Deutschland und Europa können bei neu verkauften Lkw schneller komplett emissionsfrei werden, als bisher erwartet wurde. Weder die Gesamtkosten noch die Betriebsanforderungen sind ein Hindernis für den Markthochlauf. Das geht aus einer Studie hervor, die die niederländische Forschungsorganisation Netherlands Organisation for Applied Scientific Research (TNO) erstellt hat. In Auftrag gegeben wurde die Untersuchung von der deutschen Denkfabrik Agora Verkehrswende und der europäischen Nichtregierungsorganisation Transport & Environment (T&E).
Batterieelektrische Lkw werden demnach im Vergleich zu Diesel-Lkw bereits im Jahr 2030 in 99,6 Prozent aller Anwendungsfälle in der Gesamtkostenrechnung günstiger sein und die gleichen Anforderungen an Reichweite, Laufzeit und Nutzlast erfüllen. Das gelte für alle Neufahrzeuge im Straßengüterverkehr und, mit geringen Unterschieden, für alle EU-Länder sowie das Vereinigte Königreich, so die Studienautoren. Deshalb empfiehlt Agora Verkehrswende, die EU-Flottengrenzwerte für CO2-Emissionen von neuen Lkw schon für die Zeit bis 2030 deutlich zu verschärfen und für 2035 möglichst auf null zu senken. Synthetische Kraftstoffe („E-Fuels“) und Biokraftstoffe sollten dabei nicht auf die Grenzwerte angerechnet werden können. Diesel-Lkw würden dann ab 2035 in der EU nicht mehr neu zugelassen.
Politik kann Markthochlauf beschleunigen
„Auf Basis dieser Studie kann die Politik das Tempo für den Klimaschutz im Straßengüterverkehr mit gutem Gewissen erhöhen“, so Wiebke Zimmer, Stellvertretende Direktorin von Agora Verkehrswende. „Im Verkehrssektor geht es auf dem Weg zur Klimaneutralität an vielen Stellen nicht so schnell voran, wie es nötig wäre. Wichtig ist daher, dass die Politik nicht nur das 100-Prozent-Ziel für 2035 anstrebt, sondern auch anspruchsvollere Zwischenschritte für den Markthochlauf festlegt. Das ebnet den Weg für die rasche Ausweitung der Produktion von Nullemissions-Lkw. Dafür sollte sich die Bundesregierung in der EU einsetzen.“
Die Europäische Kommission plant im Zuge ihrer „Green-Deal“-Strategie, in den kommenden Monaten einen neuen Vorschlag für die CO2-Flottengrenzwerte von Lkw vorzulegen. Bisher sollen die CO2-Emissionen für neu zugelassene Fahrzeuge ab 2025 um 15 Prozent niedriger sein als in den Vergleichsjahren 2019 und 2020, ab 2030 um 30 Prozent. Auf der Grundlage ihrer Studie plädiert Agora Verkehrswende dafür, das 30-Prozent-Ziel auf 2027 vorzuziehen und für 2030 eine Reduzierung um 65 Prozent festzulegen. Ohne diese Vorgaben ließe sich das deutsche Klimaziel, im Jahr 2030 ein Drittel der Fahrzeugkilometer im schweren Güterverkehr elektrisch oder strombasiert zu leisten, kaum erreichen.
Fedor Unterlöhner, Bereichsleiter Güterverkehr bei T&E: „Mit ihren Klimaschutzvorgaben kann die Politik EU-weit Planungssicherheit für Hersteller und Transportunternehmen schaffen und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken. Neben den Flottengrenzwerten hat die Politik weitere Instrumente in der Hand, um die Transformation zu beschleunigen. Effektiv wären in den Jahren bis 2030 vor allem Kaufprämien für emissionsfreie Lkw und nach CO2-Emissionen differenzierte Straßennutzungsgebühren für Lkw.“
Batterie-Lkw auch für lange Strecken geeignet
In der Studie wurde das technische und wirtschaftliche Potenzial für emissionsfreie Lkw in den EU-Ländern und dem Vereinigten Königreich bis zum Jahr 2040 untersucht. Hintergrund sind Diskussionen in Politik und Wirtschaft darüber, wie schnell die Kosten und die Leistungsfähigkeit von batterieelektrischen und Brennstoffzellen-Lkw mit Diesel-Lkw vergleichbar sein werden. Berücksichtigt wurden in der Studie mittlere und schwere Lkw wie sie im Stadtverkehr, im regionalen Lieferverkehr und im Fernverkehr eingesetzt werden.
Für die Kalkulation der Gesamtkosten wurden die Kosten für Wertverlust, Energie, Wartung, Infrastruktur und Straßennutzung berücksichtigt. Der Kostenvorteil von Batterie-Lkw gelte trotz ihres auf absehbare Zeit höheren Kaufpreises und auch in Szenarien, in denen die Annahmen für die Entwicklung der Preise für Batterien, Dieselkraftstoff und Strom weniger vorteilhaft für batterieelektrische Lkw angesetzt werden. Aufgrund ihrer günstigeren Gesamtkosten kommen Batterie-Lkw gemäß der Studie auch für die meisten Langstrecken infrage. Mit einer Reichweite von 400 bis 500 Kilometer pro Batterieladung könnten sie mit einem Ladestopp von 45 Minuten während der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhepause auch Tagesreichweiten von 800 Kilometer gut abdecken.
Die Gesamtkosten von Brennstoffzellen-Lkw werden hingegen nach den Berechnungen der Studie anhaltend über denen von Diesel-Lkw liegen. Dies gelte auch dann, wenn die Kosten für Wasserstoff und Brennstoffzellen niedrig angesetzt werden. Brennstoffzellen-Lkw seien deshalb nur in Sonderfällen eine emissionsfreie Alternative zu Batterie-Lkw, zum Beispiel wenn besonders hohe Reichweiten erforderlich sind.
Stefan Chrzanowski meint
Liebe Ecomento,
meinen Sie statt Elektro-LKW bis 2035 billiger als Diesel-LKW Elektro-LKW werden(!) bis 2035 billiger als Diesel-LKW?
ecomento.de meint
Wir haben die Überschrift jetzt eindeutiger formuliert.
VG | ecomento.de
Spock meint
Die ganze H2 Diskussion im Bereich der Elektro PKW und Elektro LKW ist doch purer Lobbyismus. Da werden Millionen an Förderungen abgezockt, weil unser Verkehrsminister keine Ahnung, aber auch gar keine Ahnung, davon hat was er da macht. Das hat er übrigens mit seinen Vorgängern gemeinsam, scheint eine Voraussetzung für den Job zu sein😂.
Jakob Sperling meint
Agora war schon immer aus irgendwelchen ideologischen Gründen gegen FCEV.
In den USA erhielt die frisch niedergelassenen Quantron von der Logistikfirma TMP soeben eine Bestellung von 500 FCEV-Class8-LKW. Für Auslieferung bis Ende 2024.
MAik Müller meint
War ja KLAR. Ich schreibe schon seit vielen Jahren:
PKW und LKW = Akku KEIN H2.
Djebasch meint
Naja das weiß ein blinder mit Krückstock das die Preise purzeln sofern der Kriegschei.. vorbei ist…
Alleine wenn die neuen Akku Chemien auf den Markt kommen ohne Komplizierte Metalle…