Die neue Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP will Deutschland modernisieren und grüner machen. Im Fokus steht dabei insbesondere der Verkehrssektor, der in den kommenden Jahren elektrifiziert werden soll. In einem Interview mit der Automobilwoche hat die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA) Hildegard Müller über ihre Erwartungen an die Ampel-Koalition mit Blick auf den Wandel der Branche gesprochen.
Es gehe jetzt nicht mehr darum, über das ob der Transformation zu sprechen, sondern über das wie. „Und dazu müssen alle Beteiligten die Ärmel hochkrempeln und sich fragen, was sie jeweils dazu beitragen können“, sagte Müller. „Da ist natürlich die Autoindustrie gefordert, aber auch die Politik und viele Beteiligte außerhalb der Autobranche wie die Energie- und Mineralölbranche.“
Unter dem Strich bewertet die Lobbyistin den Koalitionsvertrag für die Automobilindustrie in Deutschland positiv. Der Koalitionsvertrag sei ein Beitrag, „um Dinge zu ermöglichen, nicht um sie zu verhindern“. Dazu sei es auch wichtig, nicht immer nur neue Ziele zu beschreiben, sondern konkreter und „ehrlicher“ in der Debatte zu werden – etwa bei den Themen Ladeinfrastruktur, Rohstoffversorgung oder Preisentwicklung.
Müller bemängelte, dass die Mobilitätsdebatte vielfach aus der Sicht von Städtern über die Köpfe der Bevölkerung im ländlichen Raum hinweg geführt werde. Man müsse die Menschen mitnehmen, vielen von ihnen hätten Angst vor der Transformation der Autoindustrie, weil sie befürchten, „dass sie E-Autos nicht überall laden können, weil diese Autos teurer werden, weil immer mehr Verbote drohen“. Da dürfe man nicht unsensibel vorgehen.
Mit Blick auf die Ladeinfrastruktur sagte die VDA-Chefin, dass das Ziel der Koalition von 15 Millionen Elektroautos bis 2030 bedeute, dass jede Woche 2000 neue Ladesäulen installiert werden müssten – derzeit seien es nur rund 250. Das Aufbautempo müsse also deutlich zunehmen. Die Automobilwirtschaft könne das allein nicht stemmen und brauche dazu auch die Unterstützung der Energiewirtschaft, die rechtlichen Möglichkeiten im Baurecht „und vieles mehr“. Es gelte zudem, die Ladeinfrastruktur in ganz Westeuropa voranzutreiben.
Die Autoindustrie stellt ihr Angebot auf E-Antrieb um, einige Hersteller und insbesondere Zulieferer verlangen aber weiter Technologieoffenheit. Auch die neue Bundesregierung will trotz E-Auto-Fokus andere Antriebstechnologien unterstützen. „Aus unserer Sicht ist positiv, dass die Koalitionäre differenziert auf den Mobilitätssektor blicken“, sagte Müller. Im Pkw-Bereich würden die Weichen klar in Richtung Elektromobilität gestellt, dort seien auch die deutschen Hersteller „voll im Umbau“. Bei schweren Antrieben sei die Lage nicht so eindeutig, da gebe es den Wasserstoff und die synthetischen Kraftstoffe. „Darüber müssen wir jetzt mit der neuen Regierung mit dem gleichen Engagement reden, wie wir das zuletzt im Bereich des batterie-elektrischen Fahrzeugs getan haben“, forderte Müller.
Sollte der Elektro-Boom wegen unzureichender Ladeinfrastruktur ausgebremst werden, will der VDA nicht wieder auf Verbrenner umschwenken. „Ein Hin- und Hertaumeln kann sich der Staat nicht leisten, das wäre das falsche Signal. Die Industrie baut jetzt ihre Werke um. Sie braucht jetzt Planungssicherheit“, betonte Müller. Deutschland könne Leitmarkt für die Transformation zu E-Mobilität werden, und wenn das gelinge, könne man auch das exportieren – „und gleichzeitig viel für das Klima erreichen“.
Ernesto 2 meint
Also 1 Million Ladesäulen für 15 Millionen BEVs? Meint die Frau LadePUNKTE oder LadeSÄULEN? Bei Säulen wären das dann an die 3 Millionen Ladepunkte das heißt, daß sich 5 BEV EINEN Ladepunkt teilen? Zusätzlich zu den Millionen Wallboxen die bereits gefördert und installiert sind. Jedem seinen eigenen Ladepunkt? Ich glaube daß sich das für die Energieunternehmen nicht lohnen kann und deshalb auch nie Realität werden wird. Solche Aussagen sind wenig überlegt und deuten auf ein völlig falsches Verständnis hin. Wer hätte dann nicht auch für alle 100 Autos eine eigenen Tankstelle gefordert… was aber sicher NICHT der Fall ist. Also irgendwie nicht richtig sowas zu fordern. Scheint dann doch eher eine Schutzbehauptung zu sein um nicht liefern zu müssen…. weil BMW und Konsorten das sowieso nicht hinbekommen wollen.
Jakob Sperling meint
Sowohl BEV (Batterie) wie auch FCEV (H2) sind Elektromobilität. Der Antrieb ist immer elektrisch, das Energie-Speichersystem ist in beiden Fällen chemisch.
Zudem hat ein FCEV immer auch eine Batterie. Einzig die Grösse und ob sie separat ladbar (plug-in) ist, ist verschieden.
Yogi meint
Glückwunsch, hätte ich ihnen gar nicht zugetraut.
Michael meint
Die Zukunft gehört dem Batterie elektrischen Auto. Ob da noch jemand einen Range Extender mit Wasserstoff dranhängt ist dann auch egal.