürmer.
EVrules meint
Hahaha … Mild-Hybride als Zukunftsvision, für eine solch fadenscheinige Grün-waschung würde sich selbst Toyota schämen.
Aber den Sarkasmus mag ich nun beiseite schieben: wir werden in 2030, sofern nichts schlimmeres passieren sollte, mit Sicherheit weit mehr als 30% reine eAutos in den Neuzulassungen haben. In den kommenden 15 Jahren wird sich die Welt weit mehr verändern, als in den vergangenen 30 Jahren.
Fortschreitende Erneuerbare Energien, Batterrie-Technologie, sinkende Ladezeiten, steigende Treibstoffkosten, womöglich selbst die technologische Singularität wird bis dahin stattfinden.
Es gibt keinen Grund mehr, warum man Verbrennungsantriebe noch schönreden sollte, das wäre wie ein totes Pferd zu schlagen („Flogging a Dead horse“).
Thomas Wagner meint
Wenn ab 2030 der Verkauf von Verbrennern verboten ist, sind es womöglich sogar 100 % !
;-))