Eine Studie des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) und des IMU-Instituts im Auftrag der baden-württembergischen Landesagentur e-mobil BW zeigt, wie sich die Wertschöpfung der Automobilhersteller mit der Umstellung auf Elektroautos ändert. Dazu werden der VW Golf 8 und dessen batteriebetriebenes Pendant ID.3 gegenübergestellt.
Die Studienautoren haben eine „Geomap“ für die Komponenten des Verbrennungsmotors und des Batteriesystems erstellt, berichtet die Automobilwoche. Dabei wurden 80 Bauteile im Zulieferernetzwerk für den Verbrennungsmotor beim VW Golf 8 über Zuliefererdatenbanken oder Artikel aus Automobilzeitschriften sowie Angaben der Hersteller identifiziert und zugeordnet. Sie reichen von der Nocken- und Kurbelwelle über Zylinder, Kolben, Pleuel und Ventile bis hin zu Gehäusen, Dichtungen, Sensoren und Steuergeräten.
Beim VW Golf 8 ist gemäß der Studie das Lieferantennetzwerk stark auf deutsche Produktionsstandorte und Zulieferer ausgerichtet: 48 der 80 Bauteile und damit 60 Prozent stammen von Zulieferern und Produktionsstandorten aus Deutschland, weitere 12 Bauteile (15 %) aus dem EU-Ausland (Frankreich, Niederlande, Dänemark, Schweiz), neun Teile (11 %) aus den USA und sieben aus Asien (China, Japan), was neun Prozent entspricht.
Während beim fossil betriebenen VW Golf 8 Deutschland und Europa bei der Komponentenproduktion dominieren, sieht es beim elektrischen ID.3 deutlich anders aus. 14 Bauteile und Komponenten wurden hierfür in der Studie identifiziert und zugeordnet. Diese reichen von der Batteriezelle über das Gehäuse und die Batterieinnenverkabelung bis hin zu Kühlungsleitungen und Sensoren. Generell ist die Anzahl der Bauteile und Komponenten in einem elektrischen Antriebsstrang mit rund 200 geringer als in einem Verbrenner-System mit rund 1200 Teilen.
Verschiebung nach Asien
Im Vergleich zum Verbrennungsmotor verschieben sich die Anteile beim Elektroauto der Analyse nach vor allem nach Asien. So sind Akkufertiger wie CATL, LG, Samsung SDI und SKI aus China und Südkorea für etwa 35 Prozent Wertschöpfungsanteil am Antriebsstrang des ID.3 verantwortlich. 43 Prozent aller Bauteile kommen aus dem asiatischen Raum, weitere 21 Prozent aus dem europäischen Ausland (etwa Frankreich, Spanien, Niederlande) und 36 Prozent aus Deutschland. Dazu zählen unter anderem das Batteriegehäuse sowie auch die Montage der Batteriemodule und -packs in Braunschweig.
In der ersten Stufe der Wertschöpfungskette ist laut der Studie eine sehr hohe strategische Abhängigkeit von einzelnen Ländern oder Weltregionen vorhanden. So werden 89 Prozent der Rohstoffe in den Regionen Asien (74 %), Südamerika (11 %) und Afrika (4 %) gefördert. Allein China hat einen Anteil von 65 Prozent an der Gesamtmenge. Bei Seltenerdmetallen ist China sogar für 98 bis 99 Prozent aller Lieferungen an die EU verantwortlich.
Im Vergleich der Wertschöpfungsnetzwerke des VW Golf 8 und ID.3 sind einerseits klare geografische Verschiebungen und andererseits ein zunehmender Grad der vertikalen Integration von Wertschöpfung weg von den Zulieferern und hin zum Hersteller Volkswagen zu erkennen, so das Fazit der Studie. Um Beschäftigung an den Standorten zu sichern, holten die Hersteller Komponenten zurück. Die geografische Zuordnung dürfte sich also in Zukunft wieder nach Europa verschieben. Das gelte auch für Batteriezellen.
Für Zulieferer sieht die Studie vor allem dann Chancen, wenn sie in die Teileentwicklung eingebunden sind oder sich auf das Premiumsegment spezialisieren. Insbesondere Lieferanten im kostensensitiven Volumensegment seien einem anhaltenden Kostendruck ausgesetzt.
Der Chef der Agentur e-mobil BW und Auftraggeber der Studie sieht die Autoindustrie auf der Suche nach einem „neuen Gleichgewicht“ in der Wertschöpfungskette. Die Unternehmen hätten sich in der Vergangenheit in Deutschland auf die werttreibenden Schritte fokussiert in Verbindung mit einer Globalisierung. „Darauf beruht unser Wohlstand“, so Franz Loogen. Eine Relokalisierung könne dagegen auch wertvernichtend sein. Günter Leßnerkraus vom baden-württembergischen Wirtschaftsministerium glaubt, dass die Globalisierung weiter bestehen wird. „Sobald sich die Lage beruhigt, kommt das Kostenargument zurück“, sagte er. Man brauche die Flexibilität der globalen Lieferketten.
Björn Bastian Merkhoffer meint
Es gibt keinen eGolf 8.
FahrradSchieber meint
Hat das denn jemand behauptet?
EdgarW meint
Neben dem Artikel hier bei Ecomento von vorhin, „Studie: Chinesische Zulieferer gewinnen an Bedeutung, Wachstumsmotor E-Mobilität“ zeigt das vor allem eins: Die Bremsung von Politik, Herstellern und als Letztes vor Allem Zulieferern beim Umstieg auf Elektromobilität wirkt sich bereits zum Schaden dieser Industriezweige aus. Wie seit vielen Jahren gewarnt wird, geht derlei Bremserei leicht nach hinten los und bedeutet am Ende Verlagerung von Wertschöpfung und Arbeit in jene Märkte, in denen der Umschwung früh erkannt und entsprechend gefördert wurde.
Das geht auch an Dich, FDP, jene Partei, die sich für vermeintlich „wirtschaftlich einzig Kompetente“ hält. Ein fataler Irrtum.
MichaelEV meint
So ist es. War von Anfang an klar, je länger man verzögert, desto größer wird der Schaden.
elbflorenz meint
Alles richtig!
Am meisten versagt haben hier die deutschen Tier1 Zulieferer. Absolut toxisch, was z.B. der Continental-Chef noch Ende 2019 über BEV im allgemeinen und die (deutsche) Akkufertigung im speziellen gesagt hat.
Aber auch Wirtschaftsforscher und die technische universitäre Forschung hat voll und viel zu lange auf das bzw. die falschen Pferde (Verbrenneroptimierung, Bio- und eFuel’s und natürlich H2) gesetzt. Und natürlich massiv bei der Politik lobbyiert …
Und jetzt stehen wir da mit unserem „geplätteten Hemd“ – und es passt ned mehr …
Einziger, aber eher schwächer Trost:
Den Japanern, Franzosen und „alten“ Amerikanern geht’s teilweise noch schlechter …
Andi EE meint
Die Politik ist doch nicht das primäre Problem, wenn man mit derartigen Monsterförderungen den Absatz von E-Mobilen fördert. Auch wenn das für alle Marken gilt, kauft man im Heimatland immer patriotisch, insbesondere Deutschland, wo es ja kürzlich die Studie zu gab.
Nein das Problem liegt garantiert nicht bei der Politik. Die Konzerne sind das Problem, die lang nicht umstellen wollten und dabei zusahen, wie immer mehr Komponeten von eben z.B. Asien konkurrenzfähig produziert wurden. Autonomes Fahren, die Software die 4 Klassen wichtiger als im Verbrenner ist (dort ist es primär die USA) und natürlich die Batterie. Es ist übler als im Artkel dargestellt wird. Wenn ich Produktionsanteile für mich gewinnen möchte, muss ich schauen, dass ich die mit hoher Wertschöpfung / Marge erhalte. Und dort sieht es noch schlimmer aus. In DE kann man das nicht, was viel Geld einbringt. Ich bin ja immer böse beschimpft worden, als ich gesagt habe, dass diese OEMs in Richtung PC-Zusammenbauer tendieren.
Und es ist doch so, die Schlüsselkomponenten muss man alle einkaufen. Da nützt es nix, wenn noch 40% im Land bleibt, aber kaum mehr Marge aus diesem Produktionsanteil generiert werden kann. Jetzt macht man Batterie … ja stimmt, Northvolt und Co., aber die Latte liegt unglaublich hoch, vielleicht ist der Buzz das erste Exempel wo das Aufholen kläglich bei der Batterie scheitert. Man braucht gute Qualität zu einem günstigen Preis und das ist mit die schwierigste Aufgabe das zu verbinden.
Bei der Software gehen Apple und Google immer tiefer in die Systemarchitektur der Autos. Für mich stehen da die Zeichen bei den Autobauern auch nicht mehr auf Eigenbau. Die haben nicht ansatzweise die Qualität von diesen Giganten bei der Software. Auch da wird die Wertschöpfung immer weiter abwandern, wenn man nicht mit einem total inferioren Softwareangebot gegen z.B. Tesla antreten möchte.
All die Ansagen sind schön und gut die da von VW und Co. kommen, aber man wird nur mithalten können, wenn man die Dinge einkauft. Es wird in Deutschland viel zu wenig und zu spät Geld in die Entwicklung gesteckt. In fahrlässigster Weise wartet man immer bis der Staat macht, bis Institute geforscht haben …da ist das Scheitern / respektive der Einkauf der teuren Komponenten vorprogrammiert.
Kasch meint
Hilft nichts mehr, der Drops „Industriestandort Europa“ ist gelutscht. Keine deutsche Firma mehr unter den Top 100, der Rubel steht zum Euro inzwischen höher als vor dem Krieg, die Inflationsrate in Russland inzwischen unter europäischem Durchschnitt. Egal wie man den europäischen Bürger mit „gut-Mensch-Propaganda“ einlullt, Realität ist nicht mit kollektivem Wunschdenken zu verdrängen. Was mich aber maßlos ärgert, schlicht jeden Schaden der letzten 20 Jahre haben wir uns alle zusammen selbst eingebrockt, einfach nur noch zum kotzen.