Niedersachsen ist der zweitgrößte Anteilseigner der Volkswagen AG, Ministerpräsident Stephan Weil sitzt für das Land im Aufsichtsrat des weltgrößten Autoherstellers. Zum Jahresende hat sich der SPD-Politiker zu für den Konzern und die Branche zentralen Themen geäußert.
Die Automobilindustrie befindet sich im Umbruch hin zu alternativen Antrieben, digitaler Technik und Services sowie Selbstfahr-Technologien. Volkswagen-Chef Herbert Diess reagiert darauf mit der branchenweit ehrgeizigsten und kostspieligsten Zukunftsoffensive. Zuletzt gab es dabei immer wieder Spannungen, vor allem zwischen dem Vorstand und dem Betriebsrat, der eingeschlagene Weg wurde Mitte Dezember aber bestätigt.
Stephan Weil bekräftigte im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur seine Zustimmung, denn anders ließen sich die Herausforderungen nicht bewältigen. „Der Druck, innerhalb von zehn Jahren zwischen 60 und 65 Prozent des Absatzes auf elektromobile Basis umzustellen, ist riesengroß“, sagte der Politiker. Er gab sich zuversichtlich, dass Volkswagen mit den jüngst nachgeschärften Investitionsplänen den Wandel meistern wird: „2021 wird es ein Elektromodell nach dem nächsten aus dem Konzern geben. Diese Transformation ist für Volkswagen natürlich schwierig, aber auch eine große Chance.“
Sorge um Zulieferer
Es gebe viele Fortschritte bei Volkswagen, so Weil weiter. Die Elektro-Strategie sei „mehr denn je richtig“, vor allem wegen der strengen Klimaziele in der EU. Die Hersteller sieht der Volkswagen-Aufsichtsrat bei der anstehenden Transformation weniger in Gefahr als die Zulieferer. Letztere würden den Großteil ihres Geschäfts noch mit Verbrennungsmotoren bestreiten, diese Technologie stehe nun aber auf dem Abstellgleis. Das gefährde insbesondere den Umsatz und die Beschäftigung bei kleineren und mittelgroßen Lieferanten.
Weil warnte mit Blick auf die kommende Abgasnorm Euro-7 davor, die Umweltvorgaben zu scharf zu gestalten. Es müsse Rücksicht auf Arbeitsplätze und die technische Umsetzbarkeit genommen werden – andernfalls werde „aus dem Strukturwandel ein Strukturbruch“. Mittel- bis langfristig gebe es jedoch keine Alternative zum Umsteuern, viele Zulieferer müssten ihr Geschäftsmodell verändern. Verbrenner-Technik sei beschäftigungsintensiver als ein Elektromotor, es gelte daher neue Wertschöpfung in Deutschland zu sichern.
Volkswagen baut derzeit in Salzgitter eine erste Fabrik für Batteriezellen. Bisher bezieht das Unternehmen E-Auto-Akkus wie seine etablierten Wettbewerber von den in diesem Bereich führenden Unternehmen aus Asien. „Es hat seine Gründe, warum viele Elektrofahrzeuge derzeit lange Lieferfristen aufweisen“, so Weil. „Es gibt aktuell nur ein begrenztes Potenzial an Batteriezellen.“ Wenn Deutschland das Autoland Nummer eins bleiben und Wertschöpfungsketten vollständig erhalten wolle, müsse eine hiesige Batteriezellen-Produktion vorangetrieben werden.
Jürgen W. meint
Also den ID 4 habe ich mir gestern mal im Laden angeschaut. Das ist echt ein schickes Auto. Schon fast schade, dass ich jetzt den ID 3 habe. Ich denke, dass VW da alles richtig gemacht hat.
Egon Meier meint
Das mit den Zellen als Engpass ist der üblich Unsinn.
Die Zellpreise fallen aktuell ohne Ende und das ist der Beleg dafür, dass eher ein Überangebot vorhanden ist.
Golem berichtet gerade von 66Euro/kwh
Trotzdem darf der Strukturwandel nicht überhitzen, damit die gesamte Entwicklungs- und Produktionskette nachkommt und die Ladestrukturen sich entwickeln.
Ich sehe da gar nicht die deutschen Produzenten als Problem – Renault und PSA/FCA sind erheblich schwächer aufgestellt und haben nicht das Geld für eine rasche Umstellung.
Duesendaniel meint
Dann hätten PSA und FCA mal früher los laufen sollen.
Renault hat den Start schon gut hinbekommen, aber seit der charismatische Carlos Ghosn weg ist, herrscht Innovationsstillstand. Das ist wohl das eigentliche Problem, nicht das Geld.
Egon Meier meint
der Herr Carlos hatte wohl Charisma aber das war nicht so konstruktiv wie das von Elon. Es ging bei ihm eher um Zahlen und Kosten und nicht um Innovation.
B.Dom meint
Politiker sollten doch der Umwelt und dem VW Konzern zu Liebe schnellstens auf E Auto umrüsten! Der ID 4 soll doch Spitze !?
Egon Meier meint
ja – das ist er – aber die Umstellung der Produktion über die ganze Lieferkette braucht ihre Zeit und ganz viel Geld. Das muss zwischendurch verdient werden.
Nicht allen Herstellern schmeißen die Investoren Geld ohne Ende in den Rachen – und selbstt dort wollen dieselben irgendwann nachhaltige Gewinne sehen.
Bislang lebt Tesla davon, dass andere wie FCA die C02-Rabatte brauchen und kräftig zahlen. Selbst hat Tesla noch keinen Cent verdient
senrim meint
Was habe die Autohersteller und Zulieferer die letzten fünfzehn Jahre gemacht außer Geld zu verdienen?
Jetzt da das Geschäft mit den Verbrennern kurz- und mittelfristig wegfallen wird will man Geld damit für den Wandel verdienen.
Duesendaniel meint
Egon: „Selbst hat Tesla noch keinen Cent verdient“
Aha. Mal abgesehen davon, dass diese Aussage nicht stimmt: Wer hat Tesla denn wohl in die Situation gebracht, dass andere ihre Zertifikate kaufen müssen? Ist Geld verdienen durch Weitsicht irgendwie weniger wert als durch Produkte?
Duesendaniel meint
Nochmal Egon: „Nicht allen Herstellern schmeißen die Investoren Geld ohne Ende in den Rachen“
Stimmt. Würde ich auch nicht tun, wenn sie mit Technik von gestern keine Zukunft mehr haben. Sind eben klug diese Investoren, deshalb haben sie wohl auch so viel Geld.
CaptainPicard meint
Wenn VW soviel Vertrauen in die Feststoffzelle von Quantumscape hat dann sollten sie gleich mal die geplante Produktion verdreifachen. Dann hätten sie in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts eine echte technologische Führerschaft im Elektroautomarkt.
Egon Meier meint
Quantumscape ist spannend aber noch nicht fertig .. nur eine Hoffnung.
Daniel S meint
Fährt der Herr Minister denn auch vorbildlich ein BEV als Dienstwagen?
Immer mit gutem Beispiel vorangehen bitte!
Wessi meint
Er steht auf der Warteliste und bei der großen Nachfrage ist mit einer Lieferung frühestens nach dem Ende seine Präsidentschaft zu rechnen. Bis dahin hängt sein nordisches Fähnlein weiter im Wind. Wir dürfen uns gern an seine geistigen Ergüsse gegen die E-Mobilität seit 2015 erinnern – google hilft.
Flo meint
So ist es! Bis vor kurzem noch Kaufprämien für „hocheffiziente Verbrenner“ fordern und dann diese Ergüsse. Ohne Druck und Normen macht die Autoindustrie gar nix – immer nur das was den Gewinn maximiert, das sollten inzwischen alle gemerkt haben.