Der chinesische Elektroautobauer NIO nimmt Europa ins Visier. Nach Deutschland will die Marke 2022 kommen, in Norwegen werden schon ab diesem Jahr erste Fahrzeuge ausgeliefert. In einem ausführlichen Interview mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung hat Gründer und Firmenchef William Li über seine Pläne gesprochen.
NIO wird oft das Tesla Chinas genannt. Der Chef von Tesla Elon Musk mache „viele bemerkenswerte Dinge“, sagte Li dazu, aber NIO sei schon sehr anders als der US-Konkurrent. „Für uns ist die Nutzer-Community sehr wichtig, wir wollen eine Gemeinschaft der NIO-Nutzer schaffen“, erklärte Li. Er habe neben Recht und Computerwissenschaften auch Soziologie studiert und betrachte die Dinge weniger stark technologisch, sondern aus der Perspektive des Menschen.
Auf seine Hauptkonkurrenten angesprochen sagte Li, dass NIO in China bei Elektroautos ab 50.000 Dollar einen Anteil von rund 50 Prozent habe. Tesla dagegen verkaufe in der Volksrepublik vor allem Autos mit deutlich niedrigerem Preis, deshalb seien kurzfristig die deutschen Hersteller die wichtigsten Wettbewerber. Auf längere Sicht rechnet der NIO-Chef damit, dass auch Apple ein bedeutender Konkurrent sein wird. Die Tech-Konzerne würden massiv in die Technik für smarte Elektroautos investieren.
NIO setzt stark auf Kundenservice, bietet sogar Musik- und Kunstkurse an. „Ich glaube daran, dass die Zukunft in unserem Geschäft darin liegt, Communities, also Nutzergemeinschaften zu schaffen“, so Li. Für NIO habe das immer im Mittelpunkt gestanden. Das Unternehmen wolle künftig noch einen viel intensiveren Dialog mit seinen Kunden. Li glaubt, dass dieses Konzept nicht nur in China funktioniert.
Zu den Services rund um das Elektroauto gehört bei NIO in China ein eigenes Ladenetz sowie Batteriewechselstationen. Letztere seien sehr wichtig für das Unternehmen, erklärte Li. Kunden könnten bei leergefahrenem Akkupaket an einer Station in drei Minuten automatisch ein neu aufgeladenes Batteriepack erhalten – das dauere nicht länger als das Betanken eines Benziners. Bei Bedarf könnten die Kunden die Batterie für den Alltag gegen eine leistungsfähigere austauschen, etwa für die Fahrt in den Urlaub. In die Entwicklung dieser Technik und den Bau der Stationen habe NIO zwei Milliarden Dollar investiert. In China betreibe das Unternehmen mehr als 400 seiner „Power-Swap“-Stationen. „Bis 2025 wollen wir weltweit über 4000 solcher Stationen aufbauen, denn unsere Kunden sind mit diesem Service sehr zufrieden“, kündigte Li an.
Der Plan für Europa sei „ganz einfach“, sagte der NIO-Chef: Man wolle den Nutzern den bestmöglichen Service bieten, damit sie die Marke an Freunde und Verwandte weiterempfehlen. Er glaube fest daran, dass Mundpropaganda sehr wirkungsvoll ist – genauso habe es auch in China funktioniert. Li ist überzeugt: NIO ist bereit für Europa und den Weltmarkt. Man biete ein globales Produkt an, kein rein chinesisches, und habe unter anderem sein Designzentrum in München sowie Entwicklungszentren in den USA und in Großbritannien. Die Mitarbeiter stammten aus mehr als 40 Ländern, und die Aktionäre aus der ganzen Welt.
Einstieg in ganz Europa geplant
Norwegen sei nur der Anfang, NIO bereite den Einstieg in den gesamten europäischen Markt vor, unterstrich Li. Deutschland sei „hochinteressant“ für die Marke, man wolle den hiesigen Kunden so schnell wie möglich Elektroautos anbieten. Das Unternehmen wolle aber auch gut vorbereitet sein und habe daher ein starkes Team aufgebaut. So habe der neue Europachef Alexander Schwarz viel Erfahrung in der Technologiebranche gesammelt, darunter bei Airbnb, Paypal und Ebay. Das Wissen über Nutzer-Communities sei wichtiger für NIO als Expertenwissen beim Bau und Vertrieb von Autos.
Li bekräftigte, dass NIO im nächsten Jahr auch in Deutschland Autos liefern will. „Wahrscheinlich erreichen wir es etwas später im Jahr“, sagte er. Man wolle hier mit dem neuesten Modell, der Premium-Limousine ET7, auf den Markt kommen. Spätestens im vierten Quartal 2022 werde das Unternehmen in Deutschland am Start sein. Der Firmenchef bestätigte, dass NIO auch in Europa Ladesäulen und Tauschstationen für Batterien aufbauen will. Bei Strom-Tankstellen arbeite man flankierend mit Partnern zusammen. „Wir sind aber auch bereit, unsere Batterietauschstationen für andere Autohersteller zu öffnen, falls diese das Konzept übernehmen wollen. Wir sind offen für Kooperationen“, so Li.
Mit Blick auf die Umweltfreundlichkeit von Elektroautos sagte Li, dass NIO beim Verringern von CO2-Emissionen in der Fertigung ein Vorbild sein wolle. Den Klimafußabdruck zu verkleinern sei eine Herausforderung, der sich die gesamte Autoindustrie stellen muss. Alle müssten dazu etwas beitragen. NIO arbeitet dazu mit seinen Zulieferern zusammen. Auch bei der Fertigung gilt es, Partner zu mehr Nachhaltigkeit zu bringen – NIO baut seine Autos nicht in eigenen Fabriken, sondern lässt sie von Auftragsfertigern herstellen.
Mit Blick auf die in immer größeren Mengen von Autos gesammelten Daten versicherte der NIO-Chef, dass sich das Unternehmen in Europa an das Datenschutz-Regelwerk der EU halten werde. Es sei wichtig, dass das Unternehmen die Latte sehr hoch legt, wenn es um die Privatsphäre und die Daten der Nutzer geht. Sonst werde die Marke nicht das Vertrauen der europäischen Kunden gewinnen.
Thomas Dele meint
Entfernt, da themenfern. Die Redaktion.
AK swiss meint
Wenn die tatsächlich die Batterietauschanlagen bringen, hat kein Reichweitenängstling oder Laternenparker noch ein glaubwürdige Ausrede.
Dagobert meint
Ohne über mehrere Hersteller genormt zu sein hat das nicht wirklich eine Zukunft. Schon gar nicht von einem chinesischen Hersteller in Europa, dafür ist die Marktdurchdringung viel zu gering. Da hätten sich die europäischen Volumenhersteller zusammentun müssen und einen Standard entwickeln. Aber es kocht ja jeder lieber sein eigenes Süppchen.
FahrradSchieber meint
Naja, bei gerade mal „weltweit über 4000 solcher Stationen“ dürften die Stationen seeehr weit auseinander liegen. Zum Vergleich: Wir haben über 40.000 Ladepunkte alleine in Deutschland.
Und auch der Akkutausch wird einige Minuten dauern. Da ist es vielleicht sinnvoller, sich direkt an der Route ein paar Minuten länger an eine 300 kW-Säule zu hängen…
AK swiss meint
20-30 Minuten gegen 3 Minuten. Der Fernreisende langweilt sich, der Laternenparker kotzt sich an.
M. meint
In der Zeit, wo ich mir so eine Tauschstation gesucht habe, ist das Auto auch am nächsten Schnelllader aufgeladen.
Das kann allenfalls für echte Vielfahrer mit ordentlich Granufink im Blut eine Option sein, die zufälligerweise an der richtigen Stelle dann so eine Tauschstation haben, sich aber keine Pause erlauben können.
Nichts gegen das Auto an sich, aber die Ladestation wäre für mich kein Kaufgrund.
M2P_2023 meint
Schade dass sie sich solang Zeit lassen, in Norwegen ist der Start ja erfolgt und durch Bjorn Nyland sehr positiv aufgenommen worden. Ja das Design dürfte für uns noch etwas europäischer werden, aber die Qualität ist auf einem super Level wo sich noch manch anderer warm anziehen muss.
Sebastian meint
spätestens Ende 2022
……………….
das ist in einem Jahr! Vorher kommt auch kein Handwerker um bei dir daheim was zu machen *g
M2P_2023 meint
Stimmt, so gesehen gehts ja eigentlich gar nicht mehr soooo lang. Aber ganz so schlimm ist’s mit den Handwerkern auch nicht, aber auch da: in erster Linie Probleme mit Lieferfristen von Materialien aller Art.
Sebastian meint
da wird gerne viel geredet und an den Haaren herbei gezogen. Es kommt einfach kein Personal hinter her, das ist eher ein Grund als Ausreden wie Corona, Holzknappheit, schlechtes Wetter, Lieferengpässe blabla etc.
Sebastian meint
Mal schauen wann der Feststoffakku mit 150 kWh im ET7 kommt, dann schlag ich zu und meine Tesla Ente wird als Hausakku zerlegt *g
alupo meint
Laut dem dafür zuständigen Forschungschef der BASF erst nach 2030ff.
Und dann auch nur bei BEVs deutlich oberhalb der 100.000 € Klasse.
Aber vielleicht sind andere schneller?
Darauf wetten würde ich jedenfalls nicht, zumal wohl heute noch niemand weiß, was und ob überhauot etwas dabei herauskommt.
Sebastian meint
in anderen Artikeln – abseits dem oberflächlichen ecomento – hat Nio bereits deutlich gesagt, das bereits im nächsten Jahr erste Akkus auf dieser Basis angeboten werden können. Nio bringt mit dem ET7 definitiv den 70er und den 100er Akku in Serie, der 150er Akku ist ganz offiziell für ein Jahr danach in Aussicht gestellt. Bei dem was die Chinesen so alles auf die Beine stellen, glaub ich das auch. Unabhängig was die bei BASF rum fummeln.
ecomento.de meint
https://ecomento.de/2021/01/11/nio-et7-elektroauto-mit-1000-kilometer-reichweite-festkoerper-batterie/
VG | ecomento.de
Sebastian meint
Asche auf mein Haupt. Ich spende 50 Euro für wohltätige Zwecke.
FahrradSchieber meint
Naja, ist ja noch ein bisschen hin…
Zumindest ist Tesla so nett und verschiebt den NIO-Konkurrenten (Model S) auf „Mitte 2022“, in der Praxis dürften also beide in etwa zur gleichen Zeit zu haben sein.
alupo meint
Wichtiger für Tesla sind die günstigeten Modelle. Das steht absolut glasklar so in ihrer Strategie.
Ich bin zwar überzeugt, dass auch (MS,) MX und Roadster 2 wieder kommen werden, aber das „Model 2“ ist viel wichtiger für Teslas Vision. Erst recht als der Roadster. Obwohl, ich persönlich könnte beide brauchen, also gebt mal „Gas“@Tesla.