In den vergangenen Tagen stand Stuttgart ganz im Zeichen der nachhaltigen Fortbewegung. Mit der 30. Internationalen Electric Vehicle Symposium & Exhibition (EVS30) fand dort eines der weltgrößten Konferenz- und Messeevents für Elektromobilität statt. Im Rahmen der Eröffnungspressekonferenz berichteten Experten aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft zum Status des alternativen Antriebs. Einstimmiges Fazit: Der Wandel hat begonnen und wird immer sichtbarer. Die mehr als 350 Aussteller aus aller Welt boten ein eindrucksvolles Schaufenster für die emissionsfreie Zukunft der Mobilität.
Seit Jahren wird auf den Durchbruch der Elektromobilität am Markt gewartet. Dieser Zeitpunkt ist nun gekommen. Davon sind die Teilnehmer der Eröffnungspressekonferenz der EVS30 überzeugt. Dabei ist Elektromobilität weit mehr als ein Auto mit Elektromotor. Intelligente Infrastruktur, Vernetzung, digitale Services gehören genauso dazu.
„Um diese komplexen Herausforderungen anzupacken, sind Netzwerke und internationale Kooperationen notwendig“, sagte Franz Loogen, Geschäftsführer der Landesagentur für Elektromobilität und Brennstoffzellentechnologie e-mobil BW GmbH bei der Eröffnungspressekonferenz. Ein Beispiel: Mit dem Cluster Elektromobilität Süd-West, der mit über 125 Akteuren für branchenübergreifende Zusammenarbeit stehe, habe man in Baden-Württemberg eine starke Basis, um ein neues elektromobiles Ökosystem voranzutreiben, das die Wirtschaft stärkt und der Umwelt nützt.
Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann sieht durch die elektrische Mobilität besonders viele Chancen und Möglichkeiten für eine nachhaltige Zukunft. „Ich bin überzeugt davon, dass wir bereit sind für die Verkehrswende und hoffe auf die Unterstützung und den Beitrag der Automobilhersteller“, appellierte der Minister in Richtung Industrie. Gleichzeitig sieht Hermann aber auch die Politik in der Verantwortung: „Die Aufgabe der Politik besteht darin, die richtigen Rahmenbedingungen wie etwa bei der Infrastruktur zu setzten, um der oft beschworenen ‚German Reichweiten-Angst’ etwas entgegen zu setzen.“
Elektromobilität ist kein Selbstzweck
Um die Verantwortung von Politik, Wissenschaft und Wirtschaft waren sich alle Redner bewusst. Als Vorsitzender der europäischen Vereinigung für Elektromobilität AVERE und des Weltverbandes WEVA betonte Espen Hauge, wie wichtig es ist, nachhaltige Antriebe weiter voranzutreiben und zitierte aus der neuen „Stuttgart Declaration“, die AVERE zur EVS30 veröffentlicht hat: „Wir haben diese Deklaration veröffentlicht, um ein Schlaglicht auf die Hoffnung, die Fakten und die notwendigen Schritte für die Entscheider weltweit zu werfen.“ Die EVS30 zeige, dass die Technologie, mit der Umweltprobleme gelöst werden können, bereits vorhanden ist.
Auch Franz Loogen weist darauf hin, dass es nicht nur um wirtschaftliche Interessen gehen darf: „Das Electric Vehicle ist kein Selbstzweck. Elektromobilität ist ein wichtiger Teil der Energiewende und ein wichtiger Baustein eines neuen Mobilitätssystems, mit dem wir die in Kyoto und Paris gesteckten CO2-Ziele erreichen wollen. Es gehe um einen technologieoffenen Weg.“
Innovationsschub durch neuentwickelte Bauteile und Komponenten
Dass sich deutsche Automobilhersteller zunehmend auf die Entwicklung der Elektromobilität konzentrieren, zeigen unter anderem aktuelle Zahlen. So ist der Marktanteil von deutschen Elektroautos in Westeuropa im ersten Halbjahr 2017 von 44 auf 49 Prozent gestiegen. „Im Jahr 2025 werden verschiedenen Studien zufolge 70 Millionen Elektrofahrzeuge auf den Straßen der Welt unterwegs sein“, prognostizierte Professor Henning Kagermann von der Nationalen Plattform Elektromobilität.
Ein Beleg für diesen Wandel sind auch die guten Zahlen, die die Messeveranstalter verzeichnen können. „Insgesamt werden sich über 1500 Referenten und Teilnehmer an der Konferenz beteiligen, für deren Call for Papers alleine 660 Vorschläge eingegangen sind“, konstatierte Ulrich Kromer von Baerle, Sprecher der Geschäftsführung der Messe Stuttgart. „Außerdem haben wir unter den 353 Ausstellern viele namhafte Unternehmen, von denen mehr 50 Prozent aus dem Ausland kommen“, zeigt sich Kromer von Baerle zufrieden. Die auf den Messeständen gezeigten Innovationen reichen von Leichtbaukomponenten über hocheffiziente Speicherlösungen und kompakte Antriebskomponenten bis hin zu intelligenten Ladetechnologien.
Innovationen für die Mobilität von morgen
Das Trendthema autonomes Fahren griffen gleich mehrere Aussteller auf. So zeigte Amber Mobility, wie sich selbstfahrende Fahrzeuge unter anderem mit Kameras und einem Radarsystem ausgerüstet, ab dem nächsten Jahr selbstständig auf den Straßen bewegen können. Sie werden zuerst nachts auf Bestellung über Busspuren rollen, sodass sie morgens fahrbereit vor der Tür stehen. KYBURZ Switzerland präsentierte ihre Antwort auf die Herausforderungen der Postzustellung der letzten Meile: den Anfang 2018 für ausgewählte Partner erhältlichen autonomen eTrolley.
Angesichts der Erschöpfung der herkömmlichen Energiequellen spielen nachhaltige Antriebskonzepte eine große Rolle. Interessenten konnten sich unter anderem über Ameisensäure als Kraftstoff informieren, den Studenten der Technischen Universität Eindhoven entdeckt haben und mit dem seit Juli 2017 in Eindhoven ein Stadtbus fährt. Ein anderes Beispiel: das neue Solar-Familienauto Stella Vie einer interdisziplinären Gruppe niederländischer Universitäten, das mit Solarkraft Sorgen über die Reichweite aus dem Weg räumen könnte.
Eine andere Neuentwicklung, die auf der Messe vorgestellt wurde, war die eAchse von Bosch, deren Serienproduktion spätestens 2019 beginnen soll. Dabei treiben Motor, Leistungselektronik und Getriebe in einer kompakten Kombination die Achse an. Dies ist effizienter und günstiger als andere Elektroantriebe und beschleunigt Entwicklungszeiten, sodass Hersteller die Fahrzeuge deutlich schneller auf den Markt bringen können. Da die eAchse anpassbar ist, kann sie in Hybride und Elektroautos, kleine Pkw, SUV sowie leichte Nutzfahrzeuge eingebaut werden.
Elektrofahrzeuge clever laden
Einen Schwerpunkt bildete innovative Ladetechnik. Zahlreiche Aussteller hatten dafür Lösungen im Gepäck. So konnten Interessenten Qualcomm Halo kennenlernen, eine effiziente Technologie zum drahtlosen Aufladen von Elektro- und Hybridautos. Wallbox Charger brachte das kleinste Home-Ladegerät der Welt für Elektroautos mit. Es hat Bluetooth-Konnektivität integriert, die das Mobiltelefon des Benutzers für die Datenübertragung erweitert. Das Produkt ist das erste mit einem innovativen System zur Identifizierung und Erkennung von Benutzern, damit diese ohne weitere Aktionen Zugang zum Ladegerät erhalten.
Continental präsentierte „AllCharge“. Das neue Ladesystem macht den elektrischen Antriebsstrang zum Universal-Ladegerät für kabelgebundenes Laden an Stationen unterschiedlichster Technik. ADS-TEC stellte am Stand sowie im Außenbereich des Messegeländes in einer Live-Anwendung seine StoraXe-Batterielösungen „PowerBooster“ für das Schnellladen von E-Fahrzeugen am leistungsbegrenzten Verteilnetz vor.
Thomas Wagner meint
„So ist der Marktanteil von deutschen Elektroautos in Westeuropa im ersten Halbjahr 2017 von 44 auf 49 Prozent gestiegen“ –
wer diese Zahlen in die Welt setzt ist mir rätselhaft.
Sie sind nämlich komplett falsch. Denn im ersten Halbjahr 2017 hat nur ein deutsches Elektroauto in Europa eine nennenswerte Rolle gespielt und das ist der i3 von BMW.
Der europäische Markt für Elektroautos wird angeführt vom Renault ZOE, mit deutlichem Abstand, gefolgt vom Nissan Leaf und BMW i3. Dann folgt Tesla mit seinen Modellen S und X und erst danach mit deutlichem Abstand kommt der e-Golf, gefolgt vom Hyundai Ioniq.
So erreichten die „deutschen“ Hersteller mit ihren Elektroautos im 1.Halbjahr 2017
einen Anteil von weniger als 25 % in Europa –
ziemlich wenig beeindruckend :-(
S EDE meint
Aber nicht doch. Daimler ist Weltmarktführer, hat Dr. Dieter Zetsche auf der Aktionärsversammlung 2016 gesagt.
:-)
Jörg meint
…. und der i3 auch nur, weil er in der konzerneigenen Vermietungsflotte massiv eingesetzt wird.