Seit Jahren heißt es, dass die Fuhrparks der Landes- und Kommunalregierungen mit gutem Beispiel vorangehen und mehr Stromer einflotten sollen. Die Bundesregierung wird dem weiter nicht gerecht: Die Ministerien und Behörden haben im laufenden Jahr 8386 Pkw mit herkömmlichem Antrieb angeschafft, demgegenüber stehen nur 253 reine Elektroautos und Hybride. Das geht aus einer Aufstellung des Bundesinnenministeriums zum Stichtag 30. November 2018 vor, die der Welt vorliegt.
Die Auswertung des Ministeriums wurde durch Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt angestoßen, sie hatte das Verhältnis von Benzinern/Dieseln und Elektrofahrzeugen bei den 2018 angeschafften Neuwagen in den Bundesbehörden angefragt. Am Positivsten sticht das Umweltministerium hervor, das mehr Elektroautos als Modelle mit Verbrennungsmotor bestellt hat.
Beim Wirtschaftsministerium kommen auf 25 Benziner und Diesel immerhin 17 E-Autos. Das Verkehrsministerium weist ein Verhältnis von 140 Verbrennern zu 34 Elektro-Pkw auf. Das Auswärtige Amt schaffte in diesem Jahr drei herkömmliche Autos und zwei E-Fahrzeuge an, zwei weitere Stromer sind bestellt. Andere Bereiche, darunter Angela Merkels Bundeskanzleramt, sind dagegen keine Vorbilder.
„Vor mehr als zwei Jahren hat die Bundesregierung 100 Millionen Euro in den Haushalt eingestellt, um verstärkt Elektroautos anzuschaffen. Von dem Geld sind bisher nur zwei bis drei Prozent abgeflossen“, sagte Oliver Krischer, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, der Welt. Angesichts „großspuriger Ankündigungen“ sei dies „beschämend“.
Die Zurückhaltung bei Elektroautos wird von den Ministerien meist mit den speziellen Anforderungen begründet – für viele Zwecke gebe es noch keine passenden Modelle. Mit Blick auf die Zollverwaltung etwa sagte eine Sprecherin des Bundesministeriums der Finanzen, dass „überwiegend sogenannte Sonderfahrzeuge, in diesem Fall Fahrzeuge mit einsatzspezifischer Zusatzausstattung“, eingesetzt würden. „Eine Verwendung von Elektrofahrzeugen als Einsatzwagen ist aktuell leider noch nicht möglich.“ Andere Ministerien argumentieren ähnlich, neben der mangelnden Modellvielfalt reichen vielen zudem die derzeit erzielbaren Reichweiten nicht.
Von Bundesbehörden 2018 angeschaffte Autos
- Bundesverteidigungsministerium: 6475 Verbrenner-Pkw, 112 E-Autos
- Bundesfinanzministerium: 999, 6
- Bundesinnenministerium: 583, 16
- Bundesverkehrsministerium: 140, 34
- Bundesfamilienministerium: 43, 14
- Bundeswirtschaftsministerium: 25, 17
- Bundeslandwirtschaftsministerium: 27, 10
- Bundeskanzleramt: 34, 0
- Bundesumweltministerium: 6, 21
- Bundesgesundheitsministerium: 14, 8
- Bundesjustizministerium: 13, 4
- Staatsministerium für Kultur: 17, 0
- Bundesentwicklungsministerium: 2, 6
- Auswärtiges Amt: 3, 4
- Bundesarbeitsministerium: 5, 1
alupo meint
Warum überraschen mich diese Zahlen nicht?
Einmal darf man raten ;-).
Andilectric meint
Man will sich bei der Regierung und den Ministerien schlicht nicht die Blöße geben, einen Hyundai oder Mitsubishi als E- oder wenigstens Hybridwagen zu bestellen und dabei die tolle deutsche Autoindustrie außen vor lassen. Wenn jetzt dann Audi mit dem e-tron und Mercedes mit deren E-Auto auf den Markt kommen, kann man aber eigentlich kaum mehr Ausreden gelten lassen. Ich bin gespannt…
Niklas meint
Im Diplomatengeschäft werden häufig High-Security-Fahrzeuge benötigt, also Autos mit Panzerung, Kugelsicherheit, Luftschutz und anderen Ausstattungen. Diese ganzen Komponenten nehmen viel Bauraum in Anspruch und führen zu Mehrgewicht von locker 1,5 Tonnen.
Dass man in diesen Einsatzbereichen mit kleinsten Stückzahlen im Moment noch nicht mit Elektroantrieb plant, finde ich verständlich.
Keine Ahnung, wie groß der Anteil dieser Fahrzeuggattung an den obigen Zahlen ist. Bei Autos ohne diesen Security Level hätte man mehr EV berücksichtigen sollen.
Daniel S meint
„Eine Verwendung von Elektrofahrzeugen als Einsatzwagen ist aktuell leider noch nicht möglich.“
Da sogar in einigen Ländern die Polizei E-Autos als Einsatzfahrzeuge verwendet, kann obige Aussage nur eine Ausrede sein.
Man hat lange genug auf deutsche Fabrikate gewartet. Es wird evtl. Zeit mit ausländischen FabrikatennZeichen zu setzen – wie bei den Busflotten.
Niklas meint
Woher wissen Sie denn, dass die Anforderungen an die Behördenfahrzeuge gleich den Anforderungen an Polizeifahrzeuge sind?
Peter W. meint
Da deutsche Hersteller kaum was bieten, und Behörden eigentlich auch deutsche Fzge kaufen sollten, kann da ja nicht viel passieren. Ein Hybrid ist ja ohnehin kein E-Auto.