Ein bedarfsgerechtes und dichtes Netz an Ladesäulen ist neben dem Fahrzeugpreis und der Reichweite ein wichtiger Schlüssel für die Akzeptanz von Elektromobilität. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI haben deshalb für die Region Stuttgart ein Geoinformations-Tool für die Analyse von Standorten für Schnellladestationen entwickelt. Das Planungswerkzeug berücksichtigt unter anderem die Erreichbarkeit der Stationen, prognostiziert den Ladebedarf und lässt sich an unterschiedliche Rahmenbedingungen anpassen.
Im „Masterplan Schnellladeinfrastuktur Region Stuttgart“ spielen die Forscher der beiden Institute verschiedene Fragestellungen und Szenarien für die knapp 3600 Quadratkilometer große Region durch: Wie hoch ist der Bedarf an öffentlich zugänglichen Schnellladestationen für welche Anzahl von Elektroautos? Wie viele Standorte werden benötigt, wenn sie von jedem Punkt der Region aus innerhalb einer bestimmten Fahrtzeit erreichbar sein sollen? Wie viele Ladevorgänge pro Tag sind bei welcher Anzahl von Elektrofahrzeugen zu erwarten, und wie viel Energie wird je Ladevorgang abgegeben?
So werden zum Beispiel 58 Ladestationen benötigt, wenn sie jeweils innerhalb von zehn Autofahrminuten erreichbar sein sollen, und 218 für eine Erreichbarkeit innerhalb von fünf Minuten. Schnellladestationen mit einer Ladeleistung von etwa 50 kW ermöglichen es, den Fahrzeugakku innerhalb von knapp 20 Minuten soweit aufzuladen, dass das Elektroauto eine Strecke von etwa 100 Kilometern zurücklegen kann. An den bislang im öffentlichen Raum meist üblichen 22-kW-Ladesäulen dauert der Ladevorgang länger.
„Außerhalb von Autobahnen finden sich bislang allerdings kaum Schnellladestationen“, sagt Dr. Martin Kagerbauer vom Institut für Verkehrswesen am KIT. Das von den Wissenschaftlern entwickelte Planungsinstrument unterstützt die Kommunen und mögliche Investoren darin, geeignete Standorte für den Ausbau der Schnellladeinfrastruktur in der Region Stuttgart auch abseits der Fernstraßen zu finden. Der Masterplan Schnellladeinfrastruktur berücksichtigt unter anderem die Zahl der in der Region bereits vorhandenen Ladesäulen, stark besuchte Punkte wie Museen, Einkaufszentren oder Restaurants sowie die Anbindung an das Stromnetz und die zu erwartende Wirtschaftlichkeit.
„Wirtschaftlicher Betrieb in wenigen Jahren möglich“
Dr. Patrick Plötz vom Fraunhofer ISI betont, dass „bei gut ausgelasteten Standorten in wenigen Jahren ein wirtschaftlicher Betrieb möglich“ sei. „Die dafür notwendige Anbindung der Ladesäulen an das Mittelspannungsnetz ist jedoch sehr komplex und von vielen lokalen Faktoren abhängig, hier müssen konkrete Lösungen gefunden werden.“
„Der Masterplan ist durch die zugrundeliegenden Daten speziell auf die Region Stuttgart zugeschnitten, die Methodik ist jedoch auf andere Regionen übertragbar“, betont Kagerbauer. Der Verkehrsplaner erwartet für die kommenden fünf bis zehn Jahre einen signifikanten Zuwachs an Elektrofahrzeugen. „Ich nehme wahr, dass die Einstellung der Menschen sich zugunsten der E-Mobilität ändert“, sagt der Forscher. Umweltaspekte spielten dabei ebenso eine Rolle wie die Tatsache, dass die technischen Entwicklungen voranschreiten.
kritGeist meint
Interessant & sicherlich geht es in die richtige Richtung, man hat sich sowas schon vor 2-3 J. gewünscht, dann hätten wir schon mehr Ladestationen & jetzt schon weniger Analyse. Es zeigt aber eine andere gewisse Problematik, die man schneller lösen könnte. Nämlich die Infrastruktur der Tankstellen, die schon da sind. Die könnte man sicherlich aufrüsten & hätte nicht die genannten Probleme wie: „bei gut ausgelasteten Standorten in wenigen Jahren ein wirtschaftlicher Betrieb möglich“ & „Ladesäulen an das Mittelspannungsnetz“. Da hätte man schon eine ausbaufähige Basis + dann Solarpanels auf diesen Dächern, einschließlich Speicher unter der Tanke. Die Betreiber hätten ein „Rundumpaket“ & man könnte sich die kleineren Kosten teilen. Man hätte auch mit Tesla kooperieren können, weil diese schon früher ähnliche Studien betrieben haben (Destination & Supercharger).
Leonardo meint
Ob vor 100 Jahren wie es mit den Verbrennern so richtig bergauf ging, auch ein Institut geforscht hat, wo denn die Tankstellen hinmüßten?
Man hätte dann auch lautstark gefragt wo denn das ganze Benzin herkommen soll.
Ich habe kein Institut, würde aber sagen daß mit den bald größeren Akkus von 40-60kwh und größer, die Schnelllader nur noch an den Hauptverkehrsachsen gebraucht werden. Im alltäglich Bereich wird nicht mehr als eine 230V/10A Ladestelle gebraucht (davon aber jede Menge).
Fritz! meint
„Die dafür notwendige Anbindung der Ladesäulen an das Mittelspannungsnetz ist jedoch sehr komplex und von vielen lokalen Faktoren abhängig, hier müssen konkrete Lösungen gefunden werden.“
Warum soll das denn nötig sein? Macht es nur deutlich teurer und die Standort-Wahl wird viel schwieriger. Die normalen Supercharger von Tesla sind auch nicht ans Mittelspannungsnetz angeschlossen, sondern ans normale Drehstromkabel mit 3 x 230 Volt. Da fliesen dann zwar viele Ampere, aber das kann das Netz ab. Und die Supercharger haben im Schnitt 8 Laderüssel mit je max. 120 kW .
weotui meint
Als wir noch kein Big Data hatten und es keine Forschungsgelder für die E-Mobilität abzuschöpfen gab, haben wir sogenannte „Gedankenexperimente“ gemacht. Die haben in der Regel zu annehmbaren Lösungen zu einem Bruchteil der Kosten geführt. Das Ergebnis meines Gedankenexperimentes ist klar und eindeutig: Ladestationen mit kleinen Ladeströmen gehören in die Tiefgaragen und an die festen Parkplätze an Wohnanlagen. Beruhigungs-Ladestationen auf den Supermarktplätzen und bei Ikea sind gern gesehen, aber nicht entscheidend. Schnellladestationen sollten an den Autobahnen und an den Hauptein- und Ausfallstraßen positioniert sein. Diese empirische Erfahrung aus mehreren Jahren aktiver E-Mobilität stelle ich gegen 0 EUR zur Verfügung. Wichtig sind eigentlich nur zwei Punkte: Macht endlich, und gebt den Strom ohne kompliziertes Zugangs- und Abrechnungsgedöns zum normalen Haushaltstarif ab!
Redlin, Stefan meint
Wie wo mit wieviel Leistung geladen werden können sollte ist zwar wichtig und interessant, aber mindestens genauso wichtig sind mir bei der Infrastruktur einheitliche Handhabung, Freischaltung und Abrechnung. Außerdem muss eine Lösung gefunden werden gegen das Blockieren von Ladepunkten. Man muss von aussen erkennen können ob der dort stehende fertig ist oder nicht, und wenn das so ist muss man sich anklemmen können, ob der nun seine Kiste da weg holt oder nicht. Überall steht „Frei für ladende E-Fahrzeuge“ dran und keiner hält sich dran. Wenn man die Leute wenigstens anrufen könnte, aber kaum einer hinterlegt ne Nummer im Wagen. Wie wir das lösen können weiss ich nicht, aber wir müssen es lösen. Schliesslich muss man auch auf Durchfahrt mal die Dorf-Ladesäule nutzen können.
E-Tom meint
Es gab eine E-Mobilitäts-Internetseite, die eine der Parkscheibe ähnliche Ladescheibe vorschlug. Dort konnte man das Ladeende einstellen und eine Telefonnummer eintragen. Leider ist der Betreiber nicht mehr erreichbar, es dürfte aber kein Problem sein so etwas selber zu basteln oder eine Parkscheibe umzubauen.
martin meint
http://www.zoe-club-austria.at/main/ladescheibe/
Starkstrompilot meint
Wie hat Tesla das nur geschafft ohne die Papierschwarzmacher vom KIT und Fraunhofer?
Wäre es nicht mal eher Zeit, mit dem Aufbau anzufangen? Die Stationsdichte kann dann immer noch der Anzahl Fahrzeuge angepasst werden.
Die externen Lademöglichkeiten scheinen ja schließlich eines der Hauptargumente für die bisher verhaltenen Elektroautozulassungen zu sein.
Das Ganze scheint doch eher wieder von Theoretikern aufgesetzt zu sein. Es wirkt doch alles sehr nach althergebrachtem Tankverhalten. Aber niemand schaut seinem Auto 10 min beim Laden zu. Dann lieber 30 min Pause nach 400-500km.
Also Ladeparks an den Reisestrecken mit 100-200 kW DC, alles andere könnten 3,6 – 22kW AC an Parkplätzen oder in Wohngebieten sein.
Diese völlig hirnfreien, rasterartig angelegten Ladepositionen braucht so niemand.
Diese sogenannten Experten vom KIT und dem anderen Drittmittelclub sollten sich vielleicht mal mit bereits existierenden Anwendern zusammen setzen. Da kommt bestimmt was besseres raus.
Triaxe meint
Die Geschwindigkeit der Ladeleistung (11-46kw) wird in den Niederlanden schon verschieden pro KW berechnet! Devise: Time is Money ….
McGybrush meint
Überall wo man nicht länger als 30min steht muss was schnelles her.
Selbst beim Einkaufen (nicht IKEA sondern Supermarkt um die Ecke) macht schnelles Laden Sinn. Wenn ich nach einem schnellen Einkauf ein Volles Auto wieder bekomme dann kann man diese Ladesäule 1-4 Wochen getrost Ignorieren. Das auf alle Autos gesehen wäre ein riesen Vorteil.
Bei 3.6kW Ladung würde aber JEDER eAuto fahrer zu jeder Zeit an eine Ladestation wollen/müssen. Man müsste also den ganzen Parkplatz zu Pflastern. Es dürfte gar keine AC Ladesäulen im Öffentlichem Raum geben und Autos verpflichtend DC haben.
Anderer Blickwinkel meint
Ich kann deinen Gedankengang mit dem Schnellen Laden auch bei kurzfristigen Stopps nachvollziehen, glaube trotzdem dass dies noch zu sehr der Verbrennerlogik geschuldet ist – in einem kurzen Stopp möglicht viel Treibstoff aufnehmen um dann für möglichst lange Zeit autark zusein.
Aber brauchst du überhaupt ein vollgeladenes Auto wenn du beim „Discounter um die Ecke“ deine Fahrt startest oder beendest? Stand dein Wagen dann nicht kurze Zeit zuvpr für einen deutlich längeren Zeitraum in der Nähe deiner Arbeitsstelle oder in der Nähe deiner Wohnung? Wäre da nicht genug Zeit auch mit geringer Ladeleistung zu laden? Wenn eine Akkuladung (wie von dir angenommen) dann eh 4 Wochen hält, sollte auch kein Parkplatzdruck entstehen.
Natürlich müsste die bestehende Infrastruktur (die Parkplätze) auf privaten, öffentlichen und gewerblichen Grund dafür umgebaut werden – aber ich sehe darin kein ausschließlichen Zwang für große Ladeleistungen.
McGybrush meint
Ich kann Privat nicht laden da es an der Strasse nicht mal Laternen gibt wo man Strom bereitstellen könnte.
Gleiche Problem auch hier.
Wohnblock 5 Stockwerke mal 4 Aufgänge * 10 Wohnungen.
Also 40 Leute pro Wohnblock. Im Schnitt fährt man 280km die Woche. Jetzt müsste man bei AC so lange Laden das man 4 Pro Tag voll bekommen könnte. Man brauch also 10 Tage wenn alle 40 Parteien in 4 Schichten sich eine Ladesäule Teilen. Fehlen aber noch 3 Tage.
Jetzt kann man entweder eine Schnelladesäule am Supermarkt hinstellen wo alle 30min zwangsläufig der Parkplatz geräumt wird oder eine Schnelladesäule vor dem Wohnblock. Glaube aber nicht das dort alle 30min die Autos durchgetauscht werden. Sie werden von einem Auto blockiert, das wars.
Heisst. An Wohnbocks müssten zig Schnarchlader Ladesäulen hin ODER an Supermarkt halt 1-2 Schnelladesäulen die 20 Pro Tag x 6 Einkaufstage 180Autos die Woche nebenbei abfertigen können die dann nirgens mehr Laden müssten.
Und die Hälfte der Bevölkerung kann eben nicht zuhause laden.
Auf Arbeit wäre jetzt das gleiche. Jeder braucht so seine Schnarchlader da die Autos nie durchgewechselt werden. Find ich unsinniger da zig Ladesäulen mehr kosten als eine Schnelle.
NurMalSo meint
In deiner Annahme, gehst du aber davon aus, dass alle 40 Leute auch ein Auto haben, sogar ein eAuto und es für den gesamten Wohnblock nur eine einzoge Ladesäule gibt.
In der Regel haben die meisten (öffentlichen) Ladesäulen auch 2 Anschlusspunkte – würde deine Rechnung schon mal halbieren.
Ich verstehe zwar was du meinst – allerdings halte ich die Gesamtkonstruktion für sehr abenteuerlich.
Genau wie deine Berechnung, dass der Supermarkt mit 1-2 Schnellladesäulen auskommen würde. Selbst bei sehr kleinen Discountern (Netto, Aldi) dürften selbst an Schwachen Tagen deutlich mehr als 20 Kunden „durchgehen“. Ich würde sogar eher vom zehn bis zwanzigfachen rechnen. Fahren die den nicht auch alle elektrisch (wie die Leute in deinem Wohnblock?)
Dann können von den Kunden auch gerade mal 5-10% während des Einkaufs laden (verkaufsspitzen sind nicht abgedeckt) – das wäre eine schlechtere Quote als die einzelne Ladesäule vor dem Wohnblock, die du skizziert hast.
Nur mal so
Der Statistiker meint
Also vielleicht ist es ja wirklich nicht so einfach. Ich würde es aber ganz pragmatisch angehen:
Höhere Leistung der Säulen dort wo die Kunden ca. nur eine Stunde verweilen: Autobahnraststätten, Restaurants, Einkaufszentren und Ausflugsziele. Überall dort wo man einige Stunden oder über Nacht steht, nämlich in der Innenstadt (Laternen), Parkhäuser, Hotels und Pensionen reichen doch 22kW oder sogar 11kW. Alle anderen „Tanken“ sowieso zuhause, denen sind die Stromtankstellen (außer bei Urlaubsreisen) schnurz….
Michael S. meint
Ich finde das gut, dass man das wissenschaftlich angeht, wenngleich ich den zusätzlichen Informationsgewinn durch diese Studie nicht allzu hoch einschätzen möchte. Im Endeffekt braucht man dort, wo die Autos öfter parken mittlere Ladeleistungen (10-50 kW) und für Fernfahrten oder „Laternenparker“ erreichbare hohe Ladeleistungen (150-350 kW).
Insofern verwundert es mich, dass man in der Studie nur Ladeleistungen bis 50 kW zu berücksichtigen scheint. Die Autos werden in Zukunft höhere Ladeleistungen als aktuell vertragen (müssen), um wettbewerbsfähig zu sein. Außerdem kann man somit an Fernstraßen schneller mehr Energie „verkaufen“, somit höhere Umsätze erzielen und das Verhältnis aus Standortkosten und Umsatz verbessern.
Zwar wird eine Ladesäule für 350 kW sicherlich deutlich mehr kosten als eine für 50 kW, allerdings liegt die Vermutung nahe, dass erstere von den Kunden deutlich häufiger frequentiert wird, insbesondere bei Fernfahrten.
Wie die Anbindung an das Stromnetz abläuft und welche Herausforderungen sich durch die neue Lastverteilung ergeben, kann ich nicht beurteilen. Vermutlich wird man Ladestationen sehen, die auch stationäre Batteriespeicher vor Ort nutzen, in Kombination mit lokal erzeugter Energie (Solar, Blockheizkraftwerke, Windkraftanlagen bei Stationen an der Autobahn…).