Das kürzlich abgeschlossene Forschungsprojekt D-SEe hat sich mit der Frage beschäftigt, wie sich Strom für 400 Kilometer in nur 15 Minuten in eine Fahrzeugbatterie laden lässt. Das Ergebnis ist eine Schnellladestation mit 450 Kilowatt (kW) Ladeleistung und ein zur Reproduzierbarkeit geeignetes Prototypenfahrzeug.
Die Projektabkürzung D-SEe steht für „Durchgängiges Schnellladekonzept für Elektrofahrzeuge“. In viereinhalb Jahren Forschungsarbeit haben die beteiligten Partner die Energieflusskette vom Stromnetz über die Ladeelektronik und das Ladekabel bis hin zur Fahrzeugbatterie analysiert und optimiert. Mit dabei waren Hofer Powertrain, die Hochschule Bochum, Innolectric, Keysight Technologies, Sensor-Technik Wiedemann (STW) und Voltavision. Gefördert wurde D-SEe vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.
Die Herausforderung des Forschungsprojektes sei es gewesen, für die angestrebte Ladeleistung die bisher am Markt gängigen elektronischen Komponenten, Ladekabeltechnik und Fahrzeugbatterie zu modifizieren und weiter zu entwickeln, erklärt Kai André Böhm, Professor an der Hochschule in Esslingen und Leiter des Projekts. „Jedes verwendete Bauteil musste den hohen Projektanforderungen standhalten und wurde so genauesten Prüfungen hinsichtlich Effizienz, Kosten, Komfort und Lebensdauer unterzogen.“ Waren die am Markt gängigen Komponenten nicht geeignet, ging es in die Produkteigenentwicklung.
Das Bochumer Unternehmen Innolectric kreierte laut einer begleitenden Mitteilung eine neue, normgerechte Ladekommunikation. Keysight Technologies steuerte eine innovative SiC-Leistungselektronik bei, sodass das von der Hochschule Bochum entwickelte Prototypenfahrzeug mit rund 400 kW Leistung bei 460 Ampere und bis zu 900 Volt geladen werden kann. „Dies würde ein normales Fahrzeug mit einer gängigen Fahrzeugbatterie um das Vierfache überlasten, da die Verlustleistung in der Batterie näherungsweise quadratisch mit dem Ladestrom steigt“, meldet Hofer Powertrain. Zusammen mit der Uni Bochum entwickelte Hofer einen passenden Batterietyp mit „optimalem Verhältnis von Leistung zu Energie“ und „effizientem Kompromiss zwischen Hitzeerzeugung, Lebensdauer und Reichweite“.
Der finale Batterie-Prototyp enthält Zellen mit einem P/E-Verhältnis von 3,5 und einer Energiedichte von 210 Wh/kg. Er wartet mit einer Spannung von 645 bis 903 Volt auf und kann rund 128 kWh aufnehmen. „Die Auswahl der Zellen erlaubt aufgrund des für den Schnellladevorgang optimalen P/E einen Ladevorgang mit konstantem Strom von 460 Ampere“, so Hofer. Auf ein aufwändiges Kühlkonzept habe man verzichten können, da während des Schnellladevorgangs die Batterietemperatur nur um 26 °C ansteige.
„Wir freuen uns, dass wir in den viereinhalb Jahren Projektlaufzeit, unsere Ziele letztendlich noch übertreffen konnten“, sagte Projektleiter Böhm bei der Abschlusspräsentation des Forschungsprojekts. „Denn mit einer durchschnittlichen Entladeleistung von 70 kW und einer Entlade-Energie von 90,3 kWh erreichen wir eine Gesamteffizienz von 92 Prozent.“
Alle beteiligten Unternehmen profitieren künftig von der im Rahmen des Projekts geleisteten Forschungs- und Entwicklungsarbeit. „Die Entwicklung von neuen Prüfverfahren, eine Highend-Ladeelektronik sowie ein neues Kommunikationsmodul sind neben echten 410 km Reichweite (WLTP: 564 km) bei 88+ kWh und 15 Minuten Ladezeit durchaus interessante Projektergebnisse, die die Entwicklung der E-Mobilität beeinflussen wird“, so die Partner.
Dirk meint
Was mittlerweile klar sein sollte ist dass es zwingend sehr bald Richtung 800V gehen muss und wird.
Das führt zu einer neuen Generation Ladesäulen, aber m.W. ist es nicht so schwer, zwischen 400 und 800V umzuschalten, da es ja schon sehr viele 400V-Fahrzeuge gibt. Oder können das schon alle HP-Charger?
Und vermutlich kommt dann auch demnächst einer auf die schlaue Idee, den nächsten Schritt mit 1600V zu gehen…wie komm ich da nur drauf… ;-) ?
Eichhörnchen meint
Was nutzt die ganze schöne Ladeleistung wenn der Verbrauch zu hoch ist. (hoher cw-Wert, große Frontflächen, hohes Gewicht).
Das hat eine niedrige Ladegeschwindigkeit (wieviel Kilometer/Stunde Reichweite lade ich nach) zur Folge und damit eine niedrige Reisegeschwindigkeit. Das wissen alle, nur ein Hersteller macht es richtig zum unschlagbaren Preis.
M. meint
Seltsamer Kommentar.
Wird es so sein, dass man diese Batterie später gar nicht in windschlüpfrigere Fahrzeuge einbauen kann?
Soll das Auto so auf den Markt kommen, wie es oben zu sehen ist?
Davon steht gar nichts in dem Beitrag.
Henderson meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
stdwanze meint
Hm, wenn man den Angaben folgt, haben die das mit „normalen“ NMC Batterien gemacht. Wenn man z.b. die 128 kWh mit einer MEB 62 kWh ins Verhältnis setzt so wird aus 460 A -> 222 A. Also genau was mein ID3 schafft. Durch 800V Verschalltung schafft man dann die >400 KW. Was nicht angegeben ist, ist die Ladekurve. Ich will jetzt hier keine Forschungshöhe in Abrede stellen da ich nicht weiß was die Herausforderungen gegenüber 350 kW Chargern is, aber das kommt mir jetzt schon alles machbar vor. Grundlage ist halt einfach ne große Batterie.
Shullbit meint
Das habe ich mir auch sofort gedacht. Mit so einem Riesenakku sind hohe Ladeleistungen schon lange kein Kunststück. Je mehr Zellen ein Akku hat, umso höher kann die Ladeleistung sein. Wenn ich 10 statt 5 Glühbirnen verbaue, habe ich halt auch eine doppelt so hohe Leistung. Physikalkische Gesetzmäßigkeit, die bei Akkuzellen kaum anders ist.
Ein solcher Riesen-Akku ist derzeit nur in Fahrzeugen ab etwa 80.000 Euro refinanzierbar. Das löst genau kein Problem, weil 95+% aller BEV in den nächsten 5 Jahren nicht solche Riesenakkus bekommen werden. 45 KW-Ladeleistung mit einem 60 KW-Akku wäre eine Forschungsleistung gewesen.
Shullbit meint
Muss im letzten Satz natürlich „450 KW Ladeleistung“ heißen.
bs meint
Richtig, 3C (Ladegeschwindigkeit 3 mal Speicherkapazität) 3 mal zwar hoch aber jetzt kein Durchbruch. Man redet imemr von Ladesäule mit hohen kapazität aber wie man die baut weiss man schon längst. Es geht darum wie man einen Zellstruktur baut die mehr als 3C über eine größere SoC Bandbreite ladne kann ohne langfristige zu viel SoH zu verlieren.
Hans meint
Richtig, ich fahre nun 2 Jahre ID.3 58kWh Akku. Wir fahren wenig Langstrecke, und trotzdem sind die 58kWh zu wenig für ein Alltagtaugliches Fahrzeug. Es sollten mind 80kWh sein
stdwanze meint
Interessant, fahre ID3 nun auch seit >2 Jahren und mit 50 tkm noch nie so viel in einem Auto bisher. Und ich pendle dabei nicht! Kann mit 250 km Autobahnreichweite (nutzbar von start bis charger mit Puffer im Akku) im Winter gut leben.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Und ich nutze meine 7 Jahre alte 22kWh-Zoe nach wie vor intensiv. Selbst Touren im Umkreis von 60 km sind bei der heutigen Ladeinfrastruktur überhaupt kein Problem. Deswegen verkaufe ich das Teil auch nicht.
micc meint
Ich fahre jetzt bald 1 Jahr den Ioniq vFL mit 28kWh Akku und das reicht! Auf den seltenen Langstrecken fährt man eben ca. alle 200km an die Ladesäule, und nach 18 Minuten gehts weiter. Der Ioniq konnte schon 2017 fast mit 3C laden.
Kleinerer Akku = weniger Gewicht, günstigere Anschaffung,weniger Rohstoffverbrauch, kleinerer CO2-Fußabdruck!
MAik Müller meint
So wird das was auch in der BREITE!
Ladeleistung 350kW und ein Standard 80-90 kWh Akku.
David meint
Das wird ja auch kommen. 200 kW durchschnittlich hat der Taycan. Und es scheint den Akku nicht übermäßig zu stressen. Die SoH-Werte sind genau im Rahmen anderer vergleichbarer Akkus mit weniger Ladegeschwindigkeit. Jetzt geht es immer mehr Richtung Schnitt 350 kW. Und erst danach muss der Standard CCS aufgebohrt werden, was möglich ist. Jedenfalls sind für sämtliche Steigerungen 800 V-Systeme unumgänglich, weil die Stromstärke die Wärmelast-/Verlustprobleme verursacht und daher möglichst gering bleiben muss, was dann heißt, die Voltzahl muss möglichst hoch sein. Das ist den Herstellern bekannt. Außer einem…
M. meint
Das Wort, das du suchst, heißt „Spannung“. Eine „Voltzahl“ gibt es nicht.
David, tu mir den Gefallen und lass mal den Taycan außen vor.
Nettes Auto, wirklich, aber nicht das, was in der Breite gebraucht wird oder bezahlbar ist.
Und nochmal nein, es gibt schon noch ein paar Hersteller mehr (als den „einen“), die keine konkreten Pläne für eine 800 V-Technik vorgelegt haben.
MAik Müller meint
@M. die 800V Technik bezieht sich doch nur auf das Ladesystem der Akku ist doch der gleiche nur halt in reihe geschalten. Die Industrie hält logischer weise das 800V System etwas zurück das es HEUTE etwas MEHR kostet als ein 400V Ladesystem.
Technisch gesehen ist das aber alles Kindergartenkleinkram.