Bernhard Mattes hat seine erste Halbjahres-Pressekonferenz als neuer Chef des deutschen Verbandes der Automobilindustrie (VDA) gegeben. Die Branche arbeite daran, neues Vertrauen zu gewinnen und ihre Glaubwürdigkeit wieder zu stärken. „Dazu gehört, dass wir tun, was wir sagen, dass Verlässlichkeit und Transparenz unser Handeln bestimmen. Wir müssen ‚liefern‘, was wir versprochen haben“, sagte Mattes.
Der VDA-Präsident betonte, dass er Verbrennungsmotoren – inklusive dem Diesel – für einen wichtigen Bestandteil der anstehenden Transformation der Autoindustrie halte. „Der Diesel-Anteil bei den Pkw-Neuzulassungen in Deutschland ist im ersten Halbjahr auf knapp ein Drittel gesunken. Dem Klimaschutz bringt das nichts. Je weniger Diesel verkauft werden, desto höher sind die CO2-Werte bei den Neuzulassungen“, so Mattes. Es wäre daher völlig verkehrt, den Diesel „abzuschreiben“. Der Diesel sei notwendig, um die Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen.
Mattes forderte eine „Versachlichung der Debatte“ – der moderne Diesel weise nur noch sehr geringe Stickoxidemissionen auf. Der Selbstzünder zähle außerdem weiter zur technischen Kompetenz der deutschen Hersteller: „In Westeuropa haben wir einen Marktanteil bei Diesel-Pkw von 51 Prozent, in Deutschland sind es 78 Prozent. In Westeuropa beträgt der Dieselanteil an allen Pkw-Verkäufen 38 Prozent. Und jedes zweite dieser Fahrzeuge trägt ein deutsches Konzernmarkenzeichen“, erklärte der Verbandschef.
Das 95-Gramm-Ziel für 2020/2021 bezeichnete Mattes als „sehr anspruchsvoll und nur erreichbar, wenn der Anteil von E-Autos kräftig zunimmt“. Die deutschen Autobauer würden alles tun, um das Ziel zu erreichen. Europa habe mit Abstand die anspruchsvollsten CO2-Ziele – in Japan seien es 105 Gramm, in China 117, in den USA 121 Gramm. „Wir sollten also gerade bei der CO2-Regulierung die anderen Märkte im Blick halten. Dies ist bis jetzt leider nicht erkennbar“, bemängelte der VDA-Präsident.
40 Mrd. Euro für alternative Antriebe
Zum Thema Elektromobilität sagte Mattes: „Die deutschen Hersteller verdreifachen in den kommenden drei Jahren ihr Angebot von 30 auf über 100 E-Modelle. Im gleichen Zeitraum investiert unsere Industrie insgesamt 40 Mrd. Euro in alternative Antriebe, der Schwerpunkt liegt auf der Elektromobilität. Die Neuzulassungen von Elektrofahrzeugen in Deutschland haben sich im vergangenen Jahr mehr als verdoppelt, in den ersten fünf Monaten 2018 stiegen sie um etwa 60 Prozent. Schon heute haben wir eine starke Marktposition: In Westeuropa haben wir unseren Marktanteil bei Elektro-Pkw-Neuzulassungen auf 48 Prozent gesteigert, in Deutschland auf 66 Prozent. Der Erfolg unserer Unternehmen zeigt sich auch daran, dass 80 Prozent der in Deutschland gefertigten Elektroautos exportiert werden.“
Eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der E-Mobilität sei neben einer Modelloffensive der rasche und flächendeckende Aufbau der Ladeinfrastruktur, sagte Mattes. „Nun gilt es, dies rasch umzusetzen. Die Verlängerung des Umweltbonus mit den bestehenden Konditionen ist sinnvoll, die Fördergelder sind noch nicht ausgeschöpft.“ Nur bei einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Industrie und Politik sei ein Elektrofahrzeuganteil von 15 Prozent in Europa bis 2025 zu erreichen – aktuell sind es knapp 2 Prozent.
„Allerdings wird Elektromobilität nicht die einzige Antriebsform sein. Auch der hoch effiziente Verbrennungsmotor hat Zukunft“, so Mattes. „Und Erdgasantriebe und Wasserstoff sind weiter im Rennen. Klimaneutrale E-Fuels sind eine hervorragende Ergänzung.“
Sicherer, effizienter & komfortabler
Bei der Digitalisierung sowie dem vernetzten und automatisierten Fahren sei das Ziel der deutschen Hersteller und Zulieferer, den Straßenverkehr künftig noch sicherer, effizienter und komfortabler zu machen. „Stufenweise werden wir den Fahrer immer mehr unterstützen und damit Unfälle vermeiden. Dazu entwickeln wir automatisierte Fahrfunktionen, die auf bestehenden Fahrerassistenzsystemen aufbauen“, erklärte Mattes.
Jedes zweite weltweite Patent beim vernetzten und automatisierten Fahren komme von der deutschen Automobilindustrie. „Deutschland ist in diesem Bereich Patentweltmeister. In den nächsten drei Jahren investieren wir dafür rund 18 Mrd. Euro. Es geht um die schrittweise Einführung des automatisierten Fahrens, auch um die internationale Regelungssetzung, die Fahrt aufnehmen muss“, sagte Mattes.
Die deutschen Hersteller und Zulieferer verstehen sich laut dem VDA-Chef „immer mehr als Anbieter umfassender Mobilitätsdienstleistungen, in Ergänzung zum öffentlichen Verkehr. Sie dienen der Optimierung des Verkehrs in dicht besiedelten Gebieten und erfüllen zugleich individuellen Mobilitätsbedarf. Carsharing, Ride-Hailing, E-Scooter-Sharing, Mobilitätsplattformen und Mobilitäts-Apps sind schon heute verfügbare Angebote, die über das klassische Geschäft der Automobilindustrie weit hinausgehen“.
Mattes unterstrich: „Eines ist klar: Wir wollen bei beiden großen Innovationsthemen – Elektromobilität und Digitalisierung – im ‚driver’s seat‘ sitzen, mit der Rolle des Beifahrers geben wir uns nicht zufrieden“. IT-Firmen sehe die hiesige Autobranche „als Partner – aber stets auf Augenhöhe“. Die Kernkompetenzen Automobil und Mobilitätsdienstleister sollen bei deutschen Unternehmen bleiben.
Fritz! meint
„Europa habe mit Abstand die anspruchsvollsten CO2-Ziele – in Japan seien es 105 Gramm, in China 117, in den USA 121 Gramm. “Wir sollten also gerade bei der CO2-Regulierung die anderen Märkte im Blick halten. Dies ist bis jetzt leider nicht erkennbar”, bemängelte der VDA-Präsident.“
Was wäre denn das für eine Herangehensweise? Sich am Schlechtesten orientieren? Der einzige Maßstab, gerade in Bezug auf die Umwelt, ist der Beste und jede/jeder sollte bestrebt sein, die/der Beste zu sein.
Daniel S meint
„Der Diesel sei notwendig, um die Klimaschutzziele im Verkehr zu erreichen“
Da bin ich ja gespannt, wie das gehen soll: Spätestens 2050 müssen unsere CO2 Emissionen bei Null – „NULL“ – liegen. Und das kann man mit Diesel? Wohl nur mit ganz legalen Bauteilen den VDA…
holi meint
Technisch kein Problem ( mit eFuel, also aus erneuerbarem Strom erzeugter Kraftstoff ).Nur leider unbezahlbar für Normalverdiener.
Gunarr meint
Die immer mit ihren „hocheffizienten Verbrennungsmotoren“. Kann es echt nicht mehr hören. Haben jetzt 20 Jahre gebraucht, um den Wirkungsgrad im optimalen Drehzahlbereich von 35 % auf 40 % zu steigern. Im Fahrbetrieb sind es nach wie vor unter 20 %. Damit kann man nicht gegen einen Elektromotor anstinken.
Ich bestreite gar nicht, dass man Verbrennungsmotoren sauber machen kann. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Aber wer will das Chemielabor, das man dafür einbauen muss, bezahlen? Wer will die teuren Chemikalien tanken? Wer will die Untersuchungen und Reparaturen bezahlen, die man braucht, um sicherzustellen, dass das auch nach Jahren noch funktioniert? Sehen die denn nicht, dass das auf Dauer teurer ist als ein Elektroantrieb?
nilsbär meint
“Allerdings wird Elektromobilität nicht die einzige Antriebsform sein. Auch der hoch effiziente Verbrennungsmotor hat Zukunft”, so Mattes. “Und Erdgasantriebe und Wasserstoff sind weiter im Rennen. Klimaneutrale E-Fuels sind eine hervorragende Ergänzung.”
Eine glasklare Aussage, auf welche Antriebsart die deutschen Autobauer setzen:-) Der Herr sollte Politiker werden. Unfassbar und traurig, wie sich die Deutschen immer noch vor einem klaren Bekenntnis zur E-Mobilität drücken. Inzwischen fahren in der chinesischen Millionenstadt Shenzhen alle 16000 Busse elektrisch und Peking stellt gerade alle 70000 Taxis auf E-Antrieb um. Und bei uns ist es schon eine Nachricht wert, wenn ein Bundesland bis nächstes Jahr 150 Ladesäulen aufstellen will.
jogi54 meint
Tja, eine entscheidende Voraussetzung für den Erfolg der E-Mobilität ist einfach, dass man bezahlbare, auch in akzeptabler Lieferzeit erhältliche, reine BEV auch kaufen kann.
Ein i3 und ein e-Golf mit deutlichen Lieferzeiten und hohem Preis entsprechen bei weitem nicht der Nachfrage. (der Ampera ist ja wohl raus aus dem Rennen)
Gefragt sind Fahrzeuge, wie Ionic, Leaf2 die auch lange Lieferzeiten haben sowie Fahrzeuge wie e-Go und Sion, die bis ca 20T€ kosten, und für viele den Alltagsbedarf deutlich besser abdecken, als die deutschen Hightech ausgerüsteten Fahrzeuge. Aber halt auch noch nicht lieferbar sind.
Solange der VDA weiter von einer Zukunft von fossil betriebenen Fahrzeugen träumt, befördert er nur den Niedergang der etablierten deutschen Autohersteller. Na ja – dann werden halt deutsche Startups und ausländische Lieferanten den Markt bedienen.
Leonardo meint
……Deutschland ist „Patentweltmeister“….
Das waren wir schon oft, das Geschäft machten meist andere.
Fritz! meint
Wenn wir daraus keinen wirtschaftlichen Erfolg machen können, nützt uns das garnichts.
Kodak hatte einen Großteil der Patente für Digital-Photografie. Und, wo stehen die jetzt im Photobereich?
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Hatte so gehofft, dass der Nachfolger von Wissmann mehr auf der Pfanne hat. Herr Mattes hätte sich vor seinem Statement mal das anhören sollen, was der Herr Diess (VW) gerade in Wolfsburg gesagt hat. Herr Diess erkennt meines Erachtens das Ausmaß des Dilemmas richtig.
Sprüche wie „wir wollen auf dem „drivers seat“ sitzen nützen gar nichts, denn der Diesel steht mit all seinen VDA-Clubmitgliedern vor der roten Ampel.
volsor meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
Ernesto 2 meint
Ach was, es gibt 30 Elektro Modelle von Deutschen Betrügern äh Herstellern? Welche denn? Das sind doch 28 Hybride die immer noch CO2 ausstoßen und nur 3 rein elektrische Fahrzeuge! Hier wird wieder verzweifelt versucht Lobbyarbeit zu betreiben, es mag ja sein daß es in 3 Jahren 100 elektromodelle von deutschen Herstellern gibt, aber wenn davon nur 6 rein elektrische BEVs sind und diese dann auch noch in Stückzahlen kleiner als 10.000 pro JAHR ausgeliefert werden, sind das reine Alibi-Fahrzeuge. Wenn man diesen Lobbyisten hört, muss man sich als bei einem Zulieferer für die Automobilindustrie Beschäftigtem oder direkt dort arbeitendem Menschen zu 100% Sorgen um seine Zukunft machen. Veränderung wird sein 10 Jahren angekündigt. Getan wird ausser verbrecherischen Betrügereien, NICHTS !
Peter W. meint
Zitat
es mag ja sein daß es in 3 Jahren 100 elektromodelle von deutschen Herstellern gibt, aber wenn davon nur 6 rein elektrische BEVs
Aber das reicht doch! Das einzige was zählt ist die Einhaltung der 95 Gramm-Genze auf dem Papier.
Mehr wird nicht verlangt, und mehr wird nicht getan. Zum Glück gibt es auch noch Koreaner und bald auch chinesische Autos.
Fritz! meint
Das haben ja auch einige VW-Chefs schon gesagt, daß sie eben nur GENAUSO viel E-Autos bauen werden, um die 95 gr. zu erreichen. Dann wird der Neo auf einmal halt im Preis erhöht, hat Lieferzeiten von 2 Jahren oder die Schnelllademöglichkeit wird gestrichen oder … Leider schon ähnlich zu oft erlebt. Aber, die Hoffnung stirbt zuletzt, evtl. machen sie ja diesmal wirklich ernst.
Peter W. meint
Der Diesel ist tot! Um den Dieselmotor in jeder Situation so sauber zu machen wie es auf dem Papier steht, müssten umfangreiche, teure und störanfällige technische Maßnahmen ergriffen werden. Dagegen ist ein Benzinmotor mit Kat und elektrischer Unterstützung einfacher umzusetzen. Der hat dann den selben oder sogar weniger CO2-Ausstoß wie ein Diesel. Der Diesel ist zum Erreichen der CO2 Ziele nicht notwendig, auch wenn das Alle bis hoch zur Kanzlerin behaupten. Die CO2 Vorgaben in USA oder China sind für uns nicht relevant, da brauchen die Herren gar nicht jammern. Oder soll bei uns auch eine E-Quote eingeführt werden? Keine schlechte Idee bei den dicken Bremsklötzen, mit denen unsere Autobauer um sich werfen!
Ob die vielen neuen Modelle in 2 Jahren auch in der notwendigen Stückzahl zur Verfügung stehen muss man abwarten. Derzeit muss man da erhebliche Zweifel an der Umsetzung haben.
Wer vorne mit dabei sein will, muss auch vorweg marschieren. Derzeit laufen unsere Autobauer hinterher. In den letzten 10 Jahren hat sich an einem deutschen Auto wenig verändert, und die innovativste Entwicklung war der autonom gesteuerte digitale Abgasbetrug.
Fritz! meint
Naja, der VW I.D. Neo schon mal nicht, der wird in Stückzahlen von 40.000 in 2020 gebut (pro Jahr, nicht pro Monat).
Maxicko meint
„Der Selbstzünder zähle außerdem weiter zur technischen Kompetenz der deutschen Hersteller: “In Westeuropa haben wir einen Marktanteil bei Diesel-Pkw von 51 Prozent, in Deutschland sind es 78 Prozent. In Westeuropa beträgt der Dieselanteil an allen Pkw-Verkäufen 38 Prozent.“
Er sollte an dieser Stelle vielleicht auch erwähnen, dass in China und den USA der Dieselanteil bei unter 2% liegt.
Nur weil die deutschen Autohersteller sich hier (mit Hilfe von massiven Subventionen) einen Vorteil geschafft haben, heisst das nicht, dass diese Technik in irgendeiner Art überlegen wäre. Vermutlich machen die deutschen Autohersteller damit halt am meisten Kohle…
Thrawn meint
„Vermutlich machen die deutschen Autohersteller damit halt am meisten Kohle…“
So sieht’s aus. Früher war ein Diesel, speziell Turbodiesel, aufwändiger gebaut als ein Saug-Vergaser-Benziner. Damit war er immer etwas teurer in der Herstellung.
Das gilt allerdings schon lange nicht mehr. Heutige Benziner mit Turbo und Direkteinspritzung sind mind. genauso aufwändig in der Herstellung. Der Aufpreis für den Diesel im Vergleich zum Benziner in der Fahrzeugkonfiguration ist mit nichts mehr gerechtfertigt.
Hier nutzt man nur die alte Gewohnheit der Leute, um Kasse zu machen. Nun, solange der Verbraucher dumm genug gehalten wird und das bereitwillig macht…
„Man spart ja dafür Geld beim Kraftstoff“. Sind ja alles Vielfahrer…