Der Anteil der Deutschen, die sich ein Auto mit Stecker kaufen wollen, liegt 2022 laut einer Befragung der Unternehmensberatung EY bei 35 Prozent. Bei einer Studie vor zwei Jahren sagten erst sieben Prozent, dass sie sich ein Elektroauto als Neuwagen zulegen wollen. Das Interesse an elektrifizierten Mobilitätslösungen liegt bei Pkw in Deutschland damit deutlich über dem weltweiten Schnitt (30 %).
Elektrifizierte Fahrzeuge sind zwar weiterhin hinter klassischen Verbrennern: Etwas weniger als die Hälfte der 13.000 in 18 Ländern Befragten sagte, dass ihr neues Auto mit Benzin (28 %) oder Diesel (16 %) angetrieben werden soll. In welche Richtung es geht, ist aber deutlich zu erkennen. Auch die Politik treibt diese Entwicklung voran: Die 27 zuständigen Minister der EU-Mitgliedsstaaten einigten sich kürzlich darauf, dass ab 2035 nur noch klimaneutrale Neuwagen verkauft werden dürfen.
Der Blick zu den deutschen Nachbarn zeigt, dass fossile Antriebe auch hier aktuell noch beliebter sind als elektrische Alternativen: In Frankreich vertrauen 44 Prozent der Befragten auf Autos, die mit konventionellen Kraftstoffen fahren. Nur etwas weniger sind es in Großbritannien (41 %). Dagegen sind vor allem Kunden aus China elektrifizierten Pkw gegenüber schon jetzt deutlich aufgeschlossener, als es Neuwageninteressierte in Europa zum Teil sind. In der Volksrepublik plant jeder Zweite (51 %), ein rein elektrisches Auto oder einen Plug-in-Hybrid zu kaufen.
„In China und Indien kommt die Elektrifizierung der Mobilität zu einer Zeit, in der sich Menschen aus der dort entstandenen Mittelschicht erstmals ein Auto leisten können. Dementsprechend offen sind sie für die verschiedenen Energiequellen, die dort konkurrieren“, so Constantin Gall von EY. „Europäische Kunden neigen dagegen dazu, das kaufen zu wollen, was sie kennen und worauf sie seit Jahrzehnten vertrauen: Autos, angetrieben mit Benzin und Diesel. Hier haben es Elektroantriebe schwerer, sich am Markt durchzusetzen. Die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt aber, dass elektrische Mobilitätslösungen kontinuierlich auf dem Vormarsch sind.“
Zudem verstärke der regulatorische Druck den Trend zur Elektromobilität. Gall: „Immer strengere Abgasnormen und Klimaschutzziele führen ebenfalls dazu, dass die Automobilität auch in Europa mittel- und langfristig immer stärker elektrifiziert werden muss. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern, die uns gerade schmerzlich vor Augen geführt wird, spielt hierbei ebenfalls eine Rolle – und den elektrischen Antrieben in die Karten. Die Hersteller arbeiten daher stetig und erfolgreich daran, noch alltagstauglichere Alternativen zu Benzin und Diesel zu liefern.“
Deutsche haben hohe Erwartung an Reichweite
Dass Kunden weltweit noch überzeugt werden müssen, schlägt sich auch in Ansprüchen nieder, die an Elektroautos gestellt werden. Die befragten Verbraucher in Deutschland halten Stromer mit einer Reichweite von durchschnittlich 350 Kilometern für akzeptabel. Nur in Frankreich sind die Kunden noch anspruchsvoller, hier liegt der Mittelwert bei 378 Kilometer pro Ladung. Kurze Reichweiten (bis 160 km) sind in Deutschland nahezu gar nicht gefragt, über die Hälfte (58 %) gibt an, dass die akzeptable Reichweite ihres Pkw über 320 Kilometer liegen sollte. Im Schnitt haben Elektroautos aktuell laut EY nach Herstellerangaben eine Reichweite von circa 120 Kilometern (Kleinwagen) bis 600 Kilometern (SUV und Limousinen). Je nach Fahrweise, Gewicht des Pkw und Temperatur kann diese aber abweichen.
Wichtig seien derzeit noch staatliche Unterstützungsmaßnahmen, sagt EY-Berater Peter Fuß. „Wir dürfen uns nichts vormachen: Für den Durchbruch des Elektroautos braucht es staatliche Zuschüsse. Das starke Marktwachstum in den vergangenen Jahren ist durch die Prämien getrieben. Fielen sie weg, würden sich viele potenzielle Käufer vorerst gegen das Elektroauto entscheiden. Aber zukünftig werden die Preise der elektrischen Autos fallen, Diesel und Benzin werden teurer. Die Rechnung geht immer häufiger zugunsten des Elektroautos aus. Perspektivisch wird man in einigen Jahren die Förderung auslaufen lassen können.“
Denn grundsätzlich sei das Interesse an voll- und teilelektrischen Antriebsarten da. Aber die deutschen Kunden hätten vor allem Sorge, auf der Strecke zu bleiben: Das ihrer Meinung nach zu dünne Netz an Ladestationen (38 %) und mangelnde Ladeinfrastruktur zu Hause und am Arbeitsplatz (37 %) schrecken potentielle Neuwagenkunden hierzulande ab. Weitere Gründe für die Umfrageteilnehmer, sich gegen ein E-Auto zu entscheiden, sind die lange Ladezeit (36 %) und eine zu kurze Reichweite (34 %).
„Der Ausbau eines Ladesäulennetzes muss noch stärker vorangetrieben werden. Hier hat Deutschland vor allem im ländlichen Raum und auf Autobahnen extremen Nachholbedarf“, sagt Gall. „Wenn eine Familie nicht – wie sie es von Autos mit herkömmlichen Kraftstoffen gewohnt ist – mit einem kurzen Tankstopp in den Sommerurlaub fahren kann, wird sie sich nicht für ein Elektroauto entscheiden. Die Wirtschaft hat bei dem Thema vorgelegt, ist aber auch abhängig von der Politik. Hier müssen mehr Möglichkeiten zur Elektrifizierung unserer Straßen geschaffen werden. Denn diese ist ein unersetzlicher Baustein der Energiewende in Deutschland.“
Daniel S meint
Alle wollen eine S Klasse. Zahlen und kaufen tun sie dann Golf. Für BEV heisst das 500km Reichweite gewünscht, 350km gekauft.
Thrawn meint
War irgendwie zu erwarten.
Die einen sind aufgeschlossen und neugierig auf die E Mobilität, die anderen, die das grundsätzlich ablehnen, wollen jetzt „schnell noch“ oder „jetzt erst recht“ einen Verbrenner kaufen, solange es noch welche gibt.
Daher die Nachfrage an beiden Enden der Stange.
Florian meint
Sehr gute und wichtige Studie mit interessanter Erkenntniss: der Kartoffel bleibt beim Verbrenner da weiss er was er fährt/tankt/erreicht und muss sich nicht auf eine neue Technologie einlassen die ja auch sooo umstritten ist. Hat es der Kartoffel immernoch nicht geschnallt dass Strom an jeder(!) Steckdose anliegt und es ansonsten ja noch die Bahn, Sixt und das Fahrrad gibt. Der Kartoffel gibt es übrigens auch auf Französisch, spanisch, britisch, türkisch….
FahrradSchieber meint
„Erkenntniss: der Kartoffel bleibt beim Verbrenner“
Sehe ich anders.
Ich finde eine Steigerung des „Wollens“ von 7 auf 35% in zwei Jahren schon beachtlich.
Und wenn man sich die Lieferfristen anschaut, dann ist auch das „Tun“ auch beachtlich:
Quasi alles, was an BEVs angeboten wird, wird sofort weggekauft.
Mehr geht nicht.
Werner Mauss meint
Der Kartoffel versteht nichts von Technik, er will lediglich dasselbe was sein Nachbar hat und das passiert gerade.
Andi EE meint
😄 trifft es auf Punkt.
Fritzchen meint
Herr Gall hat recht. Das bezahlbare und taugliche eAuto für Familien existiert eben noch nicht. Die Ansprüche, die ein einfacher Arbeitnehmer mit Familie an ein Auto stellt, sind nicht besonders hoch. Leider ist es aber die Industrie, die die Energiewende ausschließlich zur Gewinnmaximierung (= ugs. Maximalabzocke) benutzt. Die Politik setzt dazu die falschen Anreize.
Fahren eigentlich die Skandinavier mit ihren eAutos nach Italien in den Urlaub? Volvo-Diesel mit nordischen Kennzeichen sieht man jedenfalls genug.
Florian meint
Ja das kann man wohl sagen dass Sie mit Ihren Elektroautos in den Urlaub fahren. Ich treffe im Sommer hauptsächlich LangstreckenfahrerInnen an den Knotenpunkten. Mich trifft man übrigens viel in der Bretagne, den Niederlanden oder Schweden an mit meinem mittelklasse E L E K T R O A U T O. Wo ist der Wald ich sehe ihn nicht die vielen Überzeugungen blenden mich…
Mäx meint
Einfach mal die Augen aufmachen auf der Autobahn.
Im Sommer sieht man da sehr viele Norweger mit Ihren Elektroautos.
Anti-Brumm meint
Möchte mich im Gegensatz zu den bisherigen Antworten auf den ersten Absatz fokussieren, den ich absolut unterschreiben kann.
Das Argument der Industrie für die vergleichbar hohen BEV-Preise lautet immer: man muss das Auto mit einem gleichwertigen Verbrenner vergleichen (Leistung, Automatikgetriebe). Schön und gut, aber das hilft Otto Normalverbraucher, der bis jetzt den <20.000€ Basisbenziner+Schalter fährt, gar nichts.
Wenn es die europäische Autoindustrie nicht bald schafft den preissensiblen Massenmarkt abzudecken, werden ihn die Chinesen überschwemmen.
andi_nün meint
„“Fahren eigentlich die Skandinavier mit ihren eAutos nach Italien in den Urlaub?““
Also wenn ich im Winter durch die Skiorte am Arlberg fahre, dann sehe ich viele Niederländer mit den aktuellsten Batterieautos, die der Markt so hergibt.
Randy meint
Weil die Niederlande ja zu Skandinavien gehört, klar.
LarsDK meint
Die Niederlande liegen nicht in Skandinavien und Norweger und Schweden haben eigene Berge zum Ski laufen.
Yoshi84 meint
Nicht aufregen. Es werden auf Grund der CO2-Flottenziele einfach genau so viele BEVs verkauft, wie so eben gerade nötig. Daher der hohe Preis: Es wollen mehr Menschen ein BEV als die Hersteller liefern können/wollen. Das wird aber irgendwann kippen. Dauert noch circa 5 Jahre, dann sind BEVs in allen Segmenten preisgleich. Bis dahin: gedulden!
LG
Ben meint
Ja tun sie, letzte Woche an der Pöhl(Vogtland) gewesen zum Zelten, da stand ein schwarzes Model S mit norwegischem Kenzeichen, auf dem nach Hause Weg hab ich den netten Fahrer getroffen, er meint er kommt aus Plauen und ist nach Norwegen/Oslo ausgewandert und verbringt 2 Tage in der alten Heimat und fährt dann weiter nach Südtirol.
Freddy K meint
Hatte erst letztens aufm selben Campingplatz in Kroatien 2 Skandis mit BEV und WW…
Ja, BEV und WW geht….
Michael meint
„Für den Durchbruch von Elektroautos braucht es staatliche Unterstützung“
Quatsch. Es braucht Autos mit weniger als 12 Monate Lieferzeit.
Yoshi84 meint
Und dafür braucht es noch viel strengere CO2-Flottenziele. Sonst passiert da gar nix. LG
FahrradSchieber meint
„Und dafür braucht es noch viel strengere CO2-Flottenziele“
Sinnvoller wären Gesetze, die es „Aktivisten“ nicht so leicht macht, neue Fabriken für Akkus und BEVs sowie neue Standorte für Windräder und Solarparks zu torpedieren.
Redlin, Stefan meint
Die Lade-Infrastruktur ist an Autobahnen viel besser als in den Dörfern. Da wo alle laden müssten, die es nicht an ihrer Wohnung/Garage können. Fernreisen machen lediglich 10 % der Jahresfahrleistung aus. Die übrigen 90 % sind viel wichtiger. Ich sehe auch keine ernsthaften Bemühungen die Arbeitgeber dazu zu bekommen ihre Mitarbeiterparkplätze aufzurüsten.
BEV meint
auf dem Land haben doch die wenigsten Probleme zuhause zu laden, Probleme gibt’s dort wo nicht nur ich alleine entscheide, also in Mehrparteienhäusern und wenn kein Parkplatz / keine Garage vorhanden ist
Das Netz muss es natürlich auch bereit stellen, aber auch hier gibt’s eher im Vielparteienhaus die Engstelle. Mal abgesehen davon, dass man nicht zwangsläufig mit 11 oder noch mehr kW laden muss.
Tommi meint
Bei meinem Arbeitgeber gibt es ca. 30-40 Ladestationen, die gut ausgelastet sind. Es gibt Arbeitgeber, die sich ernsthaft bemühen.
Djebasch meint
400 Kilometer reichen voll und ganz .
FahrradSchieber meint
Ich habe auch Bekannte die der Meinung sind, dass kein Mensch ein Auto braucht und Autos verboten werden sollten.
Sieht jeder anders.
Man sollte sich nur generell davor hüten, eigene Ansprüche allen anderen Menschen als passend überstülpen zu wollen…
one.second meint
Also der Mercedes, der schon 1200 km mit einer Akkuladung fährt, geht natürlich in die richtige Richtung. Aber jedes Elektroauto, dass nicht mindestens 3000 km ohne Aufladen fährt, ist natürlich nicht alltagstauglich.
Thrawn meint
Richtig!! Hier sind Plugin-Hybride wie z.B. der AUDI Q7 E-TRON eindeutig der Maßstab:
Mit nur 2,5t Leergewicht und einen Normverbrauch von 1,9 L/100Km hat der 373PS starke 6 Zylinder bei einem Tankinhalt von 75l eine Reichweite von 4166 km (so steht es geschrieben bei der auto motor sport, also muss es stimmen).
Deutsche Inschinörkunst! Welches E-Auto kann da schon mithalten???
Randy meint
Der Normverbrauch beträgt nicht 1,9, sondern sogar nur sagenhafte 1,8l/100km, selbstverständlich hat AMS den Q7 e-tron getestet und kam auf ihrer Testfahrt mit gemischten Profil und normaler Fahrweise auf 5,8 Liter.
Cadrick Bauer meint
Ich hab keinen Plan, wie die den Verbrauch von Hybriden berechnen. Von Kurzstrecke aus hochgerechnet oder so. Aber egal wie, so lange der STROM-Verbrauch nicht mit angegeben wird, ist das eh wertlos.
Spritmonitor führt nur wenige Q7 Hybride mit >15tkm auf der Uhr, die liegen bei 6.5l Diesel oder 7.5l Super – aber auch dort wird der Stromverbrauch NICHT mit angegeben. Der kommt ja noch dazu.
Thrawn meint
@Randy, @Cadrick Bauer
Ist mir schon klar. Mein Kommentar mit dem Q7 war ironisch gemeint.