Der Klimawandel wirkt sich laut einer Analyse der Unternehmensberatung PwC immer stärker auf die Geschäftsmodelle der Transport- und Logistikbranche aus. Die Branche müsse daher ihre Ansätze zum Umgang mit Energieverbrauch und Treibhausgas-Emissionen zu einer ganzheitlichen, langfristigen Klimastrategie weiterentwickeln. Dazu gehöre die Bewertung der finanziellen Auswirkungen des Klimawandels auf das eigene Unternehmen.
Die verkehrsbedingten Treibhausgas-Emissionen in der EU sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Hauptverursacher ist dabei der Transport von Personen und Waren auf der Straße. „Die Transport- und Logistikbranche ist damit europaweit der einzige Sektor, bei dem die Emissionen wachsen und das vorhandene Potenzial nicht genutzt wird“, sagt Ingo Bauer, der den Bereich Transport und Logistik bei PwC Deutschland leitet.
Im deutschen Klimaschutzgesetz von 2019 wurden jährliche Emissionsziele für jeden Sektor festgelegt. Danach müsste der Verkehrsbereich seine Treibhausgas-Emissionen bis 2025 um 25 Prozent und bis 2030 um 42 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 senken. „Um dies zu erreichen, ist eine radikale Trendwende nötig. Mit reinen Effizienzsteigerungen ohne Verkehrsverlagerung und den Übergang zu alternativen Antrieben und Kraftstoffen ist diese nicht zu bewältigen“, so Nachhaltigkeits-Expertin Nicole Röttmer von PwC Deutschland.
Röttmer rät Unternehmen der Transport- und Logistikbranche, möglichst schnell eine ganzheitliche Klimastrategie festzulegen. Diese müsse zwei Perspektiven umfassen: „Transport- und Logistikunternehmen stehen einerseits vor der Aufgabe, ihre Wirkung auf den Klimawandel zu messen und zur Reduktion der Treibhausgas-Emissionen beizutragen. Andererseits müssen sie verstehen, welche finanziellen Auswirkungen der Klimawandel auf die Branche und ihr eigenes Geschäft haben kann – und wesentliche Maßnahmen für ihren zukünftigen Erfolg kennen und bewerten.“
Chancen nutzen
Die Coronavirus-Krise zeigt laut PwC neben den negativen Auswirkungen auch positive Aspekte, die zu einer Umkehr hin zu klimafreundlicheren Transporten führen können. Viele Unternehmen würden ihre Logistikprozesse derzeit neu ausrichten. Regionale Wirtschaftskreisläufe gewännen an Bedeutung, während globale Abhängigkeiten kritisch hinterfragt werden.
„Die aktuelle Krisensituation bietet die Chance, das eigene Geschäftsmodell zu überdenken und es nachhaltig und damit zukunftsfähig auszurichten“, bewertet Ingo Bauer die Lage der Logistiker. Dabei würden auch regulatorische Entwicklungen die Unternehmen aus dem Transport- und Logistiksektor dazu zwingen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. So stiegen etwa die Anforderungen zu einer umfassenden integrierten Berichterstattung. Wer an der Börse notiert sei, müsse längst neben der etablierten finanziellen Berichterstattung ebenso über nichtfinanzielle Belange wie den „Carbon Footprint“ – den CO2-Fußabdruck – berichten. In Zukunft würden zunehmend auch weitere Nachhaltigkeitsfaktoren sowie die Auskunft zu klimabezogenen Risiken und Chancen dazukommen.
„Viele Logistiker versuchen die Auswirkung des eigenen Unternehmens auf den Klimawandel beispielsweise mit der Berechnung des Carbon-Footprints zu erfassen, aber der nächste Schritt, die physischen Auswirkungen der Erderwärmung und die Wirkung der Anstrengungen der Weltgemeinschaft, den Klimawandel zu begrenzen, für das eigene Unternehmen auszuloten, erfolgt nur bei wenigen“, erklärt Bauer. Dabei gehe es nicht nur um das Erkennen von Risiken, sondern auch welche neuen Geschäftsmöglichkeiten sich daraus ergeben können.
Bei einer frühzeitigen Reaktion auf regulatorische Veränderungen, neue Technologien und sich verändernde Märkte könnten Logistikunternehmen in den nächsten Jahren ihren Gewinn steigern. Firmen der Branche, die sich nicht rechtzeitig auf die kommenden Veränderungen vorbereiten, müssten dagegen mit Einbußen rechnen, warnt PwC.
„Chancen ergeben sich zum Beispiel dadurch, dass Unternehmen in künftigen Wachstumsmärkten präsent sind oder sich frühzeitig strategisch günstig hinsichtlich potenziell relevanter Zukunftstechnologien positionieren“, so die Berater. Und nicht zuletzt profitiere die Beziehung zum Kunden und anderen Interessenvertretern von einer ganzheitlichen Klimastrategie. „Wer über sein Klimaengagement berichtet, der zeigt Transparenz und kann dadurch das Vertrauen der Kunden, Kapitalgeber und allgemein der Stakeholder erhöhen“, sagt Bauer.