Offenbar will Deutschland die Verabschiedung von strengeren CO2-Grenzwerten für Neuwagen in der EU verhindern. Nach Informationen von Spiegel Online soll die Bundesregierung deswegen Druck auf die irische EU-Ratspräsidentschaft ausgeübt haben. Deutschland werde den zuletzt ausgehandelten Kompromiss nicht mittragen.
Der Grund: Berlin befürchtet eine zu große Belastung für deutsche Premiumhersteller wie BMW und Daimler. Das Online-Magazin will aus Brüsseler Kreisen erfahren haben, dass die Bundesregierung zusammen mit anderen Ländern eine Blockademinderheit erreichen wolle. So ließen sich Nachverhandlungen erzwingen.
Deutschland drohe sogar damit, seine Autoindustrie ganz aus Europa abzuziehen. „Ein Skandal“, wie ein EU-Diplomat in Brüssel schimpft. Der irische Unterhändler Terry Sheridan wollte die Gerüchte auf Anfrage von Spiegel Online nicht kommentieren, gab allerdings zu, dass die „Lage gerade sehr angespannt“ sei.
Streit um die Anrechnung von Elektroautos
Die am Montag getroffene Vereinbarung sähe vor, das durchschnittliche CO2-Limit für Neuwagen von 2015 bis 2020 von 130 Gramm je Kilometer auf 95 Gramm zu senken. Diese Vorgaben sind für italienische oder französische Produzenten hauptsächlich kleinerer Autos leichter zu verwirklichen. Deutsche Hersteller mit ihren schweren Oberklassewagen hätten dabei deutlich mehr Probleme.
Allerdings könnten die Hersteller klimaschonende Elektro- und Hybridautos mehrfach anrechnen lassen, um die individuellen Flottenziele für den CO2-Ausstoss leichter zu erreichen. Demnach können bei der Ermittlung der Flottenwerte im Jahr 2020 Elektroautos doppelt angerechnet werden, bis 2023 sinkt der Faktor auf eins.
Widerstand deutscher Autohersteller
Dieser Punkt sorgte schon im Vorfeld für den Widerstand deutscher Autohersteller. Die deutsche Autoindustrie hatte einen viel höheren Anrechnungsfaktor gefordert und sah eine Regelung ähnlich den USA vor, wo Elektroautos vierfach angerechnet werden dürfen.
„Nach einem Bittbrief von Auto-Cheflobbyist Matthias Wissmann gab es auch kritische Stimmen aus der Bundesregierung an den Zielen der EU“, schreibt Spiegel Online. Zudem habe die deutsche Autolobby den Druck zusätzlich erhöht und auf die angespannte Lage in der krisengeschüttelten Autobranche verwiesen. Weitere Belastungen seien ihr nicht zuzumuten.