Ford forciert seine Elektroauto-Ziele. In Europa sollen ab 2026 jährlich über 600.000 Elektrofahrzeuge verkauft werden. 2030 sollen in der Region dann nur noch Voll-Stromer angeboten werden. Weltweit will Ford 2026 mehr als zwei Millionen Elektrofahrzeuge absetzen. Die ambitionierten Pläne dürften maßgeblich auf das hohe Interesse an den ersten modernen Elektroautos der Marke zurückzuführen sein.
Aktuell verkauft Ford das 2020 gestartete SUV Mustang Mach-E sowie den kommenden Pick-up F-150 Lightning mit reinem Elektroantrieb. Das Batterie-SUV sei „völlig ausverkauft“ und Ford einfach völlig überwältigt“, sagte CEO Jim Farley bei einer Konferenz. Das ist auch auf den weltweiten Mangel an Computerchips durch die Corona-Pandemie zurückzuführen, das Unternehmen hat für den Mustang Mach-E aber viel mehr Anfragen als eingeplant erhalten.
„Eigentlich sind alle unsere Elektrofahrzeuge für ein paar Jahre ausverkauft. Wir sind also sehr froh, dass wir uns für diese leidenschaftlichen Produkte entschieden haben“, so Farley. Der Konzern hat später als andere Autohersteller auf Elektroautos gesetzt. Vom Kompaktwagen Focus gab es zwar schon recht früh eine elektrische Version, der Wagen konnte aber wegen wenig Reichweite zum hohen Preis nicht überzeugen. Jetzt setzt Ford auf E-Autos, die in den bei der Marke am besten laufenden Segmenten mit hoher Alltagstauglichkeit zu erschwinglichen Preisen punkten sollen.
Der späte Start schadet dem Unternehmen nicht, glaubt Farley. Das Ford-Team habe durch früher eingeführte E-Autos von Anbietern wie BMW, General Motors, Nissan oder Tesla gelernt, dass der Markt keine generischen Produkte will. „Was wir als Managementteam daraus gelernt haben, was in der Firma eigentlich nicht populär war, war, dass die frühen Anwender von Null-Emissions-Fahrzeugen die guten Sachen wollten“, so der CEO. „Sie wollen keine generischen, gleichartigen Kleinwagen, die unscheinbar sind. Sie wollen großartige Fahrzeuge. Sie wollen erstrebenswerte Fahrzeuge … Also sagten wir: ‚Lasst uns die Ikonen elektrifizieren.'“
Ford entschied sich, den Namen der Sportwagenikone Mustang für ein komplett neues, rein elektrisches SUV zu nutzen. Das kam bei einigen Fans zwar nicht gut an, das Elektroauto-Flaggschiff der Marke ist dem Unternehmen nach aber sehr beliebt. Als Nächstes wird die F-Reihe elektrifiziert, der Pick-up ist das meistverkaufte Auto in den USA. Der wohl nur in den Vereinigten Staaten angebotene F-150 Lightning wird in diesem Jahr erwartet – und ist ebenfalls enorm beliebt: Die Reservierungsliste wurde geschlossen, als sie in kurzer Zeit 200.000 Einträge erreichte.
„Noch nie dagewesene Nachfrage“
„Wir haben eine noch nie dagewesene Nachfrage nach unseren Elektrofahrzeugen, und unsere Teams arbeiten daran, die Beschränkungen zu überwinden, damit wir mehr Fahrzeuge für unsere Kunden bauen können“, sagte ein Ford-Sprecher der Detroit Free Press. „In diesem Jahr werden wir die Produktion des Mustang Mach-E erhöhen und erwarten, dass wir bis zum nächsten Jahr mehr als 200.000 Einheiten pro Jahr erreichen werden.“
Bereits im Januar hatte Ford angekündigt, die Produktionskapazität für den F-150 Lightning auf 150.000 Einheiten pro Jahr nahezu zu verdoppeln, um die „rasant steigende Kundennachfrage“ zu befriedigen. Bis Ende 2024 will der Konzern weltweit insgesamt 600.000 batteriebetriebene Fahrzeuge pro Jahr produzieren können. Bis 2026 soll die jährliche Produktion dann auf über zwei Millionen Elektrofahrzeuge steigen.
Der Mustang Mach-E ist auch hier verfügbar, der neue Elektro-Transporter E-Transit wird ebenfalls in Europa angeboten. Darüber hinaus verfolg Ford in der Region eine eigenständige Strategie: Bis 2024 sollen hier drei neue Elektro-Pkw und vier neue Elektro-Nutzfahrzeuge eingeführt werden. Ab 2023 soll mit der Produktion eines „völlig neuen vollelektrischen Pkw“ im Werk in Köln begonnen werden. Ab 2024 soll die deutsche Produktion um ein zweites neues vollelektrisches Modell erweitert werden. Fords in Europa meistverkauftes Pkw-Modell, das SUV Puma, soll ab 2024 im rumänischen Craiova auch als reiner Stromer produziert werden.
Zwei der neuen Pkw für europäische Kunden werden auf Volkswagens Elektroauto-Baukasten MEB fahren, den Ford als erster Wettbewerber nutzen darf. Für gewerbliche Abnehmer hat das Unternehmen vier neue Elektro-Nutzfahrzeugmodelle der Transit-Baureihe angekündigt. 2023 sollen der Transit Custom im Ein-Tonnen-Transporter-Segment und die Großraumlimousine Tourneo Custom starten. Im Jahr darauf soll die nächste Generation der kleineren Fahrzeuge, die vollelektrischen Transit Courier und Tourneo Courier, auf den Markt kommen.
Carsten meint
Beeindruckend wie positiv man die eigene, gravierende Fehlplanung doch verkaufen kann.
Vanellus meint
Man fasst es nicht. Ford ist nun der letzte Autohersteller (oder kommt da etwa noch einer hinterher?), der E-Autos produziert und vor Schreck auf den Rücken fällt. Die Leute kaufen die Dinger (damit konnte ja niemand rechnen), sogar wenn sie von Ford kommen! Man, man, man.
Shullbit meint
Das Problem aus Käufersicht: Preise für Lithium und Nickel steigen extrem. Wirklich extrem. Es dürfte Jahre dauern, bis ein größeres Angebot das dämpft. Der langjährige Trend, dass Batteriezellen jedes Jahr 10-20% günstiger werden, ist gebrochen. Die Preise für Zellen steigen stark und dadurch steigen die Preise für BEV.
Hinzu kommt, dass mittlerweile fast alle Anbieter Lieferzeiten von 1-2 Jahren haben. Die Nachfrage ist weit größer als das Angebot und wir haben einen Verkäufermarkt, der die Preise zusätzlich anheizt. Für Sachen die man nicht kaufen kann, helfen dann auch keine staatlichen Kaufprämien.
Ontop kommen dann gerade in Deutschland noch die exorbitanten Stromkosten. Und auch die Preise für PV-Module und noch mehr für stationären Speicher steigen derzeit, so dass es für Hausbesitzer auch kaum noch ein Entkommen durch eine PV-Anlage auf dem Dach gibt.
Natürlich wird sich Elektromobilität trotzdem durchsetzen, aber das ist jetzt schon ein gewisser Dämpfer, wie schnell dieser Wechsel erfolgen kann.
MichaelEV meint
Das Ergebnis von Jahrzehnte langem Missmanagement und aktiven Verhindern der Energiewende. Hoffentlich trifft es neben den Bürgern (die als Kunden auch ihren Anteil daran haben) auch Teile der Verantwortlichen in der Industrie.
P.S.: Gestern gab es mitten in einer Energiekrise wieder Strom, der verschenkt bzw. sogar zu negativen Preisen „verkauft“ wurde. Das ist der größte Ansatzpunkt, den man angehen muss.
Und durch den Wegfall von EEG wird das automatisch passieren. Während die eigentliche Energie beim Strompreis in den letzten Jahren nur noch einen kleinen Teil ausgemacht hat und der Hauptteil Umlagen, Netzentgelt und Steuern waren, verändern sich die „Spielregeln“ jetzt signifikant und entsprechende Angebote werden erst richtig lohnenswert.
Gestern hätte die kWh bei einem bekannten Anbieter 18 Cent gekostet. Mit Wegfall der restlichen EEG-Umlage wären es 14 Cent/kWh. Exorbitante Stromkosten sehen anders aus! Und wenn das richtig ins Rollen kommt, wird der Nachfragedruck bei BEVs noch viel stärker zunehmen!
Envision meint
Was hat denn z.B. Nickelmangel mit jahrelangen Missmanagement der in DE oder Automobilindustrie zu tun ?
Preis war zu niedrig um genug neue Förderung an zu stossen und das meisste haben die Chinesen in Stahlindustrie zum bauen von (Geister) Städten verballert.
Ausserdem sind die lohnende Ressourcen für Minenkonzerne halt begrenzt.
MichaelEV meint
1. Wo hab ich was von DE geschrieben?
2. Ist die Frage wirklich ernst gemeint? Dieses Statement von Ford wird ungefähr bedeuten, dass die Planungen von Ford um den Faktor 5-10 daneben liegen wird.
Hätte die Elektromobilität sich kontrolliert und ohne Hindernisse entwickelt, wären die Lieferketten ebenfalls kontrolliert mitgewachsen. Wären die Planung der Hersteller vor Jahren für heute realistisch gewesen, hätten sich die passenden Lieferketten dafür gebildet.
Das alles bedeutet natürlich, dass der Preis von Rohstoffen die letzten Jahre nicht zu niedrig gewesen wäre sondern genauso hoch, wie es für die Schaffung der benötigten Kapazitäten notwendig gewesen wäre. Jetzt laufen die Hersteller der Nachfrage hinterher und brauchen mehrfach mehr an Elektronik, Batteriezellen und Rohstoffe als geplant und durch Lieferverträge abgedeckt. Kein Wunder, dass jetzt die Preise durch die Decke gehen, wenn sich Hersteller wie Ford um den Faktor 5-10 verschätzt haben. Aber nein, hat natürlich nichts mit Missmanagement in Politik und Industrie zu tun!
elbflorenz meint
So ein Unsinn. Der explodierende Nickelpreis ist eine direkte Folge des Ukraine-Krieg.
GE meint
Mal abwarten wie sich jetzt alles sortiert. Da Öl und Sprit ebenso von Preissteigerungen betroffen sind und neben gestiegenen Strompreise einen deutlichen Effekt auf die Inflation haben, kann es genausogut sein da die Nachfrage nach PKW im allgemeinen einbricht.
Was auf jeden Fall interessannter wird sind die Technologien die ohne Lithium auskommen werden.
alupo meint
Den aktuell produktionsmengenlimitierten Absatz mittels Investitionen zu erhöhen macht nur Sinn, wenn man mit diesem Produkt einen mit der verbrennenden Alternative dazu vergleichbaren Gewinn einfahren kann. Oder zumindest einen kleinen Gewinn wenn man damit rechnet, dieses Geschäft ansonsten völlig an einen Wettbewerber zu verlieren.
Zumindest Ersteres scheint bei Ford der Fall zu sein. Möglicherweise aber auch der zweite Punkt, nachdem Rivian auch beginnt auszuliefern.
Die allermeisten BEV Hersteller müssen schnell ihre Kosten senken. Das ist nucht so einfach mit den gestiegenen Batteriechemikalien, dem kriegsbedingt gestiegenen Energiekosten und den aufgrund der Chipknappheit gestiegenen Chipkisten. Mit der einfachen Umstellung von ICE auf BEV ist eine massive Kostenreduktion nicht zu erreichen.
Ein einfaches Beispiel: die klassisch gebaute Klimaanlage mit Erweiterung zum Heizen im Ford Mach E benötigt die 3-fache Menge an Kühlschläuchen und in Folge die doppelte Anzahl von Pumpen im Vergleich zu dem System von Tesla. Das zusammen bedeutet höhere Kosten für Ford, aber für die Kunden auch tendenziell einen höheren Preis. Hinzu kommen ein höheres Gewicht (auch für das Wasser/MEG-Gemisch), weniger vorderes Kofferraumvolumen, höherer Energieverbrauch für die Klimaanlage und langfristig auch höhere Reparaturkosten. Das wird in den YT Videos von ex Ford Ingenieur Sandy Munro sehr transparent herausgearbeitet.
Abee es gibt dazu auch Aussagen von CEOs der alten Autobauer die Munros Erkenntnisse direkt bestätigen. Noch kann man an den veröffentlichten Ergebnisrechnungen der alten Autobauer diese Probleme noch nicht sehen. Aber das wird sich ändern wenn mehr Autobauer ihre BEV Ergebniszahlen vom ICE Geschäft getrennt zeigen.
Es ist eben gar nicht so einfach, etwas Neues auf die Beine zu stellen wenn man jahrzehnte alte Erfahrungen hat. Auch was die interne Bürokratie betrifft.
Randy meint
Dennoch hat sich die Space X Astronautin Sian Proctor gegen einen Tesla entschieden und einen Ford Mustang E gekauft. Der wäre das bessere Angebot.
Andi EE meint
Bei uns in der Schweiz fahren die meisten Sportler Audi. Wieso, es wird ihnen von Audi bezahlt, das ist simple Werbung. Da würde ich nicht mal die für Tesla ins Feuer legen. Je bekannter eine Person ist, desto wahrscheinlicher ein Sponsoring.
Andi EE meint
Die Produktion wird das Rennen um die grössten Marktanteile entscheiden, das scheint sich immer mehr abzuzeichnen. 600’000 im Jahr 2024, dann ist Ford ein Zwerg im Vergleich zu Tesla. Ich frag mich, ob da aus Geldgründen (fehlende Liquidität) oder schlicht der nicht vorhandenen Bereitschaft, Verbrennerfabriken umzurüsten, diese verrückte Situation mit viel mehr Nachfrage, entsteht?
Ford hat/hätte mit dem Mustang-E und F-150 Lightning, 2 gute initale Modelle die vom Markt gut nachgefragt werden könnten. Ich finde da sind sie gar nicht mal schlecht aufgestellt, denn viele Modelle die solala laufen, wären der Feind der effizienten Produktion / besseren Marge. Diese OEMs sind einfach gefangen in der vergleichsweise hohen Marge der Verbrenner und der tiefen bei den E-Fahrzeugen … aber umstellen muss man, das führt ganz bestimmt zur internen Zerreisprobe.
Peter W meint
Auch dort haben wieder einmal einige „die Zeichen der Zeit“ nicht erkannt.
So verschenkt man Umsatz und Marktanteile.
Ernesto 2 meint
Und der nächste der absolut und völlig überrascht durch die hohe Nachfrage wurde. Langsam glaube ich daß in den Management-Etagen nur Vollidioten eingesetzt werden. Oder halt Bremser die sich auf den Lorbeeren ausruhen möchten und absolut nix für Innovationen übrig haben. Vorgestrige eben.
Gunarr meint
Es kann genauso gut sein, dass sie schon vorher wussten, dass die Nachfrage das Angebot übersteigen wird. Für einen Hersteller gibt es Schlimmeres.
Wollten sie auf Teufel komm raus mehr Autos produzieren, generierten sie große Nachfrage bei Batteriezellen, die sie dann wahrscheinlich teurer einkaufen müssten. So kann es passieren, dass man mehr Autos herstellt, aber weniger Gewinn macht.
Ich glaube, das Ford Management findet da einen ganz guten Mittelweg.
MichaelEV meint
Zu wenig Nachfrage für zu viel Angebot ist natürlich schlimmer, aber die sich aufstauende Nachfrage wird, zum Glück, immer mehr zu Lasten der Verbrennerverkäufe gehen. Der mengenmäßige Absatz wird immer weiter sinken. Teile des Nachfrageüberhangs wird sich auf andere Hersteller verteilen.
Finde das schon gravierend. Die Nachfrage ist da, aber das Unternehmen schrumpft weil man das Angebot komplett falsch geplant hat. Ist doch ein klassischer dicker Managementfehler!
„Wollten sie auf Teufel komm raus mehr Autos produzieren, generierten sie große Nachfrage bei Batteriezellen, die sie dann wahrscheinlich teurer einkaufen müssten“
Preise steuern die Nachfrage. Hat die gesamte Industrie wohl noch nie was von gehört. Bald gibt es stattdessen Lieferzeiten wie beim Trabant.
Mit dem „auf Teufel komm raus“ und teuren Batteriezellen wird das Angebot an Rohstoffen und Batteriezellen erst richtig gepusht. Schade, dass es so kommen muss, aber dies ist das Zeugnis der Fehler der Autoindustrie und der von Lobby getriebenen Politik. Was in den letzten zwei Jahrzehnten versäumt bzw. absichtlich verhindert wurde, muss jetzt in wenigen Jahren aufgeholt werden.
Und wer weiter nach dem „Mittelweg“ sucht, wird daran scheitern!