Der schnelle und effiziente Ausbau öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge in Deutschland erfordert neue Rahmenbedingungen. Das geht aus einer Studie der Denkfabrik Agora Verkehrswende hervor.
Die Studienautoren empfehlen zur kurzfristigen Umsetzung, Fördermittel auf Schnellladepunkte an viel frequentierten Orten wie Supermärkten und Einkaufszentren zu konzentrieren. Diese versprächen eine gute Auslastung, auch auf dem Land, und könnten am ehesten rentabel betrieben werden. Normalladen sollte im öffentlichen Raum nur noch für ausgewählte Anwendungen wie elektrisches Carsharing gefördert werden. Langfristig könne der Ausbau und Betrieb öffentlich zugänglicher Ladeinfrastruktur über die Nutzer finanziert werden. Die staatliche Subventionierung sei vor allem in den kommenden Jahren des Markthochlaufs erforderlich.
„Die Bundesregierung muss jetzt die Weichen dafür stellen, dass in neun Jahren 15 Millionen reine E-Autos in ganz Deutschland auf die Straße kommen und bequem Strom laden können“, sagt Christian Hochfeld, Direktor von Agora Verkehrswende. „In der dynamischen Hochlaufphase ist es wichtig, dass die Ladeinfrastruktur dem Bedarf immer einen Schritt voraus ist. Dafür braucht es staatliche Unterstützung.“
Die Studie, die die Beratungsunternehmen Consentec und Neon Neue Energieökonomik im Auftrag von Agora Verkehrswende erstellt haben, empfiehlt eine Weiterentwicklung der bisherigen Förderrichtlinien. Wer den Richtlinien entspricht, kann einen Zuschuss beantragen. Neu wäre vor allem die Konzentration auf Schnellladepunkte an öffentlich zugänglichen Orten, wo das Laden nebenbei geschehen kann, wenn das Auto für die Dauer eines Einkaufs oder anderer Besorgungen abgestellt wird. Dazu gehören auch Ladestellen mit „Hochleistungsladepunkten“ ab 150 Kilowatt.
Zusätzliche Differenzierungen sollen den Wettbewerb stärken, etwa indem alle Betreiber ihre Ladepunkte zu günstigen Konditionen für Drittanbieter zugänglich machen müssen oder indem Anbieter mit geringem Marktanteil einen höheren Fördersatz für den Aufbau von neuen Ladepunkten erhalten. Fahrer sollen öffentlich zugängliche Ladepunkte auch ohne vertragliche Bindung mit dem Betreiber leicht und ohne unverhältnismäßige Preisaufschläge nutzen können.
Im Vergleich zum Normalladen erfordere Schnellladen zwar höhere Startinvestitionen, dafür könnten gut zugängliche öffentliche Schnellladepunkte deutlich mehr Strom absetzen, so die Autoren der Studie. Für die gleiche Lademenge wären weniger Ladepunkte nötig. Die Gesamtkosten pro Kilowattstunde seien deshalb bei einer Spanne von rund 12 bis 14 Cent für beide Ladearten vergleichbar. Der Bedarf an Flächen, die gerade im urbanen Raum knapp seien, wäre bei einer Konzentration auf Schnellladen niedriger.
Nach Einschätzung von Agora Verkehrswende kann Ladeinfrastruktur bei höheren Marktanteilen der Elektromobilität kostendeckend betrieben werden. Das sei aufgrund des erwarteten Zuwachses an Elektrofahrzeugen und der dadurch steigenden Nachfrage nach Ladestrom absehbar. Ein nennenswerter Teil der Kosten in der Aufbauphase könne über den Verkauf von Zertifikaten für Ladestrom gedeckt werden, die Anbieter fossiler Kraftstoffe zum Erreichen ihrer Treibhausgasminderungsquote verwenden können. Der darüber hinausgehende Förderbedarf sei kurzfristig aus Steuermitteln oder mittelfristig gegebenenfalls über Einnahmen aus einer neu einzurichtenden, fahrleistungsabhängigen Pkw-Maut auf dem Weg zur Nutzerfinanzierung zu decken.
Sonderfall Autobahn
Für die Ladeinfrastruktur an Bundesautobahnen, die voraussichtlich etwa 20 Prozent der Ladestrommenge abdecken wird, eignet sich laut der Studie ein anderes Finanzierungsmodell besser, das die Bundesregierung bereits nutzt. An Autobahnen seien die Flächen begrenzt und bereits durch Konzessionen für den Betrieb von Raststätten vergeben. Es bestehe das Risiko, dass Betreiber von Ladeinfrastruktur an diesen Standorten ihre Marktmacht bei der Preisbildung für Ladestrom ausnutzen. Nicht bewirtschaftete Rastplätze versprächen hingegen weniger Auslastung, sodass hohe Förderquoten notwendig wären, um diese wettbewerbsfähig zu machen.
Wie beim geltenden Schnellladegesetz vorgesehen, sollten Finanzmittel für Standorte entlang von Bundesautobahnen deshalb im Rahmen von Ausschreibungen vergeben werden. Dadurch sei es möglich, Lücken in der Infrastruktur und unbegründet hohe Preise auf Seiten der Endkunden zu vermeiden. Der Staat ermittele den Bedarf, definiere eine Preisobergrenze für den Ladestrom und hole Gebote für bestimmte Gebiete und Standorte ein. Den Zuschlag erhalte der Anbieter mit dem günstigsten Preis pro Kilowattstunde Ladestrom. Da die wirtschaftlich kalkulierten Preise in der Regel laut der Studie über der staatlich festgelegten Preisobergrenze liegen werden, würde die Förderung dazu dienen, den Einnahmeausfall der Anbieter auszugleichen. Anders als beim aktuellen Schnellladegesetz läge das Auslastungsrisiko beim Betreiber, um den Anreiz für bedarfsgerechte und kundenfreundliche Angebote zu erhöhen.
„Beim Ausbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur kommt es jetzt auf Weitblick und Tempo an“, sagt Kerstin Meyer, Projektleiterin Fahrzeuge und Antriebe bei Agora Verkehrswende. „Der Fördervorrang für das schnelle Laden zwischendurch liegt auf der Hand, denn es ist die beste Ergänzung zum Normallladen am Wohnort und am Arbeitsplatz.“ Für Kommunen brauche es aber noch weitere Konkretisierungen. In Städten sei der Raum knapp und es träfen unterschiedliche Förderansätze und Interessen aufeinander. Wie der Aufbau der öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur am besten finanziert und koordiniert werden kann, müsse in enger Zusammenarbeit mit den Kommunen genauer definiert werden.
Redlin, Stefan meint
Der sogenannten „Breite Masse“, und das sind genau die, die alle erst noch umsteigen müssen, kann man nicht zum Vorwurf machen, dass sie alle in ihrer Tanklogik verhaftet sind.
Nach dieser Logik geht NUR schnelles laden. Denn sie würden am liebsten erstmal schnell Voll-Laden und dann zum Shoppen fahren, so wie sie heute Tanken fahren. Und ganz unberechtigt ist es auch nicht, dass es nur ausgewählte Orte gibt, an denen fast ausschließlich AC-Langsam-Lader Sinn machen. Definitiv sind das die Arbeitnehmerparkplätze bei der Arbeit. Für alle die nicht zu Hause laden können gibt es eigentlich nur zwei Optionen. Entweder vorm Heimfahren und Abstellen irgendwo noch schnell laden, oder es gibt in den Wohnsiedlungen massenhaft AC-Lader wo man sich die Nacht über anklemmen kann. Die Standort-Entscheidungen sind eben nicht einfach zu treffen, aber entscheidend für einen Erfolg.
Daniel meint
Immer nur Schnelllader, die haben einfach nicht begriffen, wie man eine Elektroauto sinnvoll betreibt. Gerade in Städten, P&R Plätzen, etc. benötigt man unendlich viele AC-Lader.
elbflorenz meint
Sehe ich genau andersrum.
Z.B. P&R – Parkplätze am Rande der Ballungszentren (bei mir im Raum Dresden an der S-Bahn in den Vororten)
Aber wer parkt denn da? Oft Menschen aus dem ländlichen Umland. Die im EFH wohnen. Die brauchen keinen Ladepunkt am P&R Parkplatz.
Z.B. Großstadtbewohner ohne eigenen Stellplatz. Der typische Laternenparker halt. Wie ich auch jahrelang einer war.
Wo lädt denn der am sinnvollsten? Meiner Meinung nach beim Einkaufen am Supermarkt mit 100 oder meinetwegen auch 150 kW Ladesäulen. Und mit der Meinung stehe ich garantiert ned allein …
AC ist meiner Meinung nach nur für folgende Einsatzgebiete sinnvoll: zu Hause am privaten Stellplatz, beim Arbeitgeber und an touristischen Zentren wie Badeseen, Schigebiete oder größeren Schlössern u.Ä.
eBiker meint
Ich geb dir zu 100% Recht.
Sehe ich genauso.
Ich beobachte schon länger, dass die forderung nach mehr Schnarchladern überwiegend von Leuten kommt, die zuhause oder in der Arbeit laden können. Und so eigentlich gar nicht darauf angewiesen sind.
Mäx meint
Dazu kämen Einkaufszentren/Malls/Parkhäuser(Innenstädte) wo man mehrere Stunden verbringt.
Freizeiteinrichtungen wie Fitness-Studio, Schwimmbäder etc. wo man gerne auch mal >1 Stunde verbringt.
P+R Parkplätze halte ich dennoch für sinnvoll.
Ich für meinen Teil glaube nicht, dass dort nur EFH Bewohner parken.
Christian meint
Dem widerspreche ich. Als Innenstadtbewohner parke ich gerne an einer der Normalladesäulen im Kiez – abends leer ein, morgens voll raus. Schnelladesäulen sind a) teurer als AC (€0,39 vs. €0,65) und verbrauchen zudem Teile meiner unwiederbringlichen Lebenszeit. Wenn ich nachts an jeder zweiten Laterne laden könnte wäre das alles kein Thema und es würde das Stromnetz auch insgesamt weniger belasten als mit +175 kW am DC-Lader zu stehen. Mal abgesehen davon, dass so eine Ladeleistung viele (deutsche) Elektroautos nicht bringen.
MichaelEV meint
Fragt sich eher, wer hier was nicht begreift. Städte kann man punktuell mit Schnellladern an hoch frequentierte Orten versorgen… oder einmal die ganze Stadt umgraben und überall AC-Lader hinpflanzen. Letzteres wird zum Glück nie passieren, müssen aber manche erst einmal begreifen.
P+R ist ein guter Ansatzpunkt, da braucht es aber schlauere auf Kosteneffizienz getrimmte Ansätze als da massenweise 11-22 kW-Lader hinzustellen. Letztendlich muss sich der Betrieb wirtschaftlich rechnen und da werden sich viele „Ideen“ nicht gegen Schnellladeinfrastruktur durchsetzen können.
LanzLanzu meint
Ich würde nur einen Phnkt ergänzen:
In Wohngebieten und an Arbeitsstätten sind langsame Ladestationen sinnvoll, wenn die Akteure vor Ort entsprechend beteiligt sind. Ladestationen dort sind im Alltag einfach extrem praktisch und Abnehmer für den Strom gibt es, wenn def Ausbau genau auf die Struktur angepasst ist.
Flo meint
Warum sollte man Standorte die profitabel sind bzw. werden zusätzlich fördern? Die Begründung wäre interessant.
Peter meint
Henne und Ei.
Peter meint
Auch wenn ich im Detail einzelne Nebensächlichkeiten anders sehe, kann ich nur hoffen, dass sie an zuständiger Stelle Gehör finden.