Während die rein elektrische B-Klasse Electric Drive von Mercedes hierzulande erst gegen Ende des Jahres auf den Markt kommt, können die Amerikaner den Premium-Stromer bereits seit dieser Woche im Online-Konfigurator zusammenstellen.
Für eine Überraschung sorgte dabei die bisher unbekannte Option „temporary range extender“ (vorübergehender Reichweitenverlängerer), die der Elektro-B-Klasse auf Knopfdruck bis zu 27 zusätzliche, rein elektrische Kilometer ermöglichen soll.
Nicht nur uns kam die offizielle Beschreibung dieser Option etwas komisch vor, die erläutert, dass der Fahrer damit einen Ladezyklus mit höherer Kapazität aktivieren kann. Autoblog Green hat deshalb die PR-Abteilung von Mercedes kontaktiert und bekam mitgeteilt, dass die Schwaben im Gegensatz zu anderen Herstellern nicht die Gesamtkapazität der verbauten Batterien angeben, sondern nur die tatsächlich in der Praxis einsetzbare Kapazität.
Im Normalbetrieb nutzt die elektrische B-Klasse demnach nur etwa 77 Prozent der Leistung des Batteriepakets, die Aktivierung des optionalen „temporary range extender“ erhöht die Leistungsausnutzung dann auf 93 Prozent. Unterm Strich ergibt sich dadurch laut der US-Website von Mercedes-Benz eine Praxis-Reichweite von 104 Meilen (ca. 167 km) für die B-Klasse Electric Drive – etwas mehr als beim direkten Konkurrent BMW i3.

Warum aber limitiert Mercedes ab Werk die Reichweite seines ersten Großserien-Elektroautos und beeinträchtigt damit dessen Wettbewerbsfähigkeit? Zum einen glauben die Unternehmensstrategen, dass der Großteil der Fahrer die zusätzliche Reichweite im Alltagseinsatz schlicht nicht benötigen wird. Zum anderen könnte die intensivere Ausnutzung der Batteriekapazität mit der Zeit zu einer Beschädigung der Akkus führen.
Mercedes erklärte, dass das System überschüssige Kapazität in der Batterie nutzt, was aufgrund der über den Nutzungszeitraum abnehmenden Leistungsfähigkeit von Lithium-Ionen-Batterien deren Effizienz beeinflussen könnte. Der Hersteller rät zukünftigen Besitzern einer B-Klasse Electric Drive daher, die Reichweitenverlängerer-Technik nur gelegentlich einzusetzen. Wie oft genau, verriet man jedoch nicht. Autoblog Green spekuliert, dass ein Einsatz einmal die Woche nicht weiter schädlich für die Batterie sein dürfte.
Zwar mag dem ein oder anderen das Reichweiten-Sicherheitsnetz den Aufpreis von 600 Dollar (ca. 440 Euro) wert sein, scheinbar ist man bei Mercedes aber nicht so richtig überzeugt von der eigenen Elektroauto-Technik – und das, obwohl diese in Teilen von Elektroauto-Primus Tesla Motors stammt.
Volker Adamietz meint
Wirklich etwas eigenartiges Vorgehen von Mercedes. Generell muss man aber sagen, dass alle Batterien/Akkus von Elektroautos meist mehr Kapazität haben, als angegeben bzw. verwendet wird.
Der Renault ZOE hat laut Werk 22 kW/h. Auf dem Akku selbst gibt es ein Aufkleber, wo 26 kW/h geschrieben steht. Ich vermute, dass das bei anderen auch so ähnlich ist und, dass da einfach auch Reserven eingebaut sind, falls der Akku über Jahre doch an Kapazität verlieren sollte.
Meistens kann man aber auch nach Aufleuchten der Batteriewarnanzeige noch weiter fahren als erwartet. Ich habe letzte Woche den Selbsttest gemacht, wie weit man mit dem ZOE noch fahren kann, wenn keine Restreichweite mehr angezeigt wird bzw. der Akkustand 0 % anzeigt.
Dazu gibt es demnächst dann einen Bericht auf http://www.elektroautor.com. So viel sei verraten, ganz bis zu meinem Parkplatz habe ich es dann doch nicht mehr geschafft. ;-)
Ad van der Meer meint
„scheinbar ist man bei Mercedes aber nicht so richtig überzeugt von der eigenen Elektroauto-Technik – und das, obwohl diese in Teilen von Elektroauto-Primus Tesla Motors stammt.“
…oder man hat sich überlegt wie man die Kunden nochmal für $600 zur Kasse beten kann.
Auch Tesla Model S kann man (ohne Aufpreis) wahlweise in Normalstand und Rangestand laden und fahren. Dies ist um die höchst mögliche Anzahl von Ladezyklen aus den Batterien zu holen.
ecomento.de meint
Die langen Aufpreislisten der deutschen Autohersteller sind ja mittlerweile berüchtigt und leider auch zur Regel geworden, eine Option als potenziell schädlich für die Technik zu erklären ist aber mal was Neues…
Möglicherweise hat aber die PR-Abteilung einfach etwas missverständlich auf die Anfrage geantwortet, auch dürfte die Mercedes-Garantie eventuelle Schäden abdecken.
Einen wirklich soliden Eindruck macht das Ganze aber trotzdem nicht…
VG
TL | ecomento.de