Die Bundesregierung wird ihrem angestrebten Vorbildcharakter bei der Elektromobilität weiter nicht gerecht: Neue Daten zeigen, dass die Verkehrswende in der Autoflotte der deutschen Politik bislang nur äußerst schleppend vorankommt.
Von den insgesamt 24.716 Autos der Bundesflotte von Ministerien und ihren angeschlossenen Behörden fuhren Ende Januar lediglich 582 voll elektrisch. Das entspricht gerade einmal 2,4 Prozent aller Regierungsautos. Dies geht aus einer Regierungsantwort des Bundesinnenministeriums auf eine Kleine Anfrage der Grünen hervor, aus der die Süddeutsche Zeitung berichtet.
Zählt man die umstrittenen Plug-in-Hybride sowie einige wenige Wasserstoff- und Biogas-Autos hinzu, kommt die Regierung dem Bericht zufolge nur auf einen Anteil von 5,6 Prozent an Autos mit umweltfreundlicheren Antriebstechnologien. Im Vorjahr waren es 3,9 Prozent, der Anteil steigt also – der Bund ist aber weit vom selbst gesteckten Ziel entfernt, seine Autoflotte schnell auf umweltfreundliche Antriebe umzustellen.
Am höchsten ist der Anteil sauberer Autos im Entwicklungsministerium (100 %), gefolgt vom Auswärtigen Amt mit 82,4 Prozent und dem Umweltministerium mit 57,9 Prozent. Das für die E-Mobilität zuständige Verkehrsministerium kommt gerade mal auf 6,3 Prozent und landet auf dem vorletzten Platz. Schlusslicht ist das Verteidigungsministerium mit 1,6 Prozent Stromer-Anteil.
Zwar habe Scheuers Ministerium mit seinen 31 Autos selbst eine hundertprozentige Ökoauto-Quote. Weil in zugehörigen Behörden wie etwa dem Kraftfahrtbundesamt von 2100 nur jedes zwanzigste Autos umweltfreundlich fahre, hinke das Ressort anderen aber deutlich hinterher, so die Süddeutsche Zeitung. Die eigenen Behörden seien aufgefordert, die Umstellung zu prüfen – sofern das wirtschaftlich vertretbar ist, habe ein Sprecher des Verkehrsministeriums auf Anfrage erklärt.
Auch unter den Neuanschaffungen im zurückliegenden Jahr war nur ein kleiner Teil umweltfreundlich: Von den 7650 neuen Pkw für fast 100 Millionen Euro hätten 12,7 Prozent einen elektrischen oder anderen alternativen Antrieb, heißt es. Die Bundesregierung muss demnach beim Einflotten von „grünen“ Fahrzeugen deutlich zulegen. Im Klimaschutzprogramm hatte sie angekündigt, den umweltfreundlichen Anteil neuer Autos bis 2025 auf 40 Prozent und auf 100 Prozent bis 2030 zu steigern.
Der Ex-Grünen-Chef und Vorsitzende des Verkehrsausschusses des Bundestags Cem Özdemir kritisierte das „Zögern und Zaudern“ in der Regierung. Während der neue US-Präsident in seinen ersten Wochen verkündet habe, die komplette Flotte seiner Administration auf E-Autos umzustellen, „diskutieren wir immer noch über Verbrenner-Erhalt und Reichweitenangst“. Wenn Deutschland zum Leitmarkt für saubere Antriebe werden soll, müsse das der Fuhrpark der Bundesregierung widerspiegeln, forderte Özdemir.
cgetto meint
Hätte BK Merkel ihre Administration/ Ministerien gleich vor 2-3 Jahren verpflichtet, nur noch EVs zu fahren, hätten wir längst eine bessere Ladeinfrastruktur und mehr deutsch EV-Modelle, weil unsere Politiker dann die Defizite am eigenen Leib erfahren hätten!
Tommi meint
Es ist wie so oft. Wir müssen alle elektrisch fahren. Das ist die allgemeine Meinung. „Also bei mir persönlich passt das gerade noch nicht, aber die anderen sollen schon mal“. Die Politiker sollten eine Vorreiterrolle spielen und auch möglichst selbst mal erleben, wie es um die Ladeinfrastruktur bestellt ist.
Es gibt immer wieder mal Ladestationen, die nicht funktionieren (das kann mal passieren, sollte aber in weniger als 24h behoben sein) oder gar momentan eine Baustelle und dadurch nicht verfügbar sind (darf nicht passieren). Beide Fälle tauchen aber in der Statistik der vorhandenen Ladesäulen auf und die Politiker können sich auf die Schulter klopfen.
Anti-Brumm meint
Die Frage ist, was haben diese Wägen für Fahrprofile und gibts dazu ein passendes Angebot? Fahren die täglich nur von der Dienstwohnung ins Ministerium/Rathaus/… oder gleich mal 400km zu einer Grundsteinlegung etc.?
Peter W meint
Die Mehrzal von Wagen ist Wagen …
Erwin meint
Schön, dass Sie sonst keine Probleme haben…
Anti-Brumm meint
Siehe Duden:
Süddeutsch, österreichisch: die Wägen.
Zurück zum Thema.
Danke.
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
An der aktuellen Trägheit wird sich die kommende Grüne Bundesregierung erfreuen. Die können sich dann entsprechende Steigerungen in der Statistik ans eigene Hütchen heften und damit glänzen.
Irritierend finde ich allerdings die Formulierung „umweltfreundlich“. Ich dachte wir sind mittlerweile an dem Punkt angekommen, dass man nicht mehr darüber diskutieren muss, dass E-Autos umweltfreundlicher, aber nicht umweltfreundlich sind.
EdgarW meint
Beim letzten Punkt unterschätzt Du stark die Wirksamkeit des systematischen Selbstbetrugs – man will ja kein schlechtes Gewissen haben, andererseits aber auf nichts verzichten. War beim „Clean Diesel“ ja auch schon so.
CaptainPicard meint
Gibt es irgendwo eine Statistik welche Modelle aktuell wie oft in der Bundesflotte vertreten sind?
Flo meint
Here you go Captain:
https://www.duh.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/trend-zu-klimakiller-dienstwagen-verstaerkt-sich-co2-bilanz-der-dienstwagen-deutscher-spitzenpolitik/
Oswaldo meint
Was sollen sie auch machen, etwa Tesla einflotten?? Das wissen sicher genügend Entscheidungsträger zu verhindern
Sobald der EQS verfügbar ist…
Tom meint
Tesla nimmt an öffentlichen Ausschreibungen von Dienstwagen nicht teil und gewährt auch keine Behördenrabatte.
David meint
Ein Minister in NRW hatte ja einen Tesla eingeflottet und schnell wieder ausgeflottet, weil er die versprochenen Reichweiten bei weitem nicht schaffte. Dabei mahnte der Rechnungshof nicht etwa an, dass die Ansprüche zu hoch oder vorgeschoben waren. Sondern hat zugestimmt, dass der Tesla in nachvollziehbarer Weise nicht geeignet ist. Die Kritik ging dahin, dass man das ja auch mit einer Probefahrt/Kurzzeitmiete hätte herausfinden können.
Der EQS wird da eine andere Liga sein. Er hat die Reichweite und, vor allem, ist es ein richtiges Auto. Also kann man dort auch hinten sitzen ohne den Kopf zwischen die Knie zu klemmen. Das Thema nicht eingelöstes Reichweitenversprechen kennt Tesla ja von den Schiphol-Taxen…
Frank meint
Mit einem Tesla gibt es Dank eigenem Ladenetz überhaupt keine Reichweitenprobleme. Da wird wohl eher der EQS ein Problem haben. Absolut vorgeschoben Argument.
Mäx meint
Naja naja, da muss man schon so fair bleiben und sagen, wenn der Minister nun mal mit der Angabe von sagen wir 500km gerechnet hat und das Auto schafft aber nur 300km ohne Zwischenladung, die der Minister eben vermeiden will, dann kann das ja schon ein valides Argument gegen einen Tesla sein.
Ganz abgesehen davon muss ein anderes Elektroauto das natürlich erstmal besser machen und ob der angesprochene EQS das hinbekommt wird man erstmal sehen müssen.
Ein Model S im Fond als beengt zu bezeichnen ist aber auch ein bisschen weit hergeholt oder?
Der EQS wird vermutlich schon luxuriöser ausfallen, aber dabei auch vermutlich wieder das doppelte kosten.
150kW meint
„Mit einem Tesla gibt es Dank eigenem Ladenetz überhaupt keine Reichweitenprobleme. “
Nach Supercharger Fair Use Policy sind allerdings Ladungen „für öffentliche oder staatliche Zwecke“ nicht erwünscht.
Tom meint
Der Grund für die Ausflottung ist sicherlich irgend ein Kriterium der Laut Ausschreibung nicht gepasst hat.
Zur Erklärung:
Es wird vor jedem Kauf überlegt was ein Fahrzeug können muss bzw mit was es Ausgestattet werden soll, nach dieses Kriterien werden Leistungsverzeichnisse erstellt.
Und nun, zur Enttäuschung vieler, geht keiner in irgend ein Autohaus und bestellt sich irgendein Auto, sondern es muss meistens sogar Europaweit ausgeschrieben werden.
Hersteller können Angebote auf das Erstelle Leistungsverzeichnis abgeben, das Wirtschaffstliche Angebot erhält den Zuschlag.
Wird z.B. bei einem Fahrzeug eine Reichweite von 500km im Realbetrieb gefordert, und es sind am ende nur 350, kann wegen Vertragsbruch vom Kauf zurückgetreten werden.
Könnte mir vorstellen das dies Bei Tesla der Fall war.
MichaelEV meint
Bei einer Ausschreibung gibt es aber keine weichen Anforderungen. Die Anforderung Reichweite muss reproduzierbar messbar sein. Und schon ist man wieder bei WLTP.
Und wenn WLTP nicht dafür taugt, muss es entsprechend ertüchtigt werden, z.B. mit einem zusätzlichen „WLTP Autobahn“.