Laut einer aktuellen Studie kostet die Elektromobilität in Deutschland bis 2030 rund 180.000 Arbeitsplätze, sie schafft aber auch viele neue Jobs. Auch Volkswagen-Chef Herbert Diess erwartet durch die Umstellung auf leichter zu bauende Elektroautos keine Massenarbeitslosigkeit.
„Die ganzen Negativszenarien, die da manchmal gezeichnet werden, sind überzogen“, sagte er im Interview den Nachrichtenagenturen dpa und dpa-AFX. „Wir bleiben ein Autobauer.“ Fahrzeugfertigung werde Ende des Jahrzehnts immer noch das Kerngeschäft der Wolfsburger sein, wenngleich sich die Wagen stark verändern und mit deutlichen kleineren CO2-Lasten unterwegs sein würden.
„Um viele Autos zu bauen, braucht man auch 2030 noch viele Menschen in der Produktion“, erklärte Diess. „Und viele werden ziemlich ähnliche Tätigkeiten ausüben wie heute. Vielleicht höher automatisiert, aber es bleibt im Wesentlichen Produktion.“ Das schließe nicht aus, dass der gleichzeitige Aufbau von mehr IT-Kompetenz große Veränderungen und umfassendes Umdenken mit sich bringe. „Natürlich werden wir im Bereich Software wachsen mit neuen Mitarbeitern“, sagte der Manager. Der Wandel in der Autoindustrie erfordere aber viel mehr Zeit als in anderen Branchen, zwei Modelllebenszyklen bräuchten 15 Jahre.
Als Volumenanbieter mit Größenvorteilen habe der Volkswagen-Konzern etwas mehr Anpassungszeit als andere. „Aber auch nicht zu viel. Wenn wir es gut weitermachen, kann man einen Großteil der Arbeitsplätze sicher retten, an bestimmten Stellen wachsen, an anderen schrumpfen“, so Diess. Vor allem kleine und auch mittlere Zulieferer stehen laut Branchenkennern durch den Umbruch der Autoindustrie vor großen Herausforderungen. Diess glaubt aber, dass 70 Prozent der Zulieferer durch diese Transformation kommen werden, „als gäbe es keine. Sitze bleiben Sitze, Stahl bleibt Stahl, Räder bleiben Räder, Bremsen bleiben Bremsen“.
Beim Antrieb tue sich zwar viel – der Wandel werde jedoch überschätzt, weil der Antrieb heute schon nicht der mitarbeiterintensivste Bereich sei, sagte Diess. Ein Motor habe bei Volkswagen eine Fertigungszeit von etwa einer Stunde, im Vergleich zu 20 bis 30 beim Fahrzeug. Die Frage sei in den kommenden Jahren eher: „Bleiben wir wettbewerbsfähig gegenüber den neuen Konkurrenten wie zum Beispiel aus Asien?“
Diess glaubt weiter an die Zukunft des Automobils – vorausgesetzt, die Belegschaften und Kunden ziehen im ökologischen und digitalen Umbau mit. Dann könne das Auto eine noch größere Bedeutung bekommen und viele Negativaspekte verlieren. In ein paar Jahren könne man guten Gewissens mit einem SUV herumfahren. Es gebe Kritiker, die sich aufs Klima berufen, aber eigentlich gegen das Auto seien, gegen die individuelle Mobilität. „Aber die verliert viel von ihrem Schrecken, sie wird sehr viel sicherer, sie wird umweltfreundlicher“, so Diess.
Fritzchen meint
Diess hat jedenfalls Visionen; und das ist gut so.
Wenn es allerdings dann um die Wurst geht, ist VW schon heute keine Alternative mehr.
Detlef Zairer meint
Ein insbesondere langjähriger Arbeitnehmer aus einem quasi „gewerkschaftseigenen“ Betrieb wie VW ist außerhalb jenes Betriebs nur schwer als Arbeitnehmer einsetz- bzw. vermittelbar. Solch ein Wechsel geht mit hoher Wahrscheinlichkeit schief.
DerÄlbler meint
Ein langjähriger VW Mitarbeiter kommt auch nicht in die Verlegenheit seinen Arbeitsplatz zu verlieren, auch wenn das der feuchte Traum einiger Kommentatoren hier ist. Das verhindern schon Sozialauswahl und umfangreicher Kündigungsschutz. Das ganze läuft über Vorruhestandsregelungen und diese Stellen werden dann nicht mehr besetzt bzw. es erfolgt kein Ausgleich mehr der natürlichen Fluktuation.
Toralf Wiet meint
Bei eventuellen Betriebsstättenschließungen sieht es natürlich schon wieder anders aus.
Als z. B. Opel in Bochum schloss, war auch für langjährige Mitarbeiter „Schicht im Schacht“. Mag sein, dass teils Angebote zu Wechsel an anderen Unternehmensstandort gemacht wurden. Aber mit 50+ ging dann auch keiner mehr nach Rüsselsheim oder Eisenach.
DerÄlbler meint
Bei Opel gab es sehr großzügige Abfindungsangebote für langjährige Mitarbeiter ü50, zum Teil 500.000 Euro und mehr wenn auf die ATZ verzichtet wurde.
Effendie meint
Nach dem Krieg wurde das Werk zunächst unter britischer Regie betrieben, doch über seine Zukunft herrschte Unklarheit. Schließlich entschied man sich gegen eine Demontage und für eine Fortführung in deutscher Hand. Dabei war der Besatzungsmacht die besondere Herkunft des Werkes durchaus bewusst, und das Stammkapital der Volkswagen GmbH wurde in öffentlichen Besitz gegeben. Ziel der britischen Militärregierung war es, einen „demokratisch kontrollierten Industriebetrieb“ zu schaffen, der dem Interesse des gesamten deutschen Volkes dienen sollte und in dem Arbeit und Kapital gleichberechtigt sein sollten. Dem Land Niedersachsen wurde im Oktober 1949 die Treuhänderschaft für das Werk mit der Auflage übertragen, die Eigentumsrechte gemeinsam mit dem Bund auszuüben. Gewerkschaften und die anderen Bundesländer sollten einen starken Einfluss erhalten. Nur unter diesen Bedingungen verzichtete der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) darauf, seine Eigentumsrechte am Werk einzuklagen. Hinzu kam, dass der Betriebsrat bereits im Mai 1947 mit dem Treuhänder Hermann Münch eine Betriebsvereinbarung über die betriebliche Mitbestimmung abgeschlossen hatte, in der festgehalten wurde, dass beispielsweise die Erweiterung, Einschränkung und Stilllegung des Betriebes oder die Aufgabe von Produktionszweigen nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrates erfolgen könne.
Soll zur Wahrheit dienen und nicht irgendwelchen Behauptungen.
AK swiss meint
Definitiv werden in den nächsten 3-5 Jahren die meisten Verbrennungsmotoren- und Getriebeentwickler umschulen müssen, danach braucht es die wirklich nicht mehr. Am besten geht SW, aber welcher Mech will das schon.
Stefan Traper meint
Es geht in der Tat ums Wollen, aber auch ums schiere Funktionieren einer solchen Umschulung.
Vor allem in den 1970ern und auch noch danach wurden z. B. Tausende Fachfremde (Bäcker, Gärtner,..) zu Programmieren umgeschult. Mit mehr oder weniger Erfolg.
Aber die Anforderungen im IT-Sektor sind heute weit, weit komplexer als zu Zeiten damaligen Cobol-Kodierens.
Steven B. meint
Vielleicht, vielleicht auch nicht! Denke man an Schiffsmotoren, Traktoren – alles wo Leistung im Vordergrund benötigt wird – nicht etwa Geschwindigkeit. Die Akkuzellen müssten derart gross sein, dass es für niemanden mehr rentabel ist. Beim Getriebe im Allgemeinen, bin ich mir nicht sicher. Der Elektromotor steht, meiner Meinung nach, erst am Anfang der Effizienz. Hier mit Übersetzungen und Getrieben zu arbeiten um Leistungsfähigkeit, Verbrauch kw, Langlebigkeit, etc. zu verbessern liegt auf der Hand. Es wird sich auch in diesem Bereich einiges tun, was wir heute noch nicht abschätzen können.
BEV meint
Packetdienste suchen Leute, da bekommt man halt eine 100.000 pro Jahr und man muss wirklich was arbeiten, aber da könnte man Leute brauchen.
Jürgen V meint
Es ist schon ziemlich dreist zu behaupten, die Leute am Band würden 100000€ Euro verdienen und nichts dafür tun. Mach doch mal zig Jahre Wechselschicht. Ich mache das seit über 40 Jahren und bin ganz weit davon entfernt nichts zu tun.
BEV meint
Sry. etwas dreist ausgedrückt, aber es hat niemand eine Garantie für seinen Job,
Und ja, es gibt in den Firmen auch genug andere Bereiche, die man eher einsparen könnte als die Menschen am Band. Ich glaub aber auch nicht, dass die Produktionsjobs unbedingt die am gefärdetsten sind.
Ich musste das „glücklicherweise“ schon sehr früh erfahren, mein Ausbildungsbetrieb ging pleite und wurde aufgekauft, dann stand ich auf der Straße. Rückblickend das Beste was mir passieren konnte, sonst hätte ich wahrscheinlich nicht weiter gemacht und würde heute noch dort sitzen.
In der IT und Elektrobranche gibt es viele Firmen und -teile, die verkauft wurden und niemanden hat es interessiert. In der Autobranche werden zwangsläufig auch viele Jobs wegfallen und durch andere ersetzt werden, wenn wir nicht aufpassen und denken es würde so weiter gehen wie bisher, dann ist nicht mehr viel zu retten. In Grünheide sind die Arbeitsbedingungen mit Sicherheit schlechter.
andi_nün meint
Betriebe die dafür 100.000€ Zahlen werden es Jahr für Jahr schwerer haben.
Oder man zahlt wenigen 100.000€ am Band und holt sich dann zehntausende Leiharbeiter. Mit der Garantie, dass die gut bezahlten auf diese herunter blicken.
Peter W meint
Wir brauchen Handwerker! Wie viele haben sich in einen bequemen 8-Stunden Job in der Fahrzeugindustrie zurückgezogen? Im Wohnungsbau und vor allem im Bereich Wärmemarkt fehlt es an tausenden Fachkräften. Wir haben im Gebäudesektor einen riesigen Investitionsstau und keine Handwerker. Angst vor Arbeitslosigkeit muss keiner haben, der was gelernt hat.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
Na dann. Schon am umschulen?
Peter W meint
Ich bin Rentner, mir reichts!
David meint
Jo, da du aber keine 30€ Stundenlohn bei 29-Stunden-Woche zahlen willst, wirst du weiter deinen Investitionsstau pflegen.
BEV meint
Ansprüche runter schrauben…
klaus meint
Ansprüche runter schrauben oder an EU anpassen?? mit EU sind richtige EU Staaten gemeint, nicht das Armenhaus die sich durch füttern lässt auf mau…..
David meint
Richtig, Andere sollen verzichten, abgeben, Ansprüche runterschrauben….guter Plan.
BEV meint
Die Gehälter sind in der Branche sehr hoch, man hat keine Garantie, dass das ein Leben lang so bleibt, wenns nicht mehr läuft muss man sich eben anderweitig umsehen. Das kann auch mit Einschnitten beim Gehalt einhergehen.
Wobei ich so frech bin zu behaupten, dass viele der Leute gar nicht im Handwerk zu gebrauchen sind.
BEV meint
achso der Lohn wäre auch im Handwerk möglich, wenn der Kunde entsprechend viel bezahlt
Sebastian meint
David
Angestellte Handwerker bekommen locker 25 Euro… die gewohnten Porsche / Daimler Bezüge für Personen die nur anwesend waren und ihre Arbeitspläne sturr abgearbeitet haben, waren nicht der Maßstab. Da bringt das viele rumstehen am Kaffeeautomaten auch nichts.
ferner steht es jedem auch frei sich selber zum Chef zu machen und ja nach Thema 50 bis mehrere hundert Euro abzurechnen.
wenn Fliesen verlegen je qm2 schon 80 Euro kostet, sollte man sich die Sache „Handwerk“ mal näher anschauen…
Steven B. meint
Mag schon sein, dass der qm um die 80 Euro kostet, aber die Abzüge für Sozialleistungen, Lohnnebenkosten, etc. Am Ende bleiben vielleicht noch 35 Euro stehen – toller Lohn für einen Selbstständigen Handwerker.
Jürgen V meint
8 Stundenschichten bei immer wechselnden Arbeitszeiten hat nichts aber auch garnicht mit einem bequemen Arbeitsplatz zu tun.
Stefan Ulten meint
„Stundenschichten“ ließen sich ja gut aushalten, da hätte man schnell wieder Pause ;)
Andreas meint
„Die ganzen Negativszenarien, die da manchmal gezeichnet werden, sind überzogen“
Wie wahr. Haben ein Jahrzehnt die Schlagzeilen dominiert durch die Marktmacht des VDA und der entsprechenden Gewerkschaften und der mangelnden Prüfung solcher Aussagen durch die Presse.
Cupra meint
Eben. Und selbst wenn die Autoindustrie ein paar Jobs verlieren sollte, wer sagt, dass diese Menschen dann keien Job woanders bekommen? Die Leute haben ja nicht nur auto zusammenbauen gelernt, sondern die können genauso in anderen Branchen einen Job bekommen. In branchen wo zurzeit Fachkräftemangel ist, in Branchen die in nächster Zeit enorm wachsen werden.
Deswegen finde ich das ganez Bange machen und immer alles auch auf den geldbeutel bezogen, wie vieles dieses oder jenes kosten würde, ziemlich daneben. Vielleicht sollte man mal aufstellen wie viel bestimmtes kosten würde, wenn man eben nicht diese Schritte gehen würde, die jetzt anstehen….ich denke nochmal ein vieles mehr!
Marco meint
Gefühlt ist überall Fachkräftemangel, diesen Grund kann ich nicht mehr hören.
Peter meint
Er ist halt nicht „gefühlt“, sondern real.