Die EU hat sich erstmals auf verbindliche CO2-Grenzwerte für Lastwagen und Busse geeinigt. Mit Hilfe der neuen Regeln sollen die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens erreicht werden. Die Vorgaben sind weniger streng als ursprünglich anvisiert, stellen die Branche aber dennoch vor eine große Herausforderung.
Lkw und Busse dürfen in Zukunft nur noch deutlich weniger CO2 ausstoßen als bisher. Die Einigung zwischen EU-Parlament, Mitgliedsstaaten und Kommission sieht vor, dass die Emissionen von solchen Neufahrzeugen im Jahr 2030 um 30 Prozent unter den heutigen liegen müssen. Bis 2025 ist eine Reduktion um 15 Prozent vorgesehen. Es ist zudem angedacht, Herstellern, die zwei Prozent ihrer Lkw- oder Bus-Flotte mit Null-Emissions-Antrieben ausstatten, einen Bonus einzuräumen.
Die Einigung sei ein neuer und belastbarer Beweis dafür, „dass die Junker-Kommission eine europaweite Energiewende und eine vorausschauende Klimaschutzpolitik ins Zentrum ihrer Arbeit stellt“, erklärte Kommissionssprecher Margaritis Schinas. Die Vereinbarung biete die gesetzlichen Werkzeuge, um die Treibhausgase in der EU langfristig um 40 Prozent zu senken.
Die Fahrzeughersteller hatten sich gegen die neuen Grenzwerte gewehrt – und konnten zumindest einen Teilerfolg verbuchen. Die Ende 2018 beschlossenen Ziele für die CO2-Reduktion bei Pkw fallen deutlicher aus: Sie liegen bei 37,5 Prozent bis 2030, bezogen auf die ausgestoßene CO2-Menge von 2021. Bernhard Mattes vom Verband der Deutschen Automobilindustrie bemängelte dennoch, dass auch die jetzt vereinbarten Ziele für Lastwagen zu ambitioniert seien.
Die Grünen-Europaparlamentarier zeigten sich mit dem erreichten Kompromiss zufrieden. „Wir haben jetzt erstmals fest geschriebene Reduktionsziele bis 2030 – das zusammen mit einer Förderung für innovative CO2-freie Antriebe wird ein sehr klares Signal geben für sauberere Lastwagen auf unseren Straßen“, sagte der niederländische Grüne Bas Eikhoust. Das Ergebnis der Verhandlungen sei angesichts des – insbesondere von deutscher Seite – erheblichen Widerstands ein Erfolg.
Mehr Elektromobilität nötig
Die CO2-Ziele der EU für Lkw und Busse dürften die Verbreitung von elektrischen, lokal emissionsfreien Fahrzeugen beschleunigen. Da Logistikunternehmen aus Kostengründen seit jeher an verbrauchsarmen Fahrzeugen interessiert sind, gilt das Einsparpotenzial bei herkömmlichen Antrieben als fast ausgeschöpft. Dem großflächigen Einsatz von elektrischen Transportern steht derzeit noch entgegen, dass die Technik vergleichsweise viel kostet und begrenzte Reichweiten bietet. Hinzu kommt, dass die Infrastruktur für das schnelle Laden von Batterie-Lkw und -Bussen fehlt.
Etablierte Nutzfahrzzeughersteller und Startups arbeiten bereits an Lösungen für praxistaugliche Elektro-Laster. Während E-Mobilitäts-Pionier Tesla ab diesem Jahr bis zu 800 Kilometer oder mehr mit einer Batterieladung verspricht, erwarten Traditionskonzerne wie Daimler oder Volkswagen zunächst Reichweiten von um die 200 Kilometern. Als Lösung für die Langstrecke sehen viele Brennstoffzellen-Systeme, die mit Hilfe von Wasserstoff Energie für den E-Antrieb erzeugen. Bisher gibt es jedoch kaum Tankstellen für entsprechend ausgerüstete Fahrzeuge.
nilsbär meint
Diese CO2-Ziele werden die Umstellung auf E-Antrieb bei den Nutzfahrzeugen beschleunigen. Sehr erfreulich.
30% weniger CO2 bei Neufahrzeugen bis 2030 wird allerdings bereits durch die erwartete Zunahme des Verkehrs mehr als ausgeglichen. Es ist abzusehen, dass die Menschheit ihre Klimaziele, z.B. Reduktion der CO2-Emissionen um 50% bis 2030 leider komplett verfehlen wird. Auch 2018 war wieder ein Rekordjahr beim CO2-Ausstoß. Realistisch ist wohl höchstens eine Stabilisierung auf dem heutigen Niveau.
Mehli Jet meint
Also ich bin ja so etwas von gespannt. Wenn Tesla seinen LKW wirklich dieses Jahr mit den angekündigten Daten in den Verkauf bringt, dann halte ich die CO2-Ziele der EU fürs 2030 für Makulatur. — dann geht es schneller!
nilsbär meint
Darauf hoffe ich auch. Ich fürchte aber, Tesla hat nicht das Geld für eine Massenproduktion des Semi. Eine Kooperation z.B. mit Daimler würde sich anbieten, oder mit Volvo.
Jörg2 meint
@nilsbär
Die Motoren werden schon gefertigt (M3), Zellen auch. Das Batteriepacken wird beherrscht. Die Elektronik liegt im Regal.
Bliebe noch der Aufbau des Leiterrahmenbaues, der Getriebe, der Kanzel.
Meinst Du nicht, die aktuellen Finanzierer würden hierfür Geld geben?
Vorbestellungen gibt es ja.
nilsbär meint
Tesla ist jetzt schon überschuldet, auch Elon Musk selbst weist regelmäßig auf die prekäre finanzielle Situation hin. Weitere Milliardenkredite und Anleihen würde Tesla wohl bekommen, aber das bedeutet dann noch mehr Rückzahlungen als ohnehin schon. Anfang März ist eine Anleihe von 960 Millionen $ zurückzuzahlen. Die Gigafactory in China erfordert Investitionen von 2 Milliarden $, die wohl fremd finanziert sind und so ebenfalls bald Rückzahlungen verursachen. Mit hohen Gewinnen hohe Rückzahlungen stemmen ist schon riskant genug, aber mit wenig oder keinem Gewinn Selbstmord.
Tesla hat Bewundernswertes geleistet, aber jetzt, wo es eigentlich so richtig losgehen soll, ist der finanzielle Spielraum leider relativ gering.
Jörg2 meint
@nilsbär
„Überschuldung“ ist ein Begriff aus dem Insolvenzrecht. TESLA ist nicht einmal in der Nähe einer solchen Situation.
Nach Deiner Argumentation dürfe jeder Häuslebauer, der seine Finanzierung richtig bedient und in der Lage ist, noch weitere Finanzierungen zu bedienen, keine Nachfinanzierung für den Aufbau einer PV-Anlage, eines Wintergartens … bekommen.
Ich vermute, so wie in allen anderen Finanzierungsvorgängen bisher, wird TESLA auch weiterhin keine Schwierigkeiten haben, sich mit notwenigen Krediten zu versorgen. S. die GF in China. Da gab es einen Wettlauf unter den Banken, wer den Geld werfen darf.
Ob TESLA für den SEMI überhaupt Zusatzmittel benötigt, wissen wir hier alle nicht.
150kW meint
Der Tesla Semi ist sicherlich ebenso geplant wie das SR Model 3. D.h. er kommt auf dem Markt wenn es sich finanziell und technisch realisieren lässt. Also in absehbarer Zeit wohl erst mal gar nicht.
Stefan meint
Also Leute. Hier geht es um NEUFAHRZEUGE! Was zum Teufel hat dann die Zahl 2030 hier zu suchen.
Das kann echt nicht wahr sein.
2030 ist in elf!!! Jahren.
Wenn ich immer diese extrem in der Zukunft liegenden Ziele höre wird mir richtig übel.
Das bedeutet, das mindestens 2050 (bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren) alles so weitergeht wie heute?!?!
Das kann nicht euer Ernst sein.
Bis also alle LKWs richtig umweltfreundlich und sauber sind, sind selbst unsere Kinder fast in Rente.
Ich finde das Ergebnis eine Schande für Deutschland und die EU.
Richtig wäre, ab sofort alles emmissions freie massiv zu fördern und die Steuern für konventionelle LKW jedes Jahr zu erhöhen.Ganz einfach.
Selbst wenn ab sofort(was zugegebenermaßen unrealistisch ist) alle Verbrenner NEU Fahrzeuge verboten werden, wäre
bei der langen Nutzungsdauer von LKW noch über Jahrzehnte alles fast beim alten, von der Umweltverschmutzung her, da die aktuellen Fahrzeuge ja weiterhin herumfahren und die Luft verpesten.
Jörg2 meint
@Stefan
Mein leise Hoffnung ist, da im Frachtgeschäft mit SEHR spitzen Bleistift gerechnet werden muss, dass, wenn die ersten Frachtführer auf eLKW umgestellt haben (Linienverkehre, Verteilerverkehre …) deren Preisvorteil viele andere dazu zwingen wird, zügig nachzuziehen.
Frachtführer, die dann preislich nicht mehr am Markt bestehen können (Verbrenner-LKW mit höheren Kosten), werden ihre Fahrzeuge im Zuge einer Insolvenz schlagartig vom Markt nehmen.
Leasingfirmen wird das Wasser in die Augen steigen. Neues Verbrenner-Leasing wird sich verteuern und die Umstellung befeuern.
So meine Hoffnung.
(Die guten Fahrer aus einer Insolvenz bekommen in der Regel noch am gleichen Tag einen neuen Vertrag bei einem anderen. Die Fracht auf dem Markt muss ja trotzdem transportiert werden. dann halt nur unter andere Fahne.)
Tim Leiser meint
+1
Peter W meint
Hallo Stefan
Im Großen und ganzen ist das richtig was Du da schreibst. Aber dieser Satz:
… Das bedeutet, das mindestens 2050 (bei einer Nutzungsdauer von 20 Jahren) alles so weitergeht wie heute?!?! …
irritiert mich etwas. Ich komme aus dem Transportgewerbe und kann Dir versichern, dass in der EU eine Sattelzugmaschine nach 6 bis 10 Jahren ausgemustert wird. Ein durchschnittlicher LKW macht etwa 100.000 km im Jahr und ist nach 8 Jahren platt. Eine Million km sind leider selten geworden, weil die Abgasreinigung, viele Sensoren und die Elektronik oft teure Probleme machen. Einen 20 Jahre alten LKW findet man bei uns nur selten.
Stefan meint
@Peter W:
Danke für die Info.Ich hab an die Schulbusse gedacht, die ich morgens sehe. Die sind teilweise fast 30 Jahre alt, weil die im Vergleich zu den LKWS wenig Kilometer machen und auf dem Land die Handwerker Lkws die auch nur 100 am Tag fahren.Teilweise auch über 20 Jahre alt.Hab einige Handwerker im Bekanntenkreis, die reparieren die alten Finger sogar selbst und sagen für 100 im am Tag ist das Risiko o.k. und neu leasen zu teuer.
Im Fernverkehr hast Du natürlich recht, sind 20 Jahre zu viel.
Aber bei den Ost Speditionen sieht das auch anders aus.Die lassen die Dinger länger laufen wie wir bei den deutschen Speditionen.
Thrawn meint
„… angesichts des – insbesondere von deutscher Seite – erheblichen Widerstands …“
Wir werden immer mehr zur Innovationsbremse. Früher war das mal anders. Was ist bloß los mit uns?
Alf meint
Frag hu.ms.
Er ist immet sehr gut informiert.
Beste Grüße
nilsbär meint
Was mit uns los ist? Elon Musk will die Welt verändern in Richtung nachhaltiger Energiewirtschaft. Xi Jinping will die Welt verändern in Richtung chinesischer Dominanz der Automobilindustrie. Wir haben in der Vergangenheit viel erreicht und wollen, dass alles so bleibt. Innovationen entstehen eben aus Unzufriedenheit und nicht aus Selbstzufriedenheit.
Daniel S meint
„…verbindliche CO2-Grenzwerte für Lastwagen und Busse “
Die richtigen Werte bis 2030 sollten sein: Null.
Volker Hermann Adamietz meint
@ Daniel S. Sehe ich auch so:
2030 um 30 Prozent unter den heutigen liegen müssen. Bis 2025 ist eine Reduktion um 15 Prozent vorgesehen.
In 11 Jahren 30% reduzieren. Das ist nicht sehr ambitioniert. Vor allem gegen die Schummel-Hardware – die den Harnstoff-Ersatz (AdBlue) bei LkWs mit vollen Tanks vorgaukeln, müsste man streng vorgehen.
Das wird sogar in Polen auf den Straßen kontrolliert – in D nicht.
Siehe:
https://youtu.be/vCih_kiwWMw