Das schwedische Batterizellen-Start-up Northvolt hat den Bau einer deutschen Fabrik in der Kleinstadt Heide gut hundert Kilometer nördlich von Hamburg angekündigt. Zwischenzeitlich sah es danach aus, dass neue, umfangreiche Fördermittel in den USA das Projekt kippen könnten. Durch mehr staatliche Unterstützung hierzulande hat die Realisierung nun aber wieder gute Chancen.
Northvolt treibe den Bau der milliardenschweren Batteriezellfabrik für Elektroautos in Schleswig-Holstein voran, berichtet unter anderem Zeit.de. Die Förderung der Ansiedlung durch den Staat stehe noch unter Vorbehalt der Genehmigung durch die EU-Kommission, teilten Bundeswirtschaftsministerium, Landesregierung und Northvolt mit.
„Im Fall von Northvolt wird die Förderung eine milliardenschwere private Investition freisetzen, die 3000 direkte Arbeitsplätze in Heide und Tausende weitere in der umliegenden Industrie und im Dienstleistungssektor schaffen wird“, heißt es in einer Mitteilung. Ziel ist, dass 2026 die ersten Batteriezellen die Fabrik in Heide verlassen.
Das Produktionsvolumen nach Hochlauf soll 60 Gigawattstunden jährlich betragen und rund eine Million Elektrofahrzeuge mit Batteriezellen versorgen. „Wir sind dankbar für alle Bemühungen, die bisher von der Bundesregierung, der schleswig-holsteinischen Landesregierung, der EU-Kommission und lokal in Dithmarschen unternommen wurden“, so Northvolt-Chef Peter Carlsson. „Mit diesem Engagement der Bundesregierung im Rücken hat Northvolt beschlossen, die nächsten Schritte für den Ausbau in Heide zu gehen.“
Teurer Strom in Deutschland, hohe Subventionen in den USA
Carlsson hatte vor einiger Zeit signalisiert, der deutsche Standort könnte sich verzögern. Als Gründe nannte er die vergleichsweise hohen Strompreise in Deutschland und umfangreichere Subventionen in den USA. Deshalb könnte sich das Unternehmen zunächst dort ansiedeln. Als Investitionsvolumen für Heide waren bis zu 4,5 Milliarden Euro genannt worden. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur prüft Northvolt nun, zwei Bauprojekte in Angriff zu nehmen. Zur Auswahl stehen neben Heide Standorte in den USA und Kanada.
Northvolt wolle die Vorbereitungen für den Bau in Schleswig-Holstein vorantreiben und die endgültige Baugenehmigung einholen, heißt es. Alle Beteiligten streben laut der Mitteilung an, diese Voraussetzungen in diesem Jahr zu erfüllen, damit die Bauarbeiten beginnen können. Northvolt sieht Standortvorteile an der Nordseeküste, dort wird an Land und auf dem Meer viel Windstrom für die energiehungrigen Akkufabriken erzeugt.
Für das Northvolt-Vorhaben wird eine Förderung auf Basis des „Temporary Crisis and Transition Framework“ (TCTF) vorbereitet. Dies ist der beihilferechtliche Rahmen, den die EU-Staaten bei der Ausgestaltung ihrer Fördermaßnahmen nutzen können. Sollte die EU-Kommission die Finanzierung genehmigen, wird der TCTF erstmals in Deutschland angewandt. Mit den Vorgängen vertraute Personen zufolge könnte Northvolt rund eine halbe Milliarde Euro Unterstützung bekommen. Die Investitionen des schwedischen Konzerns für die Anlage in Heide würden sich dann auf rund drei bis fünf Milliarden Euro belaufen.
Deutschland könne sich auf eines der wichtigsten Leuchtturmprojekte der Energie- und Verkehrswende freuen, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Ministerpräsident Daniel Günther sagte, Habeck habe das Projekt auf Bundesebene hervorragend unterstützt. Es sei großartig, dass die EU mit dem TCTF den Weg für die Ansiedlung eröffnet und in kürzester Zeit eine Antwort auf neue US-Subventionen gegeben habe.
banquo meint
Ich hoffe, dass sich Northvolt nun endlich für Schleswig-Holstein entschließen wird. Eine Verzögerung bedeutet auch eine Schwächung der europäischen Industrie.
Peter meint
Bei einem globalen Unternehmen ist der Produktionsstandort letztlich egal, Logistik ist immer irgendwohin erforderlich. Also wird um ein Maximum an Förderung gezockt. Siehe auch Intel in Magdeburg, TMSC in Dresden und viele andere globale Unternehmen.
stdwanze meint
Naja, ganz ohne personal geht es nicht. Und da ist Europa immer noch eine Top Location.
Ich habe persönliche Erfahrung mit einer Produktionsverlagerung in die USA aus dt. (war so geplant, Aufbau und Anlauf in Dt, dann transport und Anlernen in den USA). Nach 6 Monaten wurde in den USA die Fahne gestrichen. Die Produktion läuft sei 15! Jahren in Dt. Die Zustände waren unbeschreiblich. Keine Ausbildungsstandards, Personal was mit seinem Baumarktwerkzeug anrückt ( ein Unding in Dt), Ausschussraten > 70%, usw. es war wie mit Analphabeten. Und sobald du einen ‚Fähigen‘ gefunden hattest war der entweder schnell weg oder ein Oberaffe (25 Jährige b.a. Kiddies als Manager ohne Ahnung) werden die Raus weil schief angeguckt (kein Witz!).
Es hat einen Grund wieso Europa (ohne UK) noch einen hohen Industrieanteil hat.
elbflorenz meint
Die USA hat in der Industrieproduktion viele Skills verlernt. Vor allem wenn es um Großserie geht. Sieht man ja auch an der Qualität von Tesla USA – Model S/X noch ganz gut – bei 3/Y eher schlecht.
Der Chef von TSCM ist übrigens „gaaaaanz begeistert“ , dass die jetzt auf extremen politischen Druck der USA Produktionswerke in der USA bauen müssen. Nicht nur das die laufenden Kosten dort noch höher als in Deutschland sind – der CEO hat ganz offen gesagt: „US-Amerikaner sind von allen Nationalitäten am schlechtesten zu führen!“ Zitat Ende …
Peter meint
Personal ist aber nur einer von mehreren Faktoren. Und da ist dann auch die Frage, wie die in der internen Kalkulation gewichtet sind. Es ist immer ein Abwägen zwischen mehreren Aspekten, auch der Finanzierungsaufwand „aus eigener Tasche“ zählt dazu. Und den kann man minimieren. Natürlich wird Northvolt mit VW als Anteilseigner vermutlich eine gewisse Präferenz zur Nähe nach D haben, zumal sie wohl offenbar für den Nordamerika-Markt auch in Kanada aktiv werden. Aber diese „Nähe“ zu Deutschland hätten sie in Frankreich, Spanien oder Portugal auch (global und juristisch gesehen).
Sandro meint
Wenn ich das wieder lese: “ am schlechtesten zu führen“
In China mag das anders sein, da sind Arbeiter keine Individuen, sondern willfährige gleichgeschaltete Arbeitssklaven die sich der Staatsdoktrin unterwerfen müssen. Diese, in der sonstigen Arbeitswelt völlig überholte “ Alles unter Kontrolle“ Mentalität.
Raimund meint
@Sandro
TSCM ist Taiwan und nicht China.
M. meint
@sandro:
elbflorenz ist pro China (alles super) und anti USA (pure evil).
Das ist der Zusammenhang.
Die Welt, sie ist so einfach, wenn man sie versteht. ;-)