Die Daimler Truck AG hat im September ihre Elektrifzierungs-Strategie konkretisiert. Für lange Strecken setzt der Nutzfahrzeughersteller zunächst auf mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellen-Elektro-Lkw. Für entsprechend angetriebene Fahrzeuge gibt es weltweit bislang kaum Tankstellen, auch die Technologie für das Betanken muss noch optimiert werden. Letzteres treibt Daimler mit dem Gasehersteller Linde voran.
Daimler Truck erklärte, mit Linde die nächste Generation von Flüssigwasserstoff-Betankungstechnologie für Brennstoffzellen-Lkw zu entwickeln. Gemeinsam wolle man das Tanken von Wasserstoff so einfach und praktikabel wie möglich machen. Im Fokus stehe ein neues Betankungsverfahren für flüssigen Wasserstoff (Subcooled Liquid Hydrogen/sLH2-Technologie). Dieser Ansatz ermögliche eine höhere Speicherdichte, eine größere Reichweite, eine schnellere Betankung und eine höhere Energieeffizienz. Das Verfahren nutze ein im Vergleich zum Umgebungsdruck höheres Druckniveau sowie eine spezielle Temperaturregelung, um den sogenannten Boil-off-Effekt und „Rückgas“ – Gas aus dem Fahrzeugtank, das zum Tank der Tankstelle zurückfließt – zu vermeiden.
Außerdem erfordere das Verfahren keine komplexe Datenkommunikation zwischen der Tankstelle und dem Lkw während der Betankung. Insgesamt ermögliche die Technologie damit einfachere Tankstellenkonzepte. Linde und Daimler planen für 2023 die erste Betankung eines Prototyp-Lkw an einer Pilotstation in Deutschland. Die Partner rufen andere Firmen dazu auf, unter Nutzung des neuen Flüssigwasserstoff-Standards eigene Betankungs- und Fahrzeugtechnologien zu entwickeln, um einen globalen Massenmarkt für das neue Verfahren zu etablieren.
„Wir bei der Daimler Truck AG verfolgen die Vision des CO2-neutralen Transports der Zukunft. Die wasserstoffbasierte Brennstoffzelle ist dabei eine Schlüsseltechnologie von strategischer Bedeutung“, so Daimler-Truck-Vorstandsmitglied Sven Ennerst. „Mit unserer Zusammenarbeit mit Linde als führendem Unternehmen für Wasserstoff-Betankungstechnologie wollen wir die Zukunftsfähigkeit und Akzeptanz von Brennstoffzellen-Lkw auf Wasserstoffbasis in der Branche erhöhen. Flüssiger Wasserstoff bietet bereits zahlreiche Vorteile, und das neue Verfahren wird dazu beitragen, dass weitere hinzukommen.“
Im September hatte Daimler Truck den Brennstoffzellen-Konzept-Lkw Mercedes-Benz GenH2 Truck vorgestellt. Der GenH2 Truck soll bis zu 1000 Kilometer und mehr mit einer Tankfüllung fahren können. Der Beginn der Kundenerprobung ist für 2023 geplant, der Serienstart soll in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts folgen. Die Leistungsfähigkeit des Fahrzeugs soll dabei dank des Einsatzes von flüssigem anstatt gasförmigem Wasserstoff aufgrund der deutlich höheren Energiedichte gleichauf mit der eines vergleichbaren Diesel-Lkw liegen. Das neue, mit Linde vorangetriebene Betankungsverfahren soll in der Serienversion des GenH2 Truck eingesetzt werden.
Klaus Ehrlich meint
Und täglich grüßt das Wasserstoff-Murmeltier.
Ich empfehle jedem, auch den Politikern, einen Grundkurs in Physik bzw. Chemie zu belegen.
Wasserstoff ist natürlich prima. Nur leider extrem teuer und Energieaufwändig in der Herstellung.
Eine ausgelagerte Produktion in Nordafrika soll die Lösung sein?
Hat sich schon mal jemand Gedanken gemacht warum dann in Afrika Kohlekraftwerke gebaut werden?
https://www.nationalgeographic.de/umwelt/2017/05/weltweiter-kohleverbrauch-sinkt-aber-afrika-faengt-er-gerade-erst
Wenn Wasserstoff dort so günstig in der Produktion ist, würden die afrikanischen Länder eher darauf setzen anstatt auf Kohle…
Frank meint
Ich frag mich halt wieweit der Semi Truck von Tesla ist wenn der Wasserstoff-Truck erhältlich sein wird und wo die Kosten jewils pro km jeweils liegen, wenn Wasserstoff 4x soviel Strom braucht darf der Elektrolyse-Strom dazu höchstens 1/4 des Ladestromes kosten. Immer mehr Verbraucher werden sich in Zukunft von dem billigen „Überschussstrom“ versorgen wollen. (Langstrecken-Flug und -Container-verkehr können nicht mit Akku) – und viel Nachfrage könnte den „Billigstrom“ teuer machen in dem Falle würde die wirtschaftlichkeit der H2-LKWs wegbröseln. Ausser man ist guter Lobbyist und setzt durch dass auf Ladestrom viel mehr Steuern drauf sind als auf Elektrolysestrom. Das wird allerdings nicht so leicht sein – da der Politiker dann dem Volk erklären müsste warum er der Ineffizienteren Technik Vorteile einräumen will.
Man könnte auch die PV-(alt-)Anlagenbesitzer quasi Enteignen – ihnen einen Symbolpreis von 2 cent /kwh zahlen (gleichzeitig natürlich Eigennutzung zu teuer machen) und so zu günstigen grünen Wasserstoff zu kommen.
Das ist zwar eine ganz perfide Verschönungstheorie – einigen unserer Politiker trau ich sowas aber zu.
alupo meint
Mit flüssigem Wasserstoff anstatt mit 700 bar H2 wird die Energieeffizienz aber noch schlechter und nicht besser.
Uch glaube, da wird etwas verwechselt. Da hilft auch kein anderer Anschluß.
Aber egal, es wird Leute geben, die auch das glauben werden…
Marc Mertens meint
Das klingt nach einem guten Ansatz. Interessant ist aber die Frage, wo ab/in 2023 dann bereits die Hyundai XCient FuelCell Trucks technisch und absatzmäßig stehen.
Und Toyota ist mit Hino Motors bzw. Kenworth ebenfalls längst in der Praxiserprobung der schweren Nutzfahrzeuge.
Eines ist aber ziemlich klar, denn je mehr sich dem Wasserstoff zuwenden wollen, desto mehr Anwendungsfälle wird es geben und je mehr Wasserstoff wird nachgefragt. Damit wird es für die beteiligten Industriepartner immer reizvoller auch konsequent an der effizienteren bzw. nachhaltigeren H2-Erzeugung zu arbeiten.
Saudi-Arabien hat bereits bei Japan bzw. in der ASEAN-Region als zukünftiger Wasserstoff-Lieferant unterschrieben. Sonne und Meer sind fast unendlich vorhanden. Und ansonsten kann man auch unseren Wohlstandsmüll oder Agrarabfälle weiterverwenden.
Es geht längst nicht mehr ums Können, sondern ums Wollen. Da sehe ich in Deutschland viele Bedenkenträger und in Japan, Südkorea, China, Australien, Rußland oder der Schweiz bzw. Niederlande eher Goldgräberstimmung.
Wenn es nicht funktioniert, warum kümmern sich also immer mehr andere Nationen um das Thema und durchaus sehr strategisch?
kle meint
Für viele der aufgezählten Länder ist Wasserstoff die einzige große Alternative zum aktuellen Rohstoffexport ist. Auch die Gründungsmitglieder von H2 Mobility sind altbekannte Öl- und Gaskonzerne mit Shell, Total und OMV. https://h2.live/h2mobility. Die große Frage wird eben auch ob private PKWs damit betrieben werden oder nicht. Mit Bezug auf den Projekten in SA erinnere ich mich an diesen Artikel. https://www.cleanthinking.de/neom-fuenf-milliarden-wasserstoff-projekt/
„Air Products ist sich sicher, dass Wasserstoff im PKW keine Rolle spielen wird – man konzentriere sich daher auf Busse und LKW, hieß es. Das Cleantech-Unternehmen nimmt das für Saudi-Arabien vorgesehene Ammoniak ab. Außerdem will der Konzern zwei Milliarden US-Dollar in die Vermarktung investieren.“
Für Industrie, Busse und LKWs ist das Bild einheitlicher, Busse und LKW müssen in ihrer angestrebten breiteren (Serien-)Verfügbarkeit ab 2025+ aber dann eben auch mit der Batteritechnologie von 2025+ konkurrieren, weswegen ich persönlich auch für diese beiden Bereiche batteriebtriebene Fahrzeuge bei weitem nicht abschreiben würde.
Michael meint
Das kann tatsächlich ein vernünftiger Ansatz sein. Wasserstoff kann man auch direkt über Hochtemperatur-Solaranlagen gewinnen, das ist dann keine Konkurenz zu Wasserstoff aus Strom. Flüssig kann man ihn besser und ungefährlicher transportieren.
Für PKW sicher nicht geeignet, aber überall da wo wenige definierte Tankstellen ausreichen (Bahn, Logistik) und Batterien nicht geeignet sind.
Peter W meint
Man versucht weiterhin Wasserstoff für den Verkehr zu etablieren. Fast täglich neue Meldungen um beim Volk das Gefühl zu wecken, dass alles bald ganz einfach mit Wasserstoff funktioniert. Dass man das nun seit 30 Jahren macht, also das Ankündigen, scheint niemanden wirklich zu stören. Es gibt ja auch seit 20 Jahren das Fusionskraftwerk das in 50 Jahren fertig ist.
Dumm an der ganzen Sache ist, dass niemand weiß, wo der grüne Wasserstoff herkommen soll. Da werden die abenteuerlichsten Szenarien beschworen, und aus der Abhängigkeit vom Erdöl wird dann die Abhängigkeit von Wasserstoffproduzenten irgendwo auch dem Planeten. Dann gibt es offensichtlich auch noch genug Dummköpfe, die daran glauben, dass man mit 5% Übeschussstrom 300% Wasserstoff herstellen kann. Prozentrechnen ist eine eigene Wissenschaft, da blickt keiner durch, da müssem die Experten ran.
Peter W meint
Oh Gott, ENTSCHULDIGUG, das war ja schon wieder Mercedes-bashing …
Jeru meint
Du, auch die Energie für 100 % Erneuerbare in allen Sektoren muss aus den „abenteuerlichsten Szenarien“ kommen. In Europa werden wir nicht genug EEA für alle Sektoren erzeugen können.
Die Lösung muss also her und Wasserstoff ist nunmal ein sehr gutes Speichermedium und ermöglicht den Transport von großen Mengen über lange Distanzen.
Raphael meint
Das Problem wird ja noch verschärft, indem gleichzeitig zu einer Zunahme des durch die Elektrifizierung bedingten Stromverbrauchs noch die Abschaltung von Atom- und fossilen Kraftwerken geplant ist. Wenn man die derzeitige Entwicklung der Installation von zusätzlichen Solar- und Windanlagen anschaut, sieht man dort einen Rückgang. Unter anderem ist dies dadurch bedingt, dass die Qualität der noch verfügbaren Standorte mit dem Zubau abnimmt (gleiches Phänomen wie bei der Erdöl- und Gasförderung). Daher laufen wir auf ein Problem zu.
Insofern macht es durchaus Sinn, die Energieerzeugung an den aus produktiver und ökologischer Sicht best geeigneten Standorten der Erde zu intensivieren und entsprechend in geeigneter Form zu exportieren. Für sehr lange Distanzen ist Strom aufgrund der kumulierten Leitungsverluste ungeeignet.
Andi EE meint
Wie lang kann man den Strom transportieren, bis sich der Wasserstoff mit 3x schlechterer Energieeffizienz überhaupt rechnen würde? 1x durch ganz Europa oder 2x?
newchie meint
Quelle SIEMENS.
HGÜ transportiert Strom mit 600kV DC über 400km mit 3% Verlust.
=>
400% Verlust, wie bei Wasserstoff erreicht man erst bei 53.300km.
Fazit: ein HGÜ Backbone rund um die Welt wäre effizienter als der Wasserstoff.
Frank meint
Vor ca 30 Jahren kam mal so eine Meldung, dass in wenigen Jahren Supraleitung ohne Kühlung funktionieren soll. Damals dachte ich mir, dass ein weltweites Supraleitungsnetz Bewölkungs- und sogar Saisonalertragsunterschiede der PV ausgleichen wird. Damals dachte ich mir – so wird mal die Energieversorgung der Zukunft aussehen (da gab es noch keine Windkraftnutzung in Deutschland abgesehen von dem gescheiterten Growian).
hu.ms meint
Der eine schreibt von 3x der nächste von 400%.
Was sind eure quellen ?
Mein stand ist immer noch: 100 km mit BEV-PKW benötigt von der windradachse zur autoachse 25 kwh. 100 km mit H2-brennstoffzellen PKW 60 kwh.
Macht faktor 2,4.
Raphael meint
newchie:
Wie viel haben Sie überlegt, als Sie diesen Kommentar geschrieben haben?
Nehmen Sie mal einen halben Liter Wasser und ein Halbliterglas und trinken es vier mal von voll ganz leer. Dies wären 400% Verlust.
In der gleichen Art wollen Sie Strom noch drei Mal länger weiterleiten, wenn die Elektronen schon stehengeblieben sind.
Das Grundproblem bei vielen Vergleichsstudien ist, dass bei der Stromverteilung und -nutzung die Verluste ausgeblendet werden (siehe z.B. bei Transport&Environment). Die von Ihnen angegebenen HGÜ Leitungsverluste gelten von Punkt zu Punkt nur für das Kabel. Zusätzlich kommen Transformationsverluste hinzu (bei Solarenergie ist dies DC zu AC, Transformation auf Hochspannung, AC zu DC). Bis zum Verbraucher kommen dann nochmals Wandlungen und Transformationen dazu, bis sie auf der tiefsten Netzebene sind. Zudem braucht es Energiepuffer, da die Erzeugung und der Verbrauch nicht die gleiche Charakteristik haben (Zeitverschiebung nicht vergessen). Das Laden des Autos bitte auch einberechnen, schliesslich rechnen Sie beim Wasserstoff Well-to-Wheel. Von einer Anlage in Nahost würden beim Strom bis zum Auto bei etwa 5000 km Distanz in der Leitung schon 30% wegfallen, mit mind. 4 Zwischentransformationen (5%) 1x hoch – 3x runter, AC Leitungsverlusten (10%) und Speichern (10%) und Antrieb (15%) dann noch 40% am Antrieb bleiben. Den Wasserstoff können Sie über eine Pipeline leiten, die etwa 10% Verluste hat. Die Elektrolyse kann bei 75% betrieben werden und liefert bereits den Druck. Dann kommen noch weitere Verluste durch Tanksystem, BZ usw. hinzu. Dann endet man wahrscheinlich bei etwa 25-30% am Antrieb. Dies ist zwar tiefer als bei der rein elektrischen Lösung, kann aber deutlich günstiger umgesetzt werden. Eine HGÜ Übertragung kostet ein Mehrfaches (5-10) einer Pipeline für die selbe Leistung. Dann können Sie mal überlegen, wo sie einfacher Investoren finden. Die interessieren sich für $/kW am Ende und nicht für $/kW am Anfang der Kette.
Heinz Scherer meint
@Raphael: Endlich mal ein qualifizierter Kommentar zum Thema Wirkungsgrad. Ich verbreite in einem anderem Forum schon lange wiederholend folgenden Text. Der wurde noch nie wiederlegt, aber trotzdem die Behauptung der Energeiverschwendung weitergeführt.
Ich wiederhole:
In einer umfangreichen Studie von Agora Energiewende mit Fassung 3/2018 kommt ein BEV zu einem Wirkungsgrad von 69% und ein FCEV zu 26% (Faktor 2,8). Die geht aber von 70% el. Wirkungsgrad des Elektrolyseurs aus und berücksichtigt die Wärmenutzung nicht. Geht man aber von derzeit machbaren 85% el. Wirkungsgrad aus. Kommt man schon auf 32% statt 26% (Faktor 2,2). Berücksichtigt man noch die Wärmenutzungsmöglichkeit von 5-10% durch Sektorenkopplung z.B. Warmwasser fürs Autobahnhotel und berücksichtigt man noch die Wärmenutzung im Fahrzeug (Winter), dann kommt man nur noch auf 40-50% Mehrverbrauch an Energie. Berücksichtigt man dann noch den Energieverbrauch bei der Herstellung (Akku vs. Brennstoffzelle 2:1), dann hat sich das Thema Energieverschwendung in Luft aufgelöst. Man muss in Gesamtzusammenhängen denken und bewerten.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Das Foto ist ja interessant: Was wird da transportiert? Benzin für die verbliebenen Erdöl-Verbrenner. Oder ist das hinten der Tank für den LKW-Antrieb? Da sollten aber mehr als 1.000 km Reichweite drin sein.
Michael meint
Das ist ein Isoliertank zum Transport von tiefkaltem, flüssigem Gas. Das ist Standard für Stickstoff etc.
Bernd V meint
Wasserstoff muss aber noch ein ganze Ecke kälter sein (-252°C oder 21K). Da muss schon ein extremer Aufwand für die Isolierung getrieben werden. Bei Raketen lohnt sich der Aufwand, aber bei Nutzfahrzeugen?
Marcel meint
Hallo,
also ich bin kein Experte, aber Daimler spricht ja in der Pressemittelung von:
„die Speicherung von tiefkaltem Flüssigwasserstoff bei -253 Grad Celsius [ist in der Industrie] bereits gängige Praxis“.
So ein Industrietank mag ja vielleicht das eine sein, aber -253 Grad Celsius in jedem LKW isoliert, das klingt ambitioniert. Die meisten Materialen vertragen solche Temperaturen nicht gut. Da friert alles ein und versprödet. Leakage und thermische Expansion inklusive Druckanstieg… Da überzeugt mich das 700 Bar Konzept doch eher.