Nachdem der Hersteller des elektrischen Post-Lieferwagens StreetScooter im zurückliegenden Jahr in die Insolvenz gerutscht war, hat nun sein Erfinder, der Aachener Professor Günther Schuh, die Rechte wieder übernommen. In einem Betriebsübergang, einer „übertragenden Sanierung“, seien die 68 Mitarbeiter in sein neues Unternehmen e.Volution gewechselt, sagte Schuh der Welt am Sonntag.
„Die Produktion bei unserem Auftragsfertiger Neapco in Düren läuft wieder an.“ Beim Neustart sei der Post-Konzern DHL Group „sehr hilfreich und großzügig“ gewesen, sagte Schuh. „Wir haben vereinbart, dass wir eine Charge von 700 bis 820 Fahrzeugen im ersten Halbjahr liefern. Durch dieses Auftragsvolumen sind wir auch für die Zulieferer wieder im Geschäft.“
Schuh hatte das Unternehmen hinter dem StreetScooter mit seinem Kollegen Achim Kampker an der RWTH Aachen gegründet und 2014 an die Deutsche Post verkauft. Bei dem Konzern sind laut dem Bericht noch fast alle der 22.000 seitdem gebauten elektrischen Lieferwagen im Einsatz. 2021 hatte die Post die StreetScooter-Firma an Investoren abgegeben, diese gerieten jedoch 2023 in finanzielle Schwierigkeiten und der bisherige StreetScooter-Hersteller B-ON GmbH rutschte in die Insolvenz. Als Grund wurden von B-ON Produktionsrückgänge genannt. Lieferengpässe und Qualitätsprobleme bei Bauteilen hätten zu weniger Output und in der Folge zu Zahlungsschwierigkeiten geführt.
Schuh will das Fahrzeug nun auf eine neue technische Basis stellen, die er für sein aktuelles Projekt, ein Elektro-SUV namens e.Volution Space, entwickelt hat. „Wir bauen mit dem e.Volution-Konzept das nachhaltigste Auto der Welt. Das Basisfahrzeug ist bis zu 50 Jahre lang betriebsfähig und man kann es immer aktuell halten“, erklärte der Professor für Produktionstechnik. „Für kommerzielle Nutzfahrzeuge eignet es sich noch besser als für Pkw.“ Ab 2026 soll der StreetScooter auf dieser neuen Plattform gebaut werden, in Stückzahlen von 5000 bis 6000 Einheiten pro Jahr.
„Überlegene Nachhaltigkeit“ als Ziel
Schuh verfolgt mit seiner neuen Firma e.Volution das Ziel, „eine überlegene Nachhaltigkeit durch extreme Langlebigkeit der Basisfahrzeuge in der Automobilbranche einzuführen“. Das Unternehmen habe mit der RWTH Aachen einen „Upgrade-Re-Assembly“-Prozess entwickelt, der durch ein besonders langlebiges Chassis und eine Digitale Fahrzeugakte eine regelmäßige kostengünstige Aufwertung bestehender Fahrzeuge ermöglicht. Dieses Konzept wäre bei kleinen, stark strapazierten Nutzfahrzeugen besonders wirkungsvoll.
„Die Beanspruchung der StreetScooter im täglichen Betrieb ist höher als bei jedem anderen leichten Nutzfahrzeug. Hier kann unser Konzept seine Wirkung vorbildlich entfalten und den ökologischen Footprint über den Lebenszyklus wesentlich verbessern und gleichzeitig die Betriebskosten senken“, so Schuh. „Ich bin der DHL Group und insbesondere ihrem CEO Dr. Tobias Meyer für seine Unterstützung bei dieser Transaktion sehr dankbar, durch die wir die Chance bekommen, die gemeinsame Innovation von Deutscher Post und RWTH Aachen von vor 10 Jahren nun auf ein nächstes Level weiterzuentwickeln.“ Mit der Übernahme einer laufenden Produktion könne das Re-Assembly-Konzept von e.Volution nun deutlich schneller in die Praxis umgesetzt werden.
Swissli meint
50 Jahre betriebsfähig, aber dann wohl nach 5 Jahren insolvent. Nachhaltig….
LMdeB meint
:-) @Ecomento-Redaktion: Soll das so? :-)
„… entwickelt hat. „Wir bauen mit dem e.Volution-Konzept das nachhaltigste Auto der WELT AM SONNTAG. Das Basisfahrzeug ist …“
Was ist mit MO-SA?
Grus aus HH
ecomento.de meint
Korrigiert!
VG | ecomento.de
Freddy K meint
Und natürlich wird ein Teil der Entwicklungskosten im Rahmen der allgemeinen Forschung und Lehre bezahlt.
Steffen meint
Das ist bei quasi allen Universitätsausgründungen so. Und ist eigentlich auch gewollt um Innovationen zu fördern und im Land zu haben.
Soeri# ch meint
Sehr schön dass der Street S. weiter lebt und weitergebaut wird. Gut für die Angestellten , diese behalten Ihren Job.
Nostradamus meint
Ein von Anfang an schlecht konzipiertes Fahrzeug weiterzutreiben hat keinen Sinn!
Jeff Healey meint
Es wird/wurde doch weiterentwickelt, das steht oben im Text. Der Streetscooter steht zukünftig auf der gleichen Plattform wie der e.Volution Space. Ich finde das gesamte Konzept ungemein spannend und vielversprechend, weil es endlich jemand wagt, ein nachhaltiges Konzept für eine sehr langfristige Nutzung von Fahrzeugen aufzubauen. Gerade vor dem Hintergrund, dass heutige Fahrzeuge meines Erachtens geradezu zum Wegwerfprodukt degradiert worden sind. Oder glaubt hier wirklich jemand, dass unsere rollenden Smartphones von heute noch wie früher üblich eine Nutzungsdauer von deutlich über zwanzig Jahren haben werden?
Professor Schuh denkt und geht in die richtige Richtung.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
Nachhaltigkeit ist jetzt nicht gerade eine Erfindung von Herrn Schuh. Hört sich in der Theorie gut an, in der Realität sieht es dann oft anders aus:
Mein E-Klasse-Mercedes 220 hatte nach 24 Jahren fast 300.000 km auf der Uhr, wurde schonend gefahren und sorgfältig behandelt und war dann doch nach dieser Zeit technisch und wirtschaftlich einfach am Ende. Klar könnte ich den heute noch zu immensen Kosten fahren, aber das kann ich mir nicht leisten. Ein Aufkäufer hat ihn dann nach Afrika verbracht.
Meine Spiegelreflex-Kameras mit teuren Objektiven wurden nach langer Betriebszeit durch die Einführung der digitalen Fotografie einfach obsolet. Die klassischen chemischen Filme sind fast nicht zu bezahlen und ob sie im Sinne des Umweltschutzes einen Vorteil darstellen, wage ich zu bezweifeln.
Mein Rechner mit Windows 7 musste ich voll funktionsfähig entsorgen, da irgendwann das Betriebssystem aus der Microsoft-Wartung gelaufen ist und offen für jeden trivialen Hacker gewesen wäre.
Und mein robustes Handy mit Wechselakku (ja, das gab es mal) wurde 2023 durch ein neues Handy ersetzt, da sich die aktuellen Bank-Apps vom Betriebssystem her nicht mehr installieren ließen.
Und auch mein 20 Jahre alter, gut funktionierender Hilti-Bohrhammer wird sein Ende finden, wenn die Werkzeuge auslaufen oder aufgrund immer geringer werdenden Stückzahlen unbezahlbar werden.
Also, Nachhaltigkeit ja, aber es gibt einfach technische und wirtschaftlich Grenzen. Und die Idee ist wirklich nicht neu.
Jean Luc meint
Gute Aufzählung. Ich musste einen Scanner entsorgen, da es nicht vom neuen Betriebssystem des Rechners unterstützt wurde.
So viel zum Thema Nachhaltigkeit – unter dem Strich geht es doch nur um Konsum und Gewinne für Firmen.
GeHa meint
Dann wünsche ich dem Professor und allen Beteiligten diesmal nachhaltigeren Erfolg.
nie wieder Opel meint
Typisch Deutschland. Unternehmensgründer, die nicht vom ersten Tag an schwarze Zahlen schreiben oder gar nach einem Rückschlag wieder aufstehen und neu Anlauf nehmen, ernten vom gemeinen Pöbel nur Shitstorm.
Noch schlimmer jedoch, wenn er erfolgreich ist und Geld verdient, der alte Ausbeuter.
Andi EE meint
Der Professor find ich jetzt ein schlechtes Beispiel. Wenn man im Land quasi nur noch Unternehmen mit Studenten (bezahlt von der Uni) und einem zu Lebzeiten durchfutterten Pädagogen gründen kann, dann gute Nacht. Ist sicher völlig überspitzt formuliert. Aber das find find ich erst kein Fall, wo man stolz drauf sein müsste. Eher ein Beispiel wieso es oft nicht funktioniert, eine zu ausgeprägte Haltung, dass der Staat helfen muss.
nie wieder Opel meint
Mir fällt kein Musterbuchstartup ein, dass es den 95% Nichtgründern der Bevölkerung recht gemacht hat.
Andi EE meint
Zooplus, Zalando, um mal zwei Grössere zu nennen die es geschafft haben und sicher auch populär sind. Und Wirecard natürlich. 😉 Nein im Ernst, da gibt es sicher einige.
Aber ja, je stärker der Sozialstaat ausgebaut ist, desto geringer die Eigeninitiative, ich denke das könnte man wahrscheinlich mit Zahlen belegen.
Michael S. meint
@Andi EE ist halt immer super, wenn man die eigenen gefühlten Wahrheiten nicht mit Fakten untermauern muss und sie keiner hinterfragt…
Andi EE meint
@Michael
Kein Problem, dann erzeugst du mit dem bestausgebautesten Sozialstaat die besten Unternehmen.
David meint
Da kann ich dich beruhigen. Die Gefahr, dass er erfolgreich ist, besteht nicht. Damit meine ich nicht, dass er persönlich finanziell unerfolgreich ist. Diese persönliche Haftung hat er vermieden. Aber der Elektromobilität hat er einen Bärendienst erwiesen. Für mich gehört er zu den unseriösen Großsprechern von Musk bis Sonomotors, die Elektromobilität in einem völlig falschen Licht erscheinen lassen. Ein Elektroauto ist ein Auto und es ist ganz normale Produktion. Und die kostet, was sie kostet.
Da sieht man jetzt, wo alle auf dem Markt sind und eine Konjuktur- und Nachfragedelle zu attestieren ist. Es gibt nicht diese eine Wunderfirma, wo alles nur die Hälfte kostet. Kostenfortschritt wird erst gemacht, wenn große Chargen auf einer sehr günstigen Plattform produziert werden und zudem die Akkupreise fallen. Ebenso gehört dazu eine eigene Zellproduktion. Ja, das wird kommen.
Aber wir reden davon, dass dann die Preise des Verbrenners in der Kompaktklasse unterboten werden können. Das heißt ja nicht, dass die sich gegenüber dem Verbrenner halbieren. Da wachsen die Bäume nicht in den Himmel, der ID.1 und ähnliche Projekte reden von 20.000€, nicht von 10.000€. Ein gescheiter Pakettransporter ist auch perspektivisch nicht unter 40.000 € realistisch. Mit Großkundenrabatten sind wir da wahrscheinlich schon fast. Viel weiter nach unten wird es nicht gehen.
nie wieder Opel meint
Aus jedem einzelnen Satz von Dir spricht, dass Du null, absolut nullkommanull Fach-und Sachkenntnis zum Thema besitzt. Musk mit Sonomotor in einem wirtschaftlichen Vergleich zu bringen ist normal überhaupt nicht konstruierbar. Du schaffst das. Unglaublich.
„Ein Elektroauto ist ein Auto und es ist ganz normale Produktion.“
Ja. Mit dieser Denke ist jeder genau dort gelandet, wo er hin gehört.
Steffen meint
Was willst du eigentlich? Ich bekomme meine Post und meine Pakete oft mit so nem Transporter. Was will man mehr um CO2 einzusparen? Es funktioniert!
David meint
Ich erinnere noch sehr gut, wie sich 2017 alle gegenseitig auf die Schultern geschlagen haben, dass die Post zum Elektroauto-Produzenten wird. Ein Umweltengel, gezwungen von den alten, unflexiblen OEM, die sich geweigert hatten, ein kostengünstiges elektrisches Fahrzeug zu bauen.
Tatsächlich war es so, dass der Professor in seinem Elfenbeinturm 20.000 € Verkaufspreis für den StreetScooter errechnet hatte. Is ja klar, wo ein Verbrenner eher 40.000€ gekostet hätte. Und selbst der Sion von Sonomotors sollte damals ohne Akku 16.000 € kosten und schien damit im Vergleich relativ teuer. Aber das fiel nicht auf.
Als der Wagen dann ausgeliefert wurde, kostete er ab 40.400 € und nach dem ersten Jahr Produktion hatte man so viel Miese gemacht, etwa 20k pro Auto, dass der echte Preis wohl etwas über 60.000 € war. Wohlbemerkt mit 20 kWh Akku in der Grundversion, die nach 70 km im Winter liegen blieb.
Insofern weiß ich gar nicht, ob das eine gute Nachricht ist, dass der Professor wieder an Bord ist.
nie wieder Opel meint
Fährt die Post Streetscooter, oder sind das alles e-Caddys?
Denkst Du nur ein einziges mal darüber nach, was Du hier absonderst?
Steffen meint
Vor meiner Tür halten die Dinger regelmäßig und bringen mir stark CO2-reduziert meine Post. Mehr will ich gar nicht…
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Wir bauen mit dem e.Volution-Konzept das nachhaltigste Auto der Welt am Sonntag. Das Basisfahrzeug ist bis zu 50 Jahre lang betriebsfähig und man kann es immer aktuell halten“, erklärte der Professor für Produktionstechnik.
Kaum in der Presse, wird schon wieder fett aufgetragen. Ich weiß, warum mir dieser Professor nachhaltig unsympatisch ist. Aber er gab auch schon Elon Musk essentielle Nachhilfe über die „Hölle der Produktion“, in der der Prof dann leider selbst untergegangen ist.