Elektrische Leichtfahrzeuge (Light Electric Vehicle, LEV) haben großes Potenzial, die Treibhausgas-Emissionen des Verkehrssektors zu reduzieren und so zum Klimaschutz beizutragen. Zu diesem Schluss kommt eine Studie des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Auftrag des Interessenverbands für elektrische Leichtfahrzeuge LEVA-EU.
Theoretisch könnte der Analyse nach die Hälfte der derzeit in Deutschland mit dem Auto gefahrenen Kilometer auch mit elektrischen Leichtfahrzeugen zurückgelegt werden. Dies würde die Treibhaugas-Emissionen im Vergleich zu Fahrten mit konventionell angetriebenen Pkw um über 40 Prozent senken. Pro Jahr wären das rund 57 Millionen Tonnen weniger Emissionen.
Für ihre Studie haben die Forscher der DLR-Institute für Fahrzeugkonzepte sowie für Verkehrsforschung die ganze Bandbreite an elektrischen Leichtfahrzeuge betrachtet. Diese reicht von E-Scootern, E-Bikes und E-Lastenrädern, elektrischen Rollern und Motorrädern bis hin zu drei- und vierrädrigen kleinen Autos der Klasse L5e bis L7e.
„Ressourcenschonende Fahrzeuge sind ein wichtiger Faktor, um die Klimawirkung des Verkehrssektors zu senken – zusätzlich zu Veränderungen unseres Mobilitätsverhaltens und technologischen Fortschritten“, sagt Studienleiterin Mascha Brost. Bei großen und schweren Autos werde ein Großteil der Antriebsenergie benötigt, um das Fahrzeug an sich zu bewegen. Nur ein Bruchteil diene der Fortbewegung der Insassen. Bei LEV sei das Verhältnis wesentlich besser. Aufgrund ihres geringeren Gewichts könne die Batterie kleiner ausgelegt werden. Sie verbrauchten so auch in der Produktion weniger Rohstoffe und verursachten weniger klimaschädliche Emissionen.
E-Leichtfahrzeug statt Auto
In Deutschland ist der Verkehrssektor für rund 20 Prozent der Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Mehr als 60 Prozent davon entfallen auf den Pkw-Verkehr. Durchschnittlich sitzen in einem Auto laut dem DLR nur 1,4 Personen. 80 Prozent der Strecken seien kürzer als 20 Kilometer. Jeden Tag gebe es in Deutschland fast 30 Millionen Pkw-Fahrten mit weniger als zwei Kilometer und weitere 30 Millionen unter fünf Kilometer. „Angesichts dieser Zahlen wird deutlich, dass für solch kurze Distanzen nicht unbedingt ein großer Pkw notwendig ist, sondern LEV durchaus eine Alternative darstellen. Sie ermöglichen weiterhin individuelle Mobilität, nur wesentlich nachhaltiger“, so Laura Gebhardt, die für die Studie Mobilitätsdaten ausgewertet hat.
Ein Beispiel aus der Studie: Mit einem elektrischen Microcar, das eine Höchstgeschwindigkeit von 125 km/h besitzt, könnte theoretisch die Hälfte der mit dem Auto gefahrenen Kilometer zurückgelegt werden. „Bei der Produktion von Microcars entsteht nur rund ein Drittel der Treibhausgas-Emissionen von einem Mittelklasse-Elektroauto“, erklärt Simone Ehrenberger. Sie hat für die Studie die Ökobilanz von LEV untersucht. Ähnlich wie mit einem Auto könne man mit einem LEV flexibel und individuell mobil sein. Daher seien elektrische Leichtfahrzeuge auch ein interessanter Lösungsansatz für Regionen und Zeiträume, in denen öffentliche Verkehrsmittel kaum angeboten werden.
Damit das in der Studie aufgezeigte Potenzial von elektrischen Leichtfahrzeugen realisiert werden kann, seien unterstützende Maßnahmen notwendig, so die Forscher – zum Beispiel, um die Akzeptanz dieser Fahrzeuge zu steigern. Auch Anreize für Kauf und Nutzung, regulatorische Maßnahmen, der Aufbau der notwendigen Infrastruktur sowie mehr komfortable und sichere Fahrzeugkonzepte zählten dazu. Diese Aspekte gelte es in weiteren Forschungsarbeiten zu untersuchen. Denn aktuell würden LEV nur eine kleine Nische auf dem Fahrzeugmarkt, in der Wissenschaft und auf der politischen Agenda besetzen.
Jochen meint
Vielleicht wäre ein wichtiger Schritt, am Design der LEV zu arbeiten. Viele von den Dingern wirken doch auf den ersten Blick eher wie ein Spielzeug und werden daher als Alternative gar nicht erst wahrgenommen.
Ich selbst brauche mein Auto hauptsächlich für den Arbeitsweg durch die Stadt. Insgesamt sind das 10 km. Da mein Clio langsam in die Jahre kommt und relativ bald der Punkt kommt, wo Reparatur und Wartung den Wert übersteigen, wird in den nächsten zwei, drei Jahren wahrscheinlich ein Wechsel erfolgen. Und obwohl so ein LEV eigentlich den Bedarf vollkommen decken würde, wirkt der Gedanke mit so einem Microlino zu fahren noch absurd.
David meint
Im Kern hat das Format der Kleinstwagen wie e-up eine Berechtigung, weil hier niedriger Cityverbrauch (einstellig) mit einer sinnvollen Transportkapazität und Tauglichkeit für Mittelstrecken zusammenfällt. Eine Evolutionsstufe mit temperierten 50 kWh Akku wäre sogar für alle Belange genug. Ein Microauto braucht in der Praxis kaum weniger, der Twizzy ist z.B. ein gutes Beispiel für extreme Ineffizienz. Da wird halt oft an der Technik gespart.
Längsdenker meint
Dazu gehört auch die Weiterentwicklung von Kleinwagen, die nicht immer größer werden müssen, sondern effektiver. Renault ist m. E. auf dem richtigen Weg. Meine ZOE hat alles was ich brauche, bei maßvollem Gewicht und Verbrauch. Mehr ist nicht wirklich nötig.
Mike meint
Weniger Höhe (und damit weniger Verbrauch) wäre wünschenswert.
Andi EE meint
Das stimmt, habe kürzlich den Verbrauchsvergleich von Fiat 500e und Tesla Model Y gesehen. Im Mix liegt der kleine Fiat 500 1 kWh über dem MY. Das zeigtveinfach auf, wie dominant die Aerodynamik im Verbrauch ist.
Geht man davon aus, dass man fast ausschliesslich 80km/h und darunter fährt, trifft die Studie sicher zu. Da zählt dann das Gewicht wieder mehr, obwohl der Elektroantrieb mit der Rekuperation viel ausbügeln kann.
Ich finde die kleinen Fahrzeuge top, so ein Wuling wäre auch hier ein grosser Erfolg, da bin ich mir sicher. Und ja, es geht auch noch viel kleiner und energieeffizienter, wenn man nur eine Person transportieren muss. Ganz nah am Optimum ist das e-Bike, aber da gibt es noch jede Menge Platz für Zwischenlösungen. Ich freu mich darauf, denn der unkomplizierte Elektroantrieb ist wie geschaffen für diese Microcars.
Aber es braucht Grosserien, damit es marktfähig wird. Und hier ist bei dieser zementierten Meinung wie ein Auto auszusehen hat (Prestigeträger), halt der Markt noch sehr klein.
Elektroniker meint
2 km fährt man doch per Fahrrad.
Ein L7e mit 125 km/h gibts nicht (oder doch?), 15kw sind dafür einfach zu wenig.
Die Dinger sind als Zweitauto ja ganz nett, aber dann doch lieber was „richtiges“, weil billig sind sie auch nicht. Soll man doch versuchen 1200 kg PKWs zu bauen…
Und wenn ich schon “ technisches Potenzial“ lese, dann hat das mit der Lebenswirklichkeit auch nichts zu tun…
Stefan meint
Ein landstraßentaugliches L7e mit etwa 90-100 Spitze ist eben deutlich günstiger zu bauen als ein autobahntauglicher Kleinstwagen für 125 km/h mit den passenden Crashnormen. Ich schätze den Preisunterschied auf etwa 10.000 EUR, unabhängig von der Förderung. Die nächsten Jahre mit den aktuellen Teile- und Chipmangel wird es jedenfalls keinen autobahntauglichen Klein-/Kleinstwagen für 10.000 EUR vor Förderung geben. Das geht erst bei 20.000 EUR los.
Nostradamus meint
Langsam Jungs, es ist nicht so einfach! Sitzposition in einem Auto ist direkt abhängig von seiner Länge – je ein Auto kurzer ist, desto Sitzhöhe muss größer sein um eine bequeme Körperlage zu ermöglichen. Sitzposition am Esstisch beansprucht Länge am wenigstens, die liegende Sitzposition in Formel 1 und in anderen flachen Sportwagen beansprucht Länge am meistens. Und jetzt vergleichen Sie jetzt die Längen eines FIAT 500 und eines Tesla Y. Alles klar?
Nostradamus meint
Oh, man! Braucht man wirklich eine ganze Studie um zu kapieren, dass weniger Gewicht bedeutet besonders in Stadtverkehr weniger Energieverbrauch, dass weniger Gewicht bedeutet weniger Material und Energie für die Herstellung solchen Fahrzeugen, dass kleine Fahrzeuge beanspruchen weniger Platz auf die Straßen, und, und, und?
MAik Müller meint
Die Mehrheit will dicke SUVs deshalb werden diese Hergestellt.
EVrules meint
Zum ersten Mal scheint eine Studie ausgewogen zu sein. Plakative Darstellungen wie „BEV sparen 80% CO2 ein zu Verbrennern“ sollten damit auch in die Schublade der „Übertreibungen“ abgelegt werden, gleich neben solche wie „der Diesel ist am umweltschonensten“ oder „Grün durch eFuels“, weitere Beispiele kann man sich nun schenken.
Ebenfalls sehr gut gemacht vom DLR, ist die Übersicht, dass der PKW-Sektor 12% der bundesweiten CO2-Emissionen ausmacht. Nicht, dass man das Problem verschieben sollte, aber wie teilen sich die restlichen 88% auf? Ich würde meinen, dass Energie- (33%) und Industriesektor (22%) mit zusammen gut 55% die wichtigste Stellgröße sind, um möglichst schnell, möglichst viel CO2 einzusparen.
PKWs folgen sukzessive und freillich ists auch gut, auf BEV zu setzen, nur der Einfluss ist überschaubar, vorallem bei großen und schweren BEV!
Daher stimme ich dem DLR auch hier sehr zu, dass es vorallem die kleinen PKW sind, die dem besten Einfluss haben, sie verbrauchen in der Regel weniger und binden die geringste Menge an Ressourcen.
Moritz meint
Es ist ja auch alles eine Frage der Laufleistung. Bei meiner Schwiegermutter macht ein BEV mit großem Akku niemals Sinn da sie nicht über 2.000km im Jahr hinaus kommt, ich fahr gerade 40.000km im Jahr, da lohnt sich das schon recht schnell.
Mit dem Ergebnis: „Kommt drauf an“ ist halt schwer Headlines zu machen.
Was ich mir wünschen würde wäre jetzt auch endlich mal eine mindestens Gleichbehandlung von L7e und elektrischen PKW.
Es kann ja nicht sein, dass ein gigantisches PHEV Förderung erhält und z.B. der Microlino im Bild oben gar nicht.
Auch ist ein Dacia Spring so günstiger als die meisten L7e. Das verzerrt den Markt und ist ökologisch höchst fragwürdig.
MichaelEV meint
Der Energiesektor hat bisher überhaupt nennenswert geliefert und Industrie ist ein sensibles Thema, weil diese im internationalen Wettbewerb steht und ohne weltweit gleiche Spielregeln schnell Schaden nimmt.
An zweiter Stelle steht der Sektor Verkehr, wo bisher rein gar nix erreicht wurde. Also kein Wunder, dass man diesen Sektor richtig in die Pflicht nimmt.
Dieses Spiel kann man ja so einfach betreiben, alles in kleinere Einheiten teilen bis alles an Relevanz verliert und man nirgendwo mehr ansetzen muss. Hat man lang genug betrieben, die Zeit ist vorbei.
Christian meint
Meine Langzeit-Lebens“studie“ ist gerade rausgekommen: Benutzt die Beine! Die Emissionen sind nahe Null, man trifft seine Nachbarn und bewegt sich, ist also für Mensch und Natur gesünder.
Zu der Studie oben fällt mir nur ein: noch mehr Fahrzeuge, die nur 10 Minuten am Tag genutzt werden. Das muß nicht sein!
Fahrten unter 3 oder 5km können sicher vermieden werden, oder auch nicht, das hängt von sovielen Faktoren ab. Im Grunde kann das nur jeder für sich selbst entscheiden, alles andere ist Bevormundung wie der Veggie-day, das will doch keiner.
libertador meint
Die Emissionen durch zu Fuß gehen sind nicht nahe Null. Sie haben dadurch einen erhöhten Energiebedarf. Dieser muss durch Lebensmittel ausgeglichen werden, die wiederum erst mal produziert werden müssen. Umweltfreundlich wird das nur, wenn Sie zu Fuß gehen mit dem Veggie-Day verbinden ;-)
Randy meint
Vllt will er ja Gewicht verlieren und durch Zu Fuß gehen seine Fettverbrennung ankurbeln? Die Nahrungsaufnahme wird auch reduziert, also Win Win Situation :-)