Porsche will mit der Tochter Cellforce Group „Hochleistungsbatteriezellen“ für seine elektrischen Topmodelle entwickeln und herstellen. Die dazu geplant Großfabrik könnte der Sportwagenbauer nach Informationen der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) nun doch nicht wie geplant in Baden-Württemberg, sondern in Nordamerika hochziehen.
Eine Entscheidung dazu im Aufsichtsrat der Volkswagentochter könnte in Kürze fallen. Bei dem Projekt geht es um den Bau einer „Gigafactory“ mit einer Kapazität von bis zu 20 Gigawattstunden (GWh), was für 150.000 bis 200.000 Elektroautos im Jahr reichen würde. Dazu ist eine Investitionssumme im mittleren einstelligen Milliardenbereich nötig.
Die Chemie der Porsche-Hochleistungszellen setzt auf Silizium als Anoden-Material. Damit ist es Unternehmensangaben nach möglich, die Energiedichte gegenüber aktuellen Serienbatterien „erheblich“ zu steigern. Die Batterie könne bei gleichem Energieinhalt kompakter ausfallen, heißt es. Die neue Chemie verringere zudem den Innenwiderstand der Batterie. Dadurch könne diese mehr Energie bei der Rekuperation aufnehmen und sei zugleich beim Schnellladen leistungsfähiger. Die Cellforce-Batteriezelle soll außerdem widerstandsfähiger gegenüber hohen Temperaturen sein.
Porsche plant laut der FAZ einen Produktionsstart im Jahr 2026 und rechnet mit einer Bauzeit von etwa zwei Jahren. Die baden-württembergische Regierung habe fest mit dem Aufbau der Hauptproduktion im Südwesten gerechnet. Eine Pilotanlage, die seit der Ankündigung in Kirchentellinsfurt nahe Reutlingen entstanden ist, haben Bund und Land Rahmen der europäischen „European Battery Innovation“-Initiative (IPCEI) mit rund 60 Millionen Euro gefördert. Doch Porsche favorisiert wohl einen Standort im Ausland.
Höhere Subventionen in den USA
Wie die FAZ erfahren hat, könnten vor allem Subventionen den Ausschlag gegen die Skalierung in Baden-Württemberg geben. Porsche rechne nach den in Unternehmenskreisen kursierenden Zahlen in Deutschland mit einer Förderung zwischen 700 und 800 Millionen Euro, die Förderung in Nordamerika liege wohl bei fast zwei Milliarden Euro.
Porsche selbst verwies gegenüber der Zeitung lediglich darauf, dass die Entscheidung noch nicht gefallen sei. „Die Gigafactory (1,3 Gigawatt) der Cellforce Group in Kirchentellinsfurt befindet sich zurzeit im Bau, der Fertigstellungstermin ist für Mitte 2024 avisiert. Die Porsche AG prüft gemeinsam mit der Cellforce Group darüber hinaus eine potentielle Skalierung auf mehr als 20 Gigawatt an einem zweiten Standort. Eine Entscheidung dazu ist noch nicht gefallen“, wird ein Sprecher zitiert.
Die baden-württembergische Landesregierung würde es begrüßen, „wenn ein solches Projekt im Südwesten realisiert werden würde“, wie ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums sagte. Jetzt gelte es abzuwarten, wie die Entscheidung ausfällt. Wenn die Ansiedlung nicht in Baden-Württemberg stattfinden würde, sei dies ein Rückschlag, erklärte der Sprecher. Die Produktion von Batteriezellen sei ein wichtiger Baustein zukünftiger Wertschöpfung in der Automobilproduktion.
Stefan meint
Das kommt doch auch auf den Marktanteil an.
Für Porsche- oder VW-Autos, die in den USA produziert und verkauft werden, kann eine Batterieproduktion in den USA sinnvoll sein.
Für Porsche- oder VW-Autos, die in Europa produziert und verkauft werden, kann eine Batterieproduktion in Europa sinnvoll sein.
Man kann aber auch Batterien/Bestandteile oder Autos über den Ozean transportieren.
Ossisailor meint
VW baut ja ein großes Batteriezellenwerk in Canada. Das fällt – wie in den USA – auch unter den IRA und wird entsprechend gefördert.
Ossisailor meint
Die Perspektive Trump wird eine Rolle spielen. Die Frage ist nur, welche? Da gibt es für mich zwei Aspekte:
1. Trump ist egal, weil die staatlichen Fördergelder vertraglich vorher unwiderrufbar festgelegt wurden und daher sicher sind.
2. Trump ist zwar nicht egal, aber: Je stärker die BEV-Industrie in den USA wird, je mehr Menschen sie beschäftigt, je mehr Umsätze sie generiert und je mehr Steuern sie zahlt, desto weniger wird Trump gegen sie ausrichten können oder wollen. Außerdem haben die Bundesstaaten ja auch noch mächtig mitzureden in der Bewertung der Industrie in ihrer Region. Dieser Aspekt spräche dann ebenfalls für die Investition dort.
Insider meint
Die Fabrik kommt in die Lausitz. Das wurde beschlossen
McGybrush meint
Allein aus Bürokratischen Gründen würde ich als Weltkonzern Deutschland meiden.
So lange bis Deutschland am Boden ist und keine Wahl hat Bürokratie und Hürden für die Deutsche Wirtschaft abzubauen.
Ossisailor meint
Ich fürchte, du weißt überhaupt nicht, was deine Vision für Konsequenzen für alle, auch für dich, hätte. Denk mal drüber nach, bevor du sowas absonderst.
Stefan meint
Bürokratie soll die Einhaltung von Regeln und Gesetzen unterstützen und Nachweise für die Einhaltung liefern. Auch mit viel Bürokratie können Regeln umgangen werden. Manche hoffen, durch nachträgliche Strafen bei Regelüberschreitung auf Bürokratie verzichten zu können. Funktioniert manchmal, aber es fehlt dann oft der Nachweis, dass Regeln überschritten wurden.
Stichworte Arbeitszeiterfassung oder Lieferkettengesetz.
Justin Case meint
Das ultimative Risiko für einen solchen Invest in den USA heißt Trump.
Wenn Trump gewählt wird, dann werden die verhassten Förderungen für die verhassten grünen Technologien sicher eingestampft.
Hanno meint
Das mit Trump war auch mein erster Gedanke :-) In dem Artikel ist auch zuviel “ könnte „, also noch ist nichts entschieden, die Pilotanlage in BW steht, und nach meiner Meinung wird da auch weiter investiert. Falls es auf zwei Standorte hinausläuft, ist das auch kein Fehler.
Gurke meint
Habe das Thema Inflation Reduction Act ein wenig verfolgt. Mir scheint, dass es für Amerika sehr wirksam funktioniert und für Porsche kaum noch Entscheidungsspielraum gibt.
Ein Unternehmen kann sich nur schwer gegen ein solch hohes Subventionspaket entscheiden, denn wie soll man das den Aktionären erklären. Hinzu kommt, dass die Kunden aktuell noch die volle Prämie im Wert von 7500 Dollar erhalten, wenn die Batterie made in USA ist. Weiß nicht, was es da noch zu überlegen gibt.
Klare Sache für mich, wer hier die Zügel in der Hand hat.
Mäx meint
Für eine Fabrik, die erst im Jahr 2026 produzieren soll, ist eine aktuelle Subvention auf den Kaufpreis glaube ich nicht so relevant.
Da ist vermutlich eher die Subvention auf die Fabrik selber.
Wenn dann die 7.500$ immer noch gelten schön.
Gerade im Hinblick auf die anstehenden Wahlen, würde ich aber nicht mit Subventionen auf BEVs in 2 Jahren planen.
Was eher intersannt ist: Werden dann die Batteriepacks zurück über den Ozean geschippert um hier verbaut zu werden um dann wieder das ganze Fahrzeug in die USA zu verschicken?
Oder gibts dann zeitnah auch ein Produktionswerk/Montagewerk für Fahrzeuge in den USA?
Jörg2 meint
Ich vermute, ein Teil solcher Entscheidungen fusst auf der Erkenntnis/Befürchtung, dass der freie globale Handel der letzten Jahrzehnte in der gewohnten Form nicht weitergehen wird und sich mehr und mehr abgeschottete Wirtschaftsräume herausbilden werden. Wer dann seine Lieferkette nicht innerhalb des Wirtschaftsraumes seines Zielmarktes hat, könnte in Schwierigkeiten kommen (von einem Tag auf den anderen).
Horst Krug meint
Der Welthandel wird munter weitergehen, sich eventuell sogar noch vergrößern, unabhängig davon, was berichtet wird. Der echte Welthandel und die Nachrichten darüber sind zwei verschiedene Dinge. Geld regiert die Welt.
Jörg2 meint
Horst
Bitte nochmal lesen, was ich geschrieben habe.
Ich habe weder geschrieben, dass es zukünftig keinen Welthandel mehr geben wird, noch habe ich irgendwelche Vergleiche zur realen Welthandelsituation vs. deren „Abbildung“ in den Nachrichten geschrieben.
Patrick Nue meint
Doch Jörg, genau das hast du geschrieben. Das entstehen abgeschotteter Wirtschaftsräume bedeutet defacto eine Deglobalisierung.
Steh doch zu deiner Meinung.
Swissli meint
Bei solchen Differenzen ist es für Porsche (leider) ein no-brainer.
Einerseits zwingt die OECD zu Unternehmens-Mindeststeuersatz (die USA macht da jetzt doch wieder nicht mit) um diesbezüglich ein zügelloses Wettrennen der Wirtschaftsblöcke zu verhindern. Andererseits hat die USA mit dem IRA Öl ins Feuer gegossen beim Subventionsrennen. Bei diesen staatlichen Milliardenregen sind allfällige Unternehmenssteuern nur noch Nebensache. Entweder zieht die EU auch einen „IRA“ auf, oder die westlichen Wirtschaftsblöcke handeln faire Bedingungen bei Standortförderung aus.
Wilfried Thies meint
Nicht ganz. Logistikketten, speziell bei Gefahrgut, sind nicht ganz billig. Es geht wohl mehr darum vom Staat noch etwas mehr Geld zu bekommen. CellForce kommt ursprünglich aus Itzehoe, Schleswig Holstein. Da oder in der Lausitz hätte man zumindest erneuerbaren Strom. Alles andere kommt wohl für Batterien nicht in Frage. Was waren das für „ethische Zeiten“ als Wiedeking staatliche Subventionen für das Leiptiger Werk abgelehnt hatte. Wir als hochprofitables Unternehmen….
Jetzt nimmt man für die Basisentwicklung das Fördergeld und sagt anschließend: Wir gehen! Die Förderung sollte an spätere Ausbaustufen gekoppelt sein.