BMW hat im März seine Planung für die nächsten Jahre im Bereich der Elektromobilität präsentiert. Die Bayern beschleunigen die Elektrifizierung ihres Portfolios und treiben dazu neue Technologien voran. Der Verbrennungsmotor soll vorerst aber weiter eine zentrale Rolle spielen. Im Gespräch mit dem Manager Magazin äußerte sich Vorstandschef Oliver Zipse ausführlich zu der Strategie.
Der Weg von BMW habe drei zentrale Spuren: Wachstum, Nachhaltigkeit und Ertragsstärke. Das Unternehmen wolle noch in diesem Jahrzehnt drei Millionen Autos jährlich an Kunden ausliefern, 2020 waren es 2,3 Millionen. Das soll mit mehr Nachhaltigkeit erreicht werden. „Das Thema wird zur Überlebensfrage in unserer Industrie“, betonte Zipse. Allein mit dem Elektroantrieb sei es dabei nicht getan – es gelte, den gesamten Ressourcenverbrauch so weit wie möglich zu senken. Und es müsse möglichst viel recyceltes Sekundärmaterial im Auto Verwendung finden.
Zipse hat den Anspruch, dass das „grünste“ Elektroauto von BMW kommt. Dazu sagte er in dem Interview: „Ich verspreche einen echten BMW – aber mit überprüfbarer Nachhaltigkeit. Nicht nur behauptete Nachhaltigkeit; das wäre zu einfach.“ Auch Elektroautos seien wegen der verwendeten Rohstoffe, dem Energieverbrauch bei der Produktion oder auch des Reifenabriebs eine Belastung für die Umwelt. Diese negativen Folgen werde BMW minimieren – „und das nachweisbar“.
Neben Wachstum und Nachhaltigkeit steht bei BMW weiter Ertragsstärke im Mittelpunkt. Ohne eine hohe Profitabilität könne das Unternehmen „diese grüne Autozukunft“ nicht finanzieren, unterstrich Zipse. Für die weitere Expansion hat er vor allem Asien, insbesondere China, und die USA im Visier, der europäische Markt sei weitgehend gesättigt.
Seit dem Amtsantritt von Zipse Mitte 2019 forciert BMW seine Elektrifizierung. Anders als etwa die Wettbewerber im Volkswagen-Konzern Audi und Porsche oder auch Daimler setzt der bayerische Premium-Anbieter vorerst weiter exklusiv auf Plattformen für mehrere Antriebsarten. Die E-Offensive laufe auch bei BMW längst – „nur übergreifend, auch mit unseren Verbrennermodellen“, erklärte der Konzernchef. Er verwies darauf, dass BMW gerade das stärkste erste Quartal der Firmengeschichte hatte und seine Elektro-Verkäufe mehr als verdoppeln konnte – das solle so weitergehen.
„Wir entwickeln alle Antriebe weiter“
BMW erwartet bis 2025 einen Elektro-Anteil von gut 20 Prozent, andere Hersteller planen mit einem schnelleren Hochlauf. Auch die Bayern wären dafür gewappnet, sagte Zipse. Das Unternehmen bringe bis Ende 2023 rund ein Dutzend rein elektrische Modelle, 2025 gehe man mit der „revolutionären neuen Architektur für unsere neue Klasse“ an den Markt. Man wisse nicht im Detail, was in Zukunft passiert, müsse aber dennoch weit nach vorne schauen. Auch deshalb stelle sich BMW technologieoffen auf. 2030 werde weltweit jedes zweite verkaufte Auto des Konzerns rein elektrisch angetrieben. Die andere Hälfte laufe weiter mit Verbrenner, auch diesen Markt wolle man mit modernster Technologie bedienen. „Wir entwickeln alle Antriebe weiter; und das ist auch der richtige Ansatz“, glaubt Zipse.
Damit die CO2-Ziele der Politik im nächsten Jahrzehnt erreicht werden können, ist laut Zipse eine zügige Erweiterung der Ladeinfrastruktur nötig. Eigene Ladenetze nur für bestimmte Marken nach dem Vorbild von Elektroauto-Pionier Tesla hält er nicht für zielführend. Die Ladeinfrastruktur müsse von allen Kunden nutzbar sein. Der Ausbau des Ladenetzes werde „Milliarden kosten, nicht Millionen“. Das sei eine Gesellschaftsaufgabe, keine Industrie könne das im Alleingang bewältigen. Das gelte sowohl für öffentliche Strom-Tankstellen wie Lademöglichkeiten zu Hause, am Arbeitsplatz oder auch in Parkhäusern.
Zipse hält es für sinnvoll, die derzeit hohe Subvention des Kaufs von Elektroautos in Deutschland ab Mitte des Jahrzehnts schrittweise in die Ladeinfrastruktur umzulenken. Die Nachfrage nach Stromern müsse sich ab 2025 auch bei abnehmender Förderung entfalten können. Das Ladenetz dagegen könnte schon relativ bald der limitierende Faktor für den Erfolg der Elektromobilität sein. Das gelte für ganz Europa.
Alupo meint
„Nachhaltigkeit wird zur „Überlebensfrage“ der Industrie“
Richtig, und deshalb sollten so schöne wie möglich keine Auspuffautos mehr verkauft werden. Denn was ist an dem Herausholen von Öl aus der Erde und dem Umwandeln in klimaschädliches CO2 schon nachhaltig. Absolut gar nichts.
Und es sollte viel schneller gehen. BMW ist da eher viel zu langsam unterwegs. Sie waren mit ihrem i3 zwar definitiv nicht Spitzenreiter, aber sie waren da, damals jedenfalls.
Wenn man sich aber die weltweiten BMW BEV Zahlen anschaut, dann ist BMW eine sehr große Enttäuschung. Ich hoffe das ändert sich irgendwann einmal. Bisher gibt es nur Ankündigungen die in schöne Worte gefasst sind. Aber noch mehr Abwarten eliminiert keinen Auspuff. Es sollten endlich Taten folgen und diese nicht nur angekündigt werden.
Alupo meint
Die Auto-Korrektur hat mal wieder gemeint, sie wüsste es besser. Es sollte so sein:
„Richtig, und deshalb sollten so ’schnell‘ wie möglich keine Auspuffautos mehr verkauft… „
Jörg2 meint
„Der Weg von BMW habe drei zentrale Spuren: Wachstum, Nachhaltigkeit und Ertragsstärke.“
Warum betont der Angestellte das?
„Wachstum“ = mehr Umsatz
„Nachhaltigkeit“ = das auch morgen noch
„Ertragsstärke“ = Kosten sind kleiner als der Umsatz (sehr vereinfacht)
Das ist das kleine „1×1“ der Kaufmannschaft. Also eher keiner Rede wert….
Oder gibt es da interne Zweifel, dass so werden wird und deshalb muss man das nochmal nach außen geben?
3 Mio Stück pro Jahr bis Ende 2029? Bei aktuell 2,3 Mio Stück? Das macht eine Steigerung von ca. 25% innerhalb von 9 Jahren. In den letzten 3 Jahren lag die Steiegrung bei knapp 2%. Bin gespannt!
MaxMe meint
„2030 werde weltweit jedes zweite verkaufte Auto des Konzerns rein elektrisch angetrieben. Die andere Hälfte laufe weiter mit Verbrenner, auch diesen Markt wolle man mit modernster Technologie bedienen.“
Bald wird der Tag kommen, an dem nicht mehr Verbrenner mit „modernster Technologie“ und „rein elektrische“ Autos angepriesen werden, sondern stattdessen „modernste BEVs“ und „rein fossile“ Verbrenner.
Bei BMW allerdings bin ich nicht so sicher, ob sie diesen Tag noch erleben werden.
Längsdenker meint
„Der Ausbau des Ladenetzes werde „Milliarden kosten, nicht Millionen“. Das sei eine Gesellschaftsaufgabe, keine Industrie könne das im Alleingang bewältigen.“
Aber doch! Tesla hat es gezeigt. Herr Zipse verlangt Subventionen, das steigert seine Ertragskraft. Einseitig!
Auch die Erzeugung grünen Stroms braucht keine Subventionen der „Gesellschaft“, allerdings auch keine Behinderungen.
MichaelEV meint
Volle Zustimmung. Man muss die Energiewende nur von der Leine lassen. Subventionen braucht es schon lange nicht.
Ein super Beispiel: Energieintensive Unternehmen erhalten wegen der Energiewende eine Strompreiskompensation (also eine staatliche Subvention). Aber nur wenn sie dreckigen Kohlestrom beziehen!!! Wenn man sauberen Strom beziehen möchte, geht man leer aus. Wie könnte man die Energiewende noch effizienter behindern als den größten Abnehmern jegliche Motivation für sauberen Strom zu nehmen?
bensch meint
Das EEG wurde absichtlich so ausgearbeitet. Lobbyismus in Bestform. Im Herbst weht hoffentlich ein anderer Wind.
MichaelEV meint
Das sehe ich genauso. Umso abstruser ist es, mit Kohlestrom gegen das BEV zu argumentieren. Man hatte in der Vergangenheit absolut kein Interesse an einer Energiewende, die die Kohleverstromung überflüssig macht. Großabnehmer werden quasi zum Kohlestrom gezwungen. Ob mit oder ohne BEV, die Kohleverstromung ist da, weil sie von der Politik gewollt ist. Ich denke auch, dass ab Herbst viele absichtlichen Blockaden Vergangenheit sein werden.
Flo meint
„Der Ausbau des Ladenetzes werde „Milliarden kosten, nicht Millionen“. Das sei eine Gesellschaftsaufgabe“…
exakt, so wie die bisherigen Tankstellen, die wurden auch vom Staat finanziert.
Omeiomei…
bensch meint
Das betrifft nicht nur die Autoindustrie, sondern jegliches Unternehmen. Ohne nachhaltiges Wirtschaften wird es in Zukunft kein Geschäft mehr geben. Nachhaltig auch ganz klassisch im ökonomischen Sinn: kann ich in x Jahren immer noch mein Geschäft betreiben? Das funktioniert nur wenn man die – buchhalterisch nicht erfassten – Folgekosten mit einkalkuliert.
MichaelEV meint
+1 Nachhaltigkeit ist für Unternehmen immer eine Überlebensfrage. Traurig, dass manche so lange brauchen um das zu verstehen.