Bidirektionales Laden ermöglicht es, E-Fahrzeuge sowohl zu laden als auch nach Bedarf zu entladen. So können Elektroautos als mobile Stromspeicher dienen und zur Flexibilisierung des Energiesystems beitragen. Damit das bidirektionale Laden in der breiten Masse genutzt werden kann, erforscht ein Konsortium unter der Leitung vom Fraunhofer IAF neue Ladetechnologien. Im kürzlich gestarteten Projekt „GaN4EmoBiL“ entwickeln die Partner neue Halbleiter-, Bauelement- und Systemtechnologien für die 800-V-Klasse.
Durch bidirektionales Laden können Elektroautos mit Strom aus erneuerbaren Energien geladen und in Zeiten, in denen keine Wind- oder Solarenergie produziert wird, nach Bedarf wieder entladen werden. Verbraucher könnten diesen Strom für andere elektrische Geräte nutzen oder an das Stromnetz abgeben und damit zur Energiesicherheit beitragen. Bisherige technologische Ansätze würden den Ansprüchen an Kosten und Effizienz jedoch nicht gerecht, so das Fraunhofer IAF. Es fehle an intelligenten und kostengünstigen bidirektionalen Ladesystemen, um Batterien, Netz, lokale Erzeuger und Verbraucher mit hohem Wirkungsgrad und hoher Leistungsdichte zu verbinden.
Dieser Herausforderung stellen sich nun das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF, die Universität Stuttgart, Robert Bosch GmbH und Ambibox GmbH im kürzlich gestarteten Forschungsprojekt „GaN4EmoBiL – GaN-Leistungshalbleiter für Elektromobilität und Systemintegration durch bidirektionales Laden“. Das Ziel des Konsortiums bestehe darin, mit neuen Halbleiterbauelementen, Bauteilkonzepten und Systemkomponenten ein intelligentes und kostengünstiges bidirektionales Ladesystem zu demonstrieren. Gefördert wird das dreijährige Vorhaben vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) im Rahmen des Programms „Elektro-Mobil“.
„Unser Vorhaben soll Batterien, erneuerbare Energien und elektrische Verbraucher wirtschaftlich und flexibel verbinden. Durch bidirektionale Ladelösungen tragen die bisher ungenutzten Batterien parkender Elektrofahrzeuge zukünftig stärker zur Flexibilisierung des Energiesystems und Vermeidung von CO2-Emissionen bei“, sagt Stefan Mönch, Forscher im Bereich Leistungselektronik am Fraunhofer IAF und Projektkoordinator von „GaN4EmoBiL“.
„Effiziente, kleine und intelligente Ladeinfrastrukturen in der Elektromobilität werden in Zukunft dazu beitragen, gesellschaftliche Herausforderungen zu meistern“, so Etienne Tchonla, Leiter der R&D Strategy bei Ambibox.
Bisherige Lösungen teuer, ineffizient oder zu komplex
Erste bidirektionale DC-Wallboxen mittlerer Leistung für Batterien bis 800 Volt nutzen bisher Leistungshalbleiter-Bauelemente, die für diese Anwendung noch nicht optimal sind: Sie sind entweder effizient, aber teuer (Siliziumkarbid), oder kostengünstig und dafür weniger effizient (Silizium). Heute verfügbare 650-Volt-Transistoren aus Galliumnitrid auf Silizium (GaN-on-Si) sind zwar kostengünstig und effizient, erfordern aber eine komplexe Schaltung, da die Spannungsfestigkeit nicht ausreicht.
Um möglichst viele Batterien bidirektional zu integrieren, müssen Kosten, Effizienz und die Kompaktheit der Ladelösungen deutlich verbessert werden. Dafür erforschen die Projektpartner von „GaN4EmoBiL“ im ersten Schritt neue Halbleiterlösungen. Sie wollen eine neue kostengünstige GaN-Technologie auf alternativen Substraten – beispielsweise Saphir – realisieren, die preiswerte und effiziente 1200-Volt-Transistoren ermöglicht. Darauf aufbauend entwickeln sie neue Systemkomponenten (bidirektionales Ladekabel und Ladegerät) und untersuchen ihre Zuverlässigkeit für stark erhöhte Betriebsdauern.
Am Ende des Projekts sollen Demonstratoren die Forschungs- und Entwicklungslücke füllen, die momentan im Spannungsfeld zwischen Kosten, Effizienz, Kompaktheit, Funktionalität, Leistungsklasse und Spannungsklasse (800-Volt-Batterien) existiert. Darüber hinaus strebt das Konsortium die Förderung des Wissenstransfers zwischen Universitäten, Forschungseinrichtungen und der Industrie, die Ausbildung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Sicherung des nationalen Know-hows im Bereich Elektromobilität an.
Thomas meint
Was in der Breite kommen wird ist sicherlich das preisgesteuerte Laden, weil dies kaum zusätzliche Investitionen erfordert, sowie natürlich das (lokal) gesteuerte PV-Laden. Damit wären schon 50% des V2G-Potentials gehoben. Darüber hinaus kann ich mir V2H vorstellen, allerdings nicht als teure DC-Variante, sondern als kostengünstige AC-Variante.
An eine Rückspeisung ins Netz glaube ich nicht. Da würden BEV mit großen Batteriespeichern konkurrieren, die dies absehbar für ca. 5ct/kWh übernehmen können. Eine Rückspeisung von 30 kWh hätte also gerade mal einen Wert von 1,50 EUR – dafür lässt sich die notwendige, sehr kleinteilige Regel- und Abrechnungsstruktur kaum aufbauen.
MichaelEV meint
Definitiv, das preisgesteuerte Laden ist der größere Hebel, leicht und ohne Zusatzkosten umzusetzen. Es ist auch die Voraussetzung dafür überhaupt über V2G nachdenken zu können.
Mit „nicht als teure DC-Variante, sondern als kostengünstige AC-Variante“ gehe ich aber nicht konform. Bei jedem Autokauf kauft man für viel Geld den OBC mit, damit AC möglich ist, mit PV und Speicher im Haushalt bestehen zusätzlich Redundanzen, da wird man in Zukunft sehr sicher Lösungen schaffen können, wo DC besser und günstiger ist.
ShullBit meint
V2H hat wahrscheinlich gewisses Potential, aber ich bin sicher, dass V2G nicht breit kommen wird, auch wenn das immer wieder suggeriert wird. Die Gründe:
Über Nacht in 10 Stunden lassen sich an einer 0815-Steckdose ca. 150km nachladen, was für Jahresfahrleistungen von 55.000km reicht, während die durchschnittliche Fahrleistung nur bei 14.000 km liegt. Viele brauchen zuhause also eigentlich keine Wallbox und 2000 Euro für eine fachmännisch installierte bidirektionale Wallbox auszugeben, nur um gelegentlich Strom einspeisen zu können, wird sich nicht rechnen.
Bei NCM- und NCA-Zellen ist fraglich, ob entsprechende Batterien noch ein Fahrzeugleben von mindestens 20 Jahren halten, wenn regelmäßig zusätzliches Laden und Entladen für das Stromnetz dazu kommt. Nur bei LFP-Zellen ist gesichert, dass man durch V2H/V2G nicht ggf. vorzeitig für etwa 10.000 Euro den Akku ersetzen muss.
Ein auf Millionen Fahrzeuge verteiltes Speichernetz ist für die Netzbetreiber sehr schwer zu managen. Zu bestimmten Ereignissen (z.B. Ferienbeginn) ist dann ein erheblicher Teil der Speicherkapazität plötzlich nicht mehr verfügbar, usw.. Und das alles im digitalen Entwicklungsland Deutschland, in dem man seit 20 Jahren daran scheitert, Smartmeter breit auszurollen.
Mit Millionen Kunden Kleinmengen an zurückgespeistem Strom abzurechnen, ist für Netzbetreiber unattraktiv. Es braucht dann u.a. umfassende, teure Supportstrukturen, weil es im Jahr natürlich zigtausende Nachfragen und Streitfälle geben wird. Das lohnt einfach nicht. Wenn Batteriespeicherung profitabel ist, werden die Netzbetreiber eigene Batterieparks hochziehen (Tesla Megapack u.ä.) und die Profite selbst kassieren, statt sie an Otto-Normalverbraucher mit einem E-Auto auszuschütten.
Draggy meint
Du stellst dir das ganze vor wie 1870, dass einer im Wärterhäuschen bei deinem Atromzähler sitzt und die ganze Zeit Telegramme über den aktuellen Stand schreibt.
Heute machen das Computer selbständig und sehr billig.
Und das lohnt sich natürlich, für den Kunden, der selbst ohne sich an zu passen mit dem was er eh hat, Geld zu sparen oder sogar zu machen.
Und für das Netz, dass weniger Strom über größere Strecken transportieren muss.
Und für uns als Bürger, weil wir so die Stromkonzerne endlich aus ihrer Monopolrolle bekommen.
MichaelEV meint
Wie würden sie denn für die Abnutzung ihres Fahrzeug-Akkus kompensiert werden wollen, wie müsste der Preis aussehen?
Ich verrate ihnen was: Professionelle Betreiber machen es zukünftig für den Bruchteil ihres Preises mit stationären Speichern.
V2G würde Sinn für wenige Stunden im Jahr in Flauten und Notsituationen machen, also einer Reservekapazität. Solange der Aufpreis für die Hardware dafür zu hoch ist, funktioniert das auch nicht.
ShullBit meint
Natürlich ist das heute theoretisch möglich, das alles digital und weitgehend automatisiert zu machen. Die Technologie dafür ist seit über 10 Jahren da. In Deutschland aber praktisch nicht. Wir versagen nicht nur konstant beim Ausrollen von Smartmetern. Selbst Kraftwerkssteuerung basiert hier teilweise noch auf Faxgeräten. Wir versagen auf allen Ebenen bei der Digitalisierung. Das was damals die Schröder-Regierung mit dem zuständigen Innenminister Otto Schily an Digitalisierung für 2002/2003 versprochen hat, haben wir 20 Jahre später immer noch nicht umgesetzt.
Wir wollen bis 2030 15 Mio. Elektrofahrzeuge in Deutschland haben und ich bin zuversichtlich, dass wir das erreichen. Wenn wir durchschnittlich 60 kWh Akkugröße unterstellen, sind das 900 GWh an potenziell nutzbarer Speicherkapazität. Das entspricht grob der Tagesproduktion von 35 Atomkraftwerken. Das wir 2030 aber auch das nötige smarte Stromnetz haben, um auch nur einen Bruchteil davon praktisch zu nutzen, glaube ich nicht.
Und ja: Das elendige Oligopol der Stromanbieter zu brechen, wäre in Deutschland sehr wünschenswert. Die Ampel wird das bis zum Ende der Legislaturperiode nicht bringen und unter Unionsregierungen wird das niemals kommen.
David meint
Ich merke, es gibt hier wenig Sachkunde beim Thema Strom. Was du Stromanbieter nennst, hat mit der Einbindung von externen Stromspeichern überhaupt nichts zu tun. Das machen die Netzbetreiber, TenneT ist da der größte und es war hier zu lesen, dass die Software zur Einbindung lange steht und jetzt ein Pilotversuch läuft, mit dem Ziel, ein kommerzielles Modell zu entwickeln. Und auch da sind die Stromanbieter nicht involviert. Der Pilot wird mit dem Startup Numbat und mit kleinen externen Speichern gefahren. Der „Chef“ der Netzbetreiber, es gibt vier, nämlich noch Amprion, 50hertz und Transnet BW, ist die Bundesnetzagentur. Und die alle haben sehr viel Interesse daran, externe Speicher einzubinden. Denn ihre Aufgabe ist es, das Netz zuverlässig zu betreiben. Und solche lokalen Speicher härten das Netz.
Es mag schon sein, dass diese Ideen den großen Energiekonzernen nicht gefallen. Die mag das Geld kosten. Dann müssen sie die Regierung unter Druck setzen. Das haben sie entweder nicht gemacht oder es hat nicht geklappt. Denn nicht einmal im Piloten sind sie drin und das ganze System scheint schon weit fortgeschritten, wenn die Software up and running ist.
Ich sehe übrigens durchaus ein kommerziellen Vorteil für den Einzelnutzer mit seinem PKW Akku. Denn das sind „Eh-da“-Kosten. Für einen großen Speicher muss man dagegen erst ein Grundstück finden und kaufen, sich die Nutzung genehmigen lassen, die Liegenschaft entsprechend vorbereiten, den Akku kaufen, aufbauen, sichern, betreiben und warten. Das kostet.
MichaelEV meint
Da ist was durcheinandergeraten, aber genau so merkt man das FUDavid der wirtschaftliche und unternehmerische Sachverstand fehlt. Warum sollte ein Netzbetreiber die Preise für V2G bezahlen wenn er das selbe mit stationären Speichern für einen Bruchteil haben kann.
Die „eh-da“-Kosten lassen die Kosten für eine DC-Wallbox (wie z.B. bei VW) wohl auch heimlich unter den Tisch fallen.
V2G wäre eine tolle Reservekapazität für wenige Stunden im Jahr, wo der Preis kurzzeitig durch die Decke geht und lohnenswerte Kompensationen bestehen, dafür dürften die zusätzlichen „eh-da“-Kosten aber nur minimal ausfallen.
David meint
VW wird ja als Anbieter in den Energiemarkt eintreten. Und die werden die Akkus der Kundenfahrzeuge einbinden. Das ist doch schon gesagt worden. Die Kosten für die Wallboxen sind Peanuts, werden ins Bodenlose fallen. Das ist doch eine Frage der Skalierung. Mir scheint aWATTar und Tibber sind auch auf dem Sprung. Perspektivisch wird man Heimspeicher einbinden, denn da geht die Tendenz Richtung 20-30 kWh. Dann macht das Sinn. Tesla will ja übrigens auch Heimspeicher einbinden, aber nicht die Autos. Weil es nicht geht. Hatten sie technisch nicht auf dem Schirm.
MichaelEV meint
„VW wird ja als Anbieter in den Energiemarkt eintreten.“
Glückwunsch, großer Applaus dafür, dass VW das auf seinem Heimatmarkt schafft. Tesla kümmert sich dann um den Rest der Welt.
„Die Kosten für die Wallboxen sind Peanuts, werden ins Bodenlose fallen.“
Mal schauen wie hart die Träumer auf den Boden der Realität knallen, wenn VW einen Preis für eine DC BiDi-Wallbox veröffentlicht. Mit aktuellen Preisen für DC-Wallboxen wird das Interesse dafür nahe 0 sein.
Man wird es günstig lösen können, aber eher mit schlauer Integration von lokaler PV/Speicher und ggf. mit dem Mut den AC OBC im Auto wegzulassen.
Die Frage ist, welche Kompensation Kunden für die Nutzung ihres Akkus einfordern, insbesondere bei NCM wie VW es ausschließlich verwendet. Dieser Preis muss zukünftig gegen große stationäre Speicher konkurrieren und wird dabei kaum Chancen haben.
„Tesla will ja übrigens auch Heimspeicher einbinden, aber nicht die Autos. Weil es nicht geht. Hatten sie technisch nicht auf dem Schirm.“
Bullshit, obwohl Tesla es bisher verhindert hat ein Hacker die Rückspeisung unter Beweis gestellt.
Torsten meint
Grundsätzlich bin ich bei Ihnen. Bei folgendem Satz muss jedoch nachfragen:
„Nur bei LFP-Zellen ist gesichert, dass man durch V2H/V2G nicht ggf. vorzeitig für etwa 10.000 Euro den Akku ersetzen muss.“
Wie ist denn gesichert, dass LFP über die 20 Jahre klarkommt und die kalendarische Alterung nicht hemmungslos zuschlägt?
Steffen meint
VW sichert das so, indem sie einfach nur 10 MWh oder 4.000 Stunden zulassen. Dann war’s das für dieses Auto. Insofern sehe ich auch max. V2H über AC, aber nicht V2G.
MichaelEV meint
VW wird die Rückspeisung doch aber nur per DC ermöglichen, nicht AC.
Torsten meint
Die sichern eine kalendarische Lebensdauer von 20 Jahren zu? Das nenn ich selbstbewusst!
Pit 200 meint
Da bin ich völlig deiner Meinung ; zusätzlich kommt das Problem des Lademanegments ins Spiel , bei Nacht wird Strom gebraucht wo wird dann die Entladung der Batt. liegen bei 20 ,50 ,70 % morgen’s will man losfahren und die Batt. ist leer oder die Reichweite reicht nicht aus. ! Jeder Fahrer ist so Individuell das kann ein 3 gar nicht Planen . Bei mir wird es keinen Zugriff zum Entladen der Batt. von Aussen geben !!
Michael meint
800 Volt und Massentauglichkeit, passt das zusammen? Und ständig gibt es erfolgreiche Praxistests mit herkömmlicher Technik, aber gut, Forschung ist wichtig. Aber vielleicht sollte mal damit anfangen was heute schon geht.
EdgarW meint
Bei Photovoltaik und zugehörigen Batteriesepeichern sind Gliechstrom-Spannungen in diesem Bereich längst üblich, sprich: massentauglich. Die Ströme sind natürlich niederiger, allerdings wird man seinen Pkw zu Hause nicht mit mehr Leistung (Spannung mal Stromstärke = Leitung) laden wollen, als die PV-Anlage ohnehin hergibt – da nur so Überschussladung möglich ist. Anlagen mit zB 15 kW sind seit dem Fall der 10kW-Steuerfreigrenze ebenfalls bereits gängige Technik.
Für die Einbindung im Haus (bei vorhandener PV) erscheint eine Integration einer DC-Ladelösung in das PV-System (sprich DC-Anbindung an den Hybrid-Wechselrichter – zusätzlich zu den DC-Anbindung der PV-Strings und des Batteriesystems) aus Effizienz (Vermeidung DC/AC/DC-Wandlung) – und Kostengründen (Redundanz-Vermeidung beid en Komponenten) ohnehin sinnvoll.
MichaelEV meint
So sollte die Lösung zukünftig in der Breite aussehen. Damit würde sich auch AC aus der Elektromobilität nach und nach verabschieden.