Finanzminister Christian Lindner (FDP) ist dafür, die Elektroauto-Kaufprämie „Umweltbonus“ früher als geplant einzustellen. Er will die Staatsfinanzen wieder solider aufstellen und dazu auf seiner Ansicht nach nicht zielführende Fördermaßnahmen verzichten. Der grüne Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck hat dagegen vor, den Zuschuss noch bis Ende 2025 zu gewähren. Auch der zweite Koalitionspartner SPD ist dafür, E-Autos vorerst weiter zu subventionieren.
Der SPD-Fraktionsvize Detlef Müller räumte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur ein, dass die derzeit komplizierte weltpolitische Lage für eine schwierige Situation sorge und insbesondere für den Finanzminister eine Herausforderung darstelle. Es sei aus seiner Sicht aber nicht der richtige Weg, die Streichung einzelner Förderungen wie der Elektroauto-Kaufprämie ohne vorherige Evaluation voranbringen zu wollen.
Die Autokäufer bräuchten angesichts teils sehr langer Lieferzeiten Verlässlichkeit, dass sie auch im nächsten Jahr die Förderung erhalten. Es gebe genügend andere Subventionen im Mobilitätsbereich und darüber hinaus, deren Fortbestand beziehungsweise Ausgestaltung diskutiert werden sollte. „Wir brauchen dazu aber eine ernsthafte und ergebnisoffene Debatte, bei der dann alles auf den Tisch kommt“, so Müller.
Bereits zuvor hatte ein Sprecher von Wirtschaftsminister Habeck als Reaktion auf den Vorstoß von Lindner erklärt, die Kaufförderung sei relevant für die Verkehrswende. Er verwies auf Vorschläge des Ressorts zur weiteren E-Auto-Förderung ab 2023 und eine hierzu noch laufende regierungsinterne Abstimmung.
Lindner hatte in einem Interview mit der Welt am Sonntag gesagt: „Wenn es nach mir geht, werden zum Beispiel die Kaufprämien für Elektrofahrzeuge und Plug-in-Hybride gestrichen. Die Autos werden bisher über die Lebensdauer teils mit bis zu 20.000 Euro subventioniert, auch für Top-Verdiener. Das ist zu viel. Da können wir Milliarden sparen, die wir sinnvoller einsetzen können.“
Nach Vorschlägen des Wirtschaftsministeriums von Mitte April sollen Plug-in-Hybride anders als zuvor geplant nur noch in diesem Jahr gefördert werden. Bei rein elektrischen Autos soll der Bundesanteil an der Kaufprämie schrittweise sinken, bevor von 2026 an kein Zuschuss mehr gewährt wird. Für Elektroautos zahlt der Staat derzeit nach Zulassung bis zu 6000 Euro Subvention, für Plug-in-Hybride bis 4500 Euro. Die am Umweltbonus teilnehmenden Hersteller geben bis zu 3000 beziehungsweise 2500 Euro als Netto-Rabatt beim Kauf hinzu.
Lindner und die FDP haben sich grundsätzlich für Technologieoffenheit ausgesprochen. Sie wollen, dass neben Strom auch synthetische Kraftstoffe und Wasserstoff im Verkehr eine zentrale Rolle spielen. Lindner wehrt sich daher auch gegen die Pläne der EU, ab 2035 in Europa nur noch neue Autos und Transporter ohne klimaschädliche Treibhausgasemissionen zuzulassen. Bei der anstehenden Abstimmung dazu sollte Deutschland seiner Ansicht nach gegen eine entsprechende Gesetzgebung stimmen.
DerOssi meint
4000 Euro auf ein 65.000 Euro Auto ist keine Subvention, sondern lediglich ein Geldgeschenk!
„Förderung“ bis maximal 40.000 Euro wäre mein Vorschlag… das sind immerhin noch bis zu 10%… alles drunter sind Geldgeschenke, die wir uns wirklich sparen können…
In Grautönen denken, kann irgendwie keiner in der Regierung… immer nur Schwarz oder Weiß….
MichaelEV meint
„Geldgeschenk“, weil die Höhe der Förderung für diese Fahrzeuge irrelevant (zu niedrig bzw. nach ihrer Definition nicht mehr existent) wird oder weil es bei diesen Preisen keine Förderung mehr braucht?
Bei Ersterem muss man ihren letzten Abschnitt leider exakt ihnen attestieren, nicht der Politik!
DerOssi meint
Deine zwei Punkte sind vom Sinn her identisch…. „irrelevant“ ist gleich „weil es bei diesen Preisen keine Förderung mehr braucht“ (also irrelevant ;-) ) …und deshalb Geldgeschenk, egal wie man es dreht oder wendet…
Aber klar, der Käufer, der sich ein 65K BEV kauft bzw. kaufen kann, geizt natürlich auch noch bei den 4K „Förderung“ rum… das ist mir schon klar…
Das Geld wäre woanders einfach besser eingesetzt, z.B. EE-Ausbau und Netz-Ausbau….
MichaelEV meint
Kann man schon differenzierter sehen. Aber den letzten Absatz kann man nur unterstreichen. Die Förderung ist vor allem im EE-Ausbau unendlich viel besser aufgehoben. BEVs sind sehr viel mehr geholfen, wenn die Kosten für den Ladestrom sinken.
Diese Form der indirekten Förderung allokiert auch sehr viel effizienter (bzgl. Klimaschutz, Kosten).
Dagobert meint
Die richtigen Subventionen sind die geringere Versteuerung beim geldwerten Vorteil und die viel geringere Energiesteuer pro 100km. Auf die Nutzungsdauer eines Fahrzeuges sind die 4000€ dagegen Peanuts.
brainDotExe meint
Für max. 40.000€ würde man ja nichtmals einen Mittelklasse Wagen bekommen.
Warum 40.000€ fördern und 65.000€ nicht? Wo ist da die Gerechtigkeit?
Hättest du lieber, dass stattdessen ein Verbrenner für 65.000€ gekauft wird?
Yoshi84 meint
Wieso muss man ein Produkt, das derzeit mehr Kunden findet, als es Produktionskapazitäten gibt (Lieferzeiten irrwitzig, Preise enorm gestiegen), überhaupt fördern? Bitte, nennt mir EIN Argument. LG
Ökoman meint
Anreiz zum Umstieg auf emissionsfreies Fahren z.B.?
TCO trotzdem immer noch niedriger als beim Verbrenner?
Klimakrise?
Ok, das waren 3… :-)
Yoshi84 meint
Ich glaube wir reden aneinander vorbei. Lies meinen Kommentar bitte nochmal.
LG
Ökoman meint
Preise sind in Zeiten von Hyperinflation gestiegen, stimmt. Für viele andere Produkte aber auch inkl. Verbrennerfahrzeuge. Lieferzeiten sind lang, mal mehr mal weniger, je nach Modell und Hersteller. Ist nicht erfreulich, dennoch finde ich, dass es mit Förderung deutlich mehr Interessenten zum Umstieg zu bewegen sind als ohne – auch wenn sie mit o.g. leben müssen.Genau die Argumentation habe ich gerade von mehreren Menschen gehört, die im Moment umsteigen. Sonst hätten sie den Schritt – aus rein ökonomischen Gründen – wohl nicht gemacht. Abgesehen davon, dass die o.g. Punkte vor 6 Monaten so noch nicht absehbar waren.
@ID.alist:
Stimmt zwar mit ÖPNV, war hier aber nicht der Punkt. Außerdem finde ich, dass alle grünen Mobilitätsbereiche Unterstützung brauchen, nicht nur den ÖPNV.
Yoshi84 meint
Aber lieber Ökoman, dir ist schon bewusst, dass aktuell nicht ein Fahrzeug mehr verkauft wird, nur weil es die Prämie gibt, ne? Die Kontingente sind auf Jahre überzeichnet. Hinzu kommt die Erkenntnis bei Otto Normalverbraucher, dass Benzin ukd Diesel auf vll ewig immer nur noch teurer werden. Kurzum: auf absehbare Zeut wird JEDES Eauto seinen Käufer finden, egal ob Prämie oder nicht. Denn: Würde sie wegfallen und das Kaufinteresse sinken, würden die Hersteller einfach den Kaufpreis um den Betrag der Förderung reduzieren. Sie MÜSSEN nämlich verkaufen, Stichwort CO2-Flottenemissionen. LG
Shullbit meint
@Yoshi84
Deutschland hat die weltweit höchsten Strompreise. Auf ein Fahrzeugleben gerechnet hat man bei einem Tesla M3 hierzulande 10.000 bis 15.000 Euro höhere Stromkosten als in Norwegen, Bulgarien und 5.000 bis 10.000 Euro höhere Stromkosten als in Frankreich, Niederlande. Verursacht wurden diese immense Mehrkosten durch eine fehlgeleitete Politik. Dieser einzigartige Nachteil des deutschen Marktes wird durch Kaufprämie teilweise kompensiert.
Davon abgesehen: Ein Tesla M3 LR kostet vor Bonus 60.000 Euro. Ein brauchbar ausgestatteter Audi A4 kostet 45.000 Euro. Für die Differenz kann man auch bei einem Spritpreis von 2 EUR 150.000 bis 200.000 km fahren.
Zusammen heißt das: Ohne jegliche Kaufprämie ist ein Elektroauto in den meisten Konstellationen für Privatpersonen teurer und deshalb tendenziell unattraktiver als ein Verbrenner. Das Problem verschärft sich übrigens deutlich, wenn jetzt die Zinsen kräftig anziehen. Dann schlägt die Finanzierung für den Mehrpreis des Elektroautos entsprechend zu Buche. Ohne Kaufprämie dürften die BEV-Käufe stark einbrechen.
Natürlich kann die Förderhöhe in Summe auch absurd sein:
– Kaufprämie
– 0,25% statt 1% für private Nutzung
– Keine Kfz-Steuer
– Wallbox geschenkt
ID.alist meint
Eigentlich sind das keine Argumente gegen der These von Yoshi.
Da momentan die Verkäufe von BEVs von der Lieferfähigkeit der unterschiedliche OEMs hängen, braucht man das Produkt nicht durch eine Staatsförderung noch attraktiver zu machen.
Außerdem, wenn der Staat was gegen der Klimakrise machen will sollte nicht den privaten Personentransport unterstützen sondern der ÖPNV, die öffentliche Ladeinfrastruktur und die Produktion von Ökostrom.
Ökoman meint
@Yoshi84: Nein, ich bin da anderer Meinung, aber das ist einer Demokratie ja in Ordnung:
1.
„dir ist schon bewusst, dass aktuell nicht ein Fahrzeug mehr verkauft wird, nur weil es die Prämie gibt, ne?“
Ich kenne persönlich viele Personen, die ihre aktuelle E-Auto-Bestellung u.U. stornieren müssten, weil ihnen diesen Zeiten das Geld nicht so locker sitzt, dass sie auf die Prämie verzichten könnten. Sondern eher damit kalkuliert haben, einen Teil ihres Autokredits von der BAFA-Prämie bezahlen zu können.
2.
„Würde sie wegfallen und das Kaufinteresse sinken, würden die Hersteller einfach den Kaufpreis um den Betrag der Förderung reduzieren. Sie MÜSSEN nämlich verkaufen, Stichwort CO2-Flottenemissionen.“
Die Hersteller würden mMn auf keinen Fall die Preise um den Förderbetrag reduzieren. Verkaufen müssen sie, richtig. Aber dann werden eben mehr Verbrenner verkauft, was sie in Bezug auf die CO2-Flottenemissionen nicht weiter stört, da sie die Strafzahlungen mit der höheren Marge der Verbrennerverkäufe kompensieren. Gerade erst beim Nachbarn erlebt: Wollte für 60K ein E-Auto kaufen, wurde dann für fast 70K ein Diesel, weil lange genug vom Verkäufer beschwatzt… Daher wird seit Jahren auch nicht ein E-Auto mehr verkauft, als es für die Gesamtbilanz unbedingt nötig wäre.
3. Stichwort „Vertrauen“:
Jemand bestellt im November 2021 ein Fahrzeug aus der ID-Familie. Voraussichtlicher Liefertermin: September 2022. Nach Beginn der „Zeitenwende“ kommt die Mitteilung, dass der unverbindliche Liefertermin nun voraussichtlich Dezember 2022 sei. Wenn das nun auch nicht klappt, es Januar wird und die Förderung weg ist, kann ich den Zorn der nicht wenigen Betroffenen verstehen. Politisch: Es gab einen Koalitionsvertrag, an dessen Inhalten sich auch die Bürger orientieren. Wenn der von einer bestimmten Seite immer wieder torpediert wird, hat das Konsequenzen für die betroffene Partei. Natürlich wird die Förderung mit der Zeit reduziert werden, aber bitte nicht abrupt.
Gunnar meint
Ein gefördertes Produkt macht es den Herstellern attraktiver, es anzubieten.
Ohne die Förderung könnten also vielleicht sogar noch weniger Produktionskapazitäten für BEVs zur Verfügung stehen als es jetzt der Fall ist.
Richard meint
ohne Gas wird auch der Strom knapp. Öl kann man auf anderen Wegen bekommen. Ist aktuell vielleicht gar nicht so erstrebenswert die EV-Flotte aufzurüsten.
MichaelEV meint
Wer sagt das? Und die Gasverstromung ist sowieso auf niedrigem Niveau. Vieles dieser Verstromung ist auch Wärme-gekoppelt und lässt sich nicht einfach wegschalten, weil damit z.B. Haushalte oder Industrie mit Wärme versorgt wird.
BEVs sind also ohne jeden Zweifel erstrebenswert.
Man kann den Spieß auch umdrehen: Auch Öl ist aktuell natürlich knapp. Selbst wenn es sich technisch leichter substituieren lässt, muss man am Markt Kapazitäten finden, die man kaufen kann. Da es auch Öl-Kraftwerke als Reserve-Kapazitäten gibt, kann man ineffizient verbranntes Öl sparen um genug Versorgung für Öl-Kraftwerke zu haben. IN ENGPÄSSEN kommt der Strom der BEVs dann aus Öl-Kraftwerken. Und nur dann in diesen sporadischen Situationen. In den meisten anderen Zeiträumen wird Öl gespart bzw. steht das Öl dann zur sonstigen Versorgung zur Verfügung.
Falls die Reservekapazitäten auch eine Relevanz für die Wärmeversorgung haben würden, würde der Vorteil nochmal signifikant größer.
Richard meint
gute Punkte. Es war mir nicht klar, dass es eine nennenswerte Reservekapazität in Form von Ölkraftwerken gibt.
MichaelEV meint
Anscheinend insgesamt 4,7 GW (2,9 GW am Markt, 1,6 in Reserve und 0,2 vorläufig stillgelegt). Also etwas mehr als der Rest der Atomkraft.
Für mich ist nicht nachvollziehbar, inwiefern bivalente Gaskraftwerke da rein fallen, vermutlich kommen diese noch dazu. Viele Unternehmen und öffentliche Gebäude haben ja auch eine Notstromversorgung. Wenn es wirklich hart käme, würde man wohl auch dieses Potential nutzen. Ob es mengenmäßig viel ausmacht, keine Ahnung.
Generell gibt es nur im Strommarkt große Anteile, die komplett vom Ausland unabhängig sind (EE und leider Braunkohle) und auch ansonsten eine große Diversifizierung. Alles, was man noch schnell aus anderen Sektoren (vor allem alles was mit Wärme zu tun hat, Wasserstoff und auch Elektromobilität) in Richtung Strom verschieben kann, ist sinnvoll.
MichaelEV meint
Und noch eine kleine Ergänzung:
Im Rest des Verbundnetzes gibt es noch einige andere Kapazitäten für Öl. Da kommt also schon einiges zusammen;-)
eBiker meint
Michael die Notstromversorgung ist je nach Art des Gebäudes auf wenige Minuten bis maximal einen Tag ausgelegt. Das hilft nicht viel. Auch die Ölkraftwerke kannst vergessen, davon hat D gerade mal 4,7 GW installierte Leitung – vergleich Gas sind es 32 GW
MichaelEV meint
Solange kann vielleicht die Versorgung aufrecht gehalten werden, aber die Aggregate laufen sicher sehr viel länger.
Im Notfall würde jede kleine Stellschraube zählen, an der man Angebot schaffen oder Nachfrage einsparen kann. Und Not macht erfinderisch.
Der zweite Teil ist natürlich total schwachsinnig. Über 4 GW Kernenergie wird gerade heiß diskutiert, aber 4,7 GW sollen nicht hilfreich sein?
Auf das Jahr gerechnet wären 4,7 GW fast das, was an Erdgas insgesamt verbraucht wird.
Oder aufs BEV gemünzt sind 4,7 GW 47.000 PARALLELE Schnellladevorgänge mit durchschnittlich 100 kW (bisher gibt es aber nur 6260 solcher Ladepunkte bzw. knapp mehr als 10.000 Ladepunkte insgesamt). Natürlich total unerheblich.
cupra meint
Sollen sie Flugbenzin endlich besteuern, dann können sie E-Autos fördern und haben immer noch ein Plus an Steuereinnahmen
eBiker meint
Das mit dem Flugbenzin ist gar nicht so einfach.
Das ist ein internationalles Abkommen. Heisst man müsste dieses Abkommen abkündigen – oder die Steuer nur für Inlandsflüge erheben.
Ersters würde lediglich zu einer Verlagerung der Flüge, bzw. des tankens führen und zweiteres würde nicht wirklich viel bringen.
FahrradSchieber meint
Über die Luftverkehrabgabe (abhängig von der Flugstrecke) wird Flugbenzin indirekt schon besteuert.