Der Autohersteller Daimler hat sich am 1. Februar 2022 in Mercedes-Benz umbenannt. Damit ist die 2021 angekündigte Aufspaltung der Daimler AG in die Automarke Mercedes-Benz und die Lkw-Sparte Daimler Truck vollzogen. In einem ausführlichen Interview mit der Zeit erläuterte Mercedes-Benz-Chef Ola Källenius den Grund für die Neuausrichtung und bekräftigte die schnelle Elektrifizierung des Unternehmens.
Die Transformation der Branche sei so tiefgreifend, dass er und sein Team Daimler neu aufstellen mussten. Die Aufspaltung sei vernünftig, da die Marke Mercedes-Benz für Luxus-Pkw und Premium-Vans stehe, auf der anderen Seite gebe es die Nutzfahrzeuge. Für den „gewaltigen“ Umbruch der Branche müsse man schnell und agil sein. „Dafür haben wir gewissermaßen eine WG aufgelöst, und jetzt hat jede Sparte ihre eigene Wohnung“, sagte Källenius. Die neue Struktur bringe schnellere Entscheidungswege und animiere zu mehr Unternehmertum. Beide Unternehmen hätten nun ein klares Profil, was auch am Kapitalmarkt ein Vorteil sei.
Källenius hat beschlossen, Mercedes-Benz in diesem Jahrzehnt auf eine vollelektrische Zukunft vorzubereiten. Die Mobilitätsbranche sei ein Schlüssel, um die CO₂-Herausforderung zu lösen und das Pariser Klimaabkommen zu erreichen. „Wir als Innovationsmarke müssen da vorne mit dabei sein. Wir müssen weg von fossilen Energien. Da liegt es auf der Hand, die Antriebsart zu wechseln“, erklärte der Manager. „Nun werden wir elektrisch. Das ist kein Trauma, sondern eine Chance.“ Den Systemwechsel vollziehe das Unternehmen, nicht weil es das müsse, sondern weil es das wolle.
Mercedes-Benz „endgültig positioniert“
Der Klimawandel sei eine große Zukunftsaufgabe, die es anzugehen gelte, so Källenius weiter. Mercedes-Benz habe sich als Konzern „endgültig positioniert“. Man setze nicht auf eine Steigerung der Effizienz von Verbrennern, sondern auf den Elektromotor. Das gefalle auch Investoren besser, die ihr Geld lieber Unternehmen mit klaren Plänen für die Dekarbonisierung gäben. Mit Blick auf die Sorgen der Mitarbeiter vor den Umwälzungen versicherte der Konzernchef, dass seine Strategie auf langfristige Sicherheit abziele und der Wandel sozial verantwortlich umgesetzt werde. Am Ende werde es zwar netto weniger Arbeitsplätze als vorher geben, das lasse sich aber über Qualifizierung, Fluktuation und Altersteilzeit fair gestalten.
Dass etwa hohe Rohstoffpreise den Durchbruch des Elektroautos noch verhindern können, glaubt Källenius nicht. Ein Mangel an verschiedenen Rohstoffen werde die E-Mobilität höchstens verzögern. Der Mercedes-Benz-Chef verteidigte, auch in Zukunft weiter große Autos wie die G-Klasse anbieten zu wollen. Von der A-Klasse bis zur S-Klasse gelte: „Wir elektrifizieren alle Fahrzeuge und produzieren über die gesamte Wertschöpfungskette bis 2039 CO₂-neutral. Unabhängig vom Fahrzeugformat.“ Deshalb gebe es 2024 auch die G-Klasse elektrisch.
Die Aufgabe des Unternehmens sei es, in jedem Segment, für das sich Kunden begeistern, die klimafreundlichste Alternative anzubieten. Das fange kompakt mit dem elektrischen EQA an und gehe bis zum Spitzenmodell EQS. Gerade Deutschland profitiere davon, dass die Marke hier auch luxuriöse Autos erfolgreich produziert. Das sei die Basis für gute Jobs, Ausbildungsplätze, Steuereinnahmen und auch die finanziellen Mittel „für Hightech made in Germany“.
Für Klimaschutz müssen bei Elektroautos laut Källenius drei Dinge in Einklang gebracht werden: Das Produkt müsse CO₂-neutral sein. Es brauche eine Infrastruktur, damit alle emissionsfrei unterwegs sein können. Und es sei eine Energiewende hin zur Produktion von grünem Strom nötig. Wenn die Autobranche hier ein bisschen schneller sein werde, könnte das die anderen Branchen mitziehen.
„Alle Märkte wollen von uns Elektroautos“
Vorerst werden die Schwaben weiter auch Verbrenner und teilelektrische Modelle verkaufen. Källenius glaubt aber nicht, dass es auf Dauer „zwei Welten“ in dem Segment des Unternehmens geben wird. Wer sich für ein Luxusprodukt entscheide, wolle nicht die Vergangenheit kaufen. Selbst der Vertrieb aus einem Land wie Kolumbien sage ihm, dass er Elektroautos wolle. Alle Märkte würden von Mercedes-Benz Elektroautos wollen, „und unsere Kunden in fernen Ländern werden das auch als Erste wollen“.
Der Boom von Elektroautos wird in vielen Ländern durch teils hohe staatliche Förderung getrieben. In Deutschland etwa zahlt die Regierung bis zu 6000 Euro „Umweltbonus“. An der Förderung teilnehmende Hersteller wie Mercedes gewähren zusätzlich 3000 Euro Netto-Rabatt. Die Subventionen brauche es, weil die variablen Kosten für ein E-Auto in diesem Jahrzehnt weit höher als beim Verbrenner seien, sagte Källenius. Diese gelt nicht nur für die Produzenten, sondern auch für die Kunden. Mobilität dürfe aber kein Luxusgut sein. Um die Nachfrage „behutsam zu drehen“, müsse man alle Anreizmöglichkeiten nutzen. „Wir müssen weg von fossilen Rohstoffen, und das Verbrennen von fossilen Brennstoffen muss teurer werden“, so der Manager. Am Ende müsse der Markt funktionieren – „aber da müssen dann auch die echten Umweltkosten der Verbrenner berücksichtigt werden, was über den CO₂-Preis schon teilweise geschieht“.
Peter Pisawotzki meint
Das klingt wirklich gut. Källenius hat einen sehr guten Tenor formuliert.
Klar, kann man skeptisch sein, ob Mercedes den Wandel schnell genug schafft. Aber die Kernbotschaft ist doch: Man geht denn Wandel jetzt entschieden an und man geht ihn vor allem vor dem richtigen Hintergrund an: Weg von fossilen Energien.
Interessante Nebenbotschaft: In allen Märkten werden vollelektrische Autos nachgefragt. Nicht nur in Deutschland oder West-Europa.
Werner Mauss meint
Källenius hat beschlossen, Mercedes-Benz in diesem Jahrzehnt auf eine vollelektrische Zukunft vorzubereiten.
Achso, es geht bei Mercedes erst 2030 los.
Den Systemwechsel vollziehe das Unternehmen, nicht weil es das müsse, sondern weil es das wolle.
Den Satz finde ich noch besser.
Am Ende werde es zwar netto weniger Arbeitsplätze als vorher geben, das lasse sich aber über Qualifizierung, Fluktuation und Altersteilzeit fair gestalten.
Das sei die Basis für gute Jobs, Ausbildungsplätze, Steuereinnahmen und auch die finanziellen Mittel „für Hightech made in Germany“.
Naja, passt doch alles schön zusammen. Steuereinnahmen, zahlt Mercedes Steuern?
Und Geld will er für sein Premium auch noch vom Staat.
Die Subventionen brauche es, weil die variablen Kosten für ein E-Auto in diesem Jahrzehnt weit höher als beim Verbrenner seien, sagte Källenius.
Andere sagen das was anderes, was ganz anderes.
„aber da müssen dann auch die echten Umweltkosten der Verbrenner berücksichtigt werden, was über den CO₂-Preis schon teilweise geschieht“.
Jetzt plötzlich, vor 3,4 Jahren hieß es das wäre unmöglich, lächerlich, das Ganze.
Fritzchen meint
Wer sich einen Mercedes kauft, benötigt keinerlei Förderung.
Wenn der Konzernchef seinen eigenen großen Worten folgen würde, müsste er ein Fahrzeug bauen, welches keine 20 Tausend Euro kostet.
Aber er sieht, wie jeder andere Boss, nur die Gewinnmaximierung.
Hans Meier meint
Den Artikel kann man getrost in die Tonne kloben, Fänchen im Wind, von „Zukunft“ hat dieser Laden eh keine Ahnung. Immerhin wars noch Grossväterchen Zwetsche mit der „Nach mir die Sinnflut“. Manager Kälin muss den Laden wieder in Schuss bringen damit der Laden nicht grad den Bach runtergeht, Geely werden schon gut schauen.
Werner Mauss meint
Der Laden ging doch eigentlich immer den Bach runter, oder hhaben sie es einmal erlebt das beim Vorstandwechsel nicht alles total umgebaut und der Name geändert werden musste um wieder auf die Beine zu kommen. Mercedes ist ein Selbstbedienungsladen für die Eliten und deren mißratenen Kindern auf Staatskosten, die Karren bauen die Leiharbeiter zusammen und der Normalo dort hat die Klappe zu halten.
Shullbit meint
Noch vor einem Jahr hat Källenius einfach eine epische Fehlstrategie abgeliefert. Noch vor einem Jahr wollte Mercedes auch 2030 noch die Mehrheit aller Autos mit Verbrennungsmotor verkaufen. Und die damalige „Strategie“ hat Källenius natürlich auch als total toll und richtig verkauft. Einige Schlussfolgerungen haben sich bei der Mehrheit der Kommentatoren hier früher eingestellt als bei Källenius. Der Strategieschwenk auf Elektromobilität ist natürlich richtig, aber es bleiben Zweifel, ob Källenius ein guter Stratege und Mercedes-Lenker ist.
Bei der Aufspaltung von Daimler ging es meines Erachten auch nur um ein Bonbon für Aktionäre. Man hofft, dass beide Teile einzeln an der Börse mehr wert sind. Strategisch halte ich das für falsch. Trucks gehören seit 100 Jahren zu Mercedes und die Sparte läuft gut. Und plötzlich ist das ein Klotz am Bein für Mercedes PKW? Durch den Schwenk auf Elektromobilität sind die Synergieffekte zwischen den beiden Sparten größer als jemals zuvor. Während Verbrennungs-Motoren, Getriebe usw. für LKWs immer fundamental anders waren als für PKWs, kann man die selben Batteriepacks nun für PKWs und LKWs nutzen. LKWs bekommen einfach ein paar mehr. Bei Software gibt es viele Überschenidungen und autonomes Fahren ist auch für Trucks ein Riesenthema.
Davon abgesehen, hat Mercedes zuletzt einiges vorgelegt, dass dafür spricht, dass sie technologisch in einigen Aspekten ganz vorn dabei sind (z.B. Effizienz bei Eleketroautos). Das macht viel Hoffnung.
Ansonsten allgemein: Heute Meldungen von Mercedes, Ford, GM bei ecomento und alle haben den selben Tenor: Wir setzen noch mehr und noch schneller auf Elektromobilität. Und BMW so: Bääääh. Verbrenner sind die Zukunft. Wir wollen auch nach 2035 noch Verbrenner verkaufen. Und Batterien wollen wir deshalb auch nicht bauen – mit Abstand das Teil mit der höchsten Wertschöpfung beim E-Auto….
Andi EE meint
@Shullbit
„Noch vor einem Jahr hat Källenius einfach eine epische Fehlstrategie abgeliefert. Noch vor einem Jahr wollte Mercedes auch 2030 noch die Mehrheit aller Autos mit Verbrennungsmotor verkaufen.“
Das stimmt nicht, der EQS wird doch mindestens seit 3 Jahren aufgegleist (dito EQE). Die Strategie war längst da, sie wurde aber nicht in den Vordergrund geschoben, weil man ja die bestehenden Produkte noch verkaufen muss.
Ich finde der Källenius verkauft die Sache ziemlich gut. Als Beispiel wie man es nicht machen sollte, könnte man Elon Musk erwähnen der jetzt grad wieder ein Riesenbock geschossen hat, wo er am Earnings Call primär vom Bot und FSD geschwafelt hat. Aber das Model 2/Q auf die lange Bank geschoben hat. Was wieder zu einem riesen Vertrauensverlust an der Börse geführt hat.
Nicht fertige Produkte derart in den Fokus zu rücken, ist einfach Mist. Es braucht das solide Geschäft, wo das was ist, geschätzt und gut verkauft wird. Nicht die Träumerei die noch nicht fertig ist und irgendwann in der Zukunft mal so irre toll sein wird.
Der Musk hat ja als einziger bei Tesla die wunderbare Aufgabe, die Rosinen jeweils zu präsentieren. Klar finden dich dann alle gut. Aber manchmal ist es einfach angesagt, sich zurückzunehmen und das optimal zu präsentieren, mit dem man im Hier und Jetzt Geld verdient. Und das macht ein Källenius viel besser als der Musk. Ich bin ja Aktionär von Tesla, aber mittlerweile geht mir dieses sich in Mittelpunkt stellen von Musk, so was auf den Geist. Man hätte gescheiter diesen Kirkhorn das vollständig präsentieren lassen, dann wäre es nicht so ein Desaster geworden.
MiguelS NL meint
Welches Desaster, was ist passiert? hast du einen Link?
Andi EE meint
Das Kurs-Desaster selbstverständlich. Man hatte Bombenzahlen, tolle Stückzahlen und dann dieser Komunikkations-Fail von Musk. Ich habe mir Interviews von US-Investoren in den Interviews angehört, auch die Analyse von Steve Lee, der die Tesla-Geschichte aus Investorensicht begleitet.
Das war die komplett falsche Ansage von Musk. Die Investoren wollen doch nicht die Bot-Geschichten hören. Man will doch genau wissen wie es jetzt mit den Rieseinvestitionen Berlin und Texas in den nächsten Monaten weitergeht. Wie es im Detail mit den 4680er Zellen voranschreitet, und, und … Dinge die Produktion und Skalierung betreffen. Aber Musk hat wieder nix Gescheiteres zu tun, als seine Twitter-Gemeinde zu befriedigen.
Was hat er zu Berlin und Texas gesagt? Für 1.5 Mio. Fahrzeuge brauchen wir Berlin und Texas gar nicht … und schwups war er beim Bot. Sorry, aber das ist Mist.
Shullbit meint
Das stimmt natürlich. Vielleicht nehmen Sie mal zur Kenntnis, dass 2 Modelle keine Geschäftsstrategie sind. Die offiziell verabschiedete und offiziell verkündete neue Mercedes-Geschäftsstrategie bestand aus einer Konzentration auf Shareholder-Value (deshalb u.a. die Abspaltung der Trucks). Und es gab die offizielle Ansage, 2030 50% elektrifizierte Fahrzeuge zu verkaufen. „Elektrifiziert“ sind nach Mercedes-Sprech auch Hybride. Entsprechend wollte man auch 2030 noch die Mehrheit der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor verkaufen. Das war der Plan. Der war in gewisser Weise auch schlüssig, wenn das erklärte Ziel eben Shareholder-Value ist: Statt riesige Summe in die Elektro-Transformation zu stecken, presst man lieber die bestehende und abgeschriebene Verbrenner-Technologie nach Kräften aus und schiebt die kostspielige Elektro-Transformation der gesamten Modellpalette nach hinten.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Das hat aber gedauert, zu dieser Erkenntnis zu gelangen; hochbezahlt und doch langsam im Denken und Entscheiden; naja, Ende gut, alles gut? Hoffentlich.
Daniel S meint
So lange kein einziger deutscher Minister mit E-Auto unterwegs ist wird dier elektrische Individualverkehr nicht genug vorankommen.
Ernesto 2 meint
Solange ein Landesminister glaubt, daß er seine Termine in NRW nicht mit der Reichweite eines BEV abarbeiten kann wird das nix. Aber das war letztes Jahr und da gab es noch keinen „Daimler“ EQS… sondern leider nur Tesla… und DAS geht GAR NICHT!
CaptainPicard meint
Immer wieder lustig, anderswo beschwert man sich wenn Politiker keine heimischen Autos fahren, in Deutschland beschwert man sich wenn sie das tun.