Wolfgang Neumann ist Deutschland-Chef bei Europcar, das künftig wieder zum Volkswagen-Konzern gehört, und Vizepräsident des Verbands der Internationalen Autovermieter (VIA). Mit der Wirtschaftswoche hat er über die Elektrifizierung der Branche gesprochen und geschildert, woran es aktuell beim Einflotten von Stromern noch hakt.
Immer mehr Autovermieter setzen auf Fahrzeuge mit E-Antrieb, bislang sind insbesondere reine Stromer aber nur in kleinen Stückzahlen in den Flotten verfügbar. Das sagt laut Neumann mehr über das knappe Angebot von Elektrofahrzeugen als die Mobilitätswende bei den Vermietern aus. Gerade die Herstellung von Elektroautos habe in den vergangenen Monaten erheblich unter dem weltweiten Mangel an Computerchips und der schlechten Lieferbarkeit von Kabelbäumen gelitten. Der Ukraine-Krieg setze die Lieferketten zusätzlich unter Druck.
Für den Verband der internationalen Autovermieter sei die Elektrifizierung der Flotten ein Fokusthema, betonte der Manager. Ausgehend von Europcar schätzt er, dass der Anteil von Elektro- und Hybridfahrzeugen bei rund 15 Prozent liegt. Bei den rein elektrischen Autos sei es allerdings noch ein einstelliger Prozentsatz. Man hätte gerne mehr, bekomme im Moment jedoch keine Fahrzeuge. Elektroautos würden derzeit vor allem in den Privatkundenbereich gehen.
Um die Mobilitäts- und Antriebswende ernsthaft voranzutreiben, sollten Anbieter von geteilter Mobilität wie Autovermieter als Kundengruppen bevorzugt werden, findet Neumann. Europcar wolle den Anteil, den Elektroautos bei den Herstellern haben, abbilden und „gerne auch darüber hinausgehen“. Bis 2030 würden die meisten Hersteller wohl keine Verbrenner mehr bauen – damit sei klar, wohin das Unternehmen möchte.
Die Autovermieter sind laut Neumann ein wichtiger Akteur bei der Mobilitätswende. Sie nähmen zehn Prozent der jährlichen Pkw-Neuzulassungen ab, die im Durchschnitt nach sechs bis zwölf Monaten als junge Gebrauchte zurück in den Markt kommen. Diese Fahrzeuge seien beim Verbrauch und Schadstoffausstoß ökologisch effizienter als deutsche Durchschnittsautos, die sie ersetzen. Wenn die Vermietung eine Alternative zum Kauf eines neuen Fahrzeugs biete, leiste man ebenfalls einen Beitrag. Die Autovermietung sei zudem „ein Schaufenster für Elektromobilität“ und ermögliche Probefahrten ohne Verkaufsdruck, was die Eintrittsschwelle niedriger mache.
Die Branche investiere auch in Lade-Infrastruktur, erklärte Neumann. Dabei sei man jedoch auf Hilfe der Politik angewiesen. Es sei schwer, an Verkehrsknotenpunkten wie Flughäfen oder Bahnhöfen eine bedarfsgerechte Lade-Infrastruktur zur exklusiven Nutzung der Vermieter aufzubauen. „Dort tausende Autos in einer großen Auslastung zu fahren und den Ladeprozess kurzzuhalten, ist eine große Herausforderung“, so Neumann. Die Ladesäulen müssten außerdem einheitlich funktionieren, jeder Stecker in jede Ladesäule passen. Und die Abrechnung müsse einheitlich und intuitiv laufen, insbesondere für internationale Kunden.
Ernesto 2 meint
Also 800 km Touren zu fahren um zum Kunden zu kommen, setzt wirklich teure Verkaufsprodukte voraus, für 4.000 Euro Umsatz in Brettern und Schrauben lohnt sich das nicht. Für solche Strecken wären mindestens 3 Stopps sinnvoll, um weiteres Potential aufzutun. Außerdem dauert das real betrachtet 10 Stunden, und solche Strecken mit dem Mietwagen zu machen ist Quatsch, außer vielleicht in einer absoluten Notlage, wie Flug- oder Zug-Ausfall. Ich denke die Vermieter sehen dads Potential richtig. Für meine 200 km vom Flughafen Frankfurt nach hause hätte ich mir schon vor Jahren ein e-Auto gewünscht.
Franz mueller meint
So ein Quatsch. Die Autovermieter haben gar kein langfristiges Interesse an Elektrofahrzeuge, die Kunden verlangen verlässliche Reichweite bei Mietautos. BEVs nimmt man höchstens Mal zum Ausprobieren oder als kurzfristige Übergangslösung.
Man will vielmehr die aktuelle Förderung mitnehmen, da man dadurch bei der typisch kurzen Haltedauer die Autos kostenlos bekommen würde. Deswegen möchte man priorisiert werden
Powerwall Thorsten meint
Da hat ja einer mal richtig viel Erfahrung mit der Elektromobilität – also wenn ich auf Geschäftsreise wäre und mir ein Elektroauto mit 450+ Kilometern Reichweite nicht ausreicht dann habe ich:
a) den falschen Ziel-Bahnhof / -Flughafen gewählt
oder
b) ein schlechtes Zeitmanagement
oder
c) das falsche Fahrzeug gemietet
oder
d) meiner Firma ist die Umwelt scheißegal
🎶Du musst Dich entscheiden
– 4 Felder sind frei 🎶
Moritz meint
Naja… Die letzten Mietwagen hab ich gebucht als ich nur eine Schrottmühle hatte und mit Freunden von Stuttgart übers Wochenende nach Hamburg oder Berlin bin und ein Mietwagen für 4 Personen die billigste Möglichkeit war oder zuletzt, als ich meine wöchentliche geschäftliche 840km Tour mit Kofferraum voll Kram machen musste und alle Poolwagen belegt waren. Mache ich inzwischen auch elektrisch mit eigenem Dienstwagen, gibt aber sicher viele die da erstmal Angst vor haben. Und mit 450+ km Reichweite auf der Autobahn gibt es auch nicht viel Auswahl.
Powerwall Thorsten meint
Stimmt, 840km Touren sind eine Herausforderung – ist aber wahrscheinlich < 5% des Userprofils eines Mietwagens.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Respekt.
Franz mueller meint
Die aktuellen BEVs schaffen gerade Mal 250 bis 300km AB Reichweite. Oder denkst du ernsthaft, dass die Firmentarife BMW iX oder MB EQS ermöglichen? Natürlich nicht.
Das wäre mir für einen Tag Dienstreise zu wenig. Nachladen ist dann auch ganz schnell privat Vergnügen wenn über 12 Stunden Arbeits und Reisezeit kommt. Und sauteuer, welcher Gelegenheitsfahrer hat schon ein Abo für einen Ladeservice?
Die Mietwagen Branche wird noch ganz ganz lang Verbrenner fahren.
Tommi meint
Bald gibt es nur noch BEVs. Da musst Du Dich daran gewöhnen. Und auch die Mietwagenfahrer. Und die so wichtigen Dienstwagenfahrer.
Wenn man das dann mal ausprobiert, stellt man fest, dass es gar nicht so viel länger dauert, mit dem Elektroauto zu fahren. Wahrscheinlich wird es auch darauf hinaus laufen, dass die Mietwagenanbieter die Autos inklusive Fahrstrom anbieten, so dass man eine Ladekarte (oder plug-and-charge) gleich mit bekommt. Dann erspart man sich auch das Tanken vor der Abgabe des Autos. Meistens braucht man sich also gar nicht mehr darum kümmern.