Zwei ehemalige leitende Angestellte des US-Elektroautobauers Tesla wollen die erste „Gigafabrik“ für Stromer-Batterien in Europa bauen. Das mit vier Milliarden Dollar veranschlagte Projekt soll asiatischen Zulieferern Paroli bieten, die derzeit den Markt für moderne Elektroauto-Akkus dominieren. „Wenn niemand etwas unternimmt, dann wird Europa komplett abhängig von asiatischen Lieferketten“, so Initiator Peter Carlsson, der bis 2015 bei Tesla für das Zulieferermanagement zuständig war.
Als Standort für die europäische Speicher-Produktion hat Carlsson Nordeuropa auserkoren. Dort soll das von ihm gegründete und geführte Unternehmen Northvolt spätestens 2020 in großer Stückzahl Lithium-Ionen-Batterien herstellen. Die ehrgeizigen Ziele sehen bis 2023 ein Produktionsvolumen von 32 GWh (Gigawattstunden) jährlich vor. Zum Vergleich: Teslas gemeinsam mit Panasonic Anfang des Jahres offiziell in Betrieb genommene Gigafactory im US-Bundesstaat Nevada zielt auf eine jährlich hergestellte Batteriekapazität von 35 GWh ab. Northvolt betont jedoch, sich „auf keinen Fall gegen Tesla positionieren“ zu wollen.
Northvolt-Manager Paolo Cerruti – ebenfalls ein ehemaliger Tesla-Manager – ist überzeugt, dass die führende Rolle von Zulieferern aus Asien nicht auf „strukturellen Vorteilen“ beruhe, sondern nur historisch bedingt sei. Die Dominanz von Unternehmen wie LG Chem oder Samsung SDI sei das Resultat langjähriger Tätigkeit im Bereich der Verbraucherelektronik, müsse aber nicht von Dauer sein. „Es ist ein automatisierter Prozess; man benötigt keine billigen Arbeitskräfte, sondern sachkundige Techniker“, so Cerruti.
Derzeit ist Northvolt auf der Suche nach einem passenden Standort in Skandinavien. Im Fokus steht dabei die Verfügbarkeit erneuerbarer Energien wie Wasser- und Windkraft sowie möglichst reichhaltige Rohstoffvorkommen. In einem Gespräch mit der Financial Times räumten Carlsson und Cerruti ein, dass Northvolt noch umfangreich Kapital einsammeln muss. Das Interesse an Energie- und Elektromobilitäts-Projekten sei zwar „gewaltig“, die Finanzierung stelle dennoch die „größte Herausforderung“ bei der Realisierung der geplanten europäischen Batterie-„Gigafabrik“ dar.
kritGeist meint
Das klingt irgendwie wie eine Franchise-System für Gigafactory, was sicherlich durchaus interessant wäre, solange sie sich nicht wie Burger King verhalten ;-) Das Kapital müsste dann selber besorgt werden, einschließlich im gegeben Land angepasste vorhandene Ressourcen (Personal & Energie). Das Knowhow bekommen sie von Tesla in Form von Patenten & Schulungen, gebrauchten Maschinen. Tesla selber würde sich auf die eigenen wichtigsten Kernbereiche konzentrieren können, könnte über die Patente & Schulungen mehr Geld einspielen & müsste sich nicht mit lokalen Gegenbenheiten (z.B. Gesetzgebung, Sprache, Zulassungen) beschäftigten. Das wäre z.B. für „exotische“ Märke wie Asien, Afrika durchaus praktisch, pragmatisch & würde die dezentralen Entwicklung & lokale Märkte besser berücksichtigen. Dann gebe es nicht mehr die Ausreden dt. Hersteller: „die Herstellung der Batterie ist zu teuer & wir haben keine Ressourcen mehr für den eigenen Aufbau..“
kritGeist meint
Je mehr Spieler, desto besser & man kopiert halt den Besten.
Und wenn es Deutschland nicht will, werden sie von Batteriefabriken umziegelt, auch LG/Samsung bauen bald Batteriefabriken, z.B. in Rumänien & Polen. Dt. Hersteller können dann wenigstens nicht mehr behaupten, dass es nicht genug Batterien für die eigenen Autos gibt ;-)
Man hat fast den Eindruck, dass die die bei Tesla/Musk zu Schulung gegangen sind, das Wissen bewußt weitertragen, um den Markt in der Hinsicht aufzumischen. Vielleicht wurde das sogar mit Musk abgesprochen, damit nicht zu offensichtlich ist, dass Tesla mit Autos, Batterien, Solar dominieren will – Das wäre quasi dann die eigentliche supergeheime Agenda von Musk ;-)
Paul meint
Warum baut Tesla nicht seine Batterieautos mit einer handlichen Einschubtechnik, welche an Stationen einfach nur durch Herausziehen in Minuten gewechselt werden können und weitere 200-300 km Fahrtstrecke ermöglichen? Damit wären die Wartezeiten hinfällig und es wäre eine Aufenthalt wie an jeder Benzintankstelle. Es muss ja nicht das ganze Batteriesystem gewechselt werden sondern eben nur ein handlicher Teil der diese zusätzlichen Reichweiten ermöglicht.
Berger meint
Ein handlicher Teil?
60kWh wiegen in etwa 400kg, das bedeutet eine Reichweite von 300km…
Wer findet so etwas handlich?
Die Idee mit den Wechselakkus gab es bereits, Kosten und Aufwand haben dies jedoch verhindert.
Peter W meint
Es wäre aber durchaus möglich, dass der Wechselakku noch kommt. Ein 20 kWh Akku für die tägliche Fahrt zur Arbeit, und ein Schacht für weitere 30, 40, 50 kWh für größere Strecken, den man sich bei Bedarf ausleiht.
Das wäre meine Idee. Spart Resourcen und Gewicht, und macht die Autos preiswerter und flexibel.
Fritz! meint
Ähhh, genau das hat Tesla gemacht. Alle Tesla (zumindest weiß ich es vom Model S) haben einen Wechsel-Akku. Der kann innerhalb von 90 Sekunden nach unten abgeschraubt werden und automatisiert gegen einen neuen ausgetauscht werden. Gibt es etliche Videos zu, eine Station dazu ist in den USA aufgebaut. Der Fahrer kann währdendessen im Auto sitzen bleiben.
Probleme dabei sind dann immer die verschiedenen Akkugrößen und -zustände. Also entweder hole ich nach ein paar Tagen/Stunden meinen alten Akku wieder aufgeladen ab oder ich bezahle eine Summe X, da ich ja einen besseren/jüngeren Akku erhalten habe. Hat aus diesem Grund in Israel (better place, nicht Tesla) nicht funktioniert und wird auch bei Tesla nicht funktionieren. Ich z.B. will meinen Akku behalten, ich will keinen anderen.
Urs meint
Ja, genau so ist es. Auch würde eine nicht billige Infrastruktur benötigt für den Aus-Einbau und die Lagerung der Batterien. Zudem braucht es die Ladestationen zum laden der ausgetauschten Akkus trotzdem. Alles viel zu kompliziert und damit zu teuer.
kritGeist meint
Die Idee von Wechselakkus ist sicherlich nett, aber nicht das was man gerade versucht, quasi diese an Wechsel-Tankstellen, wenn noch massiv E-Ladestruktur fehlt. Für PKWs wird sich das kurzfristig kaum durchsetzen, dann die Reichweite weiter steigt, die Akkus kompakter werden & man lieber eine stabile Elektrik hat & notfalls könnte man quasi das Akku temporär zusätzlich einbauen/erweitern, falls man weiß, dass größe Strecke von einem liegt, aber auch da wäre Ladestationen praktischer & günstiger.
Für E-Bikes, -Motorräder, -LKWs, -Boote, vielleicht sogar -Flugzeuge sehe ich eher da das Potenzial. Da die Entwicklung im E-Bike – Bereich schon mal ein erfolgreiches Bsp. geliefert hat: abends rausnehmen & Zuhause aufladen, da braucht man dann auch keine starke Stromleistung dafür.
Dr.-Ing. Klaus D. Beccu meint
Diese Idee hatte bereits vor einiger Zeit – ich glaube : es war ein Jung-Unternehmer aus Israel. Leider ist er relativ schnell Insolvent geworden. Die Idee scheint mir entwicklungsfähig, um z.B. Teile des Batteriepacks (5-10 kWh) selbst an normalen Tankstellen vorrätig zu halten. Das würde das Argument entkräften, dass das gesamte Batteriepack (50-70 kWh) zu grosse Kapitalmittel benötigt und den Komplett-Wechsel mechanisch zu schwierig gestaltet. Die Tankstellen könnten sich auf diese Weise ein interessantes Zuverdienst ermöglichen – mit der Wartung und (schonenden !) Aufladung solcher Batterie-Packs. Es würde auch das Dilemma fehlender oder blockierter E-Lade Terminals in den Griff kriegen. Das Tankstellennetz ist dicht genug, dass keiner mehr besorgt sein würde, mit seinem E-Auto liegen zu bleiben.
Dr.M meint
Da wünsche ich mal ganz viel Erfolg!