Mit der zunehmenden Verbreitung von E-Antrieben und Technologien für automatisiertes Fahren verändern sich die Anforderungen an die Sicherheitstechnik im Auto. Um dem gerecht zu werden, arbeitet Mercedes-Benz an möglichen Verbesserungen und Neuerungen. Den aktuellen Stand der Bemühungen zeigt das „Mercedes-Benz Experimental-Sicherheits-Fahrzeug“ (ESF) 2019.
Zum einen erforderten die flexibleren Sitzpositionen im Innenraum zukünftiger Fahrzeuge einen anderen Insassenschutz, erklären die Entwickler des ESF. Zum anderen seien Empathie und Vertrauen zentrale Faktoren für die Akzeptanz selbstfahrender Fahrzeuge. Andere Verkehrsteilnehmer müssten intuitiv erkennen können, was ein vollautomatisiertes Fahrzeug vorhat, da es in vielen Situationen keinen kommunizierenden Fahrer geben wird.
Der Mercedes ESF 2019 demonstriert, an welchen Ideen die Sicherheitsexperten des Unternehmens momentan forschen und arbeiten. Unter dem gut ein Dutzend Innovationen sind dabei sowohl seriennahe Entwicklungen als auch solche, die weit in die Zukunft reichen. Das ESF 2019 basiert auf dem neuen Mercedes-Benz GLE, fährt in vielen Situationen vollautomatisiert und hat einen Plug-in-Hybrid-Antrieb.
„Sicherheit ist Teil der DNA von Mercedes-Benz. Dass uns bei diesem Thema die Ideen nicht ausgehen, zeigen wir schon seit den 70er Jahren immer wieder mit unseren Experimental-Sicherheits-Fahrzeugen. Das neue ESF 2019 reflektiert die Mobilität der Zukunft und präsentiert eine Vielfalt von Innovationen, an denen wir derzeit forschen und entwickeln. Und ich verrate heute schon: Einige Funktionen sind sehr nahe an der Serieneinführung“, so Daimler-Entwicklungschef Ola Källenius.
„Sicherheit ist und bleibt unser Markenkernwert“, ergänzt Rodolfo Schöneburg, der das Center für Fahrzeugsicherheit, Betriebsfestigkeit und Korrosionsschutz von Mercedes-Benz Cars leitet. „Der große Vorteil der Automatisierung von Fahrfunktionen liegt darin, dass in Zukunft weniger Unfälle durch Fehler des Fahrers verursacht werden. Aber auch vollautomatisierte und fahrerlose Fahrzeuge stoßen an physikalische Grenzen, und es wird sicherlich noch viele Jahre einen Mischverkehr aus automatisierten und nicht-automatisierten Fahrzeugen geben.“
Mercedes: Die Themenschwerpunkte des ESF 2019
- Ganzheitliche Fahrersicherheit: Ist das ESF 2019 vollautomatisiert unterwegs, sind Lenkrad und Pedalerie eingefahren, was das Verletzungsrisiko bei einem Crash reduzieren kann. Die größere Innenraum-Flexibilität erfordert neue Ideen bei Rückhaltesystemen (sitzintegrierter Gurt) und Airbags mit alternativen Einbauräumen (Fahrer-Airbag im Instrumententräger, integraler Seitenairbag in den Seitenwangen der Sitzlehnen). Das ESF 2019 zeigt aber auch Ideen für einen manuellen Fahrmodus: Mit tageslichtähnlichem Licht aus der Sonnenblende kann die vitalisierende Innenbeleuchtung dazu beitragen, dass der Fahrer fit bleibt.
- Kooperative Fahrzeugumfeld-Kommunikation: Damit Menschen Vertrauen zum automatisierten Fahrzeug fassen, müssen sie unmittelbar und intuitiv erkennen können, was dieses vorhat. Das ESF 2019 macht in dieser Hinsicht einen großen Schritt auf menschliche Verkehrsteilnehmer zu. Seine Sensoren haben nicht nur den Straßenverkehr im Blick, es kommuniziert in alle Richtungen und kann auch andere Verkehrsteilnehmer warnen. Das ESF 2019 verfügt zudem über die revolutionäre Scheinwerfertechnologie DIGITAL LIGHT mit nahezu blendfreiem Fernlicht in HD-Qualität und mit mehr als zwei Millionen Pixel Auflösung.
- Kindersicherheit: Beim Kindersitz-Konzept PRE-SAFE® Child werden vor einem Crash präventiv die Gurte des Sitzes gestrafft und Seitenaufprallschutz-Elemente ausgefahren. Das Kind wird durch den gespannten Gurt besser und genauer in seinem Sitz fixiert und die Gurtlose reduziert. Die Belastungen für das Kind sinken erheblich. Installations- und Vitalüberwachung sind weitere in den Sitz integrierte Funktionen.
- Gefahrstellenabsicherung: Mit Innovationen wie einem kleinen Roboter, der bei einem Unfall oder einer Panne selbstständig aus dem Fahrzeugheck fährt und am Straßenrand ein Warndreieck aufstellt, zeigt das ESF 2019, wie sich die Gefahrstellenabsicherung weiter verbessern ließe. Weitere Ideen hierzu sind ein Warndreieck, das zeitgleich aus dem Fahrzeugdach geklappt wird, sowie die Heckscheibe als Kommunikationsfläche.
- Neue PRE-SAFE® Funktionen: PRE-SAFE® Curve (warnt den Fahrer mithilfe des Gurtstraffers, dass er die nahende Kurve möglicherweise unterschätzt hat) und PRE-SAFE® Seitenbeleuchtung mit elektrolumineszierendem Lack können unfallträchtige Situationen entschärfen. PRE-SAFE® Impuls Heck kann an einem Stauende den Schutz der Passagiere und anderer Unfallbeteiligter erweitern.
- Sicherheit und Komfort im Fond: Ein innovativer Fond-Airbag verwendet ein neuartiges besonderes Befüllkonzept zum Aufblasen und Positionieren des Luftkissens. Hierfür besitzt er eine spezielle Röhrenstruktur. Mit Gurtbringer, Gurtschlossbeleuchtung, USB-Gurtschloss und Gurtband-Heizung sind beim ESF 2019 einige Ideen umgesetzt, wie Passagiere auf den hinteren Plätzen mit neuen Mitteln zum Anlegen des Gurts motiviert werden könnten.
- Aktive Sicherheit: Der Aktive Brems-Assistent mit erweiterten Funktionen im ESF 2019 bietet zusätzlichen Schutz speziell in brenzligen Verkehrssituationen mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern. Erkannt werden beim Abbiegen jetzt auch Fußgänger und Fahrradfahrer, die sich parallel zur ursprünglichen Fahrtrichtung bewegen. Droht eine Kollision mit ungeschützten Verkehrsteilnehmern, welche die Straße überqueren, in die das Fahrzeug einbiegt, wird der Fahrer optisch-akustisch gewarnt. Reagiert er nicht, erfolgt eine autonome Bremsung. Dies gilt auch, wenn sich Radfahrer beim Rechtsabbiegen im toten Winkel befinden. Droht beim Einbiegen in eine Straße oder beim Überqueren einer Straße die Gefahr, dass das Fahrzeug mit dem Querverkehr kollidiert, verhindert das System jetzt ein Anfahren und stoppt das Fahrzeug gegebenenfalls auch aus Schrittgeschwindigkeit durch eine autonome Bremsung. Das System 360° Fußgängerschutz warnt und unterstützt während des Parkens und Manövrierens bei drohenden Kollisionen mit schwächeren Verkehrsteilnehmern (Fußgängern, Radfahrern) bis hin zum autonomen Bremseingriff.
kritGeist meint
Interessante Ideen und es wäre gut, wenn wenigstens ein Teil der gezeigten Technologie zeitnah eingeführt wird, auch bei kleineren Modellen, nicht nur bei Premium – Gerade heutzutage wäre mit E-Technik das schneller möglich.
Es würde sicherlich nicht zu Nachteil von Mercedes, wenn sie das auch anderen Herstellern anbieten – z.B. in Form von günstigen Patenten oder als gemeinsame Arbeitsplattform, wo sich jeder Hersteller beteiligen kann, wie das Tesla probagiert hat.
Gerade die Sicherheitssystem für Kinder wären das wichtigste, egal ob Raumtemperatur-Sensoren oder Fußgänger-Warnungen.
Wichtigste Faktor für die Durchsetzung von autom. Systemen wäre die proaktive Aktion – frühzeitiges Agieren (vorausschauend) & nicht erst verzögertes Reagieren (Harvard-Studie zu Opferauswahl! – welch ein Unsinn)
Ich drücke auf jeden Fall die Daumen.
Rolf_M meint
Ich bin der Meinung, es fehlt an viel mehr solchen mutigen Studien. Sie belegen, in welche Richtung die Entwicklung gehen kann, auch wenn nicht morgen schon alles verbaut wird.
Jörg2 meint
Auf mich wirkt das wie vor 120 Jahren: beim Aufkommen der ersten Autos musste jemand mit Fahne in der Hand vor dem Auto laufen und alle anderen vor dem neuen Risiko warnen.
(Damals eher vom Gesetzgeber festgelegt, jetzt proaktive „Idee“ eines Herstellers.)
Bernhard meint
Wow! Wieder so eine tolle Studie auf die die Welt nicht gewartet hat. Was soll das? Glaubt Mercedes ernsthaft mit so etwas die Massen begeistern zu können?
Thrawn meint
„…Das ESF 2019 verfügt zudem über die revolutionäre Scheinwerfertechnologie DIGITAL LIGHT mit nahezu blendfreiem Fernlicht in HD-Qualität und mit mehr als zwei Millionen Pixel Auflösung. …“
Dumme Frage: wozu braucht ein autonomes Fahrzeug überhaupt Scheinwerfer, noch dazu mit Fernlicht? Da würden Positionslampen doch eigentlich auch genügen, damit sie von anderen Verkehrsteilnehmern erkannt werden. In Fahrtrichtung in Weiß, von hinten dann wie gewohnt, in Rot.
Der Technik sollte es doch egal sein, ob es Nacht oder Tag ist. Oder etwa nicht?
Ephi meint
Das ist eine gute Frage! Es könnte damit auch der Lichtverschmutzung ein Riegel vorgeschoben werden.
Guter Aspekt der autonomen Technologie!
E.OFF meint
Genau der Vollmond gehört abgeschafft ;-)
Ein Licht in 2mio Pixel Auflösung :-) in was den für einen Seiten Verhältnis 16:9.
Selten so einen Schwachsinn gehört…
Wieder so eine Studie wo wahrscheinlich Steuermittel verpulvert wurden. Die sollen vernünftige eAutos rausbringen und keinen solchen Unfug…
Jeru meint
Grundsätzlich eine interessante Frage, da stimme ich zu!
Aber das wirklich autonome Fahren im großen Stil wird es aus meiner Sicht in den nächsten Jahrzehnten nicht geben. Der hier vorgestellt Daimler ist also ein Versuchsträger und ein Teil des Übergangs, hin zu autonomen Fahrzeugen. Auch die Insassen müssen ja an autonome Fahrzeuge gewöhnt werden und ich frage mich wie angenehm es ihnen wäre, wenn das Fahrzeug bei 100 km/h auf der Landstraße das Licht ausschaltet?
Solange Menschen am Verkehr teilnehmen, ist eine Beleuchtung doch zwingend notwendig oder nicht? Ich möchte mich als Radfahrer in der Nacht nicht darauf verlassen, dass das elektrische und autonome Fahrzeug ohne Beleuchtung mich auch wirklich erkannt hat, ohne das ich es sehe..
Porsche 911 meint
Dito, solange auch nur ein erheblicher Bruchteil noch selbstständig fährt, sind Lichter (Fernlicht nicht unbedingt) am Auto unerlässlich. Von Fußgängern, Radfahrern mal ganz abgesehen.
Positionslichter reichen dafür nicht aus.