Die Unternehmensberatung Bain & Company hat 565 Flottenverantwortliche in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Spanien zum Thema Antrieb befragt. Rund 60 Prozent würden in drei Jahren Lkw kaufen, die mit Strom oder Wasserstoff fahren oder zumindest hybrid sind.
Die Ambitionen der Furhparkmanager reichen noch weiter und könnten die Kapazitäten der Hersteller übersteigen: Schon 2025 soll demnach nahezu die Hälfte ihrer Flotten aus Trucks mit alternativen Antrieben bestehen. Entsprechend groß ist laut Bain & Company der Handlungsdruck für die Lkw-Produzenten. Sie müssten gleich an mehreren Stellschrauben drehen, um den Wandel erfolgreich zu bewältigen.
„Die Branche steht vor ihrem größten Umbruch seit 100 Jahren“, so Eric Zayer, Co-Autor der Studie. Nur noch 30 Prozent der Befragten würden darüber nachdenken, in drei Jahren einen Lkw mit klassischem Dieselmotor anzuschaffen. In Deutschland seien es 28 Prozent – nach 50 Prozent der Teilnehmer einer Befragung im Jahr 2018.
„Der Diesel wird allmählich zum Auslaufmodell, da sein CO2-Ausstoß die Klimabilanz der Kundschaft belastet“, erklärt Studien-Co-Autor Jörg Gnamm. „Damit endet für Lkw-Hersteller auch die Pilotphase für neue Antriebskonzepte.“ Wer in puncto E- und Wasserstofffahrzeugen nicht bald über eine umfassende Modellpalette verfüge, müsse sich darauf einstellen, Marktanteile zu verlieren.
Die veränderte Nachfrage stelle die Truck-Produzenten auch im Verkaufsprozess vor neue Herausforderungen, so die Berater. Noch seien die Gesamtbetriebskosten eines Lkw das wichtigste Entscheidungskriterium der Kundschaft, gefolgt von Zuverlässigkeit und Service. Doch im zukunftsträchtigen Geschäft mit alternativen Antrieben wandele sich das Bild. Hier interessierten sich die Flottenverantwortlichen zuvorderst für die Reichweite des Fahrzeugs, dahinter rangierten Leistung, Effizienz und Zuverlässigkeit. Allerdings haben viele der im Rahmen der Studie Befragten noch Zweifel, ob sich die Fracht mit einem elektrischen Antrieb allein termingerecht transportieren lässt. Daher würden sie sich Stand heute eher für ein Hybridfahrzeug entscheiden.
Auch scheuen zahlreiche Flottenverantwortliche noch die Anschaffungskosten. Diesen Bedenken könnten Hersteller laut Bain & Company mit Abomodellen oder „Pay-per-Use“-Konzepten begegnen. Bei solchen Angeboten würden sich 42 Prozent der Befragten leichter tun, sich für einen Truck mit alternativem Antrieb zu entscheiden. Schon eine Studie im Jahr 2018 habe gezeigt, dass der Besitz von Fahrzeugen bei der Lkw-Kundschaft an Bedeutung verliert.
Lkw-Branche „vor einer Mammutaufgabe“
Angesichts der veränderten Kundenwünsche gerieten die Truck-Produzenten in Zugzwang, sagen die Berater. Sie müssten nun ihre Modellpalette um neue Antriebe erweitern und zugleich ihre Geschäftsmodelle grundlegend überarbeiten. Wichtig sei dabei ein verstärkter Fokus auf Zuverlässigkeit für mehr Kundenloyalität. Die Kundschaft erwarte zudem mittlerweile einen kanalübergreifenden Angebotsprozess von der ersten Kontaktaufnahme bis hin zur Terminvereinbarung im Service. Wichtig seien künftig neben neuen Eigentümerkonzepten wie Abos, Pay-per-Use und Mietkäufe auch schnelle, zuverlässige Aftersales-Dienstleistungen, um die Kundenzufriedenheit und Folgekäufe zu steigern.
„Die Lkw-Branche steht vor einer Mammutaufgabe“, unterstreicht Bain-Partner Karl Strempel. „Sie muss sich binnen weniger Jahre in weiten Teilen ihrer Wertschöpfungskette neu erfinden.“ Je zügiger die Transformation gelinge, desto besser seien die mittel- und langfristigen Perspektiven. „Anbieter, die jetzt agieren und klimaschonende Trucks mit innovativen Eigentümerkonzepten intelligent vermarkten, werden zu den Gewinnern der nächsten Jahre gehören.“
Matthias meint
„könnten die Kapazitäten der Hersteller übersteigen“ ist hier das Stichwort. Woher sollen all die Akkuzellen kommen, für PKW, LKW, stationäre Speicher? Nur Hersteller die wirklich sichere Verträge oder eigene Zellfertigung haben werden BEV in Stückzahlen liefern können, die anderen müssen verbauen was übrig bleibt und zudem teuer ist. Das ist übrigens das einzige Schlupfloch für H2.
Vor allem müssen die Zellen, die in Fahrzeuge verbaut werden, die wie PKW 23h am Tag stehen, unbedingt für bidirektionale Ladung freigeschaltet und natürlich auch am Stromnetz angeschlossen werden, damit sie als Stromspeicher nützlich sind, und nicht nur zur Parkplatzbelegung dienen.
JustMy2Cent meint
„damit sie als Stromspeicher nützlich sind“
Egal ob Pkw oder Lkw, bei diesem Szenario würde ich nicht mitmachen wollen.
Ein Akku überlebt eine bestimmte Anzahl an Ladezyklen. Wenn ich mein Fahrzeug zur Netzunterstützung hergäbe, würde das die Kilometerleistung stark reduzieren. So nach dem Motto, je weniger es fährt, desto schneller geht die Batterie kaputt.
Was wir brauchen sind stationäre Speicher, Fahrbatterien sind mmn nicht die Lösung.
volsor meint
@JustMy2Cent
Wo bitte ist das Problem?
Aktuelle Akku haben von bis zu 3000 Vollzyklen 0 – 100%.
Rechne mal 1750 Vollzyklen mit 300 km = 525000 km.
So und jetzt gib davon 20% frei. Macht wenn es ganz schlecht läuft
100000 km von gesamt Kilometer Leistung.
Und für diesen „Verlust“ gibt es auch einen Ausgleich vom Stromversorger.
Karsten meint
Bain&Company und die 565x Flottenverantwortliche scheinen vermutlich noch nie „praktisch“ einen LKW bewegt zu haben? Sorry aber für den BEV-LKW fehlt mir abseits von Nischenlösungen oder regionalem Verteilerverkehr min. noch für die nächsten 15-20 Jahre wirklich der Glauben.
Nik meint
Positiv denken!
Das wird schon….
JustMy2Cent meint
Diese Nischenlösungen und der regionale Verteilerverkehr sind der Löwenanteil des Lkw-Verkehrs. Ergo, dieser Teil ist auch problemlos auf BEV umstellbar, ohne Einschränkungen. In genau diesem Bereich ist auch ein FCEV nicht konkurrenzfähig.
Amyhauser meint
Die bereits beschlossenen Klimaziele unseres Landes sind Karsten offensichtlich völlig unbekannt.
Mäx meint
Das hat doch damit nichts zu tun.
Viele Dinge wurden beschlossen und wieder gekippt oder verändert.
Guck dir den Kohleausstieg oder Atomausstieg an. Später früher später früher…hin und her wurde da gedreht.
Wenn ich mir unsere Firma angucke. Einen 7,5t könnte man ersetzen, da hauptsächlich regional; aber das ist der älteste und fährt am wenigsten und es rechnet sich nicht auf Elektro umzusteigen (also Neukauf).
Der andere 7,5t + Anhänger fahren überregional öfters ohne Übernachtung.
Da wird es mit dem aktuellen Angebot schon nix.
Der Sattelzug ebenfalls überregional und häufig mit Übernachtung.
Ebenfalls nix mit aktuellem Angebot.
Angebot meint sowohl Preis, Reichweite und Infrastruktur.
Was nicht ist kann ja noch werden und ich bin da auch positiver als 10-15 Jahre, aber 5-10 Jahre sehe ich schon realistisch, gerade im Hinblick auf Ressourcen (Mining Kapazität) und Fertigungskapazitäten (Zelle).
alupo meint
Ich weiss natürlich nicht wie es in Deiner Spedition läuft, aber hier wurden offensichtlich die Chefs befragt, also Deine Wettbewerber.
Bei denen scheinen eLKWs wohl in bälde schon angesagt zu sein.
Es gibt immer Unternehmen wi etwas gut passt und der Chef das auch erkennt. Und dann gibt es eben immer auch die anderen..
Mal sehen wessen Laden überlebt.
Celsi meint
Entfernt. Bitte verfassen Sie konstruktive Kommentare. Danke, die Redaktion.
MAik Müller meint
In 3 Jahren gibt es keine weiteren H2 Tankstellen in Deutschland.
Somit MÜSSEN es Akku LKW sein. Auch das war schon vor 10 Jahren logisch.
Jakob Sperling meint
Wie kommen Sie auf die Behauptung, dass es in 3 Jahren keine weiteren H2-Tankstellen in Deutschland geben wird?
Das Gegenteil ist der Fall. Es werden laufend H2-Tankstellen gebaut (und ausgebaut) und das Tempo dieses Zubaus nimmt laufend zu. In 3 Jahren werden die wichtigsten Korridore von Hamburg/Rotterdam durch Benelux, ganz Westdeutschland, die Schweiz und Frankreich komplett ausgerüstet sein.
Stocki meint
Bis dahin werden sich gleichzeitig die BEV-Lkw Hersteller dumm und dusslig verdienen, während die Wasserstofffans weiter auf die in 30 Jahren beginnende Zukunft hoffen. Schade um das viele Geld für die Tankstellen, hätte man besser in Wind- und Solar- Anlagen investiert.
Amyhauser meint
Man benötigt keine H2 Tankstellen, H2 wird zum Abnehmer geliefert.
alupo meint
Mittels Diesel-LKWs versteht sich.