Der Chef des schwedischen Elektroauto-Akku-Start-ups Northvolt Peter Carlsson hat in einem ausführlichen Interview mit dem Manager Magazin über den Stand der Finanzen und Pläne des Unternehmens gesprochen.
Auf ein mögliches Scheitern des Projekts angesprochen, sagte Carlson: „Ich glaube, wir sind über den Punkt hinaus, an dem wir scheitern könnten wie ein Start-up, dem das Cash ausgeht.“ Die Anteilseigner stünden dafür, dass Northvolt ein zentraler Teil einer europäischen Infrastruktur wird. Auch die Politik stehe hinter dem Vorhaben.
Northvolt plant mehrere Akkufabriken in Europa und auch Nordamerika. Man finanziere jedes Projekt „mit einem gesunden Mix aus Eigenkapital und Schulden; und auf der Schuldenseite geben Institutionen wie die Europäische Investitionsbank und das schwedische National Debt Office den Privatbanken die nötige Sicherheit“, erklärte der CEO. Man bezahle einen variablen Zinssatz, jeweils drei Prozentpunkte über einem Zinssatz für risikolose Anleihen. Das sei sehr wettbewerbsfähig. Geholfen hätten dabei die Abnahmegarantien einiger großer Kunden.
Zu den Abnehmern von Northvolt gehören die Autobauer BMW, Volkswagen und Volvo Cars. BMW und VW sind zudem direkt an dem Start-up beteiligt, mit Volvo wird ein gemeinsames Batteriezellenfabrik in Schweden gebaut.
Die deutsche Fabrik „Northvolt Drei“ soll nach dem Endausbau im Jahr 2029 pro Jahr Batteriezellen in einer Größenordnung von 60 GWh produzieren. Northvolt plant derzeit zudem die Anlagen Northvolt Ett (Skellefteå, Schweden), Northvolt Dwa (Gdansk, Polen), die Gigafactory „Novo“ des Joint Ventures Northvolt-Volvo Cars (Göteborg, Schweden), Northvolt Fem (Borlänge, Schweden), Northvolt Cuberg (San Leandro, USA) sowie Northvolt Six (Montreal, Kanada).
Börsengang eilt nicht
Northvolt hat von seinem Aufsichtsrat den Auftrag, so schnell wie möglich fit für einen Börsengang zu sein. Dazu Carlsson: „Wir warten auch auf passende Bedingungen. Wir müssen nicht an die Börse gehen.“ Man sei nicht in Eile und beobachte die Situation genau. Die Finanzierung über den öffentlichen Kapitalmarkt sei deutlich einfacher als über den privaten. Die Investoren würden aber nicht „pushen“.
Vor einigen Tagen hat der Northvolt-Chef prognostiziert, dass der Absatz von Batteriezellen in den nächsten zehn Jahren von heute knapp 700 Gigawattstunden pro Jahr auf 5000 steigen könnte. Mit Blick auf den möglichen Anteil der Schweden daran sagte er: „Wir fangen gerade erst an. Wir bauen unsere Werke in einem ersten Schritt auf 150 Gigawattstunden aus, können sie dann erweiteren.“ Das aktuelle Maximum der Szenarien des Projekts liege bei etwa 220 Gigawattstunden.
Die ersten Elektroautos mit Northvolt-Batteriezellen lassen noch auf sich warten. Zuerst kommt laut dem Unternehmenschef der über die Nutzfahrzeugtochter Traton zu Volkswagen gehörende Hersteller Scania. Dieser bringe jetzt die ersten Elektro-Trucks mit Northvolt-Zellen, dann folgten Autos von „zwei süddeutschen Herstellern“ – konkret Audi und Porsche, die wohl ab 2025 Akkus der Schweden nutzen werden.
Gefragt, ob Northvolt konkurrieren könne gegen die bereits etablierten, stark wachsenden Batteriezellgiganten aus Asien, sagte der frühere Tesla-Manager Carlsson: „‚Ihr seid zu klein, Ihr habt keine Chance.‘ Das haben uns schon bei Tesla alle gesagt. Aber wenn wir bei Northvolt auf 100 und dann 200 Gigawattstunden kommen, dann sind das Größen, bei denen wir sehr wettbewerbsfähige Kostenstrukturen hinbekommen.“
Das schnelle Wachstum etwa des chinesischen Akkufertigers CATL sei „beeindruckend, räumte der Northvolt-Boss ein. „Aber mit unserem Know-how und vor allem mit den Vorteilen unserer Nachhaltigkeitsstrategie können wir sehr erfolgreich sein.“
Mike meint
Entscheidend ist doch, dass die Akku endlich mal billiger werden. Ein defekter Akku (bei einem BEV) nach Ablauf der Garantie ist fast immer ein wirtschaftlicher Totalschaden.
stdwanze meint
Und wo sehen sie bisher defekte Akkus in relevanten Mengen? Gibt es den einen oder anderen defekten Akku direkt nach Produktion? Ja, aber halt auch nicht Problem des Kunden. Bisher gibt es kein Massenphänomen von defekten Batterien nach 2-10 Jahren.
PS: Das auswechseln des Motors in meinem Fabia RS hat VW damal 18.000! Euro gekostet. Soviel dazu.
Optimist meint
Nach dem ich gelesen habe, dass die Produktionskapazität von Zellen in China bereits jetzt größer ist als die weltweite Nachfrage, frage ich mich wer und zu welchen Konditionen die Zellen aus den neuen europäischen Fabriken kaufen soll? Bei Überproduktion werden die Preise rapide sinken.
M. meint
„Zu den Abnehmern von Northvolt gehören die Autobauer BMW, Volkswagen und Volvo Cars. BMW und VW sind zudem direkt an dem Start-up beteiligt, mit Volvo wird ein gemeinsames Batteriezellenfabrik in Schweden gebaut.“
Tesla-Fan meint
Die werden sich auch alle gen China orientieren wenn die Zellen dort signifikant billiger sind. Oder die Hand für Subventionen aufhalten.
Futureman meint
Ab 1 Cent günstiger kauft VW bei jemand anderem.
Wolfgang meint
Was VW nicht weiss: Mit Batterie aus China kaufe ich keinen VW. Also sollte das „1cent aus China billiger Argument“ hier nicht greifen. Gerade über die Batterie (Ausfall=Totalschaden oder Reperatur vor Ort) ist das ferne China Standortstechnisch wirtschaftlich „angreifbar“.
EVrules meint
Auf Industrieebene/Maschinenbau wird zunehmend eine Verlagerung in die EU seitens der großen Unternehmen vorangetrieben, zum einen schlagen die Frachtkosten mit 10-15% auf, zum anderen soll so die Versorgungssicherheit erhöht werden.
Die EU und Northvolt im speziellen werden hier sicherlich eine gesunde Nachfrage erhalten, zumal die Chance besteht, kostentechnisch mindestens auf Augenhöhe zu sein.
Solarian meint
Ich denke das wird eine def Akkufabriken für den SSP Baukasten und den Golf 9. Ich bin da guter Dinge.
Hans Meier meint
Hoffen wir mal das es mit Northvolt was wird… man liest jetzt seid Jahren über dieses Unternehmen und die Geschwindigkeit bis endlich was läuft ist gelinde gesagt „beeindruckend“… evtl wartet man auch extra um von den Chinesen dann kopieren zu können. Ich hoffe schon das Europa „schneller“ wird, wir können nicht nur Greendeal machen, Vorschriften erlassen und Firmen zwingen während man sonst überall mit „no-risk-safety-first“ hinterherhinkt wenn es um Fortschritt und Key-Technologien geht und dann in den Medien gewisse Firmen schlecht macht die Jahre weiter sind als alle Firmen in Europa zusammen.
Andi EE meint
@Hans
Sehe ich genau gleich, „wir fangen gerade erst an“, ist jetzt nicht wirklich das was ich hören möchte. Aber ja, man muss ja auch vorläufig keine Aktionäre befriedigen, man hat ja das Geld von Staaten / EU bekommen. Ob da dann der nötige Druck entsteht, ist meiner Meinung schon fraglich. Das Wichtigste an einem Unternehmen ist, dass es pleite gehen kann. Nur dann hat man die Vorsicht und den Ansporn, sich tagtäglich zu verbessern.
Für mich klingt der Herr etwas zu cool, als hätte er kein Druck / in Kombination mit diesen Abnahmegarantien von europäischen OEMs, die man ja ganz bestimmt in einem Pack mit den Staatsgeldern erhalten hat. Dass das Ganze von einem herausragenden Zell- oder Batteriedesign getrieben ist, kann man ohne jemandem weh zu tun, ausschliessen. Staatsladen würde ich es nicht nennen, aber ein Player wie Airbus wo alle EU-Staaten viel Geld reinstecken, der nicht scheitern kann und dementsprechend nicht der Schnellste sein wird.
South meint
Der Bedarf an Accus ist wirklich riesig, von der Mobilität bei Auto, Lkw, bis zum stationärem Speicher. Wird langsame Zeit, dass auch in Europa die ersten in den Markt eintreten…
Envision meint
Hhm, leider gibts irgendwie nirgends was zu der Zellchemie die sie – jetzt bald – bauen, einzige was ich gefunden habe sind Natrium Akkus an denen sie forschen die „irgendwann mal“ zunächst für stationäre Anwendung kommen sollen.
Was zwischenzeitlich an die Autoproduzenten geht ist dünn. NMC 811 ? mit Silizium in der Anode oder nicht ? baut man die ominöse VW Einheitszelle ?
Da sind die meisten Asiaten – deutlich – mitteilsfreudiger.
M. meint
Da könnte man jetzt entgegnen:
a) die haben sicher nichts in der Hand, reine Blase, wird nicht klappen
oder
b) die haben Interna mit ihren Kunden, die die große Öffentlichkeit nichts angehen
Sicher ist beides möglich, aber wenn es stimmt, dass große OEM bereits die Abnahme der Produkte zugesagt haben und keine windigen Kreditgeber dahinter stehen, wird da vielleicht auch etwas mit Substanz dahinterstecken.
„811“ sagt ja nicht viel aus außer dass es sich um NMC handelt. Und es muss ja nicht sein, dass es das ist, was man für die Zukunft (als alleinige Lösung) plant.
Aber das ist ja kein Zoo, wo jeder die Nase an die Scheibe drücken kann, und keine AG, wo man Anleger öffentlich bei Laune halten muss.
Einfach mal abwarten, was die in den nächsten 2, 3 Jahren abliefern. Zuerst einmal müssen die ja eine Fabrik bauen, solange wird es nicht allzu viele Neuigkeiten geben.
MiguelS NL meint
“Northvolt plant mehrere Akkufabriken in Europa…”
Hört sich gut an 😊
Ja, das Potenzial der Elektrifizierung und Digitalisierung in der Mobilität steht ganz am Anfang.
Dark Erebos meint
Warum wird eigentlich von plant geschrieben? Die Hälfte von denen steht schon und die andere Hälfte ist schon im Aufbau.
Geraldgrün meint
Sehr gut hier entstehn so gans langsam bis 2030 die wichtigen Akkufabriken.
Wie sieht es mit Feststoffakkus aus?
M. meint
Können dort produziert werden. 👍
Solariseur meint
Der Zufallsgenerator hat Name #815711 ausgespuckt.
Ach Maaaiiik, kannst Du Dir absolut nichts merken?