Der Handelsverband Deutschland (HDE) warnt vor immer neuen Verpflichtungen zum Ausbau von Ladeinfrastruktur für Elektroautos. In der Praxis könnten viele Handelsunternehmen diese Vorgaben nicht erfüllen, weil die dafür notwendigen Netzkapazitäten nicht vorhanden sind und die Netzanschlüsse nicht rechtzeitig zur Verfügung stünden.
„Am Ende müssen dann Handelsunternehmen Bußgelder bezahlen, weil sie unverschuldet nicht in der Lage sind, die entsprechenden Ladestandorte ans Netz zu bringen“, heißt es in einer Mitteilung des HDE. Der Verband kritisiert dabei insbesondere die Novelle der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie (EPBD), die zusätzliche Anforderungen an die Handelsunternehmen mit sich bringe.
„Die ständige Verschärfung der Ausbaupflichten für Elektroladesäulen ist schlichtweg realitätsfern. Diese Art Regulierung muss dringend neu gedacht werden. Wenn Verteilnetzbetreiber nicht die nötigen Netzkapazitäten zur Verfügung stellen können, dürfen Handelsunternehmen nicht mit einer Verschärfung der Ausbaupflichten belastet und schon gar nicht mit Bußgeldern bestraft werden“, so HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth.
„Massive Verzögerungen“ bei der Bearbeitung der Netzanschlussanfragen durch die Verteilnetzbetreiber gehörten seit Monaten zur Realität des Ausbaus der Ladeinfrastruktur. Aktuell würden Anträge aus dem Handel bis zu 18 Monate auf eine Bearbeitung durch die Verteilnetzbetreiber warten. Immer häufiger verweigerten sich diese einem Netzanschluss vollkommen oder verschöben diesen auf ungewisse Zeit.
Genth: „Natürlich ist die Beschleunigung bei der Genehmigung und bei der Schaffung der Netzanschlüsse eine Mammutaufgabe. Problematisch ist aber, dass der Einzelhandel parallel zu diesen bekannten Engpässen bei den Netzanschlüssen immer wieder zum weiteren Ausbau seiner Ladeinfrastruktur verpflichtet wird. Jeder weiß, dass die Handelsunternehmen das trotz allen guten Willens nicht leisten können. So zahlt die Branche am Ende mit ihren Bußgeldern unverschuldet die Zeche für die Versäumnisse an anderer Stelle. Man läuft hier sehenden Auges in eine höchst ungerechte Situation hinein.“
Die erneute Verschärfung der Ausbaupflichten in der Novelle der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie sei aber auch vor dem Hintergrund des stagnierenden Bedarfs problematisch. Es gebe zu wenig E-Autos, schon die bereits gebauten Ladestandorte seien vielerorts nicht wirtschaftlich. Der HDE fordert deshalb parallel zum Ausbau der Ladeinfrastruktur deutliche technische Weiterentwicklungen der E-Autos, damit diese für mehr Menschen attraktiv seien.
„Der Umstieg auf E-Mobilität kann nur zum Erfolg werden, wenn mehr E-Autos gekauft werden und damit der Bedarf für Ladesäulen steigt. Gleichzeitig müssen die Netzanschlussverfahren planbarer für die Handelsunternehmen werden, die Antragsbearbeitung darf nicht mehr mehrere Monate in Anspruch nehmen“, so Genth.
David meint
Hier wird wieder das Kaufmannslied gesungen, anstatt die Chancen wahrzunehmen.
Tatsächlich sieht der Kompromiss vor, dass bei Umbauten und Neubauten bei Parkplätzen ab zehn Stellplätzen eine Ladessäule errichtet werden muss und Leerrohre verlegt werden müssen, die geeignet sind, jeden fünften Parkplatz später einmal anschließen zu können. Die Kosten für die Leerrohre sind ja wohl absolut überschaubar, ebenso die Kosten einer Ladesäule.
Da gar keine Schnellladesäulen gefordert werden, gibt es auch keine Genehmigungsvorläufe.
FahrradSchieber meint
„…gibt es auch keine Genehmigungsvorläufe“
Interpretiere ich in der EPBD-Version vom Dezember 2023 (S. 79 f) anders:
Bei mehr als 5 Parkplätzen für je 5 Parkplätze (für je 10 ab 20 Plätzen) eine Ladestation (nicht nur Leerrohre!) und Leerrohre, damit sich später 50% der Plätze versorgen lassen.
Bei 100 Parkplätzen wären das also 10 Ladesäulen. Das dürfte nicht ohne „Genehmigungsvorläufe“ gehen.
eBiker meint
Oh danke für die Info – da hätte ich mir meinen Kommentar sparen können, hing wohl mal wieder in der Warteschleife fest.
Ja würde das genau wie du sehen.
David meint
Stimmt, nach der Version ist das wahrscheinlich so. Nur ist das nicht die letzte.
eBiker meint
ja man könnte EINE 11 kW Ladesäule hinstellen. Aber mal ernsthaft – das ist nun wirklich rausgeworfenes Geld. An Supermärken wo man sich nicht sehr lange aufhält machen die einfach keinen Sinn mehr. Zur Erinnerung – EnBW baut von sich aus keine Schnarchlader mehr auf, weil die sich nicht lohnen.
Und Recht haben sie auf jeden Fall – es wird immer mehr gefordert – aber beim Netz tut sich nichts. Ist doch das selbe mit den Wärmepumpen. Wurden die von Vonovia in Berlin mittlerweile in Betrieb gegangen, oder fehlt da immer noch der Netzanschluss
Martin meint
Ja, hier hat ein HIT-Markt durch die EnBW ingesamt 4 Alpitronics und auf eigene Kosten direkt nebendran 5 Community by Shell Recharge-11kW Boxen installieren lassen. Seit April 2023, wo die AC-Lader ans Netz gingen, bin ich ein bisschen den Stromdurchfluss am beobachten.
Während die 4 EnBW-Alpitronics mittlerweile durchaus eine gute Auslastung haben (wenn auch vielfach immer noch nur 1-2 Fahrzeuge parallel laden), lädt an den AC-Boxen fast nur ein Fahrzeug vom HIT-Markt. Stand letzter Woche gingen über die 5 AC-Boxen zwischen 800 und 1200kWh – innerhalb fast exakt einem Jahr! Bedeutet also im Durchschnitt nicht einmal 5kWh pro Anschluss und Tag… dabei berechnet der HIT-Markt bereits über die Shell Recharge-App nur 39c/kWh + 35c Transaktionsgebühr…