Der Verband der Automobilindustrie (VDA) hat eine verbandsübergreifende Handlungsempfehlung zur sicheren und normgerechten Handhabung havarierter Elektrofahrzeuge erarbeitet. Sie enthält praxisnahe Empfehlungen zum Abschleppen, Bergen und Transportieren von verunfallten E-Fahrzeugen (BEV, Hybridfahrzeuge sowie Mild-Hybride).
„Angesichts des wachsenden Anteils elektrifizierter Fahrzeuge auf deutschen Straßen gewinnt der professionelle Umgang mit Unfallszenarien und Fahrzeugbergungen erheblich an Bedeutung“, betont VDA-Geschäftsführer Marcus Bollig. Die neue Empfehlung bündele Fachwissen zahlreicher Branchen und schaffe einen sicheren, rechtlich abgesicherten und praxisorientierten Standard – etwa für den Umgang mit E-Fahrzeugen im Brandfall oder nach Überschwemmungen. Sie adressiere zudem bestehende Unsicherheiten, insbesondere bei Abschleppdiensten, die heute regelmäßig mit beschädigten E-Fahrzeugen konfrontiert seien.
„Unser Ziel ist es, mit dieser Handlungsempfehlung für alle Beteiligten – vom Abschleppdienst bis hin zu Einsatzkräften – ein gemeinsames Verständnis für den sicheren Umgang mit verunfallten E-Fahrzeugen zu schaffen. Die breite Beteiligung verschiedenster Organisationen zeigt, wie groß der Bedarf an einheitlichen Standards ist“, so Bollig weiter.
Die veröffentlichte Empfehlung deckt sowohl technische als auch organisatorische Aspekte ab – von der Einschätzung der Gefährdungslage über Abschleppbedingungen bis hin zur sicheren Zwischenlagerung von verunfallten Elektrofahrzeugen. „Sie ergänzt bestehende gesetzliche Anforderungen, Normen und Herstellerhinweise sinnvoll und führt sie in einem übersichtlichen Rahmen zusammen“, heißt es.
Die Handlungsempfehlung (PDF) soll laut dem VDA als branchenweiter Referenzrahmen für Abschleppdienste, Sicherheitsbehörden und Fachwerkstätten dienen und steht allen Akteuren als unverbindliche Empfehlung frei zur Verfügung.
Kurzfassung
Fahrzeuge mit Hochvolt-Systemen (HV-System) werden beim Abschleppen in der Regel nicht anders behandelt als konventionelle Fahrzeuge.
Die Übergabe des beschädigten Fahrzeugs aus der Verantwortung der Feuerwehr erfolgt erst, wenn diese kein konkretes Risiko mehr erkennt. Die Dokumentation durch das vfdb Merkblatt MB 06-12 (Übergabeprotokoll) ist zweckmäßig.
Der Abschleppvorgang stellt ein allgemeines Arbeiten an E-Fahrzeugen dar und erfordert die Qualifikation zur „Fachkundig Unterwiesenen Person“ FuP 1S nach DGUV Information 209- 093. Diese Person ist in der Lage, elektrische Gefährdungen aus dem HV-System zu erkennen und zu meiden.
Für eine tatsächliche Brandgefahr muss eine HV-Batterie derart deformiert oder durch Brand belastet sein, dass es zu inneren Kurzschlüssen kommt. Für eine konkrete Gefährdungsvermutung muss ein dementsprechender Schadenumfang an der HV-Batterie feststellbar sein.
Eine HV-Batterie kann regelmäßig nur in dafür ausgestatteten Werkstätten ausgebaut werden, nicht aber an der Ereignisstelle. Nur in der Fachwerkstatt kann eine fachgerechte Einschätzung der Batterieschädigung (nach Herstellervorgaben) und damit verbundener Risiken vorgenommen werden.
Die Vorschriften für den sicheren Transport von Gefahrgut nach ADR verlangen, dass der Transport beschädigter E-Fahrzeuge zur nächsten geeigneten Stelle erfolgen muss. Das ist regelmäßig die Fachwerkstatt, die beschädigte HV-Batterie nach Herstellervorgaben handhaben oder nach den Regeln der Batterie-Rücknahmeverordnung entsorgen kann. Dieser Transport kann ohne Einschränkungen vorgenommen werden.
Wird vermutet, dass die HV-Batterie gefährlich beschädigt ist, darf nur ausnahmsweise, z.B. über Nacht oder am Wochenende, wenn die Fachwerkstatt nicht erreichbar ist, das Fahrzeug bei einem Abschleppunternehmen kurzzeitig abgestellt werden. Der Abschleppvorgang wird durch dieses interimsweise Abstellen nicht unterbrochen.
Wird eine bestehende Gefährdung aus der HV-Batterie heraus vermutet und das Fahrzeug in sicherer Umgebung abgestellt sowie die Temperatur überwacht, so ist abhängig von den Herstellervorgaben nach einem bis wenigen Tagen ohne Temperaturerhöhung in der Batterie keine sichere Verwahrung („Quarantäne“) mehr notwendig.

CaptainPicard meint
Vor ein paar Wochen gab es im Geladen Podcast ein ganz interessantes Gespräch mit zwei Feuerwehrleuten/Experten die gesagt haben dass das Versenken in einen Container mit Wasser absoluter Quatsch ist und man die Batterie einfach nur runterkühlen muss. Kann ich sehr empfehlen die Folge weil etliche Mythen aufgeklärt wurden und selbst die Moderatoren, die sich ja wirklich intensiv mit dem Thema Batterien und E-Mobilität befassen, teilweise überrascht waren.
M. meint
Gut, dass du das nochmal erwähnst, und so ein Container findet sich ja auch nicht in den Handlungsempfehlungen oben wieder.
eBikerin meint
„die gesagt haben dass das Versenken in einen Container mit Wasser absoluter Quatsch ist und man die Batterie einfach nur runterkühlen muss.“
Das hört sich für mich aber nach einem Wiederspruch an. Durch das Versenken wird die Batterie ja runter gekühlt. Also absoluter Quatsch kann es nicht sein.
Haben die auch gesagt wie den dieses „einfach runterkühlen“ denn auch „einfach“ geht?
Eine Lithium Batterie entwickelt bei einem Brand Temperaturen von bis zu 1400 Grad.
A-P meint
eBikerin: schau dieses Video an!
https://youtu.be/IrSIutILozs?si=kfmGn1XvYYpw7Ny6
eBikerin meint
Danke für den Link -aber das sind ja 50 Minuten. Gibts ne Kurzzusammenfassung? Also wie soll da gekühlt werden?
A-P meint
Du kannst den Transcript lesen, dann ist es schneller!
A-P meint
Fokus: Die Kühlung der verunfallten Akkus
Die Feuerwehr (vertreten durch Christian Emrich, Leiter der Berufsfeuerwehr Freiburg) hat eine klare und standardisierte Vorgehensweise entwickelt, die sich auf das Kühlen konzentriert und von vielen medial verbreiteten Methoden abrät:
Strategie: Kühlen, Kühlen, Kühlen
Das Ziel ist, die chemisch-physikalische Reaktion im Akku zu verlangsamen und die Temperatur zu reduzieren.
Als Kenngröße gilt die Stabilisierung der Temperatur unter 80 °C.
Methode
Die Kühlung erfolgt im besten Fall von außen und von unten mit einem normalen Strahlrohr (Feuerwehrschlauch).
Spezielle Ausrüstung wie Löschlanzen ([0:15:55]), Löschcontainer (in die das Auto gestellt wird) oder Löschdecken ([0:16:28]) werden von der Feuerwehr aktiv abgelehnt und als gefährlich oder unnötig erachtet, da sie u. a. zu enormen Sach- und Umweltschäden führen oder die notwendige Kühlung behindern.
Dauer und Übergabe
Der Kühlvorgang kann eine Stunde oder länger dauern.
Sobald das Fahrzeug stabil ist (unter 80 °C), wird es an das Abschleppunternehmen übergeben.
Das Abschleppunternehmen ist dafür verantwortlich, das Fahrzeug auf einem speziellen Havarieplatz (mit Abstand zu anderen Objekten) abzustellen, da die Zellen auch Stunden oder Tage später in einen sogenannten „Thermal Runaway“-Effekt geraten können (ein schlagartiges Abbrennen einzelner Zellen) ff.
eBikerin meint
Da sag ich mal Danke. Tatsächlich interessant.
Steffen meint
Ja, hab‘ ich auch gehört. Das war aufschlussreich, auch um Stammtischgeplapper entgegen zu wirken.