Adrian Hallmark leitet seit Anfang 2018 die Geschicke des Luxus-Autobauers Bentley. In einem ausführlichen Interview mit Auto Motor und Sport hat er verraten, wohin es mit der Marke unter seiner Führung gehen wird. Der Elektroantrieb werde künftig „eine sehr große Rolle“ bei der Volkswagen-Tochter spielen.
Hallmark lobte die aktuelle Bentley-Technik, räumte jedoch das Versäumen von Trends ein – insbesondere der E-Mobilität. Um die derzeitigen Defizite aus der Welt zu schaffen, habe man die Investitionspläne für die kommenden Jahre „radikal geändert“. Die Elektrifizierung stehe bei Bentley nun „weit mehr als ursprünglich geplant“ im Fokus.
Als wesentlichen Grund für die neue Strategie nannte Hallmark kommende Einfahrtsbeschränkungen in Großstädten und Emissionsvorgaben in China sowie den USA. Mit dem aktuellen Stand von Bentley sei er zwar zufrieden, er müsse aber auch für die Zukunft den Erfolg sicherstellen. Der Firmenchef betonte: „Allein die Kernprodukte zukunftsfähig zu machen, ist eine Herausforderung.“
Hallmark kann bei der Elektrifizierung des britischen Traditionsherstellers auf die Technologien des Volkswagen-Konzerns zurückgreifen – er wolle diese aber nicht einfach übernehmen, sondern „Bentley-fizieren“. Um dem Anspruch der Marke und den Erwartungen der Kunden gerecht zu werden, seien mitunter völlig neue Komponenten und eine individuelle Abstimmung nötig. Auch das Unternehmen selbst müsse sich anpassen, etwa durch die Beschleunigung von Prozessen.
Erst Plug-in-Hybride, dann Elektroautos
Das SUV Bentayga bietet Bentley seit letztem Jahr in einzelnen Märkten auch als Plug-in-Hybrid-Auto mit begrenzter Elektro-Reichweite an. In Europa soll das Modell ab Herbst 2019 ausgeliefert werden. Hallmark bestätigte, dass auch ein reines Elektroauto kommen wird – „und zwar je früher, desto besser. Einen Termin für die Markteinführung wollte er noch nicht nennen – entscheidend sei, „wann die Energiedichte der Batterien unseren Bedürfnissen entspricht“.
Mit dem Taycan bereit die Konzernschwester Porsche derzeit den Marktstart eines leistungsfähigen und alltagstauglichen Premium-Elektroautos vor. Hallmark hält die Technik der batteriebetriebenen Sportlimousine für „wegweisend“, aus Bentley-Sicht sei der Taycan allerdings „ein eher kleines Auto“. Statt auf eine für die Marke „nicht optimale Lösung“ zu setzen, könnte man daher die nächste Entwicklungsstufe der E-Mobilität abwarten.
Als Alternative zur Taycan-Architektur könnte Bentley die gemeinsam von Porsche und Audi entwickelte PPE-Plattform einsetzen. „Warten wir also noch darauf oder nutzen wir die aktuelle Technik, die uns aber zu Kompromissen zwingt?“, so Hallmark. Er unterstrich, dass zur Mission von Bentley künftig auch eine „schnellstmögliche Elektrifizierung“ gehöre.
Der nächste Stromer von Bentley wird eine Plug-in-Hybrid-Ausführung des Luxus-Coupé Continental GT, kündigte Hallmark an. Die Basis soll das Antriebssystem des Bentayga mit V6-Turbobenziner, E-Maschine und kompakter Batterie stellen. Später könnte auch ein V8 mit Elektro-Unterstützung eingeführt werden. Der Einsatz von Dieselmotoren sei aufgrund der sich ändernden Gesetzgebungen zu riskant und daher keine Option mehr.
Volkswagen-Konzern „sehr gut aufgestellt“
Mit Blick auf die Preisentwicklung von Batterien für Elektroautos macht sich Hallmark keine Sorgen. Volkswagen sei „sehr gut aufgestellt, was die Planungen für den zukünftigen Antriebsmix betrifft“. Steigende Batteriekosten, wie sie einige Hersteller und Experten erwarten, sieht der Bentley-Chef nicht. Die größere Nachfrage treibe zwar zunächst die Preise hoch, zugleich würden diese aber durch die fortschreitende Industrialisierung der Fertigung gedrückt.
„Insgesamt gehe ich schon davon aus, dass Batterien günstiger werden“, so Hallmark. Dass Elektroautos später einmal so viel wie Verbrenner kosten werden, bezweifelt er angesichts der vergleichsweise hohen Kosten von Energiespeichern jedoch. Dazu komme es nur, wenn die Preise für Dieselautos aufgrund strengerer Emissionsgesetze deutlich steigen.
Zum Abschluss gab Hallmark noch einen Ausblick auf das erste Elektroauto von Bentley. Die teil- bzw. vollelektrischen EXP-Speed-Studien seien eingelagert, da das Sportwagengeschäft schrumpfe. Sehr gut verkaufen würden sich dagegen weiter die SUV, vielleicht gebe es auch eine Alternative – „die könnte dann ja elektrisch angetrieben sein und eben kein ausgewachsener SUV, wenngleich durchaus geräumig“. Hallmark schwebe „die Neuinterpretation einer Stufenheck-Limousine mit mehr Nutzwert“ vor, die sich an den Möglichkeiten einer Elektro-Architektur orientiert.
Arnold S. meint
Nachdem Toyota, Honda und vor allem Hyundai, sowie diverse chinesische Hersteller, voll auf die Wasserstoff-Brennstoffzelle setzen, geht die Zukunft in diese Richtung. Mehr muss man dazu nicht sagen.
agdejager meint
Aber warum wieder auf Hybriden setzen. Total minus.
Michael S. meint
Warum gehen wohl die Sportwagenkäufe zurück? Weil diejenigen, die das Geld haben, sich gleich ein Model S P100D kaufen…
GeHa meint
Kaum ein Fahrer eines Sportwagens kann den adäquat um die Kurve bringen und im Zeitalter der familienkutschentaugliche Limousinen die bei jedem Beschleunigungsrennen vorne mit dabei sind werden die Sportwägen sich sicherlich schwerer verkaufen lassen.
McGybrush meint
Auch noch nie ein elektrischen gefahren?
Porsche 911 meint
Diejenigen, die das Geld für einen Bentley haben, haben vermutlich das Geld für 10 100D.
Dass der Sportwagenmarkt rückläufig ist, mag sein, deckt sich aber zB nicht mit den Aussagen von Lambo, die ihre Auslieferungen auf 8.000 Einheiten pro Jahr setzen um die Marke nicht zu verwässern. Die Nachfrage nach Supersportwagen (und vermutlich ist das auch die entscheidende Differenzierung) ist also durchaus da.