Die Konsumforscherin Lucia A. Reisch erklärte in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung, warum sich manche Menschen so schwer tun, in Sachen Umweltschutz aktiv zu werden. Und wie es die Politik dennoch schaffen kann, diese Bürger zu nachhaltigem Handeln zu bringen.
„Den Stromanbieter zu wechseln, ein Elektroauto zu kaufen, vom eigenen Auto auf Bus oder U-Bahn umzusteigen“, seien „nicht unbedingt de facto, aber in der Vorstellung, große Konsumentscheidungen, die mehr Zeit und mehr mentale Energie erfordern“, so Reisch im Interview. Außerdem findet die Konsumforscherin den „Markt für viele Verbraucher undurchsichtig“. Ein weiteres Hindernis sei, dass viele sich „an einfache Faustregeln“ halten, „statusorientiert“ seien, „gerne ihr soziales Umfeld“ nachahmen und „Risiken verdrängen, die nicht unmittelbar erfahrbar sind“.
Die Forscher plädiert deshalb dafür, auf „Nudging“ zurückzugreifen, eine Methode, „um das Verhalten von Verbrauchern ohne Zwang in eine bestimmte Richtung zu lenken“, wie die SZ den Begriff umschreibt. Reisch findet den Begriff „leider etwas unglücklich, weil er missverständlich“ sei, er sei „eigentlich ein eng definierter wissenschaftlicher Terminus technicus: Nudging ist verhaltensbasierte Regulierung“.
Man setze beim Nudging „im Rahmen des staatlichen Handelns und auf der Basis der Erkenntnisse, wie und warum Menschen Entscheidungen treffen, Stimuli ein, um das Verhalten der Bürger in eine bestimmte Richtung zu bewegen – ohne finanzielle Anreize oder Strafen“. Das müsse „gar nicht aufwendig sein“. Man könne „zum Beispiel Formulare vereinfachen. Oder den Ehrgeiz wecken, genauso gut im Energiesparen zu sein wie der Nachbar“.
Ein Kick für nachhaltiges Handeln
Wichtig sei, das „Nudges als Politikinstrument immer transparent sein“ müssen, „zu hundert Prozent. Sie dürfen nie versteckt sein oder durch die Hintertür kommen, denn dann ist es kein Nudge, sondern Manipulation. Wenn eine Regierung dieses Instrument anwendet, dann muss darüber eine öffentliche Debatte geführt werden“, so Reisch. Aber das „Spannende und auch aus politischer Sicht Interessante an Nudges“ sei, „dass sie wirken, obwohl sie transparent sind“. Für nachhaltiges Handeln brauche es „oft einfach noch einen Kick, um tatsächlich anzufangen. Und einen solchen Kick kann ein Nudge liefern“.
stefan meint
Früher nannte man das Information, Vorbildfunktion und Überzeugung. Na, vielleicht wird es mit einem neuen Begriff wieder interessanter.
Das System „Karotte“ wirkt auch, und zwar wenn erkennbar ist, dass der Anreiz allen zu Gute kommt und honoriert wird.
Wenn zu viele alte Interessen im Wege stehen hilft manchmal mur noch das Verbot, wenn der allgemeine Schaden höher ist, als der individuelle Nutzen.
Ich denke wir brauchen keine neuen Begriffe, sondern die beherzte, mutige Anwendung aller bekannten Strategien.
orinoco meint
Dumm nur wenn es von den gesetzgebenden Politikern und der Industrie aka „Wirtschaft“ schlicht nicht gewollt ist, dass die Menschen ihr Verhalten ändern. Gewünscht ist weiter grenzenloser Konsum für grenzenloses Wachstum, immer mehr für immer weniger. Die Bürger sollen nicht freie und selbstbestimmte Menschen sein, sondern willige Lohn- und Konsumsklaven von Staat und Wirtschaft und gerne alles auf Kosten der Umwelt. Wem nicht klar ist welche Kräfte hier am Werk sind, dem empfehle ich die Fernsehserie „Timm Thaler“ – ausgezeichnete Nachhilfestunden in Sachen „Wie mache ich mit den Menschen, was ich mit den Menschen machen will“.
Starkstrompilot meint
Entgegen jeder Selbsteinschätzung sind wir alle keine Experten. Bei fast keinem Thema. Und da, wo wir denken, wir hätten Ahnung, ist es auch meist sehr dünn.
Was macht man also in so einer Situation? Man macht das, was alle machen. Dann muss man schon keine blöden Fragen beantworten.
Dann ist natürlich das Neue immer erstmal zweifelhaft. Was soll das denn jetzt schon wieder? Kommt wieder irgend so ein Besserwisser mit etwas Tollem um die Ecke. Erstmal abwarten, was die anderen machen.
Das Schlimmste aber scheint mir, dass zu Neuem meist ein Vorgänger existiert, der natürlich keine Lust hat, von dem Neuen verdrängt zu werden. Also streut er Gerüchte und Zweifel. Je nach Macht und Größe des Alten breiten sich diese dann unterschiedlich schnell aus und bremsen damit die Akzeptanz des Neuen.
Beispiele:
– Liberalisierung des Strommarktes (Vorsicht, sonst geht das Licht aus)
– Energiewende (gleiches Gegenargument). Ist ja auch dieselbe Quelle.
– E10 (Vorsicht, Motorschaden)
– E-Auto (Bringt nichts, siehe Strommix, Reichweite, Preis)
– ….
Bei jeder Information immer darauf achten, wem sie nützt. Dann braucht man auch keine Anstubser.
Prinz Max meint
Wenn der Wissenschaftler seine Wissenschaft noch auf gut Deutsch erklären würde, dann käme es noch besser bei den Menschen an.
Nudging = Anstoß oder Schubs
Meistens ist es nur ein kleiner Stubs der fehlt. :-) und schon fühlt man sich besser