Das Ziel der Bundesregierung, bis 2020 mindestens eine Million Elektroautos auf Deutschlands Straßen zu bringen, sei trotz des jüngst eingeführten Umweltbonus nicht zu erreichen, so eine Studie von Pricewaterhouse Coopers (PwC) Autofacts. Der Prognose zufolge sollen hierzulande am Ende des Jahrzehnts nur rund 500.000 Elektro- und Plug-In-Autos zugelassen sein.
„Um das Millionenziel noch zu erreichen, müsste sich die Nachfrage nach Plug-Ins und reinen Elektroautos bis 2020 jedes Jahr mehr als verdoppeln. Dass dieses Szenario eintritt, ist selbst bei großem Optimismus unwahrscheinlich“, sagt Felix Kuhnert, Global Automotive Advisory Leader bei PwC. Dabei basiert die Berechnung der Experten bereits auf der Annahme, dass die Neuzulassungen dieser Fahrzeuge in den nächsten Jahren deutlich zunehmen werden – immerhin um knapp 900 Prozent zwischen 2016 und 2020.
Abgesehen von der geringen Zahl an Ladestationen – nur 5800 im Vergleich zu bundesweit 14.500 Tankstellen – gibt es vor allem zwei Gründe für die noch immer schwache Nachfrage nach Elektroautos: die mangelnden Reichweiten und die weiterhin höheren Anschaffungspreise für Stromer und Plug-In Hybride im Vergleich zu herkömmlichen Fahrzeugen. An dem letzten Punkt setzt der Umweltbonus an. So liegen hierzulande die Listenpreise für ausgewählte E-Fahrzeuge deutscher Hersteller im größten Segment – der Kompaktklasse – im Schnitt noch rund 13 Prozent über den Preisen für die konventionell angetriebenen Pendants. Immerhin: Durch die Prämie schmilzt die Differenz auf nur noch knapp 3 Prozent.
Das ändert allerdings noch nichts am Problem der für die breite Masse als ungenügend wahrgenommene Reichweite: Plug-Ins legen rein elektrisch nur um die 50 Kilometer zurück, bei Elektroautos sind es nominell etwa 250 Kilometer. Um die mittlere Reichweite von E-Fahrzeugen in der Kompaktklasse auf 500 Kilometer zu erhöhen, und gleichzeitig den Fahrzeugpreis auf ein wettbewerbsfähiges Niveau zu senken, müssten nach den Berechnungen die durchschnittliche Speicherkapazität um mehr als 250 Prozent steigen und die Batteriekosten von momentan 500 EUR/kWh auf 100 EUR/kWh sinken. Diese Werte gelten in der Automobilbranche frühestens bis Endes des Jahrzehnts als realisierbar. „Bei E-Fahrzeugen entfällt rund ein Drittel der Kosten auf die Batterie. Sie ist damit ein entscheidender Hebel, um die Elektromobilität mehrheitsfähig zu machen“, sagt Christoph Stürmer, Global Lead Analyst von PwC Autofacts.
Modelloffensive wird Nachfrage nach Elektroautos befeuern
Hersteller und Zulieferer lenken ihre Investitionen aber schon jetzt immer stärker in Richtung Elektromobilität. „In den nächsten Jahren werden zahlreiche Elektromodelle auf den Markt kommen, wodurch sich die Angebotsvielfalt über alle Fahrzeugsegmente hinweg deutlich ausweitet. Das Aufsetzen eigener Plattformen für E-Autos unterstreicht diese Entwicklung“, sagt Kuhnert.
Beispielsweise hat VW den Start von mehr als dreissig elektrifizierten Modellen angekündigt, BMW will seine Marke „i“ weiter ausbauen und Daimler liebäugelt mit der Gründung einer Sub-Marke für zukünftige Elektromodelle. Herstellerübergreifend prognostiziert PwC Autofacts den Produktionsstart von fast 100 neuen Elektro- und fast 200 neuen Plug-In-Varianten zwischen 2016 und 2020. Für die globale Produktion dieser Fahrzeuge bedeutet das einen Anstieg der Volumen von rund einer Million Fahrzeuge im laufenden Jahr auf mehr als 3,5 Millionen im Jahr 2020.
Mild-Hybride beschleunigen die „Elektrifizierung der Masse“
Zur „Elektrifizierung der Masse“ dürften auch die Hybridfahrzeuge beitragen. Großes Potenzial sieht PwC Autofacts bei den Mild-Hybriden. „Sie könnten schon innerhalb der nächsten ein bis zwei Jahre beginnen, die Start-Stopp-Technologie abzulösen. Unsere Berechnungen gehen davon aus, dass 2020 schon mehr als 250.000 Full- und Mild-Hybrid Fahrzeuge in Deutschland verkauft werden. Auch das wäre ein Meilenstein – selbst wenn diese Autos statistisch nicht unter das Millionenziel fallen“, so Chefanalyst Stürmer.
Trotz der vorsichtigen Prognosen für den Zeitraum bis 2020 sind die beiden Experten überzeugt, dass sich der Anteil elektrischer Autos in den kommenden Jahren signifikant erhöhen wird – und zwar nicht nur in Deutschland. „Die CO2-Ziele der Europäischen Kommission sehen bereits bis 2020 eine signifikante Senkung der Fahrzeugemissionen um 27 Prozent auf 95 g CO2/km vor und für 2025 steht der Automobilbranche bereits die nächste Verschärfung ins Haus. Insofern ist der eingeführte Umweltbonus ein positives Signal für den Automobilstandort Deutschland. Was es jetzt braucht, um die ‚Elektrifizierung der Masse‘ entscheidend voranzutreiben, sind weitere Investitionen zum Beispiel in die Ladeinfrastruktur und weitere flankierende Maßnahmen seitens des Gesetzgebers“, so Kuhnert.
Manuel meint
…Durch die Prämie schmilzt die Differenz auf nur noch knapp 3 Prozent…
So einen Schwachsinn habe ich noch nie gelesen.
Der eUp kostet das Doppelte wie der Up mit Automatikgetriebe. Mit 4000€ Prämie ist man dann noch weit über 50% teurer.
tested meint
Das sind statistische Werte. Der UP ist halt ein Ausreißer nach oben.
Manuel meint
Dann würde mich der Ausreißer nach unten interessieren.
Der müsste dann günstiger sein, als der Verbrenner.
Denn kaufe ich sofort.
Utx meint
Wenn in der Studie die Zahl der öffenstlichen Ladestationen mmit der Zahl,der Tankstellen verglichen wird, zeugt das nichtbgerade davon, dass die Autoren der Studie sich sonderlich mit dem Thema beschäftigt haben. Beim Verbrenner werden Tankstellen für jede Fahrt benötigt, beim Elektroauto nur für 5 oder 10 % aller Fahrten. Für 90 – 95 der Fahrten wird nur ein Stromanschluss zuhause benötigt.
Wenn man den unsinnigen Vergleich zwischen öffentlichen Ladestationen und Tankstellen anstellen will, würden also 5800 öffentliche Ladestationen 58000 – 116000 Tankstellen entsprechen. Eigentlich sind es sogar noch mehr, denn Steckdosen in Garagen oder in der Nähe von privaten Stellplätzen gehen in die Millionen.
tested meint
Eigentlich werden für fast alle Fahrten beim Elektroauto Ladestationen benötigt. Hier in der Stadt haben die wenigsten ein Haus, eine Garage oder gar überhaupt die Möglichkeit an ihren privaten Strom für den Wagen zu kommen ohne ne Kabeltrommel aus dem 3. Stock abzuseilen. Aufm Land siehts natürlich anders aus aber das Thema kam ja letztens hier schonmal, dass es dort erst recht nicht klappt. D.h. ich denke die Autoren/Statistiker haben da schon mit Absicht die Anzahl an Ladestationen mit denen der Tankstellen verglichen.
Utx meint
Die Situation der wenigen Laternenparker in der Großstadt lässt sich nicht auf die Gesamtsituation übertragen. Für 2/3 aller Fahrzeuge in Deutschland steht eine Garage oder ein privater Stellplatz zur Verfügung. Das sind ca. 30 Millionen Fahrzeuge.
Selbst bei den Fahrzeugen, für die kein privater Stellplatz zur Verfügung steht, gibt es Möglichkeiten abseits von öffentlichen Ladestationen. Ich selbst lade auch im öffentlichen Straßenraum, ohne eine öffentliche Ladestation und ich kenne noch andere, die das so machen.
Manuel meint
Eine Garage hilft aber wenig, wenn man darin keine Steckdose hat und auch nicht errichten darf. Da gab es vor kurzem sogar ein Gerichtsurteil gegen einen E-Auto Fahrer, der in einer Garage von einer Eigentumswohnung eine Steckdose errichten wollte.
Utx meint
In wievielen Fällen passiert das so? Es bleiben immer noch viele Millionen Fahrzeug, die zuhause laden können und für 90 – 95% ihrer Fahrten nicht auf öffentliche Ladestationen angewiesen sind. Daher ist der Vergleich der Anzahl von öffentlichen Ladestationen mit der Zahl der Tankstellen unsinnig und zeugt nur davon, dass derjenige, der solch eine Vergleich vornimmt, sich nie ernsthaft mit dem Thema beschäftigt hat.
tested meint
Garage =/= Garage. Von den von ihnen aufgeführten 30 Millionen Fahrzeugen befinden sich dann 50% oder mehr in einer Massengarage oder einer Garage ohne Stromzufuhr. Bei den anderen fallen dann noch Umbaukosten an. Und die sind ja nicht nur eben ne Wallbox installieren. Stromleitung legen, häufig über längere Strecken etc. da kommen gar nicht mal so kleine Kosten zusammen.
Utx meint
Eine Wallbox ist überhaupt nicht nötig, für das Laden zuhause reicht auch ein Schuko-Stromanschluss. Da sund die Kosten nun wirklich überschaubar. Das Ganze ist nur eine Frage des Willens, nicht der technischen Machbarkeit oder der Finanzierbarkeit.
Die 50%, die sich angeblich in einer Massengarage befinden, sind wohl nur eine dahingeworfene Zahl (während meine 2/3 aller Autos, die eine Garagen- oder Stellplatz haben, aus der MiD2008 stammen). Ich setze dagegen, das das nur für 10% gilt.
Marco meint
Ich glaube zwar die 10% nicht, aber noch ein paar andere Punkte:
Am erinnert Zapfsäule können pro Stunde um die 10 bis 20 Fahrzeuge betankt werden. Ein Tankinhalt reicht bei heutigen Autos für um die 1000 km (Diesel oft mehr, Benziner oft weniger).
An einer Ladesäule lädt ein Auto ungefähr 100 km, vielleicht 200km.
Selbst wenn man diese 10% annimmt, sind die Verbrenner deutlich im Vorteil. Eine Diesel-Zapfsäule „lädt“ mit etwa 4MW, mit grob einem Drittel der Effizienz eines e-Autos. Das ist aber immer noch in etwa die 10-fache „Kilometer-Tank-Leistung“ eines Superchargers.
Für die ganzen Zahlen keine Gewähr. Müsste man im Einzelnen noch genauer ausrechnen. Aber fossile Brennstoffe sind eben in manchen Bereichen unglaublich leistungsfähig, muss man schon sagen!
McGybrush meint
…machen können.
Ich kann es nicht. Auch in meiner Alten Wohnung hätte dafür keine Möglichkeit bestanden. Bei meiner nächsten Wohnung werde ich ein Stellplatz als Bedingung machen. Natürlich mit der Möglichkeit dort eine Wallbox zu Installieren. Ich war und bin bisher immer der Typische Laternenparker.
Utx meint
Wie gesagt bin ich auch Laternenparker. Das hat mich aber nicht davon abgehalten, eine Lösung für das Ladeproblem zu suchen und siehe da, es funktionert seit vier Jahren auch ohne eigenen Stellplatz.
Der Statistiker meint
Ständig werden drei Gründe angeführt warum e-Autos (noch) nicht gekauft werden: die Anzahl der Ladestationen, der höhre Anschaffungspreis und die geringere Reichweite.
Ich glaube, dass ein vierter Punkt ebenfalls wichtig ist –> die Angebotspalette!
Viele „Gebrauchstypen“ werden einfach noch nicht angeboten. Die Auswahl ist noch sehr beschränkt. Da hilft auch die Verbesserung der drei anderen Gründe nicht.
Meiner Ansicht nach sind der Anschaffungspreis und die Angebotspalette die beiden showstopper. Erst danach kommen die wenigen Ladestationen und die geringere Reichweite. Denn geladen wird größtenteils sowieso zuhause und für die tägliche Fahrt reichen ca. 200km Reichweite auch.
Trotzdem sollten alle vier Hindernisse in den nächsten Jahren immer kleiner werden. Ich habe nämlich den Eindruck, dass speziell heuer viele Entscheidungsträger in Politik und auch bei den Autoerzeugern die Chance „Elektromobilität“ erkannt haben.
Felix Kuhnert meint
Sicherlich sprechen Sie einen sehr wichtigen Punkt an, den wir auch in unserer Studie beleuchten: Das Konsumentenverhalten in Verbindung mit dem heutigen Angebot. Hier liegt das Dilemma für Politik und Autohersteller. Trotz doch intensiver Bemühungen von Politik und Autoindustrie sind die Konsumenten noch nicht in der Breite bereit die Elektromobilität als tatsächliche Alternative bei der Kaufentscheidung in Betracht zu ziehen. Hier werden bessere Angebote und Produkte ihren Beitrag leisten, aber die Autoindustrie hat ihre Entwicklungszeiten und es benötigt Zeit bis die verbesserten Fahrzeuge auf die Straße kommen. Ich teile auch ihre Einschätzung, dass Automobilhersteller das Thema Elektromobilität mit einer neuen Entschlossenheit und Investitionen für die Zukunft versehen.
Der Statistiker meint
Danke für Ihren Kommentar Hr. Kuhnert.
Das „Dilemma“ sehe ich jedoch als normale Entwicklung einer grundlegend neuer Technologie an – überhaupt dann, wenn es einen Gebrauchsgegenstand betrifft der das Haushaltsbudget normalerweise schwerwiegend belastet und so lange im Besitz bleibt. Da geht man als Käufer oft den „bekannten“ Weg… und ein Durchbruch ist so eben nicht in ein paar Jahren möglich.
Und wie Sie schon erwähnten braucht es eben auch auf der anderen Seite Zeit, nämlich bei den Herstellern. Hier darf man nicht die Hoffnung mit der Realität verwechseln.
Das angesprochene Problem mit dem Angebot hat auch etwas mit den Optionen pro Modell zu tun. Leider kann man sich bei einem Elektroauto meistens nicht zwischen einem günstigen Basismodell, mehreren preislich abgstuften Variationen bis zu einem vollausgestatteten Top-Modell entscheiden. Es wird größtenteils nur ein (Top-) Modell angeboten.
Somit fällt der reine Preisvergleich katastrophal aus, da man auf den ersten Blick einen Benziner-Basismodellpreis mit einem Top-Elektromodellpreis vergleicht. Hier könnte man als Hersteller ohne viel Entwicklungskosten die „Palette“ einfach erweitern.
Die Entwicklung lässt sich aber sowieso nicht mehr aufhalten. Es ist nur mehr eine Frage von wenigen Jahren bis es auch augenscheinlich finanziell keinen Sinn mehr macht einen konventionellen PKW zu kaufen.