Aus einem kürzlich veröffentlichten Gesetzentwurf des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) geht hervor, dass die Regierung zum Schutz des Stromnetzes über die Möglichkeit für Zwangs-Ladepausen für Elektroautos nachdenkt. Eine Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes würde es Stromanbietern ermöglichen, große Verbraucher aus der Ferne vom Netz zu nehmen. Die Behörde rudert nun aber zurück.
„Es handelt sich um einen Entwurf der Arbeitsebene, der nicht die Billigung des Ministers gefunden hat und deshalb bereits am vergangenen Freitag zurückgezogen und von der Homepage des BMWi heruntergenommen wurde“, heißt es in einer Mitteilung. Bundeswirtschaftsminister Altmaier lege „größten Wert“ darauf, dass der Hochlauf der Elektromobilität schnell und für alle Beteiligten verlässlich erfolgt.
Über den Gesetzentwurf für Zwangs-Ladepausen hatte zuerst die Welt am Sonntag berichtet. Es geht darin um die sogenannte Spitzenglättung: „Steuerbare Verbrauchseinrichtungen“, zu denen E-Auto-Ladestationen oder etwa Wärmepumpen gehören, sollen bis zu zwei Stunden pro Tag keinen Strom bekommen können, wenn andernfalls eine Überlastung des Netzes drohen würde. Insbesondere die Automobilindustrie hat die Pläne kritisiert.
„Was Spitzenglättung genannt wird, bedeutet für die Kunden leider Abschalten“, sagte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller der Welt am Sonntag. Eine solche Regelung wäre „sehr schlecht“ für die Besitzer und Hersteller von Elektroautos. Der VDA bemängelte den Vorschlag des Wirtschaftsministeriums als einseitig zugunsten der Energiewirtschaft. „Wenn das Gesetz so beschlossen wird, wirft es Deutschland klar zurück auf dem Weg zur klimaneutralen Mobilität“, warnte Müller.
Auch die Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) äußerte Kritik an dem Gesetzentwurf und forderte Nachbesserungen. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) begrüßte die Pläne dagegen: Die Spitzenglättung sei das Ergebnis eines langen, gutachterlich gestützten Prozesses im Bundeswirtschaftsministerium, so BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Eine kleine zeitliche Verschiebung des Verbrauchs sei ohne Komforteinbußen für die Kunden möglich.
Bundeswirtschaftsminister Altmaier wird laut seiner Behörde in den kommenden Tagen zum Thema Laden von Elektroautos mit den Fahrzeugherstellern sowie den Netzbetreibern Gespräche führen. Anschließend werde er einen neuen, für alle Beteiligten akzeptablen Vorschlag vorlegen.
Oliver meint
Das ist doch nichts Neues. Es gibt heute bereits die „steuerbare Verbrauchseinrichtung“ §14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG), z.B. für Wärmepumpen, Nachtspeicher aber eben auch E-Autos. Der Stromanbieter kann in Spitzenzeiten die Stromzufuhr unterbrechen und belohnt dies durch günstigere Tarife.
Gunarr meint
Dass die im Wirtschaftsministerium überhaupt über so was nachdenken, beweist doch, dass es unseren Stromnetzen nicht gut geht.
Ich sehe uns schon alle in den Baumarkt rennen, um Dieselgeneratoren zu kaufen. Die brauchen wir, um Stromausfälle zu überbrücken und um unsere Elektroautos zu laden.
Schöne neue 3. Welt…
Andreas meint
Das hat nichts mit schöner neuer Welt zu tun, sondern mit alten Lobbyseilschaften. Autos werden zukünftig die Spitzen glätten: sie werden laden wenn die EE Überschuß produzieren (z.B. Mittags auf Arbeit), sie werden entladen wenn kein EE Überschuß da ist (z.B. Abends wenn die Verbrauchsspitze kommt)
Derzeitige Gesetzesvorhaben (und auch gerade verabschiedete wie das EEG) aus dem BMWi setzen alles daran diese Entwicklung zu verzögern – verhindern werden sie es nicht können. Da die alten Marktteilnehmer ihre Geschäftsmodelle(Energie verkaufen) nicht ändern wollen werden es eben neue tun (Leistung pos./neg. intelligent bereitstellen). Sobald eine kritische Masse an BEV erreicht wird, kommt das bidirektionale Laden. Ob Politik und Konzerne wollen oder nicht.
Grüße
i_Peter meint
Ich habe einen solchen unterbrechbaren Stromvertrag für die Garage. Der Strom kostet mich 15% weniger. Und ich habe es ehrlich gesagt noch NIE gemerkt, dass der Strom zeitweise unterbrochen war. Abends stöpsele ich ein, morgens fahre ich mit voller Batterie los. Mach ich doch gerne, dass ich dazu beitrage zum kosteneffizienten Netzausbau. Damit der Strom auch weiterhin bezahlbar bleibt. Den die Kosten für einen Maximalausbau (alle laden um 18 Uhr gleichzeitig mit 350 kW) trägt dann wer ? ….. eben!
Wer zu jedem Zeitpunkt vollen Komfort will, der muss eben mehr zahlen.
Wer das für alle obligatorisch fordert (BMWi Altmaier, VDA Müller), muss sich fragen lassen, ob der die E-Mobilität durch exorbitante Netzausbaukosten und quasi Nicht-Machbarkeit killen will.
Borama meint
Die einfachste Art die Spitzen zu glätten erfolgt doch über den Preis. Wenn die Leute nachts zwischen 0:00 und 5:00 15ct/kWh statt 30ct/kWh bezahlen können, dann werden sie das Auto auch dann laden und nicht wenn sie abends in die Garage fahren. Da braucht keiner was abschalten.
Tom meint
Das ist Richtig, jedoch müsste diese Lösung auch einfach für den Verbraucher umzusetzen sein. Mein Energieversorger hat einen Tarif für E-Autos mit HT/NT, also ist der Strom von 23:00 bis 05:00 ca 5,5cent billiger. Aber: Der Zähler muss getauscht sowie ein Rundsteuergerät eingebaut werden, Kostet ca. 350€….
Bernd meint
Klingt erst einmal viel. Bei 15T km im Jahr spart man dann aber 165 Euro/jahr. Bei einer smarten Wallbox könnte man auch von 16A auf 6A reduzieren und bräuchte dann nicht komplett abschalten.
Erik meint
Ich lade meinen Tesla meist nur nachts mit 11 KW auf. Mein GoE Charger sucht sich die Zeit mit dem günstigsten Börsenpreis raus und Läd. Mei. Stromanbieter Awattar gibt mit täglich um 14 Uhr sie Strompreise der nächsten 24 Stunden . Ich kann meine was Waschmaschine und Geschirrspüler für die günstigen Zeiten programmieren. Einfacher geht es nicht Geld zu sparen. Für das Auto habe ich im Winter ca 22-24 Cent die kWh und im Sommer 19-22 Cent im Schnitt . Außerdem muß ein Auto Zuhause ja nicht mit 22 kW oder mehr laden. Jetzt im Winter Stelle ich den charger auf 9 kW und schone bei der Kälte auch den Akku.
Dieter Schleenstein meint
Wo bekommt man denn einen Tarif mit variablen Strompreisen?
Envision meint
Naja, die Lösung wird aber kommen, unkontrolierte Stromausfälle im Winter sind die viel schlimmere Alternative und da steuern wir mit Abschalten von Kohle und Kerkraft und Einführung von Elektro-heizung und Auto hin.
Mal den Strom Mix in DE von gestern geschaut:
40,6 % Kohle, 15% Kernkraft, 20,5 Gas = 76% des deutschen Strom.
– der unzuverlässige Wind immerhin 10 Prozent und Solar 1,3% !!!
https://energy-charts.info/charts/energy_pie/chart.htm?l=en&c=DE&interval=day&datetimepicker=17.01.2021
Die Kohle und Kernkraft soll ja ganz weg, bleibt eigentlich nur Gas für Winterlasten, aber in zwei Jahren fällt das holländische Erdgas was quasi noch halb Westdeutschland versorgt weg, und wenn wir dann kein Nordstream 2 haben wird’s ganz schnell zappenduster…
Thomas meint
So ist es. Aber man muss ja nur wollen, wird zumindest immer gesagt. Leider sieht es in der Realität eben anders aus. Ich wüsste auch nicht, dass z.B. von den Grünen mal einer ein wirklich tragfähiges Konzept vorgestellt hätte.
Mike meint
Problem ist, dass fuer 15ct/kWh der Strom einen stark negativen Preis haben muesste, weil er vor allem durch verschiedene strompreisunabhaengige Abgaben nach oben getrieben wird.
Dieter Schleenstein meint
Hallo, man doch aber auch die Abgaben für die Energiewende anders finanzieren, aber dann würde natürlich der strombedarf steigen, was steigende Erzeugerpreise zur Folge hätte, negative Preise an der Börse sind doch viel schöner, wahrscheinlich haben sich da einige schon drauf spezialisiert
Leotronik meint
Die Verbrennerlobby hat es tatsächlich geschafft einen Hoax auf die BMWi Server zu installieren. Zum Glück wurde der „Hack“ schnell beseitigt. Leider wurde offensichtlich welchen Einfluss die Verbrennerlobby bei BMWi noch hat.
Peter W meint
Denen geht bald die Puste aus. Wenn die Stinker keiner mehr haben will können sie dann Almosen beim BMWi einfordern.
Mike meint
Ausserhalb der Elektroblase gibt es noch genuegend Leute, die e-Autos ablehnen. Ob es allerdings genuegend gibt, die das Geld haben, sich einen neuen Stinker zu kaufen, ist die Frage.
Dieter Schleenstein meint
E-Autos lehnt kaum noch einer ab, es sind bloß keine zu bekommen – Bestellstopp!
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
Eine in letzter Zeit medial sehr oft in den Vordergrund gerückte Personengruppe scheint auch unter Teslafans häufig aufzutreten.