Mercedes-AMG hat im September mit dem AMG EQS 53 4Matic+ sein erstes Elektroauto-Modell präsentiert. Die auf besonders sportliche Pkw spezialisierte Daimler-Tochter soll künftig mit einer eigenen Plattform auch bei der Elektromobilität Maßstäbe setzen. Das Portal Golem.de hat mit AMG-Technikchef Jochen Hermann darüber gesprochen, ob das Konzept der Marke auch mit Stromern aufgeht.
Vielen AMG-Kunden ist neben der hohen Leistung und Fahrdynamik ein satter Verbrenner-Sound wichtig. Das sei eines der Kernthemen, erklärte Hermann. Auch die angebotenen E-Autos sollen klanglich überzeugen, dazu generieren sie einen künstlichen Sound. Es werde keinen künstlichen V8-Sound geben, versicherte der AMG-Manager, für die „Emotionalität“ sei aber auch dieser Aspekt wichtig. „Wenn hierbei hinzukommt, dass das Kombi-Instrument dies optisch zelebriert, das Auto sozusagen noch vor Kraft vibriert, ein Sound-Erlebnis da ist – und dann kommt diese immense Beschleunigung: Da sind dann alle Sinne angesprochen“, so Hermann. Dann sei das ein emotionales Produkt und in diesem Sinne Sound auch bei Elektroautos wichtig – aber in einem ganz anderen Kontext.
Mit Blick auf die Optik seht bei Elektroautos ein stromlinienförmiges, auf Aerodynamik getrimmtes Design im Mittelpunkt. Der so reduzierte Luftwiderstand sorgt für mehr Effizienz und damit eine größere Reichweite. Beim Thema Elektromobilität werde man auch in der Exterieur-Sprache „noch mal eine Schippe drauflegen müssen“, sagte Hermann. Aerodynamik sei bei AMG per se wichtig. Man sehe das auch daran, dass der EQS mit der größten Reichweite außen die „AMG Line“ trägt. Die Außenanbauteile dieser Ausstattungslinie dienten dazu, die Windschlüpfrigkeit zu optimieren. Der Rekord-cw-Wert des EQS von 0,20 werde mit der AMG Line erreicht.
Der AMG EQS hat allerdings deutlich weniger Reichweite als der Mercedes-EQS mit Heckantrieb. „Den ersten Kompromiss mache ich, wenn ich von Heckantrieb auf Allrad gehe. Der AMG EQS 53 ist natürlich auf Leistung ausgelegt“, erklärte Hermann. Es gebe verschiedene weitere Dinge, die dazu führen, dass der cw-Wert etwas steigt. Eines davon sei die Reifenbreite, die mit der Leistung zunehme. Hinzu komme das Thema Anpressdruck, um die Stabilität bei Hochgeschwindigkeit zu gewährleisten. Um die Leistung sicher darstellen zu können, müsse man bezüglich der Reichweite ein paar Kompromisse eingehen.
Die Leistung an sich zu generieren, sei bei der Elektromobilität nicht das Problem, erläuterte AMGs Technikchef. Bei einem Verbrenner erkaufe man die Leistungen über viel Mechanik und viel Aufwand. In der Elektromobilität erhalte man mehr Leistung für den gleichen Wirkungsgrad. Ein Mehr an Leistung sei daher künftig nicht mit überproportional mehr Verlust verknüpft. Bei einer E-Maschine bleibe der Wirkungsgrad relativ identisch. Wenn man sie ein wenig größer auslege, habe sie mehr Leistung, aber nicht notwendigerweise mehr Verluste.
E-Auto rückt andere Aspekte in den Fokus
Die Beschleunigung sei bei einem Elektroauto „das Leichteste, was man darstellen kann“. Bei einem Verbrenner sei es schon schwieriger, das entsprechend hinzubekommen. Wichtiger sind nach Ansicht von Hermann „andere klassische Tugenden“: „Wie fährt sich denn das Auto, wenn ich drin sitze? Wenn ich lenke, wenn ich bremse, ist es komfortabel und trotzdem so kompakt beim Fahren, dass ich immer weiß, was mein Auto tut?“ Es gehe auch um Präzision beim Fahren, die Bremse sei anders, der Aufbau werde anders angebunden und weiteres. Und all das können man auch ohne Höchstgeschwindigkeit erfahren.
Viele Elektroautos haben teils deutlich mehr kW/PS als vergleichbare Modelle. Hermann glaubt, dass „diese Leistungsorgie“ bei besonders potenten Modellen ein Ende haben wird. „Wenn ich bei 1.000 PS angekommen bin, was willst du da noch machen?“ Es würden andere Attribute eine Rolle spielen. So versuche man bei AMG, ein paar zusätzliche Dinge mit in die Nutzerschnittstelle zu bringen und habe ganz andere Menüpunkte im Auto. Da der Kunde eine Affinität zur Technik habe, werde ihm auf den Bildschirmen auch angezeigt, was wo und wie passiert. Das seien alles Dinge, die auch Emotionen auslösen können.
Mercedes-Benz plant für Mitte des Jahrzehnts drei neue vollelektrische Architekturen, eine davon ist die auf Spitzenleistung ausgelegte Elektro-Plattform AMG.EA. AMG habe noch einmal einen großen Schritt gemacht, als es damit anfing, eigene Fahrzeugarchitekturen zu entwickeln. Es sei „absolut wichtig“, auch eine eigene Architektur für zukünftige vollelektrische Fahrzeuge zu haben, betonte Hermann. Dort werde man ganz andere Schwerpunkte setzen. Nur so sei man in der Lage, im oberen „Top-Luxus- und Performance-Segment“ wettbewerbsfähig zu sein.
Zu Fokus der geplanten AMG-Elektro-Plattform sagte der Technikchef, dass hier weiter die Performance, nicht Reichweite im Fokus stehen werde. Die Kunden spreche bei AMG die fortschrittliche Technik an, etwa Formel-1-Technologie für die Straße. „Dieses Hightech-Thema“ und weitere Features werde das Unternehmen in seiner vollelektrischen Architektur ausbilden. Es werde „ein paar andere Parameter“ geben, die man aus Nicht-Sportwagen kennt. Aber natürlich werde ein AMG immer ausreichend Leistung haben. Bei Elektroautos gehe es dabei auch um eine hohe Dauerleistung, womit aktuelle Modelle oftmals Probleme haben.
Als Mehrwert von AMG-Elektroautos kann sich der Technikchef auch vorstellen, dass die Ladegeschwindigkeit schneller ist. Wenn man zukünftig in wenigen Minuten laden könne und die Abrechnung dafür direkt im Fahrzeug stattfinde, dann sei die Reisegeschwindigkeit wieder so ist, wie man sie kennt. Auch das sei im Luxussegment ein Thema.
Jürgen Baumann meint
Wenn ich als lautloser Nachtfalke mit meiner koreanischen Reisschüssel an der zweispurigen Ampel einer heulenden Hyäne einfach wegfahre, ist das Emotionalität genug.
Thrawn meint
Elektroautos müssen … gar nichts.
Vom Standpunkt von AMG natürlich schon. Schließlich ist das „Emotionsgedöns“ deren Geschäftsmodell. Daher sucht man gerade verzweifelt nach Ansatzpunkten.
Wenn alle Stricke reißen, kann meine immer noch streng limitierte Verbrenner Sondermodelle oder Einzelstücke für teuer Geld machen, welche sich dann die Scheichs aus Dubai in die Tiefgarage stellen. Dort machen sie dann das, was für uns alle das beste wäre: stehen bleiben und Ruhe geben.
Der Diktator meint
„Vielen AMG-Kunden ist neben der hohen Leistung und Fahrdynamik ein satter Verbrenner-Sound wichtig. “
danach habe ich aufgehört zu lesen.
Sebastian meint
vergessen wir mal das Thema AMG, widmen wir uns dem EQS… nach Sichtung auf div. Foren lässt sich wirklich erkennen, das der Wagen eine Reichweiten Sau ist…. Autobahn was geht… 300 KM gefahren und nicht mal halben Akku verbraucht. Irre.
nach Tesla das Model S nun auf „Ende 2022“ geschoben hat, also nach Elon time vor Mitte 23 nichts liefern wird… nunja. Da hat der rückständige Daimler Konzern als Erstlingswerk doch ein wunder vollbracht.
Thrawn meint
Wenn der EQS das „Erstlingswerk“ ist, was waren dann der EQC und der E B-Klasse?? Der allererste E MB und der Allerallererste E MB und der allerallerallererste der E-Smart? Oder ist der EQS jetzt der dritte, vierte Versuch, weil die anderen Nichts waren? Das beste oder Nichts! Ja genau. So wird es wohl sein…das wird alle EQS Fahrer freuen.
AK swiss meint
Schlechte Zeiten für die Tuningbranche. Ganz schlechte!
Aber die Menüpunkte werden sie retten. Und der Heckspoiler feiert fröhliche Urständ.
Kasch meint
Glaub ich nicht, Preis, Verbrauch / Reichweite spielt auch weiterhin keine Rolle. Dass es Serienfahrzeuge anderer Hersteller gibt, die maximale Leistungsdaten eines AMG-Daimler weit übersteigen, interessierte einen AMG-fan noch nie.
Was leider passieren kann, ist dass AMG irgendwann zwangsläufig auf ein chinesische Basisfahrzeug ausweichen muss. Kein größeres Problem für AMG, für die Allgemeinheit allerdings sehr wohl, wenn unsere Fahrzeughersteller hopps gehen.
Thrawn meint
Was sollte denn die Allgemeinheit denn für Probleme haben? Das gibt vielleicht der paar lokale Verwerfungen, wie z.B. in Wolfsburg oder Stuttgart, aber ansonsten?
Die Zulieferer liefern halt dann an die Fahrzeughersteller, die Marktanteile übernehmen. Bei vier-komma-irgendwas Anteil der Automobilindustrie am Bruttoinlandsprodukt werden die meisten überhaupt nichts davon merken, wenn da mal ein oder zwei der OEMs hopps gehen, weil sie sich zu lange auf ihren Lorbeeren ausgeruht haben.
Es gab in der Vergangenheit auch schon andere Wichtigtuerbranchen die meinten, es ginge nicht ohne sie, Kohle z.B. Die hatten in den 1960er-Jahren des letzten Jahrtausends wesentlich mehr Beschäftigte als die Automobilindustrie heutzutage. Wo sind die jetzt? Und wen hat’s gejuckt? Das Leben ging weiter.
Klar, der VDA tut so, als würde ohne sie die Welt untergehen. Das wäre so, als würde ein Floh sich aufplustern, dass der Hund ohne ihn nicht lebensfähig wäre.
EdgarW meint
Wer Fake-Sound positiv assoziiert, hat in der Tat ein emotionales Problem. Da bin ich mal so richtig undiplomatisch.
Echter Sound eines echten alten V8 (V12/whatever), zu Zeiten, als der Lärm noch nicht effizient gedämmt werden konnte, das ist emotional absolut in Ordnung. Aber schon die ganze Sounddesignerei die letzten Jahre/Jahrzehnte mit Schwerpunkt auf Möglichst-alle-Winkel-des Getzes-Ausnutzen ist vorsätzlich begangene Körperverletzung – und künstlich aufgeblasenes Gebrummel und Geheule wirklich das Allerletzte.
Damit meine ich jetzt mal nicht AVAS, obwohl ich das ebenfalls nicht begrüße. Schon, weil es den Außenlautsprecher überhaupt erst ermöglicht. Dass der dann wieder bis zur Grenze des Erlaubten / Zumutbaren (und nachträglich dann natürlich wieder darüber hinaus) genutzt werden wird, ist leider nur eine Frage der Zeit.
NiLa meint
Bessere Schallisolierung war schon damals möglich, aber unnötig – die Leute haben nicht wegen jedem Pups rumgeheult wie heute.
Sebastian meint
Normale V8 machen kein Krach, sondern Musik. Das Thema sind diese idiotischen Auspuffanlagen. Das ist aber weniger ein Problem von starken Motoren, sondern von den nervigen Kleinmotoren.
Sebastian meint
Sorry Daimler… aber EQE und EQS sieht von außen nicht nach Emotion aus, sondern einfach nur unglaublich langweilig und vor allem kaputt designt! Das haben keine Profis gemacht, sondern es war ein cW Simulationsfehler eines Computers und niemand hat das Kontroll gelesen…
Innenraum ist bis auf kleine Details bei beiden mega super, aber keines von den Autos wollte ich haben wollen… müsste jedes mach spu** beim ans Auto laufen.
David meint
Sehe ich ein wenig ähnlich und ich wäre die Käufergruppe. Der Vision EQS sah richtig elegant aus, weil er nahtlos und spektakulär war. Hätte ich sofort genommen. Die Serienversion ist bieder geraten. Das war beim Mission E und dem Taycan völlig anders. Daher musste ich wechseln.
Pferd_Dampf_Explosion_E meint
„Wenn hierbei hinzukommt, dass das Kombi-Instrument dies optisch zelebriert, das Auto sozusagen noch vor Kraft vibriert, ein Sound-Erlebnis da ist – und dann kommt diese immense Beschleunigung: Da sind dann alle Sinne angesprochen“, so Hermann.
Können wir von Glück reden, dass Hermann nicht schon bei dem Übergang von Pferde- zu Benzinkutschen aktiv war, sonst würden die Autos wohl heute noch nach Mist stinken und eine laute, künstlich erzeugte Pferdegetrappel- und Wieher-Geräuschkulisse abgeben. Nein, Fortschritt sieht zum Glück anders aus.
Thrawn meint
Wer weiß, vielleicht gab es damals tatsächlich ein paar Kokosnussschalen zu den Autos dazu, damit der Beifahrer das Pferdegetrappel simulieren konnte… Zeitzeugen gibt es ja kaum noch
EdgarW meint
@Pferd_Dampf_Explosion_E da hast Du dein Namens-Thema ja voll getroffen ;-)
Volle Zustimmung!
OnlyAFoolUsesGoogleAndroid meint
„Können wir von Glück reden, dass Hermann nicht schon bei dem Übergang von Pferde- zu Benzinkutschen aktiv war, sonst würden die Autos wohl heute noch nach Mist stinken und eine laute, künstlich erzeugte Pferdegetrappel- und Wieher-Geräuschkulisse abgeben.“
So abwegig scheint das doch gar nicht zu sein. Bei anderen Herstellern gibt es doch auch Pupsgeräuschen. Da wäre mir ein Pferdegetrappel schon wesentlich lieber.
Lewellyn meint
Ja, man muss sich seine Existenzberechtigung schon irgendwie herleiten.
Wenn man bisher selber von der „PS-Orgie“ lebte, ist das im Elektrozeitalter obsolet.
Das hat er richtig erkannt.
Bleibt ohne eigene Fahrzeuge nur noch *blingbling*-Tuning für elektrische Mercedesse über. Ob das auf Dauer reicht.
Aktuell sind AMGs in erster Linie peinlich, da man in der Regel nicht mit der Hauptklientel in Verbindung gebracht werden möchte, deren Hauptaufgabe die nervtötende Beschallung abendlicher Großstadtstraßen zu sein scheint.
Sebastian meint
Entfernt. Bitte bleiben Sie sachlich. Danke, die Redaktion.
Sebastian meint
was war daran unsachlich? die AMGs fahren nun mal durch die „tollen“ „deutschen“ Citys… hier am Land sehe ich solche Kulturbereicherungen überhaupt nicht. Ihr müsst FAKTEN nicht deswegen löschen, weil es nicht ins bekannte Bild passt.
sogar JPPerformance schüttelt bei Klapperauspüffen den Kopf. Weil er eben was im KOpf hat und das als Petrol Held.
NiLa meint
Komisch, in meiner Gegend fahren eigentlich nur Ärzte, Apotheker und Anwälte AMGs. Haben Sie etwas gegen diese Berufsstände oder zelebrieren Sie bloß Ihre eigenen Vorurteile gegen andere Bevölkerungsgruppen?
PharmaJoe meint
Komisch. Irgendwas mache ich als Apotheker falsch.
Bei meinen Kollegen sind auch eher „normale“ Marken üblich oder wenn es etwas teurer sein darf, mal ein Volvo.
Bei Ärzten sehe ich auch eher keine AMG.