Die etablierten deutschen Lkw-Hersteller haben mit dem BAX 7.5 einen neuen heimischen Konkurrenten mit Elektroantrieb. Entwickelt hat den Batterie-Lkw die BPW Bergische Achsen KG aus Wiehl zusammen mit der Paul Nutzfahrzeuge GmbH aus Vilshofen an der Donau. Das erste Modell der neuen Marke wurde kürzlich am Rande der Hauptversammlung des Bundesverbandes Elektromobilität (BEM) vorgestellt.
An der Konzeption des 7,5-Tonners seien viele Spediteure aktiv beteilig gewesen, erklärte BPW. Die Auslieferung der Serienfahrzeuge solle ab Frühjahr kommenden Jahres starten. Das konstruktive Layout und technische Leistungsdaten habe man konsequent auf den Transportalltag ausgerichtet. Mit einem reinen Chassis-Gewicht von 3,5 Tonnen schultere der BAX 7.5 eine Netto-Nutzlast von vier Tonnen. Mit einem ab Werk lieferbaren festen Kofferaufbau mit Palfinger-Ladebrücke verbleiben drei Tonnen Zuladung, 15 Europaletten haben in dieser Version Platz.
Auch Aufbauten-Spezialisten haben an der Entwicklung mitgewirkt. Der BAX 7.5 ist deshalb mit zwei verschiedenen Radständen – 3465 und 4475 Millimeter – lieferbar und kann ohne konstruktive Einschränkungen mit denselben Aufbauten individualisiert werden wie ein Dieselfahrzeug, darunter Container-Shuttle, Hubsteiger, Tankwagen oder Müllfahrzeug.
Mit „Long Range“-Batteriesatz soll der 100 kW (136 PS) starke BAX 200 Kilometer weit fahren können, die „Medium Range“-Version mit einer Reichweite von 130 Kilometern zielt auf die Stadt-Logistik. Die Reichweitenangaben sind den Entwicklern zufolge keine Laborwerte, sondern im realen Testeinsatz bei stromzehrenden Winter-Temperaturen gemessen. Die Batterien werden von BMW zugeliefert. Der E-Lkw von BAX kann mit 22 kW Wechselstrom (AC) laden oder mit 100 kW Gleichstrom (DC) ziehen. Mit 100 kW soll das Akkupaket in unter 40 Minuten von 20 auf 80 Prozent aufgeladen werden können.
Die Antriebstechnik des BAX 7.5 sitzt nicht wie sonst bei batterieelektrischen Lkw üblich vor oder unter dem Fahrer, sondern in der Hinterachse. Die Antriebsachse von BPW wuchtet mit zwei E-Motoren ein Drehmoment von jeweils 3290 Newtonmetern auf die Räder. Die maximale Achslast liegt bei 5,6 Tonnen. Das bereits seit 2018 bei der elektrischen Umrüstung von Lkw genutzte Antriebskonzept benötigt keine Differenzialachse oder Kardanwelle – das komme der Zuladung zugute, aber auch der Wartungsfreundlichkeit: „was nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen“, so der Anbieter.
Weniger Gewicht, mehr Bauraum und mehr Zuladung ermögliche auch das Chassis. Vor allem aber sorge es für mehr Sicherheit im urbanen Verkehr und entlaste gleichzeitig den Fahrer, heißt es weiter. Im BAX 7.5 sitze man nicht hoch über dem Verkehr, sondern nahezu auf Augenhöhe mit Radfahrern. Auch das Ein- und Aussteigen falle so leichter. Für Sicherheit sorgen moderne Assistenzsysteme, darunter Spurhalteassistent, Notbrems- und Abbiegeassistent und eine Rückfahrkamera. Der Fahrer kann sich über serienmäßige Komfort-Features wie unter anderem Klimaanlage, Sitzheizung, Freisprecheinrichtung und Apple Carplay/Android Auto freuen.
Der BAX 7.5 ist serienmäßig auch mit einem Transport-Telematiksystem ausgerüstet. Der Fahrer, Fuhrparkmanager oder Disponent in der Zentrale können in Echtzeit Fahrzeug-, Batterie- und Tourdaten online einsehen, außerdem die Zuladung. Touren können damit permanent nachoptimiert, Leerfahrten vermieden werden.
Der BAX 7.5 kann schon geordert werden, zu Preisen ab 155.000 Euro. Im ersten Jahr sollen in Vilshofen 200 E-Laster entstehen, in den Jahren darauf etwa 1000 Stück. Der Bax 7.5 kann schlüsselfertig inklusive Aufbau direkt über BPW bestellt werden. Alternativ können Fahrzeugbetreiber oder Aufbauten-Spezialisten nur das Chassis bestellen und den Aufbau in Eigenregie vornehmen.
„Wir freuen uns, die Leistungsstärke unseres Achsantriebs erstmals in einem Neufahrzeug unter Beweis stellen zu können“, so Josha Felix Kneiber, Leiter Produktmanagement & Strategischer Vertrieb Elektromobilität. „Der BAX ist kein kapriziöses Showcar, sondern ein echtes Arbeitstier für den Transport-Alltag. Auch die serienmäßige Telematik sorgt für mehr Wertschöpfung pro Kilometer.“
Der Diktator meint
Die Assisitenten in den LKW sind super. Aber um die totale Sicherheit im Strassenverkehr zu schaffen muss auch auf der anderen Seite aufgerüstet werden.
Ich frage mich, wann endlich für Radfahrer folgende Assisitenten verpflichtend werden:
– Rechtsfahrgebot Assisitent
– Wenn-rote-Ampel-dann-Stopp-Assistent
– Sicherheitsfunktionionen-defekt-fahr-in-die-Werkstatt-Assisitent (Licht, Bremsen, etc.)
– Wichtigste-StVO-Regeln-Anzeige-Assisitent
Peter W meint
Um es mal ganz einfach auszudrücken: Eine sehr positive Nachticht. Dass sich ein Achshersteller sowas zutraut hat meinen Respekt. Hier zeigt sich auch der enorme Vorteil des E-Antriebs, der, wenn man es nüchtern betrachtet, nur aus einer Achse und einem Batteriepack besteht. Der Rest ist für jeden Fahrzeughersteller Alltagsgeschäft. Auch Umrüstungen von Diesel-LKW sind mit der Achse möglich. Der LKW wird sicher mit zunehmenden Produktionszahlen noch deutlich günstiger werden, und der Diesel hoffentlich noch viel teurer.
Mäx meint
Macht Mercedes ja vom Prinzip her ebenso.
Eine Hinterachse als Antriebsachse mit Elektromotor und Getriebe (2-Gang) in der Mitte.
Peter W meint
Genau, und diese einfachen Systeme sind mit der extrem komplizierten Dieseltechnik mit Abgasreinigung nicht mehr zu vergleichen. Simpler gehts nicht, da müssen nur noch die Akkus billiger werden.
Mäx meint
Ja und Kardanantrieb, der ausschlagen kann oder sonst was gibts auch nicht mehr.
Packaging könnte man mal neu überdenken, statt einfach nur rauswerfen und wieder vollstopfen. Vielleicht gibts da ja noch paar Optimierungen (Fahrerkanzel geräumiger etc.)
Batterien müssen günstiger, aber am besten auch leichter oder die Energiedichte erhöht werden.
EdgarW meint
@Mäx „Vielleicht gibts da ja noch paar Optimierungen (Fahrerkanzel geräumiger etc.)“
Gibt’s in der Tat: Die Fahrerkanzel sitzt wesentlich niedriger, weshalb annähernd auf Augenhöhe mit Fußgängern / Radlern gefahren wird. Zu sehen auf Heise Autos, in diesem Artikel hier leider nicht zu finden. Ist ein großer Sicherheitsgewinn, extrem wichtig im Innenstadtverkehr – die aktuellen Assis sind gut, aber echter Sichtkontakt ist durch nichts zu ersetzen. Die Absenkung wurde möglich, da unter’m Fahrerhaus halt kein Motor etc untergrebracht werden muss.
Lenny.L meint
Ab 155.000 Euro also , das ist viel Geld für ein 7,5 Tonner Koffer.
Zum Vergleich ein Euro 6 Mercedes Atega 823 kostet ca die Hälfte (70 bis 80 tausend Euro)
Allerdings wenn man die Förderung vom Bund und die hohen Diesel Preise, ganz zu schweigen von den Klimaschäden durch fossile Brennstoffe berücksichtigt, dann müsste ich als Spediteur im Verteiler Verkehr nicht lange überlegen.
Der Bax könnte im 7,5 Tonnen Bereich ein Erfolg werden ?
Wobei ich persönlich noch etwas warten würde z. B. auf den 7.5 Tonner Tevva Truck, der mir allein schon vom Design besser gefällt, nicht so altbaksch wie der Bax, und angeblich 2. Paletten mehr laden kann…..Preis ? ????
CaptainPicard meint
Weiß jemand wie viel ein vergleichbarer Diesel kosten würde? Kann die 155.000 Euro Preis nicht einschätzen.
Mäx meint
Also das Fahrgestell hat vor 10 Jahren 45k€ (netto) gekostet, mit größerer Kabine (Liege).
Das war ein MAN 8.250, mit ähnlichem Radstand.
Aufbau als Plane waren nochmal 10k€.
Klar Koffer ist nochmal bisschen teurer…aber für die fehlenden 100k€ kann man sich vermutlich ein Wohnabteil voll ausgestattet draufsetzen.
Selbst über TCO wird das nicht möglich sein…
Sebastian meint
Das abgebildete Nissan Chassis als 4t mit div. Aufbauten liegen alle deutlich unter 50T Euro. Also Faktor 3 bei Viertel Reichweite. Schade.
Mäx meint
Ich kann ja nur das berichten, was ich weiß ;)
Aber die Richtung bleibt die gleiche.
BPW schreibt auf der Homepage, dass es über die Förderung nur zu einem Kaufpreis von ca. 75k€ kommt…weiß da einer was genaues?
Tommi meint
Reichweite hat früher niemanden interessiert. Jetzt plötzlich ist das bei Diesel-Fahrzeugen relevant.
Sagen wir mal so: wenn die Reichweite ausreichend ist, wird das Teil nachts an der Wallbox geladen und man muss nie mehr wieder einen Umweg über die Tankstelle machen. Das Laden würde also sogar nocht Zeit sparen.
Mäx meint
@Tommi
Grundsätzlich hast du Recht. Wenn die Reichweite okay für den Anwendungsfall ist, dann entfällt die Zeit des Tankens (egal ob außerhalb des Firmengeländes oder der eigenen Zapfsäule).
Für unseren Anwendungsfall wäre die km Zahl gerade so ausreichend.
Allerdings bedienen wir das gerade mit einem Altfahrzeug, und benutzen unsere neuen Fahrzeuge für die „lukrativen“ Fahrten.
Somit kommt eine Neuanschaffung hierfür, gerade bei dem aufgerufenen Preis, auf gar keinen Fall in Frage.
Man muss aber auch bedenken…das Jahr hat 365 Tage, davon sind 50 Sonntage und noch ein paar Feiertage…sagen wir also mal 300 Tage ist das Fahrzeug im Einsatz.
Mit max. 200km Reichweite komme ich also auf max. 60k km/a.
Auf 5 Jahre macht das 300k km. Die Mehrkosten sind mindestens 50k€, eher mehr. Das Ding müsste also >0,17€/km günstiger sein.
Diesel liegt bei ca. 1,2€ netto (klar das wird auch mehr), Strom bei ungefähr 18,5ct/kWh.
Für die 200km Reichweite könnte man ca. 200kWh ansetzen denke ich (Mercedes braucht für 400km 400kWh Batterie in 12t Koffer, dann noch Ladeverluste etc.).
200kWh*18,5ct -> 37€ pro 200km; das sind dann 0,185€/km.
Der Diesel LKW darf also 0,35€/km Kosten, was knappen 30l/100km entspricht…und das schon unter guten Bedingungen gerechnet.
Die erreichbaren Etappen werden wohl eher bei 150km im Schnitt liegen (Winter, nicht immer 0-100% und so weiter).
Angenommen ist natürlich alles andere ist ähnlich (Versicherung bla bla).
Alles in allem kommt es auf den Kaufpreis an und den Anwendungsfall, ob sich das rechnet oder nicht. Pauschal kann man das nicht beantworten.
Mäx meint
Nachtrag:
War gerade auf der Seite: 126kWh für 200km
–>sagen wir mal es sind ca. 125kWh zum Nachladen und vermutlich nur 150km reale Reichweite.
Macht 0,12€/km; Diesel LKW darf also nicht mehr 0,3€/km kosten.
Das wären ca. 21l/100km Diesel (1,4€ gerechnet also deutlich mehr als aktuell).
Insgesamt für 5 Jahre gerade mal eine null…muss man wollen und den passenden Einsatzzweck haben.
Sebastian meint
Mäx kann gut rechnen!
Bei Autos passt es heute ganz gut schon, jedoch schlägt das Thema Energiedichte ab einem Geländewagen bereits voll rein, ab dem Kastenwagen und LKW wird es wirtschaftlich völlig untragbar.
200km sind schon ok… mit einem REX perfekt. Zumindest als Übergang bis Akkus auch hier alltagstauglich sind.
Sebastian meint
Captain
Für 150T bekommt man einen Actros mit LBW und 12t Gewicht.. Nur zur Einordnung.
Sebastian meint
Ich meinte 22 bis 28t
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Hoppla, das klingt aber mal interessant. Da versuchen NFZ-Zulieferer sich im Schatten der Antriebs-Transformation aus der bisweilen herrschenden Knebelwirtschaft der großen Player zu befreien. Fachkompetenz haben sie ja zu genüge und Tesla hat gezeigt, dass man nicht immer eine teure Vertriebsstruktur benötigt.