Weltweit entwickeln Länder politische Strategien für Batterietechnologien oder passen diese an globale Entwicklungen an. In diesem Kontext analysiert eine Studie des Fraunhofer ISI, die im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) erstellt wurde, die verschiedenen Batteriepolitiken und -ziele mit Fokus auf drei Bereiche der Batterietechnologieforschung.
Europa müsse bei der Dekarbonisierung des Energie- und Verkehrssektors weiter vorankommen. Ein europäisches Batterie-Ökosystem mit skalierter Produktion und zirkulären Lieferketten könne hier zur Zielerreichung beitragen, so die Studienautoren. Die Entwicklungen würden jedoch durch internationale Krisen beeinflusst und bestehende Allianzen auf die Probe gestellt, sodass der Zugang zu kritischen Technologien zunehmend in den Mittelpunkt rücke. Diese und andere Aspekte gelte es beim Aufbau von Batterie-Ökosystemen, die gerade in vielen Ländern wie Deutschland und der gesamten EU entstehen, zu berücksichtigen.
Die neue Studie „Benchmarking International Battery Policies“ des Fraunhofer ISI ist ein internationaler Vergleich zwischen Strategien bei der Batteriepolitik der hier führenden Länder. Im Zentrum des Berichts stehen Lithium-Ionen-, Feststoff- und alternative Batterien sowie die politischen Ziele und Strategien von Japan, Südkorea, China, den USA, Europa sowie hierunter Deutschland. Die Autoren analysieren nationale Ankündigungen, Veröffentlichungen und Roadmaps, in denen politische und technische Ziele, die wichtigsten Leistungsindikatoren und Finanzierungsstrategien der genannten Länder beschrieben sind.
Fördermittel in der Batterieforschung haben stark zugenommen
Die Ergebnisse zeigen, dass alle Länder eigene Ziele verfolgen, um unabhängiger von internationalen Lieferketten zu werden. Klimaneutralität bis 2045 (Deutschland) oder 2050 ist ein weiteres gemeinsames Ziel, mit Ausnahme von China (2060), aber länderspezifische Ziele für Nachhaltigkeit und Recycling unterscheiden sich stark.
Es wird auch deutlich, dass alle Länder ihre öffentliche Finanzierung von Forschung und Entwicklung (F&E) seit 2014 deutlich erhöht haben, auch aufgrund neuer Strategien sowie strategischer Programme ab dem Jahr 2020. Die Fördermittel haben sich für die Länder im Vergleich zur Situation vor 2020 verdoppelt oder sogar verdreifacht.
Eine länderübergreifende Analyse in der Studie zu Leistungsindikatoren wie gravimetrische und volumetrische Energiedichte, Zykluslebensdauer oder Kosten ergibt, dass jedes Land eine unterschiedliche Anzahl von Leistungsindikatoren (engl. KPIs) mit unterschiedlichem Machbarkeitsgrad definiert. Einige der Länder setzen auf eine Vielzahl von KPIs, zum Beispiel China für Lithium-Ionen-, Feststoff- und alternative Batterien auf der Basis von Flüssigelektrolyten. Andere wie Südkorea konzentrieren sich auf eine kleinere Anzahl von Kern-KPIs für spezielle Technologien wie Feststoff-, Lithium-Schwefel- und Lithium-Metall-Batterien.
In einigen Fällen werden die KPIs als zu erreichende Ziele definiert, die durch öffentliche Förderprogramme erreicht werden sollen (zum Beispiel das US-Energiedichteziel von 500 Wh/kg im Battery500-Konsortium) oder in anderen Fällen werden sie auf Technologien der nächsten Generation mit noch ungewisserem Entwicklungspotenzial angewandt (zum Beispiel Japans Ziele zur Kommerzialisierung von Zinkanoden-/Fluorid-Shuttle-Batterien nach 2030).
Die Studie zeigt bei getrennter Betrachtung der einzelnen Länder:
- China hat lange Zeit massiv auf eine nachfragebasierte Politik gesetzt und sich auf den eigenen Binnenmarkt für Elektrofahrzeuge konzentriert, geht nun aber verstärkt zu einer gezielten Batteriestrategie mit zunehmenden angebotsseitigen Maßnahmen über. 2022 hatte das Land die weltweit größten Marktanteile in der Batteriebranche und versucht, seine globale Marktposition zu stärken. China hat sich lange Zeit auf Leistungsparameter wie die Energiedichte konzentriert, bezieht nun aber zunehmend auch qualitativere Parameter wie Sicherheit mit ein. Die Regierung hat konkrete Ziele in Bezug auf Nachhaltigkeit definiert, auch mit Blick auf die Expansion in den europäischen Markt. Der Fokus liegt derzeit auf Lithium-Ionen-, Feststoff-, Metall-Schwefel- und Lithium-Schwefel-Batterien.
- Deutschland verfolgte bei Batterietechnologien in der Vergangenheit eine technologieoffene Strategie mit vielen verschiedenen Maßnahmen, aber mit dem im Januar 2023 aktualisierten „Dachkonzept Batterieforschung“ wurde eine spezifische Strategie für Leistungsparameter eingeführt. Dieses Konzept konzentriert sich auch auf die Entwicklung von Produktionsprozessen in größerem Maßstab, um hier die Produktionskapazitäten auszuweiten. Darüber hinaus zielen gemeinsame Projekte und Förderungen mit der europäischen Industrie auf eine einheitliche Linie bei der Umsetzung von EU-Politik zu Themen wie Nachhaltigkeit, Recycling und Digitalisierung von Batterien ab. Auf der technologischen Seite hat die deutsche Strategie spezifische Ziele zur Entwicklung von Feststoff-, Natrium-Ionen- und anderen alternativen Batterien definiert.
- Japan hat sich als früher Technologieführer traditionell auf die Angebotsseite konzentriert. Da das Land im globalen Wettbewerb jedoch stetig an Marktanteilen verlor, wurde in jüngster Zeit die Priorität auf den Ausbau der Produktionskapazitäten und die Sicherung des heimischen und globalen Marktes für Lithium-Ionen-Batterien gelegt, zum Beispiel im Rahmen einer 2022 formulierten Strategie für die japanische Batterieindustrie. Bei der Technologie konzentriert sich das Land auf Lithium-Ionen-, Feststoff- und alternative Batterietypen wie Fluorid-Shuttle- und Zink-Anoden-Batterien und Japan ist das einzige Land, das Leistungsparameter für alternative Batterieprototypen bis 2025 definiert hat.
- Die USA haben – auch durch Programme wie den Inflation Reduction Act 2022 – sowohl in angebots- als auch nachfrageseitige Maßnahmen investiert. Bei der Innovationspolitik verfolgt das Land eher eine technologieoffene Strategie mit dem Ziel, international führend bei F&E zu werden und mehr Unabhängigkeit von Konkurrenten, insbesondere China, zu erlangen. In diesem Kontext definiert ein kürzlich veröffentlichter nationaler Plan auch Leistungsparameter für die Kosten und die Nachhaltigkeit von Batterien. Feststoff- und Lithium-Metall-Batterien, aber auch Lithium-Ionen- und Lithium-Metall-Batterien mit flüssigem Elektrolyt gelten als künftige „revolutionäre Batterietechnologien“. Im Fokus steht auch die Versorgung des heimischen Marktes.
- Südkorea strebt eine internationale Führungsrolle in der Batterieindustrie an. Die Strategie des Landes zeigt einen klaren F&E-Fokus auf die Kommerzialisierung von Lithium-Schwefel- (2025), Feststoff- (2027) und Lithium-Metall-Batterien (2028). Südkorea hat sich nicht nur für die Förderung seiner E-Mobilitäts-Industrie eingesetzt, sondern Batterieherstellern auch direkte Unterstützung gewährt, etwa umfangreiche Steuervergünstigungen. Einzigartig an der Strategie ist zudem, dass drei große Privatunternehmen gemeinsam mit der Regierung große Investitionen tätigen. Das Land konzentriert sich auf Lithium-Ionen-, Feststoff- sowie Batterien der nächsten Generation, aber auch Lithium-Schwefel- und Lithium-Metall-Batterien werden genannt.
- Die Batteriepolitik der EU lässt sich als angebotsseitig beschreiben, enthält aber auch nachfrageseitige Elemente, die das Ende der Wertschöpfungskette im Hinblick auf den Kauf von Elektrofahrzeugen betreffen. Da die Hauptpriorität der EU auf Umweltfragen liegt, gibt es ehrgeizige Ziele zur Nachhaltigkeit und zum Recycling von Batterien, die auch in die neue EU-Batterieverordnung aufgenommen wurden. Der Schwerpunkt liegt auf Lithium-Ionen-, Feststoff- und alternativen Batterietypen wie Redox-Flow-, Metall-Luft- und Natrium-Ionen-Batterien. Hauptziel ist es, ein führender Anbieter nachhaltiger Batterietechnologien zu werden, um eine wettbewerbsfähige und nachhaltige Wertschöpfungskette für Batterien in der EU zu schaffen.
Projektleiter Axel Thielmann vom Fraunhofer ISI: „Unsere Studie zeigt, dass alle Länder aufgrund der kritischen Phase des Markthochlaufs bei der Elektromobilität zwischen 2020 und 2030, der aktuellen geopolitischen Lage und dem Bestreben nach Technologiesouveränität recht aktuelle Strategien haben. Diese sind immer stärker markt- und industrieorientiert und angebots- und nachfrageseitige Maßnahmen zur Entwicklung zirkulärer Batterie-Ökosysteme werden zunehmend kombiniert.“
Den Studienautoren zufolge gibt es nicht den einen richtigen Weg zur Förderung der Technologieentwicklung, wie der Erfolg Chinas unterstreiche. Das Land habe eine robuste, international wettbewerbsfähige Batterie-Wertschöpfungskette aufgebaut und sei führend in der Batterieforschung und -entwicklung.
Künftige politische Strategien sollten sich stärker auf zentrale Leistungsindikatoren und das Monitoring des Status Quo stützen, besonders vor dem Hintergrund der immer größer gewordenen Förderbudgets und deren adäquaten Einsatz, so die Branchenexperten. Es wäre auch von Vorteil zu klären, wie diese Leistungsindikatoren in laufende Forschungs- und Entwicklungs-Aktivitäten integriert werden könnten, um Fortschritte bei der Kommerzialisierung optimierter Lithium-Ionen-Batterien auch abbilden zu können.
Jeff Healey meint
Welche Strategie?
Zumindest von europäischer Seite her muss man doch Wohl konstatieren dass der Kuchen gegessen ist. Alle wichtigen Patente dürften in China liegen (Lithium oder Natrium Zellchemien).
Strategisch wäre es gewesen, vor über 20 Jahren Pläne zu schmieden.