In einem Forschungsprojekt des Instituts für Stromrichtertechnik und Elektrische Antriebe (ISEA) der RWTH Aachen und des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) vergleichen die Wissenschaftler Wechselakkusysteme mit vollintegrierten Batteriesystemen, also solchen mit fest eingebauten Akkus. Die Forschenden bewerten im Projekt „KreislaufAkkus“ mit Förderung durch das Bundeswirtschafts- und Klimaschutzministerium die ökologische Wirkung und Kreislaufeigenschaften sowie soziale und ökonomische Aspekte der verschiedenen Ladeinfrastrukturen.
„Batterien werden aus wertvollen Ressourcen hergestellt. Daher ist es hochrelevant, die Ressourcen effizient einzusetzen, Komponenten lange im System zu halten und die Rohstoffe nach der Nutzung durch Recycling wieder in den Kreislauf zurückzuführen“, so Energieexperte Jan Wiesenthal vom IÖW. Das heiße, dass in allen Phasen des Batterielebens eine Weiter- oder Wiederverwendung mitgedacht wird und Batterien schon bei der Herstellung entsprechend konzipiert werden. „Der Markt für Elektrofahrzeuge wird in den nächsten Jahren stark wachsen. Daher braucht es jetzt Antworten auf die Frage, welches Batteriesystem am besten zu den drängenden Zielen der Energie- und Ressourcenwende passt. Denn daraus ergeben sich grundlegende Richtungsentscheidungen für den Aufbau der Ladeinfrastruktur.“
Derzeit liegt der Fokus bei der E-Mobilität auf vollintegrierten Batterien, die im Fahrzeug an Ladesäulen geladen werden. Hierbei sind allerdings noch nicht alle Hemmnisse geklärt, die ein schnelles Wachstum des Markts für Elektrofahrzeuge behindern. Wie lassen sich etwa wechselseitige Abhängigkeiten lösen zwischen der Wirtschaftlichkeit der Ladesäulenerrichtung und der Anzahl von E-Fahrzeugen im Straßenverkehr? Wie können hochverdichtete Städte mit knappen Flächen ein ausreichendes öffentliches Ladesäulenangebot gewährleisten, sodass auch Menschen ohne eigene Ladesäule bereit sind, auf ein E-Fahrzeug umzusteigen? Auch haben Autofahrer weiterhin Bedenken hinsichtlich Reichweite und Ladegeschwindigkeit und es braucht Konzepte, um eine Überlastung des Stromnetzes durch gleichzeitiges und schnelles Laden zu verhindern.
Als ein möglicher Lösungsbeitrag gelten Wechselakkus. Diese können, anders als fest verbaute Batterien, in kurzer Zeit entnommen und durch vollgeladene Akkus getauscht werden. Für die Nutzenden hat dies den Vorteil, dass es schnell geht. Ladezeit und tatsächliche Nutzung des Fahrzeugs können voneinander entkoppelt und das Stromnetz so entlastet werden. Tauschbare Akkus können auch für die Ressourceneffizienz einen positiven Effekt haben, denn ihre Lebensdauer ließe sich durch ein gesteuertes und schonenderes Laden erhöhen. Auch würde die Lebensdauer der Fahrzeuge unabhängig von der des Akkus. Ungeklärt sind allerdings noch zentrale Fragen wie die benötigte Anzahl an Batterien, Anforderungen an die Fahrzeugkonstruktion und Notwendigkeiten bei der Standardisierung. Zudem werden bei diesem Ansatz im gesamten System mehr Fahrzeugbatterien benötigt, die für den Wechsel bereitstehen.
„Damit Wirtschaft und Politik diese wegweisenden Richtungsentscheidungen treffen können, muss nun wissenschaftlich fundiertes Orientierungswissen geschaffen werden, das aufzeigt, wie die Rohstoffe von Akkus in einem Ressourcenkreislauf geführt werden können und wie die Systeme dafür designt sein müssen“, so die Forscher. Auch müssten mögliche Rahmenbedingungen für verschiedene Akkusysteme entwickelt werden, damit strategische Diskussionen über fest verbaute Akkus versus Tauschsysteme überhaupt erst ermöglicht werden. „Hierfür vergleicht und bewertet das Projekt ‚KreislaufAkkus‘ mit enger Einbeziehung von Praxisakteuren und unter Berücksichtigung sozialer Aspekte vollintegrierte und Wechselakkusysteme hinsichtlich ihrer ökologischen Wirkungen, Ressourcenintensität und Kreislaufeigenschaften sowie technischer und ökonomischer Umsetzbarkeit“, heißt es.
Michael meint
Bei einem Wechselakku ist das mit der Akku Garantie dann vollends egal.
Ich habe zwar ein Auto gekauft. Und bei dem Kaufpreis war auch der Preis eines neuen Akkus dabei (und der Hersteller sagt 8 Jahre und 150.000 KM)…dann fahre ich zum ersten Wechsel und schwupp..bekomme ich einen anderen Akku, von dem ich nicht weiß wie alt, wieviel Kilometer und welche Restgarantie. Anber hey…dafür ist er voll :-)
Aus meiner Sicht passt ein solches Wechselsystem nur zur Akku Miete und nicht zum Kauf.
henry86 meint
Wenn die Schnellladesäulen einfach nur zuverlässig funktionieren würden, würde das vollendst reichen.
Letztens wieder beim Stop an der A10 gleich zwei DC Ladesäulen gehabt, die ausgefallen waren – erst Aral, dann allego. Und schwupps eine Stunde Zeit verloren, weil man zur 30 km entfernten DC Säule fahren musste.
Dagegen hat die Ladung selbst gerade mal 20 min gedauert. Verstehe nicht, wo das Zeit Problem (bei funktionierenden) 300 kW Säulen sein soll.
elbflorenz meint
Was für eine Geldverschwendung. Wieder Mal.
Im PKW-Bereich ist doch der Zug schon längst in Richtung „zell-to-body“ angefahren. Beide BEV-Weltmarkt- und Technologieführer setzen darauf. Was ja auch logisch ist – da ein PKW I.d.R. eine selbstragende Karosserie hat. Und da werden auch die Zellen integriert bzw. sind – wie die BYD-Blade-Akkuzellen – stabilitätsverstärkende Elemente.
Beim LKW mit seiner i.d.R. Rahmenbauweise sind die Akkupakete immer am oder auf dem Rahmen positoniert und damit bestens geeignet, um als Wechselakkupakete konstruiert zu werden.
Aber ich gehe jetzt einfach Mal davon aus, dass sich unsere überbezahlten Forscher hier einzig oder zumindest schwerpunktmäßig mit dem BEV-PKW beschäftigt haben. Also eine Forschungsarbeit für die Ablage … Verzeihung … für die Cloud natürlich …
CaptainPicard meint
Chinesische Hersteller wie Nio investieren aktuell massiv in den Wechselakku und bauen auch Infrastruktur in Europa dazu auf.
elbflorenz meint
NIO sieht sich als Premium-Hersteller für geschäftliche Vielfahrer. Zumindest in China kaufen fast nur Unternehmer einen NIO. Und bei der – zumindest bisherigen – chinesischen Ladeinfrastruktur (zwar sehr viele Ladestationen – aber kaum welche über 100 kW) ist ein Wechselsystem für Vielfahrer evtl noch attraktiv.
Aber mit zunehmender Verbreitung von 800 V Akku-Systemen und Ladesäulen mit 300 kW und höher gibt’s ja fast keine Zeiteinsparung mehr beim Wechselsystem.
Es ziehen ja kaum andere Hersteller mit. Weil die alle auf cell-to-body setzen. (Geely, Leapmotor, Neta)
Tesla und BYD ohnehin…
Andi EE meint
Es ist doch völlig klar dass 95% von allen Nutzern ihr Fahrzeug zu Hause oder auf der Arbeit laden werden. Schon die Annahme ist einfach kreuzfalsch. Jeder Vermieter wird Ladepunkte erstellen, jede Firma wird Ladepunkte erstellen, weil es die Arbeitsplätze attraktiv macht, weil es die zu vermietenden Objekte attraktiv macht.
Nichts gegen solche Institute, aber diese Leute verstehen nichts vom Markt. Der Markt zwingt die Teilnehmer, ihr Angebot attraktiv zu machen, weil er sonst keine Arbeiter bekommt (Firma) oder ein Vermieter (Häuser / Mietobjekte) der sonst keine / schlechter an Mieter für seine Wohnung bekommt.
Gunarr meint
Im Moment laden die meisten E-Auto Fahrer tatsächlich noch zu Hause. Die, die das nicht können, fahren nämlich weiter mit Benzin. Will man solche Leute für die E-Mobilität begeistern, muss es etwas besseres geben, als „Schnellladen“ auf 80 % in einer halben Stunde. Wenn wir wirklich mal Akkus bekommen, die in 5 Minuten voll sind, wird das Akkuwechseln vielleicht obsolet, aber das glaube ich erst, wenn ich es sehe.
JustMy2Cent meint
Fahrzeuge mit Wechselakku sind im Unterhalt auf jedenfall teurer als mit Festverbauten. Die Wechsel-Infrastruktur muß zur Verfügung gestellt werden und Akkus müssen auf Vorrat gehalten werden. Konstruktionsbedingt dürften die Fahrzeuge auch etwas teurer sein. Mindestens einen Akku muß man ja kaufen oder man mietet ihn, was über die Zeit sicher teurer ist (siehe ehemaliges Zoe Konzept).
Sollten die von dir angesprochenen Autofahrer also dieses System nutzen wollen / müssen, wird es eines sicher nicht: billiger. Da dieses Klientel im allg. aber auch das geringere Potenzial haben dürfte, sich teurere Autos zu leisten, glaube ich, daß sich das Wechselakkusystem genau hier am allerwenigsten durchsetzen dürfte.
Ich sehe die einzige Lösung darin, die Ladeinfrastruktur auch für „Mietskasernen“ zügig auszubauen. Die einzige Hürde dürfte hier nur der politische Wille sein, das auch durchzusetzen.