Im neuen Jahrzehnt müssen die Autohersteller in der EU mit ihren Neuwagenflotten deutlich schärfere CO2-Vorgaben erfüllen. Wegen dem nachlassenden Interesse an Dieselfahrzeugen setzt die Branche verstärkt auf Elektrifizierung. Bisher wurde erwartet, dass viele Autobauer trotz verstärkter Bemühungen ihre Emissionsziele verfehlen und teils hohe Strafen zahlen müssen – doch die Coronavirus-Pandemie könnte einigen Erleichterung verschaffen.
Vor allem für Anbieter von schweren, überwiegend mit Verbrennungsmotoren ausgerüsteten Modellen stellen die künftigen CO2-Grenzwerte eine Herausforderung dar. Autoexperte Felix Kuhnert von der Unternehmensberatung PwC sagte der Automobilwoche nun aber: „Die EU-Flottenziele sind unseren Berechnungen nach durchaus erreichbar, wobei sich die Corona-Krise paradoxerweise für die Fahrzeughersteller eher günstig auswirkt.“
Zusammen mit seinem Kollegen Stefan Ritter aus dem Bereich Energy und Utilities hat Kuhnert analysiert, wie viele Elektro- und Plug-in-Hybridfahrzeuge in Deutschland zugelassen werden müssten, um den Herstellern Strafzahlungen zu ersparen. Den von ihnen errechneten Anteil von 11,8 Prozent erreichte bisher keiner der hiesigen etablierten Autobauer, der Markt unterliegt in diesem Jahr jedoch großen Änderungen.
Stromer stehen besser da
Infolge der Coronavirus-Krise ist der Absatz von Benzin- und Dieselautos eingebrochen. Für das Gesamtjahr 2020 erwarten die PwC-Experten einen Rückgang der Neuzulassungen um etwa 20 bis 30 Prozent in Europa. Der Absatz von teil- und vollelektrischen Modellen werde allerdings deutlich weniger zurückgehen. Das liege daran, dass elektrifizierte Modelle meist lange Lieferzeiten haben und daher noch vor der Krise bestellt wurden. Die im Corona-Konjunkturpaket auf bis zu 6000 Euro erhöhten staatlichen Zuschüsse für Elektroautos dürften für anhaltendes Interesse sorgen, hinzu kommen im Rahmen der „Umweltbonus“-Förderung 3000 Euro der Hersteller.
Tatsächlich haben die Zulassungen von Hybrid- und Elektroautos zuletzt weiter zugelegt: Im Juni gab es bei reinen Stromern ein Plus von 41 Prozent, bei Hybriden waren es 60,8 Prozent. Die Neuzulassungen von Benzinern gingen dagegen um 42,2 Prozent zurück, die von Dieseln um 34,5 Prozent.
Neu zugelassene Fahrzeuge dürfen seit Januar in der EU im Durchschnitt nur noch 95 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen. Elektrifizierte Fahrzeuge werden dabei bis 2022 höher gewichtet: in diesem Jahr doppelt, 2021 mit dem Faktor 1,66 und 2022 mit dem Faktor 1,33. Welche deutschen Hersteller die Vorgaben tatsächlich erfüllen werden, bleibt abzuwarten. Zumindest BMW ist sich bereits sicher, keine Strafzahlungen leisten zu müssen – allem voran dank den stetig steigenden Verkaufszahlen seiner Stromer.
Michael meint
95 g ist schon recht wenig bei noch viel zu vielen Verbrennermotoren. Und dazu kommt, dass Mercedes keine eAutos verkauft, Porsche wird auch nur geringe Stückzahlen haben, Audi ein paar mehr, VW könnte mit dem ID.3 die Wende schaffen – abwarten was da auf die Straße kommt. BMW ist mit dem i3 schon recht gut dabei.
Hyundai mit Kona und Ioniq sowie Nexo hat gute Karten, Renault mit dem Zoe auch. Und dann?
es bleibt spannend wann der deutsche Stromer wirklich den Durchbruch schafft.
Andreas meint
@Michael: Naja, die Grenzwerte werden ja gemäß WLTP ermittelt und damit sind diese virtuellen Grenzwerte tatsächlich höher. Außerdem wurde in 2020 ja dank Einfluss von Merkel die besonders stark emittierenden 5% aus der Berechnung rausgenommen und die BEV doppelt gezählt. In 2021 sieht das schon etwas anders aus.
Bei so viel weniger Strafzahlungen hätte man der deutschen Autoindustrie wohl garnicht so viel geholfen werden müssen. Aber diese Industrie konnte schon immer gut jammern, nur getoppt von der Kohleindustrie.
Stefan meint
Mercedes verkauft keine Elektroautos? Was ist mit den E-Smarts und EQC?
Daz diverse Plugin-Hybride.
Alf meint
Genau. Plugin-Hybride sind ja so richtige Elektroautos.
so wie Plugin-BEVs, der Wortstamm ist derselbe.
Kann Spuren von Strom enthalten.
Eugen meint
Den selben Effekt hätte man haben können, wenn man Fahrzeuge abhängig von einander kontigentiert hätte (z.B. zu wenig ID.3 verkauft, Bestellstopp für GTIs). In der Branche wird wohl niemand über die Krise glücklich sein, die Einbrüche sind dramatisch.
Die Prämie läuft da denke ich auch ins Leere, da EU-weit so oder so die Menge Fahrzeuge zugelassen worden wäre, die es gebraucht hätte um die Flottenverbräuche einzuhalten, das sind nun bedeutend weniger.
Die Quote überzuerfüllen wäre vor allem dann riskant, wenn in ein paar Jahren die Wirtschaft sich wieder erholt hat und die Verbrenner Verkäufe wieder steigen, während man die E-Autos ohne Prämie schwieriger los wird und man strengere Grenzwerte einhalten muss als eigentlich nötig.
xdaswarsx meint
Für mich zeigt das eher, wie leicht die Hersteller die Verkaufszahlen beeinflussen können, damit sie am Ende genau eine Punktlandung hinlegen können.
Wenn es hätte sein müssen hätte man auch halb, oder doppelt so viele Autos an den Mann bringen können.
Ich sag nur Thema „Lieferzeit“ & Rabatte.
Selnim meint
Aluhutträger hätten damit bereits die Erklärung für die Coronakrise: Autohersteller haben das Virus zu verantworten, denn jetzt müssen sie keine Strafzahlungen leisten. Typisch Verschwörungstheorie geht diese Idee überhaupt nicht auf.
Alex meint
Ihre Aussage kommt aus welchem Kontext zu Stande?
Mir schient es, sie haben zu lange einen Alu Hut getragen und ihr Denkapparat ist schlecht gekühlt.
Wo hat jemand behauptet das die Autohersteller für den Lockdown verantwortlich sind um ihre ziele zu erreichen?
Stocki meint
Behauptet @Selnim doch gar nicht. Ich vermute eher Sarkasmus.